„Aktiv für den Frieden“

Die Friedensaktivistin Mary Ann Wright erhielt den Ethecon-Preis 2018.

»Mary Ann Wright handelt mutig, konsequent, unbestechlich und integer. Sie zeigt das, was gemeinhin soziale Verantwortung und Zivilcourage genannt wird.« Mit dieser Begründung zeichnete die linke Stiftung Ethecon bei einer Veranstaltung am Samstag im Berliner Pfefferberg die US-Friedensaktivistin Mary Ann Wright mit dem »Blue Planet Award« aus. Mit ihr wurde eine Frau geehrt, die darin erinnert, dass eine Opposition zur Regierungspolitik in den USA nicht erst mit dem Antritt von Donald Trump begann.

Die 1947 geborene Juristin hatte im März 2003, einen Tag vor Beginn des Krieges gegen Irak, in einem Brief an Verteidigungsminister Colin Powell ihre langjährige Dienstzeit bei der US-Army mit den Worten beendet: »Ich habe meinem Land fast dreißig Jahre lang in einigen der isoliertesten und gefährlichsten Gegenden der Welt gedient. Mit schwerem Herzen muss ich meinen Dienst in Amerika beenden und aufgrund der Richtlinien der Verwaltung zurücktreten.« Die Expertin für Äußere Sicherheit, die ihren Master an der Seeakademie des US-Militärs gemacht hatte, war im Laufe ihrer Karriere an vielen Konfliktschauplätzen von Somalia bis Grenada an der Erarbeitung von Kriegs- und Wiederaufbauplänen beteiligt. Letztlich wurde sie zur Kritikerin an der Außenpolitik der USA und konnte sich bei zahlreichen Konflikten nicht mehr mit der Position der USA identifizieren.

Nach ihrem Ausscheiden beim Militär setzte sich Wright nicht zur Ruhe. Noch immer reist sie um die Welt, nunmehr im Dienst der Friedensbewegung. Mehrmals demonstrierte sie vor dem US-Gefängnis Guantanamo für die Schließung der Einrichtung. Immer wieder wurde sie bei Protesten in den USA verhaftet. Auch ihre zahlreichen Auslandsaktivitäten sorgten für Aufsehen, etwa als sie als »Bürger-Diplomatin« in den Iran reiste. Auch in Deutschland ist sie eine gute alte bekannte – so beteiligte sich Wright an Blockaden der Air Base Ramstein, die der US-Armee als europäische Drehscheibe für Truppentransporte dient.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1105942.aktiv-fuer-den-frieden.html

Peter Nowak

Hartz IV-Reform oder Bruch mit dem Hartz IV-System?

Über Nebelkerzen bei der aktuellen Debatte über eine Überwindung von Hartz IV – Ein Kommentar

Hartz IV am Ende? Diese Fragen stellen sich in den letzten Tagen einige Zeitungen [1]. Sowohl Robert Habeck von den Grünen als auch Andrea Nahles von der SPD ist mit Konzepten an die Öffentlichkeit getreten, die angeblich das Ende von Hartz IV bedeuten. Nur sollte man dann schon genauer hingucken, was damit gemeint ist.

Das Ende von Hartz IV propagierten Politiker schon kurz nach dessen Einführung. Sie wollten aber nicht das Gesetz abschaffen, sondern die Bezeichnung. Der Namensgeber Peter Hartz kam schließlich wegen hinterzogener Steuern juristisch in Probleme und da schien er dann kein geeigneter Werbeträger mehr zu sein. Nur haben von einer solchen kosmetischen Retusche natürlich die Betroffenen nichts.

Habeck I statt Hartz IV?

Wenn man sich heute anguckt, wie der grüne Hartz IV-Kritiker Habeck [2] und seine Unterstützer [3]argumentieren, darf man bezweifeln, ob da heute mehr als Retusche rauskommt. Zunächst fällt auf, dass die Einführung von Hartz IV nicht als politischer Fehler bezeichnet, sondern darauf hingewiesen wird, dass mittlerweile 15 Jahre vergangen seien:

In diesen 15 Jahren ist in Deutschland ziemlich viel passiert. Statt Massenarbeitslosigkeit herrscht zumindest in einigen Regionen fast Vollbeschäftigung. Die Staatskassen sind nicht mehr leer, sondern quellen über. Die Industriegesellschaft verwandelt sich in eine Digitalgesellschaft. Es gibt eine rechtspopulistische Partei, die die Ängste der Menschen für ihre dunklen Zwecke ausnutzt. Dass vor diesem Hintergrund ausgerechnet bei der Grundsicherung alles beim Alten bleiben soll, klingt nicht unbedingt nach einer einleuchtenden These.

Mark Schieritz, Zeit

Nur benennt er nicht, was genau in diesen 15 Jahren passiert ist und dass es genau das war, was sich die Erfinder von Hartz IV erwartet haben. Die Angst und der Druck haben bei den Menschen mit geringen Einkommen massiv zugenommen. Viele denken, alles sei besser, als unter das Hartz IV-System zu fallen, und nehmen Lohnarbeit unter fast jeder Bedingung an. Mit Hartz IV wurde so ein Niedriglohnsystem etabliert, und das ist ganz im Sinne des deutschen Kapitals, dass sich damit gute Konkurrenzbedingungen im Kampf mit anderen Wirtschaftsstandorten verspricht.

Dafür setzte eine massive Entsolidarisierung unter den Lohnabhängigen ein, die es rechten Parteien wie der AfD erleichtert hat, auch in diesen Kreisen Unterstützung zu finden. Das bedeutet eben nicht, dass die Menschen nur deshalb AfD wählen, weil sie soziale Probleme haben. Zunächst wird die Partei ja auch verstärkt von einem Kleinbürgertum mit Abstiegsängsten gewählt. Doch die politisch gewollte Vereinzelung der Lohnabhängigen hat rechte Tendenzen gefördert.

Das sind die Veränderungen, die Habeck und seine Unterstützer konstatieren und zur Grundlage ihres Plädoyers nehmen, um eine Alternative zu Hartz IV zu empfehlen. Zudem darf auch bei Habeck der Hinweis nicht fehlen, dass das Problem für die Wirtschaft in Deutschland nicht die Höhe der Kosten der Arbeitskraft ist, sondern der Mangel an Arbeitskräften. „Man wird nicht ohne Sanktionen auskommen.“

Dann kann auch die CDU-Reformbereitschaft bei Hartz IV [4] signalisieren und deren Grundlagen verteidigen. Auch der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder will Hartz IV reformieren, ohne es zu beseitigen, wie er im Interview [5] mit dem Tagesspiegel erklärte:

Ist denn eine Reform notwendig?

Es wurden damals schon einige Fehler gemacht. Kaum ein anderes Gesetz ist bislang schon so oft verbessert worden, es gab 50 Änderungen. Es ist im Sinne dieses Gesetzes, dass man es immer wieder anpasst. Man sollte nur nicht die Erwartung wecken, dass man die Grundstruktur der deutschen Arbeitsmarktversicherung zur Disposition stellen kann. Insgesamt hält die überwältigende Mehrheit der Experten das Grundprinzip Fordern und Fördern für angemessen. Gerade deshalb gab es von Anfang an Kritik daran, dass das Element der Förderung im Hartz IV-System unterentwickelt ist und die Menschen zu sehr gegängelt werden.

Was bedeutet das für die Reform?

Auch für jede neue Struktur wird man Zugangskriterien definieren müssen, die zwischen Berechtigten und Nicht-Berechtigten unterscheiden. Man wird auch nicht ohne Sanktionen auskommen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Arbeitsmarktintegration in der Regel besser funktioniert, wenn Sanktionen eingesetzt werden. Und auf die Integration kommt es an. Und zwar eine, die dann die Basis für weiteren Aufstieg ist. Über diesen Punkt sollte meiner Meinung nach mehr nachgedacht und neue Initiativen dazu entfaltet werden.

Wolfgang Schröder

Ehrlicher als die Politiker spricht Schröder an, dass es einen Unterschied zwischen einer vielzitieren Hartz IV-Reform und dem Bruch mit dem Hartz IV-System gibt. Die Reform gehört zum System dazu. Es muss immer wieder evaluiert, optimiert und angepasst werden, damit es nach den Vorstellungen der Erfinder funktioniert.

Solche Hartz IV-Reformen haben auch Habeck und Nahles im Sinn, wenn sie so wortgewaltig das Ende von Hartz IV verkünden. Die SPD bringt auch das Kunststück fertig, dass zeitgleich der Hartz IV-Verantwortliche Gerhard Schröder vor der Friedrich-Ebert-Stiftung vor 650 wohl vorwiegend sozialdemokratischen Gästen seine Regierung feiern konnte, ohne dass die Armut durch das Gesetz in Frage gestellt wurde. Dass die SPD noch immer Probleme mit Hartz IV hat, kann der Altkanzler und Wirtschaftslobbiest bis heute nicht verstehen.

Die Konsequenz aus der Debatte um die Hartz IV-Reform müsste sein, dass die grundsätzlichen Gegner einen Bruch mit dem Hartz IV-System fordern müssen. Das heißt anzuerkennen, dass Menschen grundsätzlich soziale Rechte haben, die nicht daran gebunden sind, was sie angeblich arbeiten. Zudem sollten sie SPD und Grüne auffordern, in den Bundesländern, in denen sie noch Einfluss haben, ein sofortiges Sanktionsmoratorium im Hartz IV-System durchzusetzen und damit eine Forderung umzusetzen, daie ein Bündnis [6] seit Jahren fordert.

