Es ist eine Parodie des Solidaritätsbegriffs, wenn ausgerechnet denen mangelnde Solidarität vorgeworfen wird, die nicht bereit sind, mit immer mehr Waffen weitere Opfer und Zerstörungen in der Ukraine in Kauf zu nehmen

Feindbild deutscher Pazifismus

„Irrweg“, „unsolidarisch“, „Drückeberger“ – die Aufzählung der Beschimpfungen und Herabwürdigungen, denen Gewaltfreie und Antimilitarist*innen in bürgerlichen Medien, aber auch sei- tens erschreckend vieler Linker ausgesetzt sind, könnte beliebig fortgesetzt werden. Alternativen zu Aufrüstung und Mord auf- zuzeigen oder auch nur die Waffenlieferungen in die Ukraine zu hinterfragen, gilt im Moment in weiten Kreisen als groteskes Unding. In seinem Beitrag für die Graswurzelrevolution widmet sich Peter Nowak dem aktuellen Diskurs. (GWR-Red.)

Lange Zeit kritisierten Linke die deutsche Politik und auch große Teile der deutschen Bevölkerung für ihren Militarismus und für ihr Großmachtstreben, das im Refrain des „Lieds der Deutschen“, „Deutschland, Deutschland über alles in der Welt“, sehr gut ausgedrückt wird. Nun hat man den Eindruck, manche Liberale und Linke sehnen sich nach der …

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Clemens Heni 2018: Der Komplex Antisemitismus. Dumpf und gebildet, christlich, muslimisch, lechts, rinks, postkolonial, romantisch, patriotisch: deutsch. Edition Critic, Berlin. ISBN: 978-3-946193-21-0. 764 Seiten. 30,00 Euro.

Eine deutsche Idee

Auf 760 Seiten dokumentiert Heni seine Interventionen in die Antisemitismusdiskussion der letzten 20 Jahre. Es handelt sich um Grundlagenforschung in den Bereichen Ideologiekritik, der Textanalyse und der politischen Kultur Bundesdeutschlands.

„Mit Blick auf die Karriere und das mentale Wohlbefinden ist es keine sonderlich gute Idee, Antisemitismusforschung zu betreiben. Der Forschungsgegenstand selbst bietet wenig Erfreuliches. Inzwischen ist aber auch das Arbeitsumfeld jener, die den Antisemitismus beforschen, von schonungslosen Auseinandersetzungen gezeichnet“, schreibt Mathias Berek in einem Diskussionsbeitrag für die Jungle World (49/2019). Gegenstand der Kontroverse, die in mehreren Ausgaben der Wochenzeitung geführt wurde, ist die Bewertung der Arbeitsdefinition Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance und die Einschätzung der Kampagne zum Boykott, Desinterventionen und Sanktionen (BDS) gegen Israel. Die Fokussierung der Debatte auf diese beiden Aspekte birgt allerdings die Gefahr, dass die Spezifik des Antisemitismus in Deutschland dabei aus dem Blick gerät.  Am Beginn der Antisemitismusdebatte in der deutschen Linken, die mit dem Zusammenbruch der DDR an Bedeutung gewonnen hatte, drehte sich die Auseinandersetzung nicht primär um das Verhältnis zu Israel, sondern um deutsche Geschichte und Ideologie. Parolen wie „Deutschland denken heißt Auschwitz denken“ kündeten davon. Damals hatte sich Clemens Heni, der in….

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