Bernd Gehrke, Renate Hürtgen, Thomas Klein (Herausgeber*innen), «... feindlich-negative Elemente ...» Repression gegen linke und emanzipatorische Bewegungen in der DDR, 62 Seiten

Feindlich negative Elemente?

Die von der Rosa Luxemburg Stiftung herausgegebene Studie widmet sich der Repression gegen Linke in der DDR

Über Repression in der DDR wird viel gesprochen und geschrieben. Die Herausgeber*innen einer kürzlich von der Rosa-Luxemburg- Stiftung (RLS) veröffentlichten Broschüre mit dem Titel »Feindlich-negative Elemente« gehören nicht zu denen, die die Delegitimierung der DDR betreiben, um den aktuellen Kapitalismus schönzureden. Sie distanzieren sich bereits im Vorwort von »antisozialistischen Historiker*innen, die ….

…… damit zugleich den gesellschaftlichen Status von heute verteidigen«. Sie sehen es allerdings als einen großen Fehler, wenn in linken Bewegungen Aktive heute über die Repression gegen Linke in der DDR nicht mehr reden wollen, aus Angst, damit Rechten in die Hände zu spielen.
Thomas Klein, Bernd Gehrke, Renate Hürtgen und Anne Seeck waren zu unterschiedlichen Zeiten in der linken DDR-Opposition aktiv. Klein wirft einen Blick auf die Stalinisierungsphase der DDR, als Linke von massiver Repression betroffen waren, die in der Weimarer Republik in kleinen linkssozialistischen oder oppositionellen kommunistischen Gruppen aktiv waren. Selbst viele SED-Mitglieder waren von harten Strafen betroffen, wenn sie tatsächlich oder vermeintlich von der Parteilinie abwichen.
Auf die Zerschlagung der innerkommunistischen Opposition, die sich nach dem XX. Parteitag der KPdSU auch in der SED gebildet hatte, geht Bernd Gehrke ein. Er weist auf die wichtige Rolle hin, die die vom Kulturbund herausgegebene Wochenzeitung »Sonntag«, Vorläufer des heutigen »Freitag«, für die Formierung dieser antistalinistischen Opposition hatte. In der Unterdrückung oppositioneller Kommunist*innen und einer parteiunabhängigen Arbeiterbewegung sehen Gehrke wie auch Renate Hürtgen eine Zäsur. Oppositionelle waren fortan eher in Subkulturen anzutreffen oder wirkten im Umfeld der Kirchen.
Anne Seeck erinnert an Aussteiger*innen, die vor allem in Ostberlin leere Wohnungen besetzten und ebenfalls Repression ausgesetzt waren. Der in der westdeutschen autonomen Bewegung sozialisierte Sozialwissenschaftler Markus Mohr berichtet über die Arbeit einer sich »Kreis« nennenden linken Oppositionsgruppe in der SED, die noch in den 70er Jahren aktiv war.
Ein tragisches Schicksal entreißt der junge Jenaer Wissenschaftler Konstantin Behrends der Vergessenheit: Der Anarchosyndikalist und Betriebsratsmitglied Wilhelm Jelinek ist 1948 mit anderen Anarchist*innen verhaftet und 1949 von einem sowjetischen Militärtribunal zu einer 25-jährigen Haftstrafe verurteilt worden; er starb 1952 in der Haftanstalt Torgau unter ungeklärten Umständen. Behrends verschweigt nicht, dass Jelinek auch politisch fragwürdige Ansichten vertrat, beispielsweise die junge DDR mit dem Naziregime gleichsetzte.
Ein Interview mit dem westdeutsch sozialisierten Stalinismusforscher Christoph Jünke schließt die Broschüre ab. Seine recht weit gefasste Stalinismusdefinition dürfte bei manchen Lesern auf Widerspruch stoßen. Kontroverse Debatten anzustoßen, ist jedoch auch das Ziel dieser Broschüre. Bei der Vorstellung der Publikation dieser Tage in Berlin wünschte sich Jünke explizit, dass sich auch »Philostalinist*innen« an der Diskussion beteiligen.Die Broschüre kann bei der Rosa- Luxemburg-Stiftung (Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin) bestellt oder  heruntergeladen werden.