Peter Nowak

URL dieses Artikels:
http://www.heise.de/-4222638
https://www.heise.de/tp/features/Hartz-IV-Reform-oder-Bruch-mit-dem-Hartz-IV-System-4222638.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.morgenpost.de/politik/article215792275/Robert-Habeck-will-mit-Garantiesicherung-Hartz-IV-veraendern.html
[2] https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-11/sozialsystem-hartz-iv-arbeitslosengeld-sozialleistungen-grundsicherung-grundeinkommen-veraenderung
[3] https://www.gruene.de/ueber-uns/2018/wir-brauchen-eine-neue-garantiesicherung.html
[4] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arm-und-reich/cdu-plaediert-fuer-eine-gezielte-aenderungen-von-hartz-iv-15889252.html
[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/hartz-iv-und-die-spd-man-wird-nicht-ohne-sanktionen-auskommen/23624194.html
[6] http://www.sanktionsmoratorium.de/

»Leider kein Geschenk«

»Für Deutschland keinen Finger krumm, 20 Semester Minimum« lautete die Parole auf einer Stofftasche, die der Allgemeine Studierendenausschauss (AStA) der Universität Osnabrück an Erstsemester verteilte. Lokalpolitiker von CDU und FDP sowie örtliche Medien reagierten empört. Wir sprachen mit Lotta und Jakob, die beim AStA Osnabrück für Öffentlichkeitsarbeit und Antifaschismus zuständig sind

Wo kann man in Zeiten des Bachelor-Master-Systems noch 20 Semester studieren?
Lotta: Dieser Spruch ist leider keine Versprechung, die wir den ­angehenden Studierenden machen könnten, sondern eine Aufforderung, sich mit den Zwängen auseinanderzusetzen, die das Studierendenleben bestimmen. 20 Semester sind nämlich auch im Bachelorstudium leider meist kein Geschenk, sondern oft nötig, um mit Lohnarbeit »neben« dem Studium über die Runden zu kommen. Faktisch wird so eben doch der Finger für und wegen Deutschland krumm gemacht.

Hatten Sie mit den empörten Reaktionen gerechnet?

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Spanische Revolution

Buenaventura Durutti ist vielen als spanischer Anarchist bekannt. Doch wer kennt Amparo Poch y Gascón? Über die Mitbegründerin der libertären Frauenorganisation Mujeres Libres hat Martin Baxmeyer jetzt eine Biografie herausgeben, die sich auch kritisch mit dem Umgang der spanischen Anarchist_innen mit selbstbewussten Frauen auseinandersetzt. Baxmeyer erwähnt den militanten Antifeminismus Proudhons, der auch unter spanischen Anarchist_innen Anhänger_innen fand. Doch er beschreibt auch Strömungen im Anarchismus, die sich für die Rechte der Frauen einsetzten. Den Feminismus lehnten allerdings auch sie ab, weil er im damaligen Spanien als Bewegung wohlhabender Frauen aus dem Bürgertum galt. Kritisch geht Baxmeyer mit dem anarchistischen Mythos der bewaffnet kämpfenden Frau um. Auf den während der Spanischen Revolution verbreiteten Fotos seien Models in Uniform abgebildet gewesen; mit der Realität innerhalb der libertären Milizen habe das nur wenig zu tun gehabt. Baxmeyer hat mit seinem Buch über Amparo von Poch y Gascón auch eine kritische Auseinandersetzung mit Mythos und Realität der libertären Bewegung in Spanien vorgelegt – ganz im Sinne von Poch y Gascón, die auch in den eigenen Reihen nicht mit Kritik und Spott sparte. Das belegen ihre am Schluss des Buches dokumentierten Artikel, in denen sie sich über bürokratischen Leerlauf und den Drang, Probleme in irgendwelche Komitees abzuschieben, lustig machte.

Peter Nowak

aus: ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 643 / 13.11.2018
https://www.akweb.de/ak_s/ak643/03.htm


Martin Baxmeyer (Hg.): Amparo Poch y Gascón. Biographie und Erzählungen aus der spanischen Revolution. Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2018. 152 Seiten, 13, 90 EUR.

Grüne und Linke und die Migration

Sowohl Kretschmann als auch Wagenknecht äußern sich migrationskritisch, aber ihre Parteien reagieren unterschiedlich

Gegen Lob kann man sich nicht wehren, war auf dem Parteitag der Grünen die etwas verdruckste Reaktion auf ein Interview des aussichtsreichen Bewerbers auf den CDU-Vorsitz Friedrich Merz. Die Union werde auch unter seinen Vorsitz offen für Bündnisse mit der liberalen Partei sein, hatte er erklärt [1]. Das ist einerseits nicht überraschend, denn warum sollte sich die Union selber in den Machtoptionen einschränken?

Schließlich haben die Grünen in Hessen und Baden-Württemberg gezeigt, dass sie auch mit explizit konservativ ausgerichteten CDU-Landesverbänden gut regieren können. Deshalb beschreibt Merz nur die Realität, wenn er die Grünen als „sehr bürgerlich, sehr offen, sehr liberal und sicherlich auch partnerfähig“ beschreibt.

Dass er vor mehr als 15 Jahren noch eine viel kritischere Haltung zu den Grünen hatte, ist auch nicht verwunderlich. Schließlich wurden die Grünen damals als enger Bündnispartner der SPD gesehen und daher auch von der Union heftig angegriffen.

Die Mehrheitsverhältnisse heute würden solche Bündnisse heute gar nicht mehr hergeben. Und selbst, wo es wie in Hessen eine Mehrheit für ein Bündnis zwischen SPD, Grünen und LINKEN rechnerische Mehrheiten gäbe, entscheiden sich die Grünen für ein Bündnis mit der Union. Da dürfte es sie einerseits beruhigen, dass auch Merz inzwischen die Grünen für bündnisfähig hält.

Andererseits müssen sie auf die nötige Distanz achten. Wie Johannes Agnoli bereits vor 50 Jahren in seiner wichtigen Schrift „Die Transformation der Demokratie“ ausführte, gibt es in der bürgerlichen Demokratie unter verschiedenen Namen eine Einheitspartei für Markt, Kapitalismus und Nato, doch sie muss unterschiedliche Zielgruppen bedienen.

Daher muss im Wahlkampf die Differenz gepflegt werden. Und mit Merz fremdeln noch viele grüne Delegierte, dem sie schon seine Distanz zur grünen Königin der Herzen Angela Merkel übelnehmen. Auch seine Wirtschaftsnähe soll manche Grünen gegen Merz einnehmen, doch das sind keine inhaltlichen Probleme.

Merz klang schon vor 18 Jahren wie die AfD

Auffällig ist, dass die Grünen nicht Merz als Verfechter der deutschen Leitkultur kritisierten, der bereits vor 18 Jahren Forderungen stellte, die später die AfD übernahm, wie BILD jetzt noch einmal positiv hervorhob [2]. Sie ist daher auch der Meinung, dass die AfD mit Merz an maßgeblicher Stelle nie so groß geworden wäre.

Dass Merz damals wie die AfD-light tönte, zeigt dieser Auszug einer Rede, die er vor 18 Jahren vor der CDU-Neukölln in Berlin gehalten hat:

Wir haben Probleme in Deutschland mit Ausländern. (…) Probleme, die mittlerweile die Menschen zutiefst beunruhigen und bewegen: mit Kriminalität, mit sehr hoher Ausländerarbeitslosigkeit, mit ungelösten sozialen Konfliktstoffen auch mit der übrigen Wohnbevölkerung.

Friedrich Merz

Rechte fürchten [3] schon, dass Merz als Unionsvorsitzender der AfD schaden könnte. Doch es ist wohl kein Zufall, dass sich die Grünen, die sich immer sehr einwandererfreundlich geben, in dieser Frage mit Merz nicht anlegen wollen. Schließlich konnte parallel zum Parteitag der einzige grüne Ministerpräsident noch mal deutlich machen, dass Parteitagslyrik das Eine, Realpolitik das Andere ist.

In einem Interview [4] mit zwei Regionalzeitungen aus Baden-Württemberg erklärte [5] Winfried Kretschmann: „Salopp gesagt ist das Gefährlichste, was die menschliche Evolution hervorgebracht hat, junge Männerhorden. Solche testosterongesteuerte Gruppen können immer Böses anrichten. Die Vergewaltigung in Freiburg ist ein schlimmes Beispiel.“

Als Konsequenz schlug er vor, einige dieser jungen Männer von den großen Städten fernzuhalten und „in die Pampa zu schicken“. Die Vorsitzende der Grünen Annelena Baerbock sagte nur, dass man über die Formulierung streiten kann, in der Sache aber Kretschmann urgrüne Forderungen nach dezentraler Unterbringung von Migranten vertrete.

Nun ist die These von der toxischen Männlichkeit nicht unplausibel und auch die Kritik, dass die Art der Unterbringung dazu beitragen kann. Doch wäre ein Amtsträger einer anderen Partei mit einem ähnlichen Statement an die Öffentlichkeit getreten, wäre die Moralfraktion der Grünen sofort in Protestgeschrei ausgebrochen.

Als der der Linkspartei angehörende Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder René Wilke als Reaktion auf einen Überfall auf einen Jugendclub in der Stadt Ausweisungen von straffälligen Migranten vorschlug [6], gehörten die dortigen Grünen zu seinen Kritikern.

Wagenknecht vor dem Sturz?

Auch unter den Linken gab es vereinzelt Kritiker von Wilke. Doch sein Vorschlag sorgte längst nicht für eine solche Erregung in der Partei wie die migrationskritische Fraktionsvorsitzende der Linken Sahra Wagenknecht. Mehrere Medien melden [7] bereits, dass sie ihr Amt bald verlieren könnte.

Ob es dazu kommt oder ob Wagenknecht selber zurücktritt, ist ebenso offen wie die Folgen, falls Wagenknecht den Fraktionsvorsitz verliert oder abgibt. Schließlich ist die machtbewusste Politikerin solche Zurückweisungen nicht gewöhnt.

Manche Anhänger der Bewegung Aufstehen denken schon lange über eine eigenständige Kandidatur [8] nach. Das fürchten wiederum die Wagenknecht-Kritiker bei den Linken. Das ist auch der Grund, warum es bei Teilen der Linken eine solche Distanz zur Aufstehen-Bewegung gibt. Dass dann die Hauptprotagonistin gleichzeitig Fraktionsvorsitzende ist, macht schon das Konfliktpotential deutlich.

