Helmut Daher: Antisemitismus, Xenophobie und pathetisches Vergessen. Warum nach Halle vor Halle ist. Westfälisches Dampfboot, Münster 2020, 101 Seiten, 10 Euro,

Kurzzeitgedenken

Peter Nowak über die kollektive Gedächtnisschwäche und den Anschlag von Hanau

Wir sind von einer Extremsituation direkt in die nächste gefallen. Auch wenn die Corona-Pandemie eine weltweite Krise ist, sind wir Teil davon, und die aktuellen Probleme überlagern alles andere in unserer Stadt“, begründete Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky am 2. April, warum eine ….

„Kurzzeitgedenken“ weiterlesen
Die bessere Lösung wäre politische Bildung statt Entschwörungstage

Wie umgehen mit irrationalen Protestbewegungen?

Das historisch beste und größte Entschwörungsprogramm war, dass es der marxistischen Strömung Ende des 19. Jahrhunderts gelungen war, in großen Teilen der Arbeiterbewegung hegemonial zu werden. Es war gelungen, eine linke Erzählung zu etablieren, die rechten und irrationalen Strömungen den Kampf ansagte und gleichzeitig die herrschende Verhältnisse bekämpfte.

Auch am vergangenen Wochenende gab es wieder in verschiedenen Städten Proteste gegen die Corona-Beschränkungen. Während sie in Berlin den Zenit bereits überschritten haben dürften, finden sie in Städten wie Stuttgart noch Zulauf. In vielen Städten protestiert ein ….

„Wie umgehen mit irrationalen Protestbewegungen?“ weiterlesen
Es ist nicht verwunderlich, dass irrationale Bewegungen in der Corona-Krise stark werden. Es sollte vielmehr gefragt werden, warum in der linken Bewegung so wenig zu hören ist?

Über die neue Normalität, die Linke und den Irrationalismus

Wichtig ist es, hier im Gegensatz zu Irrationalisten jeglicher Couleur zu betonen, dass die Durchsetzung der "Neuen Normalität" eben keine Akteure und Planer, sehr wohl aber Profiteure hat. Das ist übrigens bei der Gentrifizierung und vielen anderen Erscheinungen im realen Kapitalismus nicht anders. Eine verkürzte Kapitalismuskritik macht dann bestimmte Banken, Investoren etc. dafür verantwortlich und jetzt sorgt sie dafür, dass eine irrrationale Bewegung sich auf Bill Gates und die WHO einschießt.

Tausende sind in den Tagen bundesweit gegen die Corona-Einschränkungen in deutschen Städten auf die Straße gegangen. Es waren längst nicht alles Rechte, aber es sind überwiegend rechtsoffene Veranstaltungen.Das bekam Hendrik Sodenkamp vom Demokratischen Widerstand zu spüren, als er in Berlin …..

„Über die neue Normalität, die Linke und den Irrationalismus“ weiterlesen
Interventionistische Linke will Übergriffe und Vertuschungsaktionen staatlicher Stellen dokumentieren

Rechte Netzwerke kenntlich machen

Unter EntnazifizierungJetzt sollen Fälle von Nazis in der Polizei, der Bundeswehr, dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und der Justiz seit Bestehen der Bundesrepublik bis heute gesammelt werden. Sie sollen dann auf der Kampagnenhomepage sowie auf Twitter und Facebook veröffentlicht werden.

Chemnitzer JVA-Beamter leakt Haftbefehl«, »NPD-Mitglieder im Staatsdienst«, Drohbriefe von Rechten mit vertraulichen Daten aus einen Computer der Polizei. Das sind nur einige Schlagzeilen der vergangenen Monate. Sie sind oft schnell wieder in Vergessenheit geraten. Das will die Kampagne EntnazifizierungJetzt verhindern, die von der ….

„Rechte Netzwerke kenntlich machen“ weiterlesen
Ein Gespräch mit Helmut Dahmer über den Attentäter von Halle

»Nach Corona ist vor Corona«

Helmut Dahmer studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Soziologie an Universitäten in Bonn, Göttingen und Frankfurt am Main und war Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS). In den sechziger Jahren studierte er bei Theodor W. Adorno und Max Horkheimer. Nach seiner Promotion lehrte er als Professor für Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Seit seiner Pensionierung 2002 lebt er als freier Publizist in Wien. Kürzlich veröffentlichte er das Buch »Antisemitismus, Xenophobie und pathisches Vergessen.

