»Sich nicht verbarrikadieren«

Am Montag und am Dienstag voriger Woche gab es Brandstiftungsversuche im Autonomen Zentrum »Exzess« in Frankfurt am Main. Die Jungle World sprach mit Eliad Nowack von der Regionalen Koordination Rhein-Main des Mietshäusersyndikats.

Gab es schon vor dem Anschlag im »Exzess« Brandstiftungen gegen linke Projekte im Rhein-Main-Gebiet?
Am 14. September brannte das Hausprojekt Knotenpunkt in Schwalbach am Taunus aus. Mitte November gab es mehrere Brandstiftungen im linken Zentrum »AU« in Frankfurt. Am 3. Dezember ging ein als Gartenlaube genutzter Bauwagen auf dem Gelände des Wohnprojekts »Schwarze 79« in Hanau in Flammen auf.

In einer Presseerklärung schreiben Sie, dass angesichts der Häufung der Brände ein »Zufall ausgeschlossen werden« könne. Könnte es sich nicht auch um unpolitische Täter handeln?
Da wir nicht wissen, wer die Brände gelegt hat, können wir das nicht ausschließen. Aber die Systematik, mit der die Ziele ausgesucht, und die Art, wie die Brände gelegt wurden, sprechen dagegen. Zudem sind Hausprojekte betroffen, die in der Öffentlichkeit gar nicht so bekannt sind. Da muss jemand gezielt gesucht haben.

Warum sind aus Ihrer Sicht ausgerechnet Einrichtungen betroffen, die zum Mietshäusersyndikat gehören?
Dort versuchen schon heute Menschen, die Utopie einer anderen Gesellschaft zu leben. Wir entziehen Häuser dem spekulativen Wohnungsmarkt, leben gemeinschaftlich und kollektiv. In einer nach rechts rückenden Gesellschaft scheint dies manchen als Begründung schon auszureichen.

Nach den Bränden im Exzess fand in Frankfurt unter der Parole »Das Feuer legen andere. Die Brandstifter kommen aus dem Römer« eine Demonstration statt. Was war damit gemeint?
Nach den G20-Protesten im vorigen Jahr wurden die AU, das Exzess und das linke Zentrum Klapperfeld von den im Römer (Rathaus der Stadt Frankfurt am Main, Anm. d. Red.) vertretenen Parteien CDU und FDP sowie der rechtspopulistischen Rathausfraktion »Bürger für Frankfurt« diffamiert und zur Zielscheibe rechter Hetze gemacht. Die Taten sind eine Folge dieser Kampagne.

Gab es nach den Bränden Reaktionen aus der Politik?
Es gab eine größere Medienöffentlichkeit. Der sicherheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, Christoph Schmitt, musste sich für die Angriffe auf die Zentren rechtfertigen. Natürlich distanzierte er sich von der Brandstiftung – allerdings haben er und seine Partei sich maßgeblich an der Kampagne gegen linke Zentren und Strukturen beteiligt. Damit trägt er eine Mitverantwortung für die Anschläge.

Was erwarten Sie nun von der Politik?
Wir erwarten, dass die Stimmungsmache gegen linke Strukturen unverzüglich beendet wird. Verlassen können wir uns darauf allerdings nicht, deshalb setzen wir auf die Solidarität unter den Projekten. Und auch beim Kampf gegen Nazis und Rassisten setzen wir auf eine linke Gegenöffentlichkeit, die sich den rechten Hetzern in den Parlamenten und den Nazis auf der Straße aktiv entgegenstellt.

Wurde auch über Selbstschutz diskutiert?
Die Bewohner wollen sich nicht verbarrikadieren, sondern weiterhin in offenen Häuser leben. Die Häuser haben aber ihren Brandschutz geprüft und die Nachbarschaften sensibilisiert. Von diesen und innerhalb der Linken gab es viel Solidarität.

Interview: Peter Nowak