Auf Eigeninitiative der Beschäftigten gesetzt

Ex-Opelaner Wolfgang Schaumberg über die Niederlage linker Gewerkschafter bei der Betriebsratswahl
Wolfgang Schaumberg arbeitete 30 Jahre im Opel-Werk Bochum und war 25 Jahre lang im Betriebsrat. Auch als Vorruheständler ist er weiterhin in der linksgewerkschaftlichen Gruppe »Gegenwehr ohne Grenzen« (GoG) aktiv. Über die Betriebsratswahl 2010 sprach mit ihm Peter Nowak.
ND: Die Gruppe »Gegenwehr ohne Grenzen« (GoG) hat bei der letzten Betriebsratswahl bei Opel-Bochum erstmals seit 30 Jahren keinen Sitz bekommen. War die Niederlage überraschend?
Schaumberg: Nicht wirklich. Wir haben unsere Stimmenzahl von der letzten Betriebsratswahl gehalten. Damals haben wir im Bündnis mit der »Liste Offensiv« kandidiert, einer weiteren linken Gewerkschaftsgruppe. Jede Gruppe hatte einen Sitz. Bei der diesjährigen Betriebsratswahl haben wir getrennt kandidiert. Die »Liste Offensiv« hat ihren Sitz gehalten, weil sie mehr Stimmen hatte. Wir gingen leer aus.

 War es also ein Fehler, getrennt zu kandidieren?
Wir sehen die Eigenkandidatur auch im Nachhinein nicht als Fehler. Die politischen Vorstellungen waren in vielen Fragen zu unterschiedlich. Im Gegensatz zur »Liste Offensiv« war die GoG nicht in der Lage, im Wahlkampf mit einem historischen Optimismus aufzutreten.

Was war der Schwerpunkt Ihres Betriebsratswahlkampfes?
Wir haben auf die Eigeninitiative der Beschäftigten gesetzt. Das Motto unserer Liste lautete: »Gegenwehr – das müssen wir schon selber tun«. Das ist auch ein Bruch mit einer Art linker Gewerkschaftsarbeit, die Hoffnungen auf den Betriebsrat setzt, wenn da nur die richtigen Leute drin sind.

Warum haben Sie nicht mehr Zustimmung bekommen?
Viele Kollegen sagen uns, Ihr habt mit Euren Forderungen recht, aber wo ist die Bewegung, die sie durchsetzen kann? Die Fabrik kann nicht als gallisches Dorf alleine Widerstand leisten.

Es gibt außerbetriebliche linke Gruppen, die Flugblätter vor dem Fabriktor verteilen …
Die gibt es, doch sie tragen oft eher zur Resignation der Bewegung bei. Deren Forderungen führen bei den Kollegen oft zu Kopfschütteln, weil sie die konkrete Situation im Betrieb überhaupt nicht erfassen.

Können Sie ein Beispiel dafür geben?
Wenn die Vergesellschaftung von Opel-Bochum gefordert wird, fragen die Kollegen mit Recht, wie soll das gehen in einem Betrieb, der hochgradig in die globale Produktion integriert ist? Selbst die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden halten viele Kollegen für unrealistisch.

Hatten Sie Kontakt zu Kollegen in anderen Opel-Werken?
Wir haben viele Versuche gestartet, um uns mit den Kollegen zu vernetzen und gemeinsam gegen das General-Motors-Management agieren zu können. Dabei haben wir aber zu viel Wert auf den Kontakt zu Gewerkschaftsfunktionären und Betriebsräten gelegt und die betriebsübergreifende Debatte mit den Kollegen in den anderen Werken vernachlässigt. Deswegen ist aus unseren internationalen Kontakten keine lebendige Zusammenarbeit entstanden.

Wie will die GoG ohne Betriebsratsmandat weitermachen?
Wir wollen über die klassische Gewerkschaftsarbeit hinausgehen, die sich in wöchentlichen Treffen und dem Verteilen von Flugblättern erschöpft. Beispielsweise haben wir bei der letzten Personalversammlung, als Bettlertruppe verkleidet, Arbeitshetze und Lohnverzicht kritisiert.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/176720.auf-eigeninitiative-der-beschaeftigten-gesetzt.html?sstr=Schaumberg|Opel

Peter Nowak