Wagenknecht hat auch keine Schritte getan, um den Konflikt zu deeskalieren. Das zeigte der letzte Tweet, in dem sie ihre Ablehnung des UN-Migrationspaktes mit einem Artikel des Handelsblatt-Journalisten Norbert Häring begründet, der schon lange als Wagenknecht-Anhänger [9] auftritt und der sich auch von KenFM interviewen [10] lässt.

Dass sie damit ihren Kritikern neue Argumente liefert, muss ihr bewusst sein. Da bleibt dann keine Zeit mehr, über Sinn und Unsinn des UN-Migrationspakts zu diskutieren. Dessen primäres Ziel ist die regulierte Einwanderung nach ökonomischen Aspekten.

Es gäbe also genügend Grund für linke Kritik auch an den UN-Migrationspakt. Vor 20 Jahren gab es noch eine stichhaltige linke Kritik am Konzept der multikulturellen Gesellschaft als einer Form des Rassismus. Heute scheint es keine fundierte Position zu geben, die den UN-Migrationspakt mit genau dem gleichen Anspruch kritisiert.

Migrationskritik im Kleingedruckten

Am Parteitag der Grünen gab es kurz Diskussionen über einen Passus im Leitantrag zur Asylpolitik, in dem festgestellt wurde, dass man nicht alle Migranten, die kommen wollen, aufnehmen könne. Doch dabei ging es nur darum, wo dieses Bekenntnis stehen soll.

Es wurde dann in den hinteren Teil des Leitantrags verbannt [11]. Der Streit war schnell beigelegt. Die Linke kann da von den Grünen noch lernen, wie man strittige Positionen im Kleingedruckten versenkt. Und Sahra Wagenknecht hätte für weniger Aufregung gesorgt, wenn sie statt des Artikels von Norbert Häring genau diese Stelle des grünen Leitantrags zur Untermauerung ihrer Position verbreitet hätte.

Peter Nowak

URL dieses Artikels:
http://www.heise.de/-4218723
https://www.heise.de/tp/features/Gruene-und-Linke-und-die-Migration-4218723.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-11/kandidat-cdu-vorsitz-friedrich-merz-gruene-partner
[2] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/er-warnte-vor-migrationsproblem-haette-es-mit-merz-die-afd-nie-gegeben-58247998.bild.html
[3] http://www.pi-news.net/2018/11/fegt-friedrich-merz-die-afd-aus-dem-reichstag/
[4] https://www.sueddeutsche.de/panorama/asylpolitik-pampa-kretschmann-1.4205477
[5] https://www.morgenweb.de/mannheimer-morgen_artikel,-laender-junge-maennerhorden-trennen-_arid,1349052.html
[6] https://www.deutschlandfunk.de/rene-wilke-von-den-linken-oberbuergermeister-will.1773.de.html?dram:article_id=432531
[7] https://www.focus.de/politik/deutschland/damit-muss-schluss-sein-hinweise-auf-wagenknecht-sturz-als-fraktionsvorsitzende-verdichten-sich_id_9885691.html
[8] https://www.eulenspiegel.com/verlage/das-neue-berlin/titel/aufstehen-und-wohin-gehts.html
[9] http://norberthaering.de/de/27-german/news/691-selbskroenung-kipping?&format=pdf
[10] https://www.youtube.com/watch?v=owldI33Dy4o
[11] http://www.taz.de/!5549450/

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Reaktion von Norbert Häring:

http://norberthaering.de/de/27-german/news/1066-sargnagel

Nachtrag (13.11.) Auf Telepolis zeigt der berüchtigte Peter Nowak wozu haltungslinke Dialektik fähig ist. Er weist die Verantwortung für die Diskussionsverweigerung des Kipping-Lagers Wagenknecht zu, die zwar Recht habe, die aber dieses Lager mit Diskussionsaufforderungen unnötig provoziere. Unter der Überschrift „Grüne und Linke und die Migration“ heißt es bei ihm:

9. November 1918: Es ging um Räte als Alternative zur bürgerlichen Demokratie

Bei den Veranstaltungen zum Jubiläum der Novemberrevolution wird teilweise Geschichtsklitterung betrieben

In einer Zeit, wo sich alles um Jahrestage dreht, hat es die Novemberrevolution besonders schwer, wahrgenommen zu werden. Schließlich jährt sich am 9. November in Deutschland zum 80ten Mal die Reichspogromnacht [1], die von NS-Staat und willigen deutschen Vollstreckern inszenierte Ouvertüre zur Shoah. Am 9. November 1923, also vor 95 Jahren, griff die offen antisemitische Rechte um Hitler und Ludendorff schon mal nach der ganzen Macht und scheiterte in München vordergründig.

Aus einer historischen Perspektive betrachtet haben die drei Daten durchaus eine innere Logik. Denn die Revolution in Deutschland war bereits nach wenigen Wochen von einer Gegenoffensive in die Defensive gedrängt worden. Am Anfang standen an der Spitze dieser Konterrevolution, um den altmodischen, aber treffenden Begriff zu gebrauchen, die führenden Männer der Sozialdemokratie, Friedrich Ebert und Gustav Noske.

Hinter ihnen hatten sich die Feudalkräfte, die gerade von der Novemberrevolution abgesetzten Militaristen und Feudalherren versteckt. Im November und Dezember 1918 konnten nur Sozialdemokraten die alten Herrschaftsverhältnisse retten, wie es die Wiener Gruppe Schmetterlinge in ihrer Rockoper Proletenpassion [2] in den 1980er Jahren gut auf den Punkt brachte.

Doch schon im Frühjahr 1919 hatte sich das Blatt gewendet, die SPD-Führung hatte mit den Freikorps die Rechte wiederbewaffnet und gegen die revolutionären Arbeiter in Stellung gebracht. Sie waren für die Blutbäder verantwortlich, die im Dezember 1918 mit dem Angriff auf die Volksmarinedivision begannen. Das waren weder Radikale noch Kommunisten, wie es in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung immer behauptet wurde, um die Blutbäder zu rechtfertigen.

Das waren Matrosen, die sich in der Revolution politisiert hatten und die in Berlin die neue, nach der Revolution gebildete republikanische Regierung, verteidigen wollte. Doch bald merkten die Soldaten, dass diese neue Regierung alles andere als revolutionär war. Als die Matrosen dann vor Weihnachten 1918 ihren Sold einforderten, und dafür kurzzeitig einen verantwortlichen Sozialdemokraten als Geißel nahmen, wurden sie die ersten Opfer der sich formierenden Gegenrevolution.

Doch erst als genügend Freikorps bewaffnet waren, konnte auf alle, die für grundsätzliche Veränderungen kämpften, geschossen werden. Kommunisten waren sie damals kaum. Schließlich wurde die KPD in Deutschland erst zum Jahreswechsel 1918/19 gegründet. Es war der konterrevolutionäre Terror und die Beteiligung der SPD daran, der die Massen nach links trieb.

Von den Morden im Januar 1919 führt eine direkte Linie zum NS

Von den Blutbädern im Januar und März 1919, bei denen neben Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht Tausende Arbeiter starben, meist bis heute namenlos, führt eine direkte Linie zu den Massenmorden des NS. Es war der linksliberale Historiker Sebastian Haffner, der in seiner Geschichte der Novemberrevolution [3] darauf aufmerksam gemacht hat.

Der Berliner Historiker Dietmar Lange hatte bereits 2012 im Verlag Edition Assemblage [4] ein Buch veröffentlicht, das bereits im Titel zutreffend die Situation im Frühjahr 1919 zusammenfasst: Massenstreik und Schießbefehl [5]. Die Arbeiter wollten mit einem Generalstreik verhindern, dass nach der Wahl eines Parlaments nun endgültig die alten Verhältnisse wiederherstellt werden. Die Sozialdemokratie an der Macht ließ ihre Bluthunde, die Freikorps los und verübten in ganz Berlin Blutbäder an Arbeitern.

Wie viele Menschen sind in Berlin umgekommen?
Dietmar Lange: Die genaue Zahl der Toten und Verletzten wurde nie ermittelt. Der verantwortliche SPD-Minister Gustav Noske sprach von 1.200 Toten in Berlin. Die meisten sind nicht in den Kämpfen gestorben, sondern nach der Verhaftung standrechtlich erschossen worden. Andere starben bei der Bombardierung von Arbeiterquartieren durch schwere Artillerie und Fliegerbomben.
Sind die Orte der Massaker bekannt?
Dietmar Lange: An der damaligen Zahlstelle der Volksmarinedivision in der Französischen Straße 32 wurden 30 revolutionäre Soldaten erschossen, die ihren Sold abholen wollten. 11 Aufständische wurden an der Mauer des Lichtenberger Friedhofs hingerichtet. Die meisten wurden in den Standgerichten erschossen, die überall in Berlin errichtet worden waren und bis Mitte März im Schnellverfahren Todesurteile vollstreckten.

Aus einem Interview mit dem Historiker Dietmar Lange, Autor des Buches „Massenstreik und Schießbefehl“

Bereits damals hatten einige der hier losgelassenen Freikorps, Hakenkreuze an ihren Helmen und sie wurden für ihr blutiges Geschäft noch gebraucht. Im April und Mai 1919 ertränkten sie in Bayern den kurzen Frühling der Räterepublik [6] im Blut. Hier wurde das Massaker vom März 1919 fortgesetzt.

Viele wurden, wie Gustav Landauer nach ihrer Festnahme erschlagen [7]. Erich Mühsam überlebte damals, weil er schon vor der endgültigen Zerschlagung der Räterepublik verhaftet wurde. Er musste aber jahrelang in Festungshaft verbringen und wurde dann 1934 doch noch Opfer jener Konterrevolution, der er 15 Jahre vorher noch knapp entkommen konnte.

Ermordet wurde er von den Nazis im KZ-Oranienburg [8]. Wer also heute über die Novemberrevolution redet, muss sich fragen, warum konnten 15 Jahre später die Nazis das Terrorsystem aufbauen und mit den von ihnen so diffamierten „Novemberverbrechern“ blutig abrechnen?