Antisemitismus, Xenophobie und das Schweigen der Mehrheit: In der Pandemie wird die Illusion von Gemeinschaftlichkeit beschworen. Dahinter verbergen sich Autoritarismus und alte deutsche Ressentiments, sagt der Soziologe Helmut Dahmer. Ein Gespräch über »pathisches Vergessen«, den Groll der Abgehängten und das Attentat in Halle….

„»Nach Corona ist vor Corona«“ weiterlesen
Die Entwicklung eines Künstlerprotests am Rosa-Luxemburg-Platz zeigt, dass verbale Abgrenzung nicht ausreicht, um Rechte von Protesten gegen den autoritären Staat fernzuhalten

Jenseits von Gesundheitsnotstand und Verschwörungswahnsinn

Ende März gab es kaum öffentliche Proteste gegen die Notmaßnahmen. Viele, auch aus der Linken, waren verunsichert, warteten ab oder sahen zum Shutdown keine Alternative angesichts der Gefahr, dass viele Menschen an dem Virus sterben müssen. Das hat sich geändert. Mittlerweile gibt es von unterschiedlichen Seiten eine theoretische und praktische Kritik an einer autoritären Staatspolitik, die aber meist mit sozialen Protesten gekoppelt ist.

„Es herrscht Willkür in Schland. Die Polizei versucht mit massiver Präsenz weniger das Kontaktverbot zu kontrollieren, als den öffentlichen Raum zu leeren“, so beschrieb Thomas Moser an dieser Stelle (Wenn Demonstranten zu „Gefährdern“ erklärt werden) die staatliche Reaktion auf die erste „Hygienedemonstration“ der Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand am 28. März. Vier Wochen später heißt es in dem antifaschistischen Online-Magazin….

„Jenseits von Gesundheitsnotstand und Verschwörungswahnsinn“ weiterlesen
Die heißt, dass Migranten von der griechisch-türkischen Grenze auf keinen Fall aufgenommen werden sollen

Zwei Wochen nach Hanau – Deutschland geht zur Tagesordnung über

Hanau wird wie die vielen anderen Tatorte rechter Gewalt ein Ort, wo zu bestimmten Jahrestagen salbungsvolle Gedenkreden gehalten werden und in der Zwischenzeit alles weiterläuft wie bisher.

„Der Gebrauch von Waffen kann nur letztes Mittel sein. Seit es Frontex gibt, haben unsere Beamten kein einziges Mal selbst geschossen.“ Nicht ein AfD-Politiker, sondern der Frontex-Chef Fabrice Leggeri erklärte in einem Interview mit der Zeit, dass notfalls auch auf Migranten geschossen werden kann, um die europäischen Grenzen zu schützen. Hätte ein AfD-Politiker sich so geäußert, ….

„Zwei Wochen nach Hanau – Deutschland geht zur Tagesordnung über“ weiterlesen
Kommentar zur Auseinandersetzung mit dem rassistischen Amokläufer und die Morde in Hanau: Nicht in die Falle einer umgekehrten Sympathisantenjagd gehen

Wenn Amok und Faschismus zusammenfallen

Wahnsinn und Faschismus sind eben keine Gegensätze, sondern können sich gegenseitig bestärken. Ich würde auch diverse islamistische Bluttaten der letzten Jahre als "faschistische Morde" klassifizieren. Sie haben sich gegen die gleichen Gruppen gerichtet, die auch andere Rechte zum Feindbild erkoren haben, Juden, Liberale, Feministinnen, Vertreter moderner Kultur und eine Presse, die keinen besonderen Respekt vor irgendwelchen religiösen Praktiken hegte.

Knapp 7 Monate ist es her, da sorgte ein rassistischer Mord in Wächtersbach eine kurze Zeit lang für mediales Interesse. Am 20. Juli 2019 hatte Roland K. auf einen Mann aus Eritrea geschossen. Das Opfer konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Wenige Stunden später wurde Roland K. tot in seinem Auto gefunden. Er hatte Selbstmord verübt. Schnell stellte sich heraus, dass es sich um einen rassistischen Mordversuch handelt. Das Opfer wurde nur wegen seiner Hautfarbe ausgesucht. Hinweise für eine rechte Gesinnung des Täters wollen die Ermittlungsbehörden aber zunächst nicht erkennen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung korrigierte sogar einen Artikel und entschuldigte sich, dass sie Roland K. in der rechten Szene verortete. Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon längst bekannt, dass es …..

