Gabriele Winker: Solidarische Care-Ökonomie. Revolutionäre Realpolitik für Care und Klima Transcript Verlag, Bielefeld 2021 216 Seiten, 15 Euro ISBN 978-3-8376-5463-9

Solidarisches Klima

Im letzten Kapitel „Care-Revolution als Transformationsstrategie“ benennt Winker Reformen, die die Lebensbedingungen von Millionen Menschen konkret verbessern und die Kapitalprofite zumindest beschränken. Dazu gehören die Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit, ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine an den menschlichen Bedürfnissen orientierte soziale Infrastruktur. Auch die Vergesellschaftung von Betrieben und Einrichtungen der Grundversorgung und die Einrichtung von Räten als demokratische Beteiligungsformen jenseits des Parlamentarismus gehören zu Winkers Programm einer revolutionären Realpolitik.

In Berlin mobilisiert seit Monaten ein Bündnis, das sich Berliner Kran- kenhausbewegung nennt, für mehr Personal und bessere Bezahlung der Beschäftigten im Krankenhaus- und Pflegebereich. In dem von der Dienst- leistungsgewerkschaft Verdi initiierten Bündnis arbeiten auch …

… Klimaaktivi- stInnen mit.

Wertgesetz verständlich erklärt

Für die Sozialwissenschaftlerin Gabriele Winker hat diese Kooperation eine große Perspektive. Winker hatte bereits vor sechs Jahren das Buch „Care-Revolution – Schritte in eine solidarische Gesellschaft“ veröffentlicht. Damit hat sie zur Gründung des „Netzwerks CareRevolution“ beigetragen, in dem sie nach wie vor aktiv ist. Es handelt sich um einen Zusammenschluss von über 80 Gruppen und Personen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in verschiedenen Feldern sozialer Reproduktion – Hausarbeit, Gesundheit, Pflege, Assistenz, Erziehung, Bildung, Wohnen und Sexarbeit – aktiv sind.

In ihrem neuen Buch mit dem programmatischen Untertitel „Revolutionäre Realpolitik für Care und Klima“ hat Winker nun argumentativ begründet, warum die Bewegungen zusammengeführt werden müssen. Sie plädiert für neue Modelle von Sorge- Beziehungen und eine Care-Ökonomie, die nicht der Profitmaximierung dient, sondern die Bedürfnisse der Menschen ins Zentrum rückt.

In den Kapiteln arbeitet Winker heraus, dass bei der Lösung sowohl der Care-Krise als auch der Klimakrise die kapitalistische Profitmaximierung ein Hemmschuh ist. Dabei argumentiert Winker mit Verweis auf das Wertgesetz von Karl Marx, verwendet allerdings eine leicht verständliche Sprache, die auch von NichtakademikerInnen verstanden werden kann. Sehr überzeugend begründet Winker, warum Klima- und Care-AktivistInnen kooperieren sollten. „Wir brauchen also nicht nur gesellschaftliche Bedingungen, die gelingende Sorgebeziehungen überhaupt erst ermöglichen. Wir benötigen darüber hinaus klimatische Verhältnisse, die auch den jüngeren Generationen und den noch nicht geborenen Generationen eine Perspektive geben.“

Konkretes Diskussionsangebot

Im letzten Kapitel „Care-Revolution als Transformationsstrategie“ benennt Winker Reformen, die die Lebensbedingungen von Millionen Menschen konkret verbessern und die Kapitalprofite zumindest beschränken. Dazu gehören die Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit, ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine an den menschlichen Bedürfnissen orientierte soziale Infrastruktur. Auch die Vergesellschaftung von Betrieben und Einrichtungen der Grundversorgung und die Einrichtung von Räten als demokratische Beteiligungsformen jenseits des Parlamentarismus gehören zu Winkers Programm einer revolutionären Realpolitik. Viele der Vorschläge sind natürlich nicht neu. Aber es ist Winkers Verdienst, sie auf gut 200 Seiten aufgeschrieben und verständlich begründet zu haben. Ein weiterer Pluspunkt von Winkers Buch ist, dass sie deutlich sagt, an wen es sich richtet. Die Care-Bewegung und die oft jungen KlimaaktivistInnen bekommen hier ein sehr konkretes Diskussionsangebot. 

Peter Nowak