Dabei muss man konstatieren, dass bereits 1920 die alten Gewalten ihr kurzfristiges Zweckbündnis mit der Sozialdemokratie aufkündigten, als sie mit dem sogenannten Kapp-Putsch die alte Macht vollständig restaurieren wollten. Noch einmal fand die Arbeiterbewegung in der Abwehr dieser rechten Gefahr zusammen.

Doch kaum saßen die Eberts und Noske wieder in ihren Sesseln, setzten sie erneut die Freikorps gegen die rebellischen Arbeiter ein, die nicht gleich wieder nach Hause gehen wollten, als die Putschisten besiegt waren. Bald brauchten die Rechten die SPD dann tatsächlich nicht mehr und nachdem sich die NSDAP als stärkste Kraft innerhalb der völkischen Bewegung herausgebildet hatte, dauerte es nicht lange, bis sie nun zum Sturmangriff auch auf die Republik übergingen.

Im Januar 1933 waren sie am Ziel und jetzt saßen auch viele der Sozialdemokraten, die in den Jahren 1919 – 1923 das blutige Treiben der Freikorps teilweise offen unterstützten oder zumindest als notwendiges Übel tolerierten, selber im KZ oder mussten emigrieren. Nur Noske ließen die Nazis unbehelligt. Sie erkannten, wie wichtig er für ihren Aufstieg war.

Ebert und Noske noch immer nicht posthum aus der SPD ausgeschlossen

Trotzdem wird es wohl auch zum 100 Jubiläum der Novemberrevolution keinen posthumen Ausschluss von Ebert und Noske aus der SPD geben. Dabei hat der Autor Klaus Grietinger noch einmal auch mit historischen Belegen nachgewiesen, dass Noske nicht nur die nominelle, sondern auch die tatsächliche Verantwortung [9] für die Massaker und auch den Mord an Luxemburg und Liebknecht hatte.

Da erscheint es schon mehr als zynisch, wenn der SPD-Oberbürgermeister Ulf Kämpfer zum Jubiläum des Kieler Matrosenaufstands erklärte [10]:

Die Kieler Matrosen beschritten den Weg in eine freiheitliche, demokratische und entmilitarisierte Gesellschaft, auch wenn der Einsatz nicht in Gänze erfolgreich war. Ihr Aufstehen für Frieden und Freiheit dürfen wir nie vergessen.

Ulf Kämpfer, SPD-Oberbürgermeister, Kiel

Da hätte Kämpfer die Rolle seiner Partei erwähnen müssen, deren Führung alles tat, um den Aufstand zu unterbinden und den Teil der Matrosen, die später als Volksmarinedivision die Regierung schützen sollte, direkt angriffen. Dass also der Weg der Kieler Matrosen „nicht in Gänze erfolgreich war“, liegt an der SPD und an Noske, Ebert und Co.

Dass einige Demonstranten auf der Festveranstaltung gegen die Nato protestierten, aber zur Rolle der SPD bei der Zerschlagung der Novemberrevolution wohl nichts zu sagen hatten, ist auch Folge einer gesellschaftlichen Amnesie. Die findet sich auch gleich auf der Titelseite der Taz-Sonderausgabe zur Novemberrevolution.

Dort wird ein Feuerwerk gezeigt und davor steht die Schlagzeile „Danke, 1918“. Dann werden vorgebliche Errungenschaften der Novemberrevolution genannt und da wird doch tatsächlich die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Rosa-Luxemburg-Stiftung genannt. Also die Stiftung, die dem Mann gewidmet ist, der mit Noske das Blutbad gegen die revolutionären Arbeiter und auch den Mord an Luxemburg und Liebknecht zu verantworten hat, wird in einem Atemzug mit einer Stiftung, die den Namen der Ermordeten trägt genannt. Gegen eine solche Geschichtsklitterung gab es aber zum Revolutionsjubiläum auch Protest.

Im Anschluss sind auch noch linke Gruppen zum Revolutionsjubiläum in Kiel mit roten Fahnen auf die Straße gegangen [11].

9. November 1918: Aufstand für Demokratie?

Dort wurde auch die Rolle der SPD angesprochen wie auch die Lesart von Ulf Kämpfer und anderer und es wurde hinterfragt, dass die Arbeiter am 9. November 1918 wegen der Demokratie auf die Straße gegangen sind. Dazu heißt es in dem Aufruf richtig:

Die Novemberrevolution wird in dieser offiziösen Geschichtsschreibung um entscheidende Faktoren verkürzt, in den Gründungsmythos der heutigen BRD integriert und der bürgerliche Staat als das Höchste des Erreichbaren festgeschrieben. Die damals wie heute grundlegenden Fragen danach, wie wir unser Zusammenleben organisieren wollen, wie eine demokratische Selbstverwaltung von Gesellschaft funktionieren könnte, die über den Parlamentarismus hinausgeht, wie wir eine vernünftige Produktion und gerechte Güterverteilung verwirklichen können, warum der Kapitalismus weltweit immer wieder Kriege – auch heute noch mit deutscher Beteiligung – entfacht, wie wir sie beenden können und wer hier eigentlich die Macht hat und wer nicht, werden nicht gestellt.

Zitat aus dem Aufruf: Revolution next Level [12]
.

Man müsste noch hinzufügen, dass die SPD, die ja weiterhin im Wesentlichen die Blutbäder ihrer damaligen Politiker verteidigt bzw. zumindest nicht nachträglich verurteilt, diese Morde dann auch als Verteidigung der Demokratie gegen ihre Feinde bezeichnet.

Räte versus bürgerlicher Parlamentarismus

Wichtig ist aber, dass in dem kritischen Aufruf die gesellschaftliche Alternative benannt wird, die sich 1918 stellte: Es ging um Räte versus bürgerliche Demokratie. Hinter der Fahne letzterer sammelten sich zu dieser Zeit all die alten Mächte, selbst die Freikorps betonten bei ihrem blutigen Geschäft in Bayern, dass es taktisch klug sei, zu bekräftigen, dass man die bürgerliche Demokratie verteidige.

Später, wenn man wieder stärker sei, könnte man ja immer noch deutlich machen, dass man damit gar nichts zu tun hat. Gut nachzulesen ist das in dem leider nur noch antiquarisch zu beziehenden Buch „Aufstand der Räte“ [13] von Michael Seligmann. Es ist noch immer ein Standardwerk, wenn es darum geht, auch die Entwicklung der Räte außerhalb von München kennenzulernen.

Seligmann liefert eine Chronologie der Ereignisse auch in kleinen bayerischen Städten. Leider kommt es wohl nicht zur sinnvollen Neuauflage zum Revolutionsjubiläum. Ein kleiner Verlag, der sich eine Neuauflage überlegte, befürchtet, auf den Büchern sitzen zu bleiben.

Dabei wäre es wichtig, noch einmal ganz klar zu machen, dass die parlamentarische Demokratie nicht das Ziel der Revolutionäre des 9. November 1918 war. Sie forderten stattdessen eine Übergabe der Macht an die Räte, weil sie in der parlamentarischen Demokratie eine Herrschaft der kapitalistischen Klasse sahen.

In der Pariser Kommune bildeten sich im revolutionären Prozess erstmals Räte heraus, Marx sprach danach von der endlich gefundenen Form, mit dem das Proletariat ihre Interessen durchsetzen können. In der russischen Revolution 1905 und 1917 bildeten sich erneut Räte heraus und mit der Oktoberrevolution, die nach dem damaligen russischen Kalender im November 1917 stattfand, übernahmen die Räte erstmals vollständig die Macht.

Dass es dann bald Konflikte mit dem Machtanspruch der Bolschewiki und auch anderer linker Parteien gab, wäre ein anderes Thema. Doch die Machtübernahme der Räte traf weit über die Bolschewiki hinaus auf große Zustimmung. Auch viele anarchistischen Gruppierungen waren begeistert davon, dass in einem Land die Räte die Macht übernahmen [14].

Diese Ereignisse mobilisierten linke Parteien und Arbeiter in allen Ländern, die ebenfalls für die Macht der Räte kämpften. In Deutschland sind da an erster Stelle die Revolutionären Obleute [15] zu nennen, die die eigentlichen Akteure der Novemberrevolution waren und die sich für ein ausgeklügeltes Rätesystem aussprachen.

Vor allem der Verantwortliche der Revolutionären Obleute, Richard Müller [16], war selber Verfasser mehrerer Konzepte zum Rätesystem. Wenn in der schon erwähnten Titelseite der Taz-Sonderausgabe zur Novemberrevolution auch die parlamentarische Demokratie als Errungenschaft der Novemberrevolution aufgeführt wurde, ist das doppelt falsch.

Hinter der Forderung nach bürgerlicher Demokratie verbargen sich die alten Gewalten. Sie gingen blutig gegen alle vor, die die eigentliche Forderung der Novemberrevolution, die Räteherrschaft, forderten.

Noch im Februar 1920 gab es über 40 Tote, als die Revolutionären Obleute gemeinsam mit linken Parteien und Gewerkschaften zur letzten großen Demonstration für die Räteherrschaft vor dem Reichstag aufgerufen hatten. Das Militär schoss in die Menge.

Nachdem die Linken besiegt waren, zeigte sich, dass ein Großteil derer, die für die parlamentarische Demokratie Blut fließen ließen, eigentlich auf den Faschismus setzten. Die Freikorps mit den Hakenkreuzen auf den Helmen nahmen mit ihrem Wüten gegen die linken Arbeiter schon den Terror des NS vorweg. So war die Novemberrevolution nicht einfach nur unvollendete Revolution, wie einige Linke es in einem kritischen Aufruf [17] formulierten.

