• Projektgruppe Druckmachen (Hg.), Druckmachen – Linke Plakate in Thüringen seit 1990; Assoziation A, 240 Seiten, ISBN: 978­3­86241­504­5, (www.assoziation-a.de/buch/druckmachen/)

Linke Geschichte im Plakat

Es ist gut, dass durch den Band anhand dieser Plakate an die Geschichte von staatlicher Repression aber auch von Widerstand erinnert wird. Der Band erinnert so an viele linke Initiativen in den letzten 30 Jahren, in die Menschen viel Kraft und Energie gesteckt haben und die oft zu schnell vergessen waren. Es wäre zu wünschen, dass sich nach dem Vorbild des Kollektivs in Thüringen auch in anderen Landesteilen Menschen zusammenfinden, die die Plakate der linken Bewegung der Öffentlichkeit bekanntmacht.

Für einige Jahre war Jena ein Zentrum für antirasstischen Protest. Dafür waren in der Stadt lebende Migrant*innen aus afrikanischen Ländern verantwortlich, die sich in jener migrantischen Selbstorganisation organisiert haben, die sich The Voice nannte. Ab Ende der 1990er Jahre war The Voice eine wichtige Stimme für die Rechte von Geflüchteten. Später sind neue Gruppen dazugekommen und um The Voice ist es still geworden. Doch an sie sollte erinnert werden, weil sie zu den Pionier*innen der antirassistischen Arbeit in Deutschland gehören. Jetzt gibt ein Bildband die Gelegenheit, an The Voice zu erinnern. In dem kürzlich erschienenen Band …

… Druckmachen – Linke Plakate seit 1990“ sind mehrere Poster von Aktionen dokumentiert, an denen The Voice maßgeblich beteiligt war. Dazu gehörte ein großes Plakat mit der Parole „Break Isolation“, mit dem eine antirassistische Demonstration für die Schließung aller Flüchtlingslager am 20 .
Oktober 2011 in Erfurt beworben wurde. Der Band ist eine wahre Fundgruppe,
wenn man sich über die Geschichte der linken Bewegung in Thüringen seit 1990
informieren will. Statt langer Texte stehen die Plakate im Mittelpunkt, die von
unterschiedlichen politischen Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen gestaltet wurden. Die Schwerpunkte dieser Aktivitäten sind der Kampf gegen Rechts in seinen unterschiedlichen Formen. Da geht es um die Verhinderung von rechten Aufmärschen, aber auch um alle Formen von Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus. Eine große Rolle auf den Plakaten spielte das besetzte Haus auf dem ehemaligen Topf & Söhne­Gelände in Erfurt, die bis 1945 die Öfen für die NS­Vernichtungslager herstellten. Wir können an Hand der Plakate die kurze Geschichte des Hauses bis zu seiner Räumung im Jahr 2009 gut nachverfolgen.

Kampf gegen Repression
Wir erfahren dabei immer wieder auch von staatlicher Repression gegen
Besetzerinnen und Antifaschistinnen. Zu Soliparties und Solitresen wurde
eingeladen, da ging es um Gelder für Anwält*innen und Prozesskosten.
Auf vielen Plakaten wird staatliche Repression dokumentiert. So sehen wir
auf dem zweiten Plakat im Buch, das eine Ausstellung zum Weltwirtschaftsgipfel in München 1992 in einem besetzten Haus in Erfurt bewirbt; ein Foto, das damals für viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit
sorgte: Es zeigt eine schreiende Frau umringt von behelmten Polizisten. Es handelte sich um Jutta Ditfurth, die ehemalige prominente Politikerin der GRÜNEN, die damals noch nicht lange die Partei verlassen hatte. Sie war in München bei ihrer Festnahme von Polizisten am Arm verletzt worden. Rund um den Münchner Weltwirtschaftsgipfel vor 32 Jahren wurden zahlreiche Menschen kriminalisiert und verletzt, viele mußten mehrere Stunden in Polizeikesseln verbringen. Das Foto der vor Schmerz schreienden Jutta Ditfurth stand schon damals für den Umgang der Staatsmacht mit Demonstrant*innen.

Tag X
Das letzte der in dem Buch aufgeführten Plakate stammt aus dem Jahr 2023 und
sollte zum Tag X anläßlich des Antifa­ Ost Verfahrens mobilisieren. „Free Lina“ lautet die Parole, die mit großen Buchstaben an einen Zaun gemalt wurde.
Der Band endet mit einem noch immer unabgeschlossenen Repressionsverfahren. Noch immer drohen Lina E. und anderen hohe Haftstrafen. Noch immer wird auch steckbrieflich nach mehreren
Antifaschist*innen in diesem Kontext gesucht. Es ist gut, dass durch den Band anhand dieser Plakate an die Geschichte on staatlicher Repression aber auch von Widerstand erinnert wird. Der Band erinnert so an viele linke Initiativen in den letzten 30 Jahren, in die Menschen viel Kraft und Energie gesteckt haben und die oft zu schnell vergessen waren. Es wäre zu wünschen, dass sich nach dem Vorbild des Kollektivs in Thüringen auch in anderen Landesteilen Menschen zusammenfinden, die die Plakate der linken Bewegung der Öffentlichkeit bekanntmacht. Es wäre ein wichtiger Beitrag für eine
Geschichtsschreibung von unten.

Peter Nowak

  • Projektgruppe Druckmachen (Hg.),
    Druckmachen – Linke Plakate in Thüringen seit 1990; Assoziation A, 240 Seiten,
    ISBN: 978­3­86241­504­5,
    (www.assoziation-a.de/buch/druckmachen/)