„Wenn Amok und Faschismus zusammenfallen“ weiterlesen
Kommentar: In Österreich zeigt sich, was passiert, wenn Grüne und Linke rechte Politik machen

Wenn „Antifa“ staatstragend wird

Die Reaktion nicht nur der parlamentarischen Linken bestand darin zu skandalisieren, dass die Verdrängung Ramelows mit Stimmen der AfD bewerkstelligt wurde. Nun versucht man eben zu erreichen, dass die Linke selbst die Zustimmung zur ihrer Entmachtung gibt. Dann bräuchte man auch nicht mehr auf AfD-Stimmen zurückgreifen.

Der 200te Pegida-Aufmarsch in Dresden brachte am vergangenen Montag nicht nur AfD-Rechtsaußen Höcke in die Elbestadt, der sich aber wohl auch auf Druck der eigenen Parteiführung in seiner rechten Rhetorik zurückhielt, was auch den Applaus mäßigte. Doch auch auf der Gegenseite hatte sich eine ….

„Wenn „Antifa“ staatstragend wird“ weiterlesen
Die Hamburger Linke will einen Kandidaten loswerden und auch die Klimaaktivisten distanzieren sich. Dabei sollte über die ideologischen Versatzstücke geredet werden, die dahinterstehen

Von der Shoah zum CO2-Ausstoß

Niemand verwendet für Menschen, die feministische Positionen ablehnen, den Begriff "Patriarchatsleugner" und für Menschen, die nicht von einer Klassengesellschaft ausgehen, gibt es auch nicht den Begriff "Ausbeutungsleugner". Wenn nun aber in der Klimabewegung der Begriff "Klimaleugner" verwendet wird, rückt man den Klimawandel zumindest in die Nähe des Holocaust. Deshalb ist es inkonsequent, sich reflexartig von einem Mitglied zu distanzieren, das den Begriff Holocaustleugner verwendet, aber zugleich mit dem Begriff "Klimaleugner" weiter zu operieren.

Eigentlich ist der Schüler Tom Radtke ein Kandidat, wie ihn sich die Linke nur wünschen kann. Ein 18-jähiger Umweltaktivist, der in der Klimajugendbewegung mitarbeitet, sich für Netzpolitik engagiert und in der Hamburger Linkspartei aktiv ist und dort auch für die Bürgerschaftswahlen auf Platz 20 kandidiert. Doch nun will die Linke ausgerechnet ein für sie hoffnungsvolles Mitglied ausschließen, weil er …

„Von der Shoah zum CO2-Ausstoß“ weiterlesen
Auch Publikationen am rechten Rand erleben die Zeitungskrise. Die Neonazi-Szene greift bevorzugt auf andere Medien zurück

»National-Zeitung« eingestellt

Unterstützer*innen hatte das Blatt bis in die Kreise der Union hinein. So lieferte der frühere bayerische Kultusminister Theodor Maunz (CSU) neben juristischer Expertise auch unter Pseudonym Beiträge für die rechte Postille. Enge Kontakte bestanden auch zum langjährigen CSU-Fraktionsvorsitzenden Alfred Seidl. Gleichzeitig scheute die »DNZ« in den 70er Jahren auch Kontakte zum militanten NS-Spektrum nicht. Der Verleger Gerhard Frey bezahlte etwa für den Führer der Wehrsportgruppe Hoffmann eine Geldstrafe.

In Zeiten des Zeitungssterbens ist die Meldung, dass eine vor 70 Jahren gegründete Wochenzeitung eingestellt wird, nichts Besonderes. Doch das Ende der 1950 gegründeten »Deutschen Soldatenzeitung«, die später als »Deutsche National-Zeitung« (DNZ) firmierte, wird viele freuen. Schließlich gab es jahrzehntelang Kampagnen von Antifaschist*innen, die verhindern wollten, dass die Rechtspostille an Kiosken vertrieben wird. Ihre Blütezeit hatte die Zeitung in den….

„»National-Zeitung« eingestellt“ weiterlesen
Szenen aus dem noch nicht gutgemachten Deutschland

Die Juden von Rhina

Das Dorf Rhina in Osthessen dürfte kaum jemand kennen. Doch vor fast 40 Jahren stand es für kurze Zeit im Fokus einer Debatte über die Verdrängung der Shoah und den Antisemitismus einer Dorfgemeinschaft, die nicht gehört und nicht gesehen haben will, wie die Juden geschlagen, misshandelt und vertrieben wurden.