Diskussion über Räte weiterhin aktuell

Der marxistische Theoretiker Leo Trotzki hat in seinen Theorien über den Faschismus [18] den Zusammenhang für den Aufstieg des Faschismus und der Niederlage der revolutionären Bewegung in den Jahren 1918-1923 gut herausgearbeitet. Die bürgerliche Demokratie war eben nicht das Ziel der Novemberrevolution, sondern die kurzzeitige Folge nach der Niederlage der Revolution.

Hundert Jahre später hat sich viel geändert – vor allem die revolutionären Arbeiter, die ja in den Räten ihre Herrschaft ausüben wollten, sind heute zerstreut und vereinzelt. Auch die Vorstellung, dass die Räte von den großen Fabriken ausgehen sollten, würde den heutigen gesellschaftlichen Veränderungen nicht mehr gerecht.

Doch das bedeutet nicht, dass die Rätekonzepte heute komplett obsolet sind. Nur müssten sie eben vielmehr ausgeweitet werden. Sie wären als Räte des schönen Lebens, eben nicht nur für die Arbeiter, sondern auch für eine gesunde Umwelt zuständig.

Heute hätten wir auch mit den Computern und dem Internet die technischen Möglichkeiten, dass die Räte sich ständig an allen Entscheidungen beteiligen können, so dass der Schritt über die großen Fabriken, in denen vor 100 Jahren die Menschen zusammenkamen, entbehrlich wäre.

Es ist fatal, dass heute Alternativen zur parlamentarischen Demokratie so weit weg scheinen und Linksliberale noch nachträglich eine Revolution für eine Räteherrschaft umdefinieren.

Peter Nowak

URL dieses Artikels:
http://www.heise.de/-4217762
https://www.heise.de/tp/features/9-November-1918-Es-ging-um-Raete-als-Alternative-zur-buergerlichen-Demokratie-4217762.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tp/features/Reichspogromnacht-4217374.html
[2] http://www.espressorosi.at/platten/proleten.html
[3] https://www.zvab.com/buch-suchen/textsuche/sebastian-haffner-der-verrat
[4] https://www.edition-assemblage.de/buecher/massenstreik-und-schiessbefehl/
[5] http://www.fair-bestellwerk.com/Dietmar-Lange-Massenstreik-und-Schiessbefehl
[6] https://www.unrast-verlag.de/neuerscheinungen/der-kurze-fruehling-der-raeterepublik-detail
[7] https://gustav-landauer.org/content/revolution-und-ermordung-m%C3%BCnchen
[8] http://www.stiftung-bg.de/kz-oranienburg/index.php?id=318
[9] https://kritisch-lesen.de/rezension/noskes-schuld-an-der-ermordung-rosa-luxemburgs
[10] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Matrosenaufstand-Aufstehen-fuer-Freiheit-nie-vergessen,festaktmatrosenaufstand100.html
[11] https://revolutionsstadt.blackblogs.org/tag/kiel/
[12] https://revolutionsstadt.blackblogs.org/03-11-2018/
[13] https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/ID3081028.html
[14] https://dietzberlin.de/Kellermann-Philippe-Hrsg-Anarchismus-und-Russische-Revolutio
[15] http://www.novemberrevolution1918.de/erlebnisse/der-kampf-geht-weiter/die-revolutionaeren-obleute
[16] https://dietzberlin.de/Kellermann-Philippe-Hrsg-Anarchismus-und-Russische-Revolutio
[17] http://1918unvollendet.blogsport.eu
[18] https://www.ernestmandel.org/de/textes/txt/theorien_uber_den_faschismus.htm

Vor 80 Jahren

Rezension von: Alina Bothe und Gertrud Pickhan (Hg.): »Ausgewiesen! Berlin, 28. 10. 1938. Die Geschichte der 'Polenaktion'«

»Polnische Juden unter Einsatz von Schusswaffen über die Grenze gezwungen«, lautete am 30. Oktober 1938 eine Schlagzeile in der britischen Presse. Es ging um…

„Vor 80 Jahren“ weiterlesen

Migration – Zeichen von Freiheit oder zu bekämpfendes Übel?

Es sollten auch die Stimmen der Menschen aus dem globalen Süden und der europäischen Peripherie gehört werden, die sich kritisch zur Migration äußern und auf die Folgen für die Betroffenen und ihre Herkunftsländer hinweisen

„Es ist nicht Europa, das uns ein Leben in Würde schuldet, sondern mein Land.“ Dieser Satz steht über einem Essay von Saikou Suwareh Jabai. Dort bringt der gambische Journalist einige Argumente in die Debatte um Migration ein, die sich manche der „Refuge Welcome“-Bewegung doch einmal durch den Kopf gehen lassen sollten.

Er schildert dort die ganz individuellen Folgen der Migration am Beispiel seiner beiden Brüder:

„Migration – Zeichen von Freiheit oder zu bekämpfendes Übel?“ weiterlesen

Die Heiligsprechung der Angela Merkel im grünen Milieu

Die taz nimmt Abschied von ihrer Königin der Herzen und warnt vor „breitbeinigen Nachfolgern“

„Vor 28 Jahren, am 2. November 1990, öffnete Angela Merkel die Tür dieses Fischerschuppens in Lobbe, Südost-Rügen. Es war kühler, stürmischer, nebliger als im November 2018.“ Das könnte ein etwas banaler Anfang eines modernisierten Hedwig-Courths-Mahler-Romans sein.

Diese Zeilen handeln tatsächlich von einer Liebesgeschichte, der des grünen Milieus in Deutschland zu Angela Merkel. So beginnt in der aktuellen Ausgabe der taz eine sentimentale Rührstory über den politischen Weg von Merkel. Die Fischerhütte wird da zum romantischen Mythos und gleichzeitig zur Projektion. So geht es in der aktuellen taz-Ausgabe auf vielen Seiten weiter. Anlass ist das absehbare Ende der Ära Merkel-Schäuble nach dem angekündigten Verzicht auf den Unionsvorsitz durch Merkel.

In unterschiedlichen Artikeln wird der Heiligen Angela gehuldigt. Sogar verschiedene Fotografen werden aufgeboten, die daran erinnern sollen, wann sie in der politischen Laufbahn Merkels nach 1990 welches Foto von Merkel aufgenommen haben.

Wie Merkel zur grünen Wunschprojektion wurde

Man reibt sich die Augen und vergewissert sich noch mal, ob man wirklich die Taz vor sich hat und nicht eines der Herz-Schmerz-Blätter, die immer so romantisch den Menschen die Sorgen und Nöte von Prinzessinnen und Grafen nahebringen wollen. Doch kein Zweifel, es ist die taz und für die und das grüne Milieu war Merkel schon länger zur Königin der Herzen geworden.

Immer wieder haben sich in den letzten Jahren Menschen aus diesem Milieu als Merkel-Fans geoutet und dann immer beteuert, mit den Unionsparteien eigentlich nie viel zu tun gehabt zu haben.

Die Bezeichnung als „Szene“ ist wichtig, weil nicht alle Funktionsträger der Grünen vom Merkel-Fieber angesteckt waren. Doch niemand widersprach dem fundamental, weil sie wussten, dass ihnen das nicht gut bekommen würde. Zudem ist mit dem Begriff „Szene“ oder „Milieu“ eben auch das ganze Umfeld der Grünen gemeint, die mit ihrem Habitus dieses Milieu noch immer gut abbildet, auch wenn sie vielleicht in der grünen Partei selbst nicht aktiv sind oder sie vielleicht auch gar nicht wählen.

Es war eine höchst einseitige Liebe, die von Merkel nie erwidert wurde. Seit dem Herbst 2015 bekam diese Liebesgeschichte fast schon pathologische Züge. Wie oft bei solchen Romanzen sind Verstand und Vernunft ausgeschaltet, Gefühle und Projektionen gibt es dagegen im Übermaß. Und wer dann gar mit Fakten kommt, gehört schon fast zum Feindbild. Dazu nur ein Beispiel, das auch in der taz-Heiligsprechung natürlich immer wieder auftaucht.

Wie Merkel-Fans rechte Fake-News weiterspinnen

Es geht um die Fake-News, Merkel habe im Herbst 2015 die Grenzen „geöffnet“. Von rechts wurde diese Lüge immer wieder herangezogen, um Merkel vorzuwerfen, sie habe die Migranten ins Land gelassen. Doch die Merkel-Fans weisen die Behauptung nicht etwa mit dem schlichten Hinweis zurück, dass die Grenzen offen waren und von Merkel daher nicht geöffnet werden konnten.

Es war die Selbstorganisation der Migranten, die es bis in die innere Festung der EU geschafft haben und die nur eine Schließung mit Panzern und Soldaten hätte stoppen können. Dazu aber haben alle rechtlichen und logistischen Voraussetzungen gefehlt. Doch seit mehr als 3 Jahren wetteifern rechte Merkel-Hasser und grünalternative Merkel-Fans um die Deutung dieser Fake-News und nicht um die klare Zurückweisung. Vielmehr wird dann weiter mit falschen Tatsachenbehauptungen am Mythos Merkel gestrickt:

Da schreibt die Parlamentskorrespondentin Anja Meier, nachdem sie auf Merkels DDR-Biographie eingegangen ist:

Vielleicht ist vor diesem Hintergrund besser zu verstehen, warum sie innerlich gar nicht in der Lage war, den WählerInnen Zugeständnisse in der Flüchtlingsfrage zu machen. Warum sie nicht abrücken konnte. Nicht wollte. Sie hatte gründlich nachgedacht und dann eine Entscheidung getroffen. Und diese war noch dazu unmittelbar mit ihr als Person, ihrer Herkunft verbunden. Merkel, die in der DDR sozialisiert ist und den Abend des Mauerfalls zwar bekanntlich in einer Sauna im Berliner Prenzlauer Berg verbrachte, hat das Weltereignis gleichwohl als privaten und historischen Glücksfall erlebt.

