Anonym (Hg.): bis alle frei sind. Antifa-Debatten zu Staat, Patriarchat und drohendem Faschismus. 2 Bände, Immergrün-Verlag, Berlin 2025, 913 Seiten, 28 Euro.

Dokumentation der Antifadebatten

Ein umfangreiches Lesewerk über Strategien, Konflikte und Selbstverständnis der autonomen Bewegung. Natürlich sind nicht alle Beiträge gleich überzeugend. Einige kürzere, anonyme Texte bleiben inhaltlich vage oder kreisen stärker um interne Befindlichkeiten. Doch gerade die Vielfalt, auch der Widersprüche, macht den Wert dieser Sammlung aus.

Innerhalb weniger Jahre ist die AfD bundesweit zur zweitstärksten Partei geworden, in manchen Bundesländern zur stärksten. Zugleich ist die Antifabewegung oft zersplittert und in strategischen Fragen uneinig. Vor diesem Hintergrund ist der Doppelband ein wichtiger Versuch, die
Diskussionen der letzten zehn Jahre innerhalb der autonomen Antifabewegung zu dokumentieren.Das Werk versteht sich als …

… »Werkzeug« für die Weiterentwicklung antifaschistischer Praxis, nichtals Theorieproduktion. Die Bände versammeln Texte aus Medien wie AIB, Lotta, Interim oder dem Autonomen Blättchen.Sie spiegeln den Stand einer Strömung wider, die sich bewusst in Distanz zu Parteien, Staat undreformistischen Großorganisationen organisiert. Dass hier also die Perspektive der autonomenAntifa im Mittelpunkt steht, ist Teil des Konzepts. Viele der Texte setzen sich mit staatlicher Repression und Kriminalisierung auseinander. Die Prozesse um das sogenannte Antifa-Ost-Verfahren und den Budapest-Komplex werden mehrfach aufgegriffen. Besonders berührend ist ein Beitrag über die Kooperation zwischen Angehörigen von Inhaftierten und autonomen Gruppen – ein selten beleuchteter Aspekt der Solidarität, der zugleich an verlorenes Wissen linker Geschichte erinnert. Daneben finden sich Beiträge, die Organisierungs- und Bündnisfragen diskutieren: Wie breit müssen Allianzen sein, wenn Faschisierung droht? Wie lässt sich Antifa im ländlichen Raum gestalten? Hier bieten etwa die Berichte über antifaschistische »Kaffeefahrten« nach Sachsen oder über Widerstand in der Brandenburger Provinz spannende Einblicke. Einen besonderen Akzent setzen rund fünfzig Seiten mit Texten aus den Jahren 1929 bis 1937, vor allem ausanarchosyndikalistischen und linkskommunistischen Zusammenhängen. Diese frühe Analyse dersich abzeichnenden Faschisierung eröffnet produktive Bezüge zur Gegenwart – etwa angesichts aktueller rechtsoffener Bauernproteste.Natürlich sind nicht alle Beiträge gleich überzeugend. Einige kürzere, anonyme Texte bleiben inhaltlich vage oder kreisen stärker um interne Befindlichkeiten. Doch gerade die Vielfalt, auch der
Widersprüche, macht den Wert dieser Sammlung aus: Sie dokumentiert eine Bewegung, die sich selbst befragt, streitet, tastet – und damit lebendig bleibt. Die beiden Bände zeigen so nicht nur den desolaten, sondern auch den diskussionsfreudigen Zustand der Bewegung. Sie laden dazu ein, sich selbst ein Urteil zu bilden – und die Debatten weiterzuführen, die hier festgehalten wurden.
Peter Nowak

Anonym (Hg.): bis alle frei sind. Antifa-Debatten zu Staat, Patriarchat und drohendem Faschismus.
2 Bände, Immergrün-Verlag, Berlin 2025, 913 Seiten, 28 Euro.


2 Bände, Immergrün-Verlag, Berlin 2025, 913 Seiten, 28 Euro.

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