Geschichte der Anti-AKW-Bewegung

Umfassende Buch- und Videodokumentation der Proteste gegen Atomenergie

In kaum einem anderen Land war und ist der Protest gegen die Nutzung der riskanten Kernenergie so heftig wie……in Deutschland. Der Hamburger Laika-Verlag dokumentiert in fünf Bänden und 13 DVDs dessen Geschichte. Gerade ist der zweite Band erschienen.

Wenn heute selbst die unionsgeführte Bundesregierung die Atomkraftwerke abschalten will, sollten die Frauen und Männer nicht vergessen werden, die in den vergangenen 25 Jahren für das Ende dieser Risikotechnologie gekämpft haben. Im Hamburger Laika-Verlag erschien gerade der zweite von fünf Bänden einer Geschichte der Anti-AKW-Bewegung. In den zwei bisher erschienenen Bänden ist den Autoren ein kurzweilig zu lesender Überblick gelungen.
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Die internen Differenzen der Initiativen werden ebenso wenig verschwiegen wie die nicht immer konfliktfreie Zusammenarbeit lokaler Bürgerinitiativen mit städtischen Linken. Letztlich setzte sich ein pragmatischer Umgang miteinander durch. »Ohne die BI Stop Kalkar hätte die Aktion in Kalkar nicht stattfinden können«, meint der linke Anti-AKW-Aktivist Uli Borchers, der 1977 bei der Vorbereitung der Großdemonstration gegen den Schnellen Brüter in Kalkar beteiligt war. Diese Aktion sollte zu einer Zäsur für große Teile der Anti-AKW-Bewegung werden. Denn in der ganzen Republik war die Polizei aufmarschiert, um die Demonstranten zu kontrollieren und teilweise über Stunden festzuhalten. Nur ein Bruchteil erreichte das Demoziel. Der »Kalkar-Schock« führte bei vielen Aktivisten zu Ernüchterung und beförderte die Gründung der Grünen.

Ein inzwischen etwas in Vergessenheit geratener Aspekt der Anti-AKW-Kämpfe der 70er und 80er Jahre ist die staatliche Repression: Flächendeckende Bespitzelung von Vorbereitungstreffen gehörte ebenso dazu wie der massive Einsatz von Reizgas durch die Polizei. Bei einer Demonstration gegen den Bau des AKW Grohnde verschanzte sich die Polizei auf dem Gelände und stach mit Moniereisen auf AKW-Gegner ein, die dem Zaum zu nahe kamen.

Begleitet waren die Aktionen von einer Pressehetze, an der sich alle größeren Medien beteiligten. Die haarsträubendsten Falschmeldungen wurden gedruckt, wenn sie nur die Proteste diskreditieren konnten. So wurde vor der Kalkar-Demo die unwahre Meldung verbreitet, 2000 Kader der Kommunistischen Partei Hollands würden über die Grenze kommen, um die Polizeisperren anzugreifen. Für die AKW-Gegner war die Aushebelung demokratischer Rechte ein weiterer Grund für ihren Widerstand gegen den Atomstaat.

Die Buchreihe bietet Geschichte von Unten nicht nur in Textform. Viele Fotos und einige zentrale Filme der Anti-AKW-Bewegung liefern auch einen optischen Eindruck.

Karl-Heinz Dellwo, Willi Baer (Hg.): Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv. Teil I, Die AKW-Protestbewegung von Wyhl bis Brokdorf, 250 S. Hamburg 2011.
Teil II, Chronologie einer Bewegung. Hamburg 2012. Laika-Verlag, 161 S. und sechs DVDs, jeder Teil 29,90 €.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/224236.geschichte-der-anti-akw-bewegung.html

Peter Nowak


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