Anja Meier, taz

In diesem Absatz ist alles Projektion. Merkel öffnete keine Grenzen und steht einer Regierung vor, die in den letzten Jahren die massivsten Flüchtlingsabwehrgesetze zu verantworten hat. Erst vor kurzen ist ein syrischer Migrant in seiner Zelle in Kleve auf ungeklärte Weise verbrannt. Erst nach seinem Tod wurde in der Öffentlichkeit bekannt, dass er zu Unrecht im Gefängnis gesessen hat und eigentlich ein Mann aus Mali mit ähnlichem Alias-Namen inhaftiert werden sollte [1].

Dazu kam von Merkel ebenso wenig eine Äußerung, wie zu ihrem Wortbruch gegenüber den Opfern des NSU-Terrors, denen sie rückhaltlose Aufklärung [2] versprochen hatte. Doch am Ende applaudierten beim NSU-Urteilsspruch die Freunde und Gesinnungskumpanen von zwei rechten Angeklagten [3].

Auch in der taz ist darüber in den letzten Jahren immer wieder berichtet worden. Der Parlamentskorrespondentin kann das nicht entgangen sein und trotzdem behauptet sie, Merkel habe in der Flüchtlingsfrage nie Zugeständnisse gemacht, weil es eben für die Projektion von Merkel als Königin der Herzen so besser klingt.

Auch die ganze DDR-Geschichte von Merkel ist Projektion. Merkel war voll in das DDR-System integriert und hatte dort auch Funktionen. Sie war erklärtermaßen keine DDR-Oppositionelle, kam in diese Kreise, als klar war, dass die BRD siegen wird und sie wollte mit siegen.

Von den DDR-Oppositionellen in ihrem Umfeld gelang keinem ein vergleichbarer Aufstieg. Das wurde auch von rechts öfter für unbewiesene Verschwörungstheorien genutzt, nach denen Merkel das letzte Aufgebot der SED gewesen sei. Nach dieser Lesart war die Ausbootung von Helmut Kohl und der ganzen konservativen männlichen Unionnachwuchsclique, die noch vor der Wende im Andenpakt [4] ihre Claims abgesteckt haben, und von denen es mit Friedrich Merz zumindest einer noch mal wissen will, das geheime Werk von MSF und SED.

Das Duo Merkel-Schäuble und der Aufstieg der Rechten

Dabei ist die Erklärung für Merkels Erfolg viel einfacher. Mit ihr kamen die ewigen deutschen Opportunisten zum Zuge, die immer mit der Macht gehen, die immer erst genau auskundschaften, woher der Wind weht, bis sie sich bewegen.

In ihr erkannten sich viele ehemalige DDR-Bürger wieder, die noch bis in den Herbst 1989 Unangepasste, Punks etc. in der DDR verpfiffen und sich an ihrer Verfolgung beteiligt hatten. Kaum war die Mauer gefallen, dienten sie sich den neuen Siegern der Geschichte an und verdammten alles, was sie vorher mitgebrüllt und mitgesungen haben.

Die ersten Opfer waren die wirklichen DDR-Oppositionellen, die, als es noch gefährlich war, gegen den autoritären DDR-Staat auf die Straße gingen. Sie wurden von den Opportunisten ab November 1989 auf der Straße im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand gedrückt, so wie die Opportunistin Merkel eben auch auf politischer Ebene die Oppositionellen kaltstellte. Sie verbündete sich machtbewusst, mit Wolfgang Schäuble – dieser und nicht die Jungs vom Andenpakt war Ende der 1990er Jahre ihr wahrer Kontrahent.

Schäuble hatte als Kohls Mann fürs Grobe auch einige justitiable Sachen am Laufen, was seine Bereitschaft eines Zweckbündnisses sicher beförderte. In der ganzen Merkel-Ära sorgte Schäuble dafür, dass die Union funktionierte. Es ist sicher kein Zufall, dass Merkel ihren Abgang vorbereitet, nachdem Schäuble in den letzten Wochen in mehreren Zeitungsinterviews Kritik an Merkel übte und jetzt auch Merz protegiert [5].

In konservativen Medien wird sehr viel deutlicher Schäubles wichtige Rolle vor, in und wohl auch nach der Merkel-Ära benannt [6] als in der taz.

Das Duo-Schäuble-Merkel stand für ein Deutschland der harten Austerität. Am Beispiel Griechenlands zeigten beide, dass Wahlen im Zweifel ignoriert werden können und die EU-Troika von Schäubles Gnaden das letzte Wort hat. Dagegen regte sich in Europa im Sommer 2015 massiver Protest, der in Keimform auch in Deutschland zu spüren war.

Erst nachdem sich herausstellte, dass gegen das Diktat aus Berlin nichts bewirkt werden kann und sich die griechische Syriza-Regierung unterworfen hatte, begann auf europäischer Ebene der Aufstieg rechter Bewegungen. Das Duo Merkel-Schäuble ist so für den Aufstieg der Rechten direkt mitverantwortlich. Davon liest man natürlich in der taz-Märchenstunde für Angela Merkel nichts. Es würde ja die für eine Heiligsprechung nötige Projektion stören.

Merkel – Prototyp einer deutschen Opportunistin

Nun stellt sich die Frage, warum ausgerechnet das grüne Milieu derart auf die im Übrigen unerwiderte Liebesgeschichte mit Merkel verfallen ist, die als erklärte AKW-Befürworterin schließlich auch in einem grünen Kernthema völlig konträre Positionen bezogen hat. Das erklärt sich an den Gemeinsamkeiten von beiden: den gnadenlosen Opportunismus.

Merkel ist so erfolgreich, weil sich darin viele in der deutschen Bevölkerung in ihrem Opportunismus wiederfanden – in ihrem Bestreben, immer die Fahne nach dem aktuellen Wind zu hängen.

Und die Klassenstreber in Sachen des Opportunismus sind nun mal die Grünen, beziehungsweise das grüne Milieu. Es hat schließlich im Laufe der letzten drei Jahrzehnte fast alle Positionen aufgegeben, für die es mal gestanden hat. So hat der erste grüne Außenminister Joseph Fischer mit für die Bombardierung Jugoslawiens gesorgt, obwohl die Partei Teil der deutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre gewesen ist.

Die Beispiele für das opportunistische Aufgeben der Positionen des grünen Milieus könnten Seiten füllen, die wenigen Beispiele, wo sie noch alte Positionen zumindest in modifizierter Form vertreten, sind dagegen kurz. In der Klimafrage versuchen sich die Grünen auch deshalb noch in alter Form zu profilieren, weil sie sich darin mit Mehrheiten in der Bevölkerung einig sind.

Bekomme ich Mehrheiten für meine Position, ist immer die erste Frage und nicht, ob ich diese Position aus Überzeugung vertrete. Daher war den Grünen und vielen ihrer Anhänger die Opportunistin Merkel so sympathisch, die jahrelang ihre AKW-Befürwortung mit ihrer Profession als Physikerin zu begründen versuchte, und nach dem kurzen weltweiten Entsetzen nach dem durch ein Erdbeben verursachen AKW-GAU in Fukushima plötzlich umschwenkte.

Die deutsche Frau und der SS-Mann

Wie weit die Liebe des grünalternativen Milieus zum Opportunismus geht, zeigt eine zweiseitige Schmonzette [7] über ein Liebesverhältnis zwischen einer deutschen Frau und einen SS-Mann im von der Wehrmacht besetzten Polen in der aktuellen taz.

Eigentlich ist die Story völlig belanglos, der SS-Mann kommt unversehrt zurück und ist voll in die BRD-Gesellschaft integriert, wie fast alle seiner mörderischen Profession. Nur hat er eben eine andere Frau geheiratet. Warum dann eben zwei Seiten in einer Zeitungsausgabe, in der politisch völlig korrekt über die Vorgeschichte der Shoah, die Judendeportationen und das Judenpogrom vor 80 Jahren am Beispiel des Schicksals der Wormser Lehrerin Herta Mansbacher [8] erinnert wird?

Die Frau leistete am 9.November 1938 gegen den Mob aus SA und besorgten Bürgern Widerstand, die auch in Worms wie in vielen anderen Städten jüdische Einrichtungen, Geschäfte und Synagogen plünderten und in Brand steckten. Mansbacher wurde in Auschwitz ermordet.

Der beeindruckende taz-Bericht steht unter der Überschrift „Der lange Kampf um die Vergangenheit“. Sollten nun Angehörige von ihr die taz-Ausgabe wegen des Artikels kaufen, müssen sie einen Artikel in der gleichen Länge entdecken, in dem die unerfüllte Liebe einer deutschen Frau zu einem SS-Mann im besetzten Polen im Mittelpunkt steht.

Hier kommt der Opportunismus des grünen Milieus zu sich, und das Gerede über „Haltung bewahren“ wird konterkariert. Haltung hätte die taz-Redaktion bewahrt, wenn sie entschieden hätte, die SS-Schmonzette kommt nicht in die gleiche Ausgabe, in der Herta Mansbacher gewürdigt wird, schon aus Empathie und Rücksicht von Freunden und Verwandten der ermordeten Jüdin.

Doch von einer solchen Haltung hat man nichts gehört. Daher ist die Heiligsprechung der St. Angela im grünen Milieu nur der Ausdruck eines sehr anpassungsbereiten Milieus, das man früher Kleinbürgertum nannte.

Kommt nach Merkel die „Politik der breiten Beine?“

Doch die Hoffnung, nach Merkels Abgang wird sich das grüne Milieu wieder mehr auf Kritik am Bestehenden als auf Heiligsprechungen von Kanzlerinnen besinnen, ist gering. Martin Kaul, der bisher in der taz eigentlich eher für das Außerparlamentarische zuständig war, warnt [9] vor der Rückkehr der berüchtigten „alten, weißen Männer“:

Merz, Spahn, Kramp-Karrenbauer: Wenn die CDU Merkels Nachfolge klärt, geht es auch darum, ob Politik wieder zum Gockelspielplatz wird.

Martin Kaul, taz

Die geschmäcklichere Kritik geht dann in dem Ton weiter:

Beine auseinander, breiter Stand, Ansagen machen: Das kann Jens Spahn jetzt schon ganz gut.

