Banker im Schatten – François Genoud

Der Schweizer Banker François Genoud, der 1996 mit 81 Jahren Selbstmord verübte, hatte vom Nachlass der NS-Größen Martin Bormann und Joseph Goebbels profitiert und die Verteidigung der Judenmörder Adolf Eichmann und Klaus Barbie.   Seit seiner Jugend reiste Genoud in den arabischen Raum, dort wo 1945 viele ehemalige Nazis untertauchten. In der Frontstellung der arabischen Nationalisten gegen Israel sahen sie die Fortsetzung des nazistischen Kampfes gegen die Juden.   Einige Jahre engagierte sich Genoud  nach der Unabhängigkeit von Frankreich in Algerien, wo er aber wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten bald verhaftet und ausgewiesen wurde. Seit dem 70er Jahren hatte der umtriebige Schweizer auch Kontakte zu militanten Palästinensern,.  Enge Verbindungen hatte Genoud  zu dem als Carlos bekannten Ramirez Sanchez, der für seine Beteiligung an zahlreichen Attentaten eine lebenslängliche Haftstrafe in Frankreich verbüßt. Genoud besuchte ihn mehrmals im Gefängnis und organisierte auch seine Verteidigung.

 Die BRD – ein Eldorado für Altnazis

Während diese  Aktivitäten in den Buchbesprechungen zur jüngst erschienenen Genoud-Biograie von Willi Winkler im Mittelpunkt stand, blieb jener Teil seiner Vita, der die Bundesrepublik betrifft, weitgehend ausgespart. Dateillreich beschreibt der Autor, die Rückkehr der alten NS-Eliten ins politische Leben des westdeutschen Nachfolgestaates unter dem Beifall der politischen Klasse. So begrüßte der erste Bundespräsident der BRD Theo Heuss die Freilassung des Nazi-Außenministers Konstantin von Neurath: „Mit freudiger Genugtuung habe ich … heute die Mitteilung gelesen, … dass das Martyrium dieser Jahre für sie ein Ende gefunden hat.“

Dem hochdekorierten Wehrmachtsgeneral Herrmann-Bernhard Ramcke, in jenen Jahren Idol der NS-Nostalgiker, verhalft Genoud zur Flucht aus einem französischen Gefängnis. Bald formulierte Ramcke in der BRD die Bedingungen für die Fortsetzung des Kampfes gegen  den Bolschewismus. „Ich weiß mich eines Sinnes mit allen meinen Waffenbrüden der gesamten ehemaligen Wehrmacht, dass die Vorbedingung jeder von uns begehrten Wehrbereitschaft die völlige Gleichberechtigung Deutschlands im Rate der anderen Völker sein muss und die Wiedeherstellung der Ehre der deutschen Soldaten und die Freilassung der deutschen Gefangenen aus ihren Kerkern und aus den Händen einer nichtdeutschen Justiz“.             Winkler schildet auch wie die FDP Nordrhein Westfalen von Altnazis und führenden Industriellen in eine NS-Zelle verwandelt werden sollte, was durch die Intervention der britischen Behörden unterbunden werden konnte.  

 Eine enge Freundschaft verband Genoud mit Paul Dickopf, der in der Schweiz für die NS-Abwehr tätig war und in der BRD Präsident des Bundeskriminalamts und später gar Chef von Interpol wurde.  

Man muss  nicht alle Wertungen Winklers teilen, so über die   algerische Unabhängigkeitsbewegung. Verdienst des Autors ist es, aufzuzeigen, was für ein Eldorado die BRD für Altnazis war. Winkler fragt, wieso der Schweizer unbehelligt von der Justiz blieb. Arbeitete Genoud mit den Geheimdiensten zusammen, hatte er Carlos die ganze Zeit getäuscht und schließlich seinen Aufenthaltsort verraten?“    

     Willi Winkler, Der Schattenmann, Rowohlt Berlin, 352 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-87134-626-2

https://www.neues-deutschland.de/artikel/202464.banker-im-schatten.html?sstr=Der|Schattenmann

Peter Nowak

 


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