
Ach, kleines Nicaragua, so stolz und so bedroht, noch brauchst du fremde Hilfe, sonst wär bald eine Hoffnung tot“, textete in der DDR der Liedermacher Gerhard Schöne Mitte der 1980er Jahren. Die sandinistischen Revolution in dem zentralamerikanischen Land führte nicht nur zur linken Kitschproduktion. Tausende Linke ernteten in Solidaritätsbrigaden Kaffee in Nicaragua. Auch der Gewerkschaftler Matthias Schindler gehörte dazu. Jetzt hat er in der Buchmacherei …..
…. ein zorniges Buch geschrieben, in dem „orteguistischen Regime“ abrechnet. So nennt er die nominalsandinistische Machtclique um das Ehepaar Ortega. Unmittelbarer Anlass für Schindlers Abrechnung sind die blutig niedergeschlagenen Proteste im April und Mai 2018 in Nicaragua. Schindler setzt sich argumentativ mit den Linken auseinander, die noch immer unverbrüchlich zu Ortega handeln und weist nach, dass es sich bei den Aufständen keineswegs um einen von der USA gesteuerten Putsch gehandelt hat, wie die Lautsprecher der Regierung behaupten. Schindler rekapituliert die Geschichte der sandinistischen Bewegung und verteidigt deren Ursprungsideale gegen die Realität im heutigen Nicaragua. Dabei macht der Autor immer deutlich, dass er als Linker mit einer Regierung abrechnet, die seit Jahren dem Kapital den roten Teppich auslegte, Abtreibungen mit harten Strafen bedrohte und Kritiker kriminalisiert. Es ist erfreulich, dass einer von den vielen, die einmal Nicaragua unterstützten, sich zu Wort meldet und linke Essentials verteidigt. Dabei bezieht sich Schindler auch auf Texte des historischen Sandinismus. So heißt es einer Erklärung von 1979: „Demokratie beginnt und endet auch nicht mit der Abhaltung von Wahlen. Demokratie beginnt im wirtschaftlichen System, sobald es damit beginnt, die sozialen Ungleichheiten abzubauen“. An diesen Anspruch wären auch die linken Kritiker des Orteguismus zu messen, die sich oft nur auf faire Wahlen unter internationaler Aufsicht konzentrieren und von kapitalistischen Machtverhältnissen schweigen.
Peter Nowak
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