Martin Kaul, taz

Dann kommt der Autor zum eigentlichen Anliegen seiner Kritik:

Das baldige Gezerre um die Neuausrichtung der CDU, das in erster Linie ebenfalls von Männern alten Schlages repräsentiert werden könnte, zielt auf diese Frage ab. Wird die Union künftig eher eine Partei, die die bürgerliche, aber liberale Mitte integriert? Mit diesem Kurs hat Angela Merkel zwar Wählerinnen nach rechts verloren, aber eine strategische Stelle besetzt, die der Union auf Jahre hinfort die Kanzlerschaft sichert – und weiterhin sichern könnte. In den kommenden Wochen wird geklärt, ob sich die Funktionäre der CDU wieder nach der herrischen Vergangenheit sehnen, die durch niemanden so gut repräsentiert wird wie durch den gerne geifernden Friedrich Merz.

Martin Kaul, taz

So wichtig und sinnvoll eine Patriarchatskritik ist, so deutlich wird hier aber, dass sie Kaul in dem Artikel nicht leistet. Die zentrale Frage, wie das Patriarchat in der Ära Merkel-Schäuble ungebrochen herrschte, stellt der Autor erst gar nicht.

Schäuble wird erst gar nicht erwähnt, wohl weil er nun auf einen Rollstuhl angewiesen, eben kein gutes Beispiel für die Gesäß-und Gebärdenkritik ist, die für Kaul wohl für das Patriarchat steht.

Dabei hat er in seinem Text eigentlich das Problem benannt, aber nicht erkannt. Merkel hat mit der Gebärde der Raute die bürgerliche und linksliberale Mitte integriert. Sie hat vergessen gemacht, dass Schäuble als Mann für das Grobe dabei eine wichtige Rolle spielte.

Und Kaul vergisst, das moderne Patriarchat und Kapital mit Raute genauso gut repräsentiert wird wie mit breiten oder engen Beinen. Das zumindest hat die Ära Merkel-Schäuble gezeigt.

Peter Nowak
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http://www.heise.de/-4210179
https://www.heise.de/tp/features/Die-Heiligsprechung-der-Angela-Merkel-im-gruenen-Milieu-4210179.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-10/kleve-zellenbrand-syrer-suizid-zweifel
[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/merkels-gedenkrede-fuer-neonazi-opfer-im-wortlaut-die-hintergruende-der-taten-lagen-im-dunkeln-viel-zu-lange-1.1291733
[3] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/demonstration-nach-nsu-urteil-in-muenchen-trauer-wut-schock-a-1217974.html
[4] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-27497155.html
[5] http://www.faz.net/aktuell/politik/neue-cdu-fuehrung-wolfgang-schaeuble-unterstuetzt-friedrich-merz-15870575.html
[6] https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus183194356/Merkel-Nachfolge-Wolfgang-Schaeuble-ist-Pate-graue-Eminenz-und-Aufsichtsratschef-der-CDU.html
[7] http://www.taz.de/Archiv-Suche/!5544892&s=&SuchRahmen=Print/
[8] https://www.worms.de/de/kultur/stadtgeschichte/persoenlichkeiten/listen/1885_Herta-Mansbacher.php
[9] http://www.taz.de/!5546607/

Noch immer diskriminiert


Die Berichterstattung über Roma und Sinti ist in vielen Medien noch immer von Ressentiments geprägt. Die Ansichten der Verbände dieser Minderheit stoßen auf geringes Interesse.

Als die Teilnehmer der diesjährigen Bundesjugendkonferenz der Roma und Sinti in Berlin vom 28. September bis zum 1. Oktober über ihre Vorstellungen von einer solidarischen Gesellschaft und den Kampf gegen Rassismus diskutierten, kam kein einziger der eingeladenen Medienvertreter. Für Anita Burchardt von der Organisation Amaro Drom e.V., die für die Bürgerrechte von Sinti und Roma kämpft, ist das keine Überraschung. »Schon in den vergangenen Jahren tat sich die Presse schwer damit, der größten bundesweiten Veranstaltung junger Roma und Sinti einen Nachrichtenwert abzugewinnen«, sagte sie auf der Fach­tagung »Antiziganismus in den Medien«, die Amaro Drom mit Amaro Foro, einem Jugendverband von Roma und Nichtroma, organisiert hat.
Bei der Tagung, die vorige Woche in Berlin stattfand, wurde deutlich, dass die Medien größtenteils noch die Stereotype über die umherziehenden, nichtsesshaften Roma und Sinti verbreiten, die selbst schuld seien, dass sie am Rand der Gesellschaft leben müssen. Wie dieser stigmatisierende Diskurs funktioniert, zeigte Andrea Wierich von Amaro Foro am Beispiel der Medienberichte über »Horrorhäuser« im Ruhrgebiet und in Berlin auf. Gemeint sind damit Gebäude, in denen auf engem Raum zahlreiche osteuropäische Arbeitsmigranten leben und hohe Mieten zahlen müssen. Die Medien könnten die Wohnungskrise thematisieren, die Menschen zwingt, unter solchen Bedingungen zu leben, so Wierich. Sie könnten die Verantwortung von Hauseigen­tümern und die Rolle der Politik benennen. Doch in der Regel würden die Opfer verantwortlich gemacht und es werde behauptet, die Lebensweise der Roma und Sinti verursache die Probleme, kritisierte die Vertreterin von Amaro Foro.

»Über Sinti und Roma werden in den Medien Dinge verbreitet, die man heute über andere Minderheiten nicht mehr sagen würde«, sagte auf der Podiumsdiskussion zum Abschluss der ­Tagung die Spiegel-Kolumnistin Ferda Ataman. Bis vor zehn Jahren schickte der Vorsitzende des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma, Romani Rose, jedes Jahr um den 7. Dezember ein Paket mit Belegen für eine diskriminierende Berichterstattung an den Deutschen Presserat, der Rügen aussprechen kann. Das Datum sollte an den 7. Dezember 1935 erinnern, als NS-Reichsinnenminister Wilhelm Frick angeordnet hatte, »in allen Fällen, in denen strafbare Handlungen von ­Juden begangen sind, dies auch besonders zum Ausdruck zu bringen«. ­Danach war in Nazideutschland in Polizei- und Presseberichten über Straf­taten stets die »Rassenzugehörigkeit« herausgestellt worden. Seit Jahren drängen offen rechtsextreme, aber auch konservative Kreise darauf, die Staatsangehörigkeit von mutmaßlichen Straftätern in Medienberichten zu ­erwähnen.

Für Roma und Sinti hat die mediale Diskriminierung nie aufgehört. Doch der Presserat sah trotz der Massenzusendungen offenbar keinen Anlass, die Berichterstattung zu rügen. Eine kritische Auseinandersetzung mit diesem Verhalten konnte auf der Tagung nicht stattfinden, weil trotz Einladung kein Vertreter des Presserats erschien. Auch von der Deutschen Journalisten-Union war niemand anwesend, obwohl sich die gewerkschaftliche Interessenvertretung der Journalisten gegen Rassismus einsetzt. Es sei in vielen Kreisen noch nicht verstanden worden, dass der Kampf gegen Antiziganismus eine Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft und nicht der Opfer sei, monierte Wierich.

Dass es in den vergangenen Jahrzehnten dennoch einige Fortschritte gegeben hat, machte der Berliner Rechtsanwalt Thomas Moritz deutlich, der aus der Urteilsbegründung zitierte, mit der der Bundesgerichtshof 1956 einer Roma-Frau die Entschädigung für NS-Verfolgte verweigert hatte. »Sie ­neigen, wie die Erfahrung zeigt, zur Kriminalität, besonders zu Diebstählen und Betrügereien, es fehlen ihnen vielfach die sittlichen Antriebe der Achtung vor fremdem Eigentum, weil ihnen wie primitiven Urmenschen ein ungehemmter Okkupationstrieb eigen ist«, heißt es dort in völkischer Diktion. Für das Urteil hat sich der Bundesgerichtshof mittlerweile entschuldigt. Die derzeitigen Formen der Diskriminierung sind subtiler, verschwunden sind die Ressentiments jedoch nicht.##

