In den letzten Wochen war es ruhig geworden um die Bewegung der Gelbwesten in Frankreich. Doch am 14. Juli, dem französischen Feiertag zum Jahrestag der Revolution von 1789, haben sie sich mit ihren Protesten wieder bemerkbar gemacht. Als es im vergangenen Herbst losging, traf die Revolte nicht nur die Regierung völlig unerwartet. »Auch die traditionelle Linke wusste mit den Forderungen, Aktionsformen und Symboliken zunächst nichts anzufangen«, konstatiert die Gruppe translib in der Ankündigung ihrer neuen Broschüre »Beiträge zu den Klassenauseinandersetzungen in Frankreich«, die sie am Freitag in Berlin vorgestellt hat. Die Gruppe versteht sich als Teil der ….
…..außerparlamentarischen Linken mit guten Kontakten zu Genoss*innen nach Frankreich und wollten herausfinden, wie es zu dieser unvorhergesehenen Explosion und Mobilisierung in Frankreich gekommen war. Die Herausgeber*innen betonen, dass es ihnen nicht darum geht, ein einheitliches Bild von Gilets Jaunes, wie die Gelbwesten auf Französisch heißen, zu formulieren. Vielmehr zeigen sie die Bewegung in all ihrer Widersprüchlichkeit.
Seit die Gelbwesten das erste Mal in Erscheinung getreten sind, streiten sich Linke in Frankreich und Deutschland, ob es sich um eine rechte oder linke Bewegung handelt. Für translib ist schon die Frage falsch. Sie sehen das Auftreten der Gilets Jaunes als Folge der Niederlagen der Gewerkschaftsbewegung auch in Frankreich. In den letzten Jahren war es bei den großen Streiks nicht gelungen, Angriffe auf soziale Rechte zu stoppen. Bei den Protagonist*innen der Gelbwesten handelt es sich meist um Menschen, die nie gewerkschaftlich organisiert waren und keine Hoffnungen in die politischen Parteien haben – ob links oder rechts.
In den Beiträgen der Broschüre wird die Ablehnung der Gewerkschaften allerdings oft etwas überhöht. Schließlich zeigte sich in den letzten Monaten, dass es durchaus gemeinsame Aktionen zwischen Gelbwesten und kämpferischen Basisgewerkschaften gegeben hat. Dieses Zusammenwirken wird auch in mehreren Beiträgen als Perspektive für beide Seiten angesehen. Schließlich sei noch offen, was sich von der Bewegung verstetigen kann, wenn ihr Orte wie die Fabrik fehlen. Das waren in der traditionellen Arbeiter*innenbewegung immer auch Plätze der Diskussion und des Rückzugs. Die Gelbwesten trafen sich auf Kreisverkehren am Rande der französischen Städte. Dort lernten sich oft Menschen aus Milieus erstmals kennen, die vorher wenig gemeinsam hatten.
Es ist eine Stärke der Texte, dass sie auch die regressiven Politikvorstellungen in Teilen der Gelbwesten-Bewegung benennen, ohne die gesamte Bewegung rechts liegenzulassen. So wird auch ein Aufruf jüdischer Aktivist*innen dokumentiert, die sich auf drei Seiten gegen antisemitische Vorfälle am Rande von Gelbwestenaktionen wandten.
Hier die Homepage zur Broschüre: https://translibleipzig.wordpress.com/2019/06/15/gelbwesten-broschuere-veroeffentlichung-in-leipzig/
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1122917.broschuere-ueber-gelbwesten.html