
Elon Musk ist mit einem Vermögen von über 400 Milliarden US-Dollar der reichste Mann der Welt. Er hat es als Unterstützer der Trump-Regierung und Förderer von Rechtsaußenkräften in aller Welt – nicht zuletzt auch der AfD – zu trauriger Berühmtheit gebracht. Dabei wird dem extrem rechten Multimilliardär in Brandenburg weiterhin der rote Teppich ausgelegt, damit er dort am Rande von Berlin eine Fabrik für Elektroautos hinstellen kann. Heidemarie Schroeder beschreibt in ihrem im Februar 2025 erschienenen Buch …
… „Eine Gigafabrik in Grünheide“ wie dort die Interessen des Großkapitalisten gegen Bevölkerung und Umwelt durchgesetzt werden. Schroeder lebt in Grünheide und engagiert sich seit Jahren in regionalen Initiativen gegen die Ansiedlung des Tesla-Werks. Auf 200 Seiten gelingt es ihr, auch für Laien gut nachvollziehbar, die Hintergründe der Auseinandersetzung um das Tesla-Werk in Grünheide darzustellen. In dem Nachwendejahren arbeitete Schroeder zunächst als wissenschaftliche Assistentin am Physiologischen Institut der Charité und betrieb danach gemeinsam mit ihrem Mann eine Zahnarztpraxis in Berlin-Friedrichshain. Seit Jahren verbrachte sie viel Zeit in ihren Feriendomizil in Grünheide. Zunächst nahm sie die Meldungen über die geplante Ansiedlung von Tesla in der Nachbarschaft nur am Rande zur Kenntnis, was sich bald ändern sollte. Sie befasste bald intensiv mit den Problemen, die die Ansiedlung der Gigafactory im Landschaftsschutzgebiet mit sich bringen würde und begann sich dagegen zu engagieren. Doch sie musste bald merken, dass die Kritiker*innen von den Teslafans in den Parteien und Medien als Fortschrittsverweigerer diffamiert wurden. Ihnen wurde gar vorgeworfen, schuld zu sind, wenn keine neuen Arbeitsplätze in die Region kommen. Auch diese Vorwürfe weist Schroeder quellengestützt zurück. Sie beschreibt die besondere Gefährdung der Beschäftigten bei Tesla durch schlechte Arbeitsbedingungen sowie die Demontage von erkämpften Arbeitsrechten durch den erklärten Gewerkschaftsfeind Musk und sein Management.
Detailliert geht Schroeder auf die Gefährdung von Umwelt und Wasser durch die Errichtung der Gigafactory in der Wassermangelregion und dem Trinkwasserschutzgebiet ein. Zu ihrer Recherche hat die Autorin Expertise von Fachwissenschaftler*innen hinzugezogen und allgemein verständlich aufgearbeitet.
Sehr interessant ist das Kapitel über den Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Bürgerbeteiligung, die aber keinen Einfluss auf die Errichtung der Fabrik hatte, wie allen Beteiligten schnell klar wurde.
„Eine echte Bürgerbeteiligung während des Genehmigungsprozesses gab es nicht. Standortalternativen wurden zu keinen Zeitpunkt überprüft und ein Versagen der Betriebsgenehmigung war zu keinen Zeitpunkt eine Option“ (S. 120).
Im Laufe der Auseinandersetzung wurde Schroeder klar, dass sie sich nicht auf Parteien und etablierte Umweltverbände wie NABU und BUND verlassen kann, die so agierten, wie es der Bewegungsaktivist Jörg Bergstedt schon vor mehr als 25 Jahren in den beiden Bänden „Agenda, Expo, Sponsoring“ beschrieben hat. Sie verstehen sich als Lobbyist*innen, die an einigen Punkten Kritik vorbringen, aber nie Kapitalinteressen insgesamt infrage stellen.
Unterstützung bekamen die regionalen Tesla-Gegner*innen hingegen von Klimaaktivist*innen, die in den letzten Jahren den Kampf gegen die Tesla-Fabrik aufgenommen haben. Schroeder beschreibt in einem eigenen Kapitel, die nicht immer spannungsfreie aber insgesamt sehr positive Kooperation im Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ zwischen den regionalen Initiativen und den jungen Linken aus den Großstädten. Zu den gemeinsamen Gegner*innen gehören auch die Angehörigen eines angeblich umweltbewussten Mittelstands, die weiterhin auf die Lebenslüge des grünen Kapitalismus nichts kommen lassen. So schreibt die Journalistin Klaudia Lagozinski in der taz vom 13. März 2025 eine regelrechte Eloge auf ihren neuerworbenen Tesla. Kritiker*innen dieses Elektrofahrzeugs sind für die taz-Autorin nur glaubwürdig, wenn sie sich in den Wald zurückziehen. Lagozinski hätte mal das Buch von Heidemarie Schroeder lesen sollen. Denn dort wird beschrieben, wie neben den Lebensgrundlagen von Zigtausenden in der Region auch der Wald durch die Tesla-Fabrik geschädigt wird.
Peter Nowak
https://www.graswurzel.net/gwr/category/ausgaben/498-april-2025/