Über die Profitinteressen der Immobilienkonzerne ist viel geschrieben worden. Das Gebaren von Unternehmen wie Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. sorgt immer wieder für Kritik. Weniger bekannt ist das Agieren …
… christlicher Wohnungsunternehmen. Der Journalist und Soziologe Ralf Hutter hat sich in den letzten Jahren öfter mit dem christlichen Immobiliensektor beschäftigt und dazu auch Beiträge für den Deutschlandfunk produziert.
Nach diesen Sendungen meldeten sich Mieter/innen und schilderten, wie sie vom christlich-kapitalistischen Immobiliensektor betroffen sind. Auf diese Formel kann man deren Handeln bringen, wie Hutter sehr anschaulich beschreibt. Er hat einen Teil der ihm gemeldeten und nachrecherchierten Berichte in einem Buch auf 220 Seiten aufgeschrieben.
Es ist ein Schwarzbuch über den christlichen Immobilienmarkt entstanden, das deutlich macht, dass dort christliche Werte wie Nächstenliebe und Unterstützung der Armen höchstens als Satzbausteine für Sonntagsreden und Werbeanzeigen verwendet werden. In der Praxis geht es auch im christlichen Immobiliensektor um Profitsteigerung. Was aber im Vergleich mit den säkularen Wohnkonzernen auffällt, ist die Dreistigkeit, mit der Nachfragen der Presse ignoriert und regelrecht bekämpft werden.
Gleich mehrmals zitiert Hutter, dass er auf seine Anfragen für seine Recherchen für Deutschlandfunk-Sendungen oder das Buch die Antwort bekam, ihm wäre doch schon mitgeteilt worden, dass es keinerlei Interesse an einer Kommunikation mit ihm gebe. Er solle gefälligst von weiteren Anfragen absehen. Eine Ordensschwester, die eine wichtige Rolle in einem Immobilienkonzern gespielt hat, schrieb Hutter ganz offen, sie werde nicht antworten und sie interessiere auch nicht, was er über sie schreibe.
Keine Einzelfälle, sondern System
So dreist reagieren nur Personen, die sich ihrer Machtposition sehr sicher sind. Tatsächlich wurden auch in der Mieterbewegung die christlichen Miethaie bislang weitgehend ignoriert. Nur einmal geriet ein christlicher Wohnungskonzern in den Fokus. Im Jahr 2018 besetzten Mieteraktivist/innen eine Wohnung in der Großbeerenstraße 17 in Berlin-Kreuzberg. Eigentümer war die Aachener Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (ASW).
Das Immobilienunternehmen hat in dem Buch einen prominenten Platz. Es gibt gleich mehrere Berichte über Mieter/innen, die über den schlechten Service klagen. Reparaturanfragen würden ignoriert oder auf die lange Bank geschoben. Hutter zeigt bei den Berichten immer wieder auf, dass es hier nicht um ein individuelles Versagen einzelner Mitarbeiter/innen geht. Es ist ein systematisches Vorgehen, weil es auch der ASW um hohe Rendite geht.
Exemplarisch beschreibt Hutter am Beispiel der Kölner Stegerwaldsiedlung, wie ein Wohngebiet aufgewertet wird. Dabei benutzen die christlichen Wohnkonzerne die gleichen Instrumente wie ihre säkularen Wettbewerber, etwa durch Verdrängung mittels teurer energetischer Modernisierungen. Hutter weiß auch zu berichten, dass es in vielen der betroffenen Häuser Widerstand gibt. So ist in der Kölner Stegerwaldsiedlung ein Solidaritätsnetzwerk aktiv, das die Mieter/innen unterstützt, wenn sie sich gegen Maßnahmen ihrer Hausherren wehren wollen. In einer Seniorensiedlung haben sich Bewohner/innen mittlerweile online vernetzt.
Viele haben auch Angst vor den Konsequenzen, wenn sie sich wehren. Denn auch hier unterscheiden sich die christlichen nicht von säkularen Wohnkonzernen: Gegen renitente Mieter/innen wird auch Repression ausgeübt. Bis hin zu Kündigungen und in letzter Konsequenz auch zu Zwangsräumungen. Auch darüber schreibt Hutter in seinem Schwarzbuch über die christliche Wohnungswirtschaft, das den treffenden Titel trägt: „Der Hausherr gibt es, der Hausherr nimmt es.“ Peter Nowak