Dana Fuchs und Christoph Muck: Antifa heißt Anruf – Organizing als Strategie gegen Rechts. Unrast Verlag 2019, 163 S., 12,80 €

Raus aus der linken Blase

Ob mit Stadtteilladen, Fußballclub, Bergsteigerverein oder Gewerkschaft – Linke sollten die Leute dort erreichen, wo sie sind, meinen Dana Fuchs und Christoph Muck.

»Antifa heißt Anruf.« Der Titel der Veranstaltung, die jüngst im Berliner Stadtteil Wedding stattfand, irritierte zunächst. Auf dem Podium dann die Klarstellung: Es handelte sich um die Vorstellung eines neu im Unrast-Verlag erschienenen Buches, dessen Untertitel manche der Fragen auch beantwortet: »Organizing im Kampf gegen rechts«, so die kurze Erklärung.
Die Herausgeberin Dana Fuchs kommt aus …..

….. Mecklenburg-Vorpommern und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit antifaschistischen Recherchen. Ko-Autor Christoph Muck wiederum ist seit geraumer Zeit in der Berliner Erwerbslosengruppe Basta aktiv, die Menschen bei Problemen mit dem Jobcenter unterstützt.
Basta ist auch eine der sechs Initiativen, die in dem Buch vorgestellt werden. Das »Workers Center« (Arbeiterzentrum) München, das osteuropäische Arbeitsmigrant*innen unterstützt, gehört ebenso dazu wie der Kasseler Stadtteilladen »Rothe Ecke«, der Sportverein Roter Stern Leipzig und die »Schwarz-roten Bergsteiger*innen«, die in der Sächsischen Schweiz Freizeitaktivitäten mit linker Gedenk- und Kulturarbeit verbinden.
Die Berliner Soligruppe der Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation erhält ebenfalls Raum im Text. Eine Aktivistin der Gruppe schilderte bei der Buchvorstellung, wie 2014 zwei Gefangene in der JVA Tegel die Gewerkschaft gründeten und dann ganz überrascht waren, wie viele Mithäftlinge sich in kurzer Zeit angeschlossen haben. Auch der Rote Stern Leipzig kann sich über fehlendes Wachstum nicht beklagen. Mittlerweile liegt die Mitgliederzahl im vierstelligen Bereich.
Die vorgestellten Initiativen haben ihre Schwerpunkte in ganz unterschiedlichen Bereichen. »Doch alle haben die linken Wohlfühlzonen verlassen und sind dort aktiv, wo Menschen vielleicht nie von linker Theorie gehört haben«, benennt Christoph Muck die Gemeinsamkeiten der im Buch diskutierten Projekte. Raus aus der linken Blase, das ist das Anliegen der beiden Herausgeber*innen des Buches.
Muck kritisiert, dass viele Antifagruppen voraussetzen, dass alle Menschen, die sich politisieren, ebenfalls in linker Theorie bewandert sein müssen. Dadurch werde die Linke von vielen Menschen als abgehoben wahrgenommen. Mit der in vergangener Zeit häufig erhobenen Forderung, man solle mit Rechten reden, kann Fuchs dagegen wenig anfangen. Es sei Zeitverschwendung, mit rechten Kadern zu debattieren. »Wir sollten besser mit unseren Nachbar*innen reden oder mit Menschen, die Probleme am Jobcenter oder am Arbeitsplatz haben«, betont auch Dana Fuchs. Nur so könne verhindert werden, dass einkommensschwache Menschen rechten Parolen auf den Leim gehen.
Bereits 1994 gründete sich der Erwerbslosenverein Tacheles in Wuppertal nach den rassistischen Anschlägen von Solingen und Mölln. Die Gründer*innen sahen in der Organisierung der Prekären den besten Beitrag zum antifaschistischen Kampf. Das Konzept ist nicht neu. Vielleicht kann das Buch dazu beigetragen, die Debatten darüber in der linken Bewegung voranzutreiben.

Peter Nowak

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