https://jungle.world/artikel/2018/44/noch-immer-diskriminiert
Peter Nowak

Über Leben in Demmin


Über Leben in Demmin
Deutschland 2017, Regie: Martin Farkas

Am Ende des Films rufen Antifaschisten den Neonazis die Parole zu: «Ihr habt den Krieg verloren.» Der Spruch wird auf vielen Antifademos gerufen. Doch in der mecklenburgischen Kleinstadt Demmin hat er eine besondere Bedeutung. Dort haben sich im Mai 1945 nach der Niederlage Nazideutschlands über 600 Menschen das Leben genommen. Sie haben sich erhängt oder sind mit Steinen in den Manteltaschen ins Wasser gegangen. Familien haben erst ihre Kinder und dann sich selber erschossen. Ein Film über diese Ereignisse kann schnell in Kitsch und deutschen Opfermythos enden. Doch der im Allgäu geborene Regisseur Martin Farkas hat es mit seinem Film Über Leben in Demmin geschafft, die Stimmung in einer Kleinstadt in Ostdeutschland in der Gegenwart einzufangen.
Farkas spricht mit Menschen aller Generationen über die Ereignisse vor 73 Jahren und ist immer schnell in der Gegenwart. Ältere Menschen, die das Kriegsende noch erlebt haben, reden über die Gründe, warum gerade in Demmin die Selbstmordrate nach dem Ende der Naziherrschaft so hoch war. Dabei überwiegen sehr differenzierte Sichtweisen. Mehrere Senioren erwähnen, dass Soldaten der Roten Armee Menschen gerettet haben, die sich die Pulsadern aufgeschnitten hatten. Zeitzeugen erinnern daran, dass die SS alle Brücken gesprengt hatte und die Rote Armee, die Demmin eigentlich auf dem Weg zur Ostsee durchqueren wollte, dadurch in der Stadt festsaß.
Nach intensivem Nachfragen räumt eine Frau ein, dass viele Nazifunktionäre in der Stadt lebten, die Angst hatten, die Sieger würden sich für den Terror rächen, der von Deutschland ausgegangen war. Immer wieder sieht man Szenen von dem Neonaziaufmarsch in Demmin, mit dem Rechte aus ganz Deutschland jedes Jahr am 8.Mai die Selbstmorde für ihre Propaganda instrumentalisieren. Die Redner hetzen dann gegen «die russischen Horden» und betrauern die Kapitulation.
Farkas zeigt Menschen, die im privaten Gespräch, aber auch mit Protestaktionen gegen die Neonazis, klar Position beziehen. Doch er dokumentiert auch, wie zwei Jugendliche, die betonen, sie seien neutral, dann doch bei den Rechten mitlaufen. Eine Anwohnerin, die das Geschehen vom Balkon aus beobachtet, beschimpft die Nazigegner. Ein junges Paar mit Kind ergeht sich gar in Vernichtungsphantasien gegen die Linken, gegen die man ein Maschinengewehr einsetzen müsse. Auch der junge Bäcker und Extremsportler, der auf dem Cover der DVD abgebildet ist, betont seine Neutralität. «Beruf und Familie gehen vor.» Ein kritisches Wort zu den Rechten kann Farkas ihm nicht entlocken.
Ein junger Handwerker findet es grundsätzlich gut, dass der Toten von 1945 gedacht wird. Auf der Demonstration mitlaufen will er nur deshalb nicht, weil er dann in der Kleinstadt Probleme mit der Arbeit bekommen würde. So wird deutlich, wie dünn der zivilisatorische Firnis ist, der momentan manche noch abhält, bei den Rechten mitzulaufen.
Bei den Zuschauern stellt sich schnell die Frage, wie viele von ihnen ihre Scheu aufgeben würden, wenn es bei ihnen Aufmärsche wie Pegida geben würde und sie das Gefühl hätten, Teil einer imaginierten Volksgemeinschaft zu sein. Sie stören sich nicht an den Parolen der Rechten, nur an deren Marginalität. Das liegt vor allem daran, dass sich der Kreis der Aufrufer in Demmin aus dem Neonazimilieu zusammensetzt, das gar kein Interesse hat, sich als besorgte Bürger zu tarnen.
«Ich hatte immer das Gefühl, dass dieser rechte Rand von irgendwoher gefüttert wurde. In unserer Mitte musste es eine Tendenz geben, die ihn am Leben hält», schlägt Farkas in einem Interview, das der DVD beigelegt ist, den Bogen zur aktuellen Rechtsentwicklung. So ist der Film trotz aller Demminer Besonderheiten auch ein Seismograph deutscher Zustände im Jahr 2018.

Der Film ist auf DVD erhältlich und seit dem 24.September im Fachhandel sowie online verfügbar: video@salzgeber.de.

aus: Sozialistische Zeitung (SoZ), 11/2018

Über Leben in Demmin


Peter Nowak

Ausgewiesen! Berlin, 28.10.1938

In diesen Tagen jährt sich zum 80ten Mal eine weitgehend vergessene Aktion, mit der NS-Deutschland die Grenzen des Unrechts austestete. Heute, wo der Faschismus für die Märkte wieder eine Option ist, ist es notwendig, sich zu erinnern.

„Die Aktion wurde von der Polizei mit großer Brutalität durchgeführt.

„Ausgewiesen! Berlin, 28.10.1938“ weiterlesen

Von wegen Faktencheck

Öffentlich-rechtliche Fernsehsender fallen auf eine alte antisemitische Fälschung, die »Laichinger Hungerchronik«, herein

Als ob es eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte des Antisemitismus nie gegeben hätte, reproduzieren die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Arte und SWR in zwei Dokumentarfilmen längst widerlegte judenfeindliche Lügen über »Kornwucherer«.

Wenige Tage nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 erschien in einer ­Lokalzeitung auf der Schwäbischen Alb eine »Geschichtserinnerung an das große Hungerleiden im Jahr 1816/17«. Grundlage der Veröffentlichung, mit der die Zeitung gegen »Nörgler und Meckerer« Stimmung machte, war eine Quelle, die unter dem Namen »Laichinger Hungerchronik« bekannt geworden ist. Bei dieser soll es sich um zeitgenössische »Aufzeichnungen eines unbekannten Älblers« handeln. Publiziert hat sie der Lehrer Christian August Schnerring erstmals 1913, ­zwischen 1916 und 1937 hat er sie noch mehrfach in verschiedenen Fassungen heraus­gegeben.

Lange Zeit stellte niemand Schnerrings Behauptung in Frage, er habe die 40 Seiten umfassende Handschrift beim »volkskundlichen Suchen« auf der Alb selbst entdeckt. Schließlich ­befanden sich die Texte auf einem Konvolut vergilbter Blätter, das auf den ersten Blick authentisch wirkte. Doch 1987 schaute sich der Historiker Günter Randecker diese Papiere genauer an und stellten fest, dass es sich um eine plumpe Fälschung handelte, die schnell zu erkennen gewesen sei. Schnerring selbst habe die Chronik produziert und in Schrift und Papier Authentizität vorgetäuscht.

Der SWR-Film »Das Jahr ohne Sommer – wie das Cannstatter Volksfest entstand«, der Anfang Oktober ausgestrahlt wurde, gibt die Fälschung ebenfalls als historische Quelle aus.

Doch es ging nicht nur darum, dass sich hier ein kaum bekannter Lokal­forscher mit einer selbstproduzierten Fälschung profilieren wollte. Randecker wies auf den Antisemitismus hin, der sich durch den Text zieht. In der fingierten Chronik wird den Juden des Albdorfs Buttenhausen vorgeworfen, von der »Hunger- und Teuerungszeit« profitiert, ja diese erst verursacht zu ­haben. So steht in der gefälschten Chronik beispielsweise: »Das Korn ist im Preis schon wieder gestiegen. Viele Händler gehen um von Buttenhausen und der Abraham kauft alles ­Getreide zusammen. Sie treiben nichts als den Preis in die Höhe. Heute sind wieder vier Fuhren Getreide für den Abraham fortgekommen, sollen in die Schweiz gehen. Wäre besser, sie blieben da und der Jude fort.«

Es ist bezeichnend, aber nicht verwunderlich, dass die antisemitische Diktion des Textes auch nach dem Ende des Nationalsozialismus nicht thema­tisiert wurde. Schließlich gab es nach 1945 wenig kritische Auseinander­setzung unter Historikern. Das änderte sich Ende der achtziger Jahre, als eine Generation kritischer Wissenschaftler begann, auch die braunen Flecken in der Regionalgeschichtsschreibung zu bearbeiten. In diesem Kontext steht auch die Aufdeckung der Fälschung von Laichingen.

1988 bestätigte ein wissenschaftliches Symposium Randeckers Befund. Im selben Jahr veröffentlichte Randecker den Aufsatz »Die Laichinger Hungerchronik – ein Lügengewebe« in dem vom Karl Corino herausgegebenen Buch »Gefälscht! Betrug in Politik, Literatur, Wissenschaft, Kunst und Musik«.
Damit hätte eigentlich die Geschichte dieser antisemitischen Fälschung zu Ende sein müssen. Doch weit gefehlt. Auch 30 Jahre nach der wissenschaft­lichen Entlarvung wird sie weiter verwendet. Ende 2017 zeigten der Sender Arte und im Februar 2018 das SWR-Fernsehen den Film »Der Vulkan, der die Welt veränderte«. Darin ging es um die Folgen eines Vulkanausbruchs in ­Indonesien im Jahr 1815 für das Weltklima und die damit zusammen­hängenden Hungerkatastrophen in verschiedenen Regionen der Welt. In dem Film werden mehrere Sequenzen aus der »Laichinger Hungerchronik« zitiert, einschließlich der antisemitischen Mär von den reichen jüdischen Kornwucherern, ohne zu erwähnen, dass sie bereits 30 Jahre zuvor als Fälschung entlarvt worden waren.

Der SWR-Film »Das Jahr ohne Sommer – wie das Cannstatter Volksfest entstand«, der Anfang Oktober ausgestrahlt wurde, gibt die Fälschung ebenfalls als historische Quelle aus.

Auch in neueren Büchern wird Schnerrings »Erstveröffentlichung der ›Hungerchronik‹ in den ›Württember­gischen Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde‹« als angebliches Originaldokument herangezogen. »30 Jahre nach meiner Aufdeckung dieser Jahrhundertfälschung, mit der schuldlose Buttenhäuser Juden diffamiert werden (›zum Flecken hinauspeitschen sollte man die … ‹), ist das unkritische Zitieren von Schnerring-Texten nicht nach­vollziehbar und es ist unverantwortlich«, schrieb Randecker Anfang des Monats in einem Artikel in der Wochenzeitung Kontext über das »Judenschmäh-Revival«.

https://jungle.world/artikel/2018/43/von-wegen-faktencheck

Peter Nowak

Kein Kuscheln mit dem Gewaltapparat

Solidarität mit indymedia.linksunten

Seit mehr als einem Jahr ist ein linkspluralistisches Onlinemagazin verboten. Nicht in der Türkei, in Kuba, Russland oder Venezuela. In Deutschland ist die Online-Plattform Indymedia Linksunten seit Ende August 2017 abgeschaltet.

Die staatliche Maßnahme war erklärtermaßen eine Reaktion auf die teilweise militanten Proteste gegen den G20-Event in Hamburg im letzten Jahr. Danach wurden zahlreiche linke oder alternative Zentren und Einrichtungen von Medien und PolitikerInnen an den Pranger gestellt. Nur stellte sich heraus, dass die meisten rechtlich nicht so einfach abzuräumen sind. Daher war das Linksunten-Verbot auch ein Symbol der Politik, sie reden nicht nur über Repression, sie handeln auch. Im Übrigen würde ich auch nicht das Vorurteil bedienen, dass die Repression immer schlimmer wird. Das ist keine lineare Entwicklung. Es sei nur