Irmela Mensah-Schramm über ihren antifaschistischen Aktivismus und ihre Sicht auf die Demos gegen rechts

Mensah-Schramm: »Von der Polizei lasse ich mich nicht abhalten«

Irmela Mensah-Schramm wurde 1945 in Stuttgart geboren. Die ehemalige Heilpädagogin ist bekannt geworden, weil sie seit Jahren rassistische und antisemitische Aufkleber in ganz Deutschland entfernt. Dabei erfährt Schramm immer wieder Kriminalisierung durch die Polizei.

Sind Sie als langjährige Aktivistin froh, dass nun in allen Städten Menschen gegen rechts auf die Straße gehen?

… Ja, auf jeden Fall. Ich muss aber sagen, dass dies längst überfällig war.

Warum haben Sie kürzlich die Aufrufe von Politiker*innen, gegen rechts auf die Straße zu gehen, als heuchlerisch kritisiert?

Ich reagiere langsam allergisch, wenn ich die Aufforderungen der Politiker*innen aller Couleur höre, dass die Zivilgesellschaft sich engagieren soll. Tut man es wie ich seit fast 40 Jahren, wird man immer wieder mit Strafanzeigen konfrontiert.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Als ich mit meinem Plakat »Demokratie beschützen anstatt beschmutzen« 2021 gegen die Coronaleugner-Demonstration mit Wahrung der Hygieneregeln wie Maske und Abstand am Brandenburger Tor stand, wurde ich von Polizisten aufgefordert, entweder das Plakat umzudrehen oder wegzugehen. Erst bekam ich einen mündlichen Platzverweis, dem ich nicht folgte, und wurde dann wegen meiner Verweigerung zum Einsatzfahrzeug abgeführt, wo ich einen schriftlichen Verweis bekam mit der Androhung der Ingewahrsamnahme. Als kurz darauf der Demozug losging, sah ich mit Entsetzen, dass am Fronttransparent ein Mann im KZ-Sträflingsanzug inklusive Sträflingsnummer mitging, ohne dass die Polizei dagegen eingeschritten ist. Ich musste leider auch zur Kenntnis nehmen, dass Linke dies völlig in Ordnung fanden.

Sie sind bundesweit bekannt, weil Sie rechte Parolen übermalen. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Naja, nicht immer und nicht überall stoße ich auf Begeisterung. Häufig wird mir entgegengehalten, ich hätte Meinungsfreiheit – die aber als Grundrecht immer wieder voll missbraucht und verletzt wird – zu akzeptieren. Dann antworte ich prompt: Meinungsfreiheit endet, wenn Hass und Menschenverachtung beginnen.

Haben sich die rechten Parolen und Aufkleber, gegen die Sie vorgehen, in den vergangenen Monaten verändert?

Es gibt »Aktionswellen«. Mal sind mehr AfD-Botschaften zu finden, mal welche vom rechten Textildruckvertrieb Druck 18 oder Aufkleber von Naziorganisationen wie dem Dritten Weg. In Fürstenwalde agieren die Nazis mit »Umkehrbotschaften« wie »Sex mit Nazis«, oder aus einem Antinazi-Spruch wurde »Wir lieben Nazis«.

Sie haben wegen Ihres antifaschistischen Engagements auch immer wieder Probleme mit der Polizei. Können Sie ein aktuelles Beispiel nennen?

Ja, beispielsweise in Calau letztes Jahr. Dort entdeckte ich hinter dem Bahnhof ein »Fck Jew«, eine große »88« und drei Wolfsangeln. Das ursprüngliche Antifa-Graffito »FCK NZS« wurde zu »FCK JEW« verfremdet. Die »88« war schon vorher da, von den Antifa-Aktivist*innen aber nur durchgestrichen. Ich habe dies alles übersprayt. Zu meinem Erstaunen war die Polizei diesmal schneller als ich. Sie war in fünf Minuten da und nahm eine Strafanzeige wegen »Sachbeschädigung« auf. Kommentar des einen Polizisten: »Jetzt sieht man die Sachbeschädigung noch mehr.« Sie sollten aber wissen, dass ich mich von der Polizei nicht abhalten lasse.

Interview: Peter Nowak