Das Dorf Rhina in Osthessen dürfte kaum jemand kennen. Doch vor fast 40 Jahren stand es für kurze Zeit im Fokus einer Debatte über die Verdrängung der Shoah und den Antisemitismus einer Dorfgemeinschaft, die nicht gehört und nicht gesehen haben will, wie die Juden geschlagen, misshandelt und vertrieben wurden. Der Schriftsteller Peter O. Chotjewitz, der damals in Bad Hersfeld ein Buch Café betrieb, schrieb darüber den Roman „Saumlos“, das der Verbrecher-Verlag wieder herausgegeben hat. Das Buch motivierte den Filmemacher Pavel Schnabel seinen Film….

„Die Juden von Rhina“ weiterlesen
Einem Nazi-Verbündeten soll in Prag ein Denkmal gesetzt werden.

Prager Einerlei

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums, der israelische Historiker Efraim Zuroff, warf den Unterzeichnern der Prager Erklärung vor, den Holocaust zu relativieren. Denen gegenüber, die einem Nazi-Verbündeten ein Denkmal setzen und einen Gedenkort für einen Befreier des Vernichtungslager Auschwitz am liebsten schleifen wollen, ist das fast eine Beschönigung.

Pavel Novotny ist Bürgermeister des am Stadtrand von Prag gelegenen Stadtteils Reporyje. Dass der Provinzpolitiker jetzt international für Schlagzeilen sorgt, liegt an seinen Plan, ….

„Prager Einerlei“ weiterlesen
Clemens Heni 2018: Der Komplex Antisemitismus. Dumpf und gebildet, christlich, muslimisch, lechts, rinks, postkolonial, romantisch, patriotisch: deutsch. Edition Critic, Berlin. ISBN: 978-3-946193-21-0. 764 Seiten. 30,00 Euro.

Eine deutsche Idee

Auf 760 Seiten dokumentiert Heni seine Interventionen in die Antisemitismusdiskussion der letzten 20 Jahre. Es handelt sich um Grundlagenforschung in den Bereichen Ideologiekritik, der Textanalyse und der politischen Kultur Bundesdeutschlands.

„Mit Blick auf die Karriere und das mentale Wohlbefinden ist es keine sonderlich gute Idee, Antisemitismusforschung zu betreiben. Der Forschungsgegenstand selbst bietet wenig Erfreuliches. Inzwischen ist aber auch das Arbeitsumfeld jener, die den Antisemitismus beforschen, von schonungslosen Auseinandersetzungen gezeichnet“, schreibt Mathias Berek in einem Diskussionsbeitrag für die Jungle World (49/2019). Gegenstand der Kontroverse, die in mehreren Ausgaben der Wochenzeitung geführt wurde, ist die Bewertung der Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance und die Einschätzung der Kampagne zum Boykott, Desinterventionen und Sanktionen (BDS) gegen Israel. Die Fokussierung der Debatte auf diese beiden Aspekte birgt allerdings die Gefahr, dass die Spezifik des Antisemitismus in Deutschland dabei aus dem Blick gerät.  Am Beginn der Antisemitismusdebatte in der deutschen Linken, die mit dem Zusammenbruch der DDR an Bedeutung gewonnen hatte, drehte sich die Auseinandersetzung nicht primär um das Verhältnis zu Israel, sondern um deutsche Geschichte und Ideologie. Parolen wie „Deutschland denken heißt Auschwitz denken“ kündeten davon. Damals hatte sich Clemens Heni, der in….

„Eine deutsche Idee“ weiterlesen
Im Irak und Iran wird den Strategien der iranischen Hegemonie auch von Trump-Gegnern keine Träne nachgeweint

Soleimani war kein iranischer Che Guevara

Dass sich nur wenige Tage nach dem vom Regime organisierten Trauermärschen, die die islamistische Volksgemeinschaft dokumentieren sollten, Menschen klar gegen die Verantwortlichen der Islamischen Republik engagieren, zeugt von viel Mut und Selbstvertrauen der Aktivisten.

So schnell kann sich das politische Szenario ändern. Noch vor einer Woche schlagzeilten nicht wenige Medien, nun habe Trump mit der Tötung des iranischen Generals Soleimani einen großen Krieg mit unabsehbaren Folgen ausgelöst. Manche mutmaßten schon, dass er damit von innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken wollte. Dann kam das große Erstaunen, dass es….

„Soleimani war kein iranischer Che Guevara“ weiterlesen