Eine Geschichte der Berliner Mieter*innenbewegung

Mieterkämpfe – Bertz + Fischer

Berlin ist schon länger ein Ort für Mietrebellen. Darüber informiert ein im Verlag Bertz + Fischer erschienenes Buch, das der Politologe Philipp Mattern herausgegeen hat.

Der Erfolg der Mietendemonstration am 6. April in Berlin zeigte, dass es der parteiunabhängigen Bewegung von Mieterinnen und Mietern gelungen ist, Druck aufzubauen, auf den die politischen Parteien reagieren müssen. Doch Berlin ist schon länger ein Ort für Mietrebellen. Darüber informiert ein im Verlag Bertz + Fischer erschienenes Buch, das der Politologe Philipp Mattern herausgegeen hat. Er ist Redakteur der Zeitschrift Mieterecho. Dort veröffentlichte er Beiträge zur Historie der Berliner Mieterbewegung und merkte, dass das Thema genügend Material für ein Buch hergibt. Tatsächlich informieren die elf Kapitel kenntnisreich über die wenig bekannte Geschichte der….

….Berliner Mieterproteste aus 140 Jahren. So schildert der Historiker Axel Weipert Ereignisse, die als Blumenstraßenkrawalle in Geschichtsbüchern als Fußnote Platz gefunden haben. 1872 wehrten sich Bewohner der heute nicht mehr existierenden Blumenstraße gegen ihre Vertreibung. Ihr Widerstand wurden mit Polizeigewalt beendet, wie so oft in der im Buch zusammengefassten Geschichte der Berliner Mieterproteste. In der Endphase der Weimarer Republik wehrten sich vor allem Bewohner der Arbeiterstadtteile Neukölln und Wedding unter der Parole »Erst das Essen – dann die Miete« gegen ihre elenden Lebensverhältnisse, indem sie die Mietzahlung boykottierten. Daran erinnern Henning Holsten und Stefan Zollhauser. Andreas Hüttner rekapituliert die Geschichte einer fast vergessenen Mieterbewegung im Märkischen Viertel in den 1970er Jahren. Mit der Rolle von Migranten in den Kämpfen der 1980er Jahren beschäftigen sich Marie Schubenz und Duygu Gürsel. Auch heute sind in der Kreuzberger Stadtteilinitiative »Kotti & Co« Migranten beteiligt. Im letz- ten Kapitel befasst sich Philipp Mattern mit der aktuellen Mietebewegung und geht auch auf Schwachpunkte ein. »Die neuen Mieterproteste entwickeln sich allerdings durchaus widersprüchlich und diffus, sie bewegen sich zwischen nachbarschaftlicher Eigeninitiative, subkulturellem und systemoppositionellem Radikalismus, der Einbeziehung in das zivilgesellschaftliche Vorfeld eines inzwischen rot-rot-grünen Senats und dem puren Mut der Verzweiflung.« Das Buch liefert Wissen, das lange verschüttet war. Dem Verlag ist zu danken, dass er bei seiner Preiskalkulation an Menschen mit geringen Einkommen gedacht hat.

PETER NOWAK

Pilipp Mattern (Hg.) Mieterkämpfe: Vom Kaiserreich bis heute – Das Beispiel Berlin, Verlag Bertz + Fischer, ISBN: 978-3-86505- 749-5, 212 Seiten, 8 Euro

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