Sofie Legutke ist in der Initiative Grüne Gewerke in der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter*innen-Union (FAU) aktiv, die sich in den letzten Tagen an den Protesten der Bäuerinnen und Bauern beteiligt hat.

Linke Bauernproteste: »Wir zeigen klare Kante gegen rechts«

Die Landarbeiterin Sofie Legutke kämpft bei den Bauernprotesten für die Interessen von kleineren Betrieben und Saisonarbeitskräften

Warum unterstützen Sie die Proteste der Bäuerinnen und Bauern?

… Weil wir selbst Landarbeiter*innen sind und die Not der kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe kennen. Es geht schon längst nicht mehr nur um Agrardiesel. Es geht um eine Politik, die seit Jahrzehnten den bäuerlichen Betrieben schadet, Saisonarbeitskräfte ausbeutet und die Agrarindustrie und außerlandwirtschaftliche Investoren fördert.

Wie sah diese Unterstützung in den letzten Tagen konkret aus?

Wir haben uns deutschlandweit an Aktionen beteiligt, um uns mit Kolleg*innen zu solidarisieren und Menschen aus der Stadt unsere Belange näherzubringen. Aber auch, um klare Kante gegen Versuche rechter Vereinnahmung zu zeigen und unser Missfallen zum Ausdruck zu bringen, wenn konservative Kräfte Protestierende zum Nach-unten-Treten animieren wollen.

In vielen Medien wird hervorgehoben, dass auch rechte Gruppen sich an den Protesten beteiligen. Haben Sie davon etwas mitbekommen?

Ja, das konnten wir an einigen Orten beobachten. In Sachsen sind es zum Beispiel die Freien Sachsen, die versuchen, die Proteste zu vereinnahmen, aber deren Proteste hatten kaum mit Landwirtschaft zu tun. Es ist lokal sehr unterschiedlich, ob rechte Vereinnahmung gelingt. Viele distanzieren sich zum Glück deutlich.

Oft wird argumentiert, dass die Kürzungen, die zu den Protesten geführt haben, aus ökologischen Gründen sinnvoll sind.

Die Motivation hinter den Kürzungen war nicht die Förderung von ökologischen Anbauweisen, sondern das Stopfen des Haushaltslochs. Klimafreundlich wären zum Beispiel Einsparungen bei der Rüstung oder eine Kerosinsteuer gewesen. Außerdem gibt es bisher kaum Alternativen, auf die bäuerliche Betriebe ausweichen können. Dabei sind es gerade kleine Betriebe, die Vielfalt bringen. Wenn es ökologische Gründe gewesen wären, dann wären die Vorschläge der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft nicht ignoriert worden. Wir beobachten stattdessen eine stetige Entwicklung der Landwirtschaft hin zur Agrarindustrie.

In der Landwirtschaft sind viele Menschen auch aus anderen Ländern oft unter prekären Bedingungen beschäftigt. Welche Rolle spielen diese Menschen und ihre Forderungen bei den Protesten?

Wir sehen, dass vor allem Großbetriebe Saisonarbeitskräfte einstellen, die unter furchtbaren Bedingungen arbeiten. Leider spielen deren Interessen bisher kaum eine Rolle. Mancherorts wird sogar noch gegen ihre Rechte Stimmung gemacht. Der allgemeine Trend geht zu Großbetrieben, mehr Saisonarbeitskräften und zunehmender Prekarisierung. Wir solidarisieren uns mit allen Lohnabhängigen und wünschen uns einen deutlicheren Einsatz für die Belange aller Saisonarbeitskräfte.

Sind es vor allem die Landwirtschaftsunternehmen und nicht die Landarbeiter*innen, die auf die Straße gehen?

Beide Seiten gehen gerade auf die Straße. Meist fahren ja angestellte Traktorist*innen die vielen Trecker in die Städte. Es geht aber viel um die unternehmerische Sicht und zu wenig um die Interessen von Beschäftigten. Deshalb versuchen wir, unsere Stimme als Gewerkschafter*innen in die Proteste hineinzutragen. Unsere Situation wird sich aber nicht verbessern, wenn sich nicht auch die Situation von kleinen und mittleren Betrieben verbessert, die massiv in die Selbst- und Fremdausbeutung gedrängt werden, die aufgrund des Effizienzdrucks und ständig neuer Auflagen von Seiten der Politik Investitionen tätigen und sich verschulden müssen.

Wie würden Sie Ihre bisherigen Erfahrungen bei den Protesten zusammenfassen?

Es ist ein dynamisches Geschehen mit lokal großen Unterschieden, was Abgrenzung gegen rechts, aber auch, was die Zusammensetzung der Teilnehmenden angeht. Die politischen Ausrichtungen würden wir als ziemlich gemischt einschätzen. Es gibt antikapitalistische Positionen, andere grenzen sich sowohl von rechts als auch von links ab, die Präsenz aus dem rechten Milieu ist aber auf jeden Fall spürbar.

Welche weitere Unterstützung planen Sie?

Wir werden uns einmischen, wo wir es für richtig halten, dabei für die Belange unserer Klasse streiten und klare Kante gegen rechts zeigen.

Interview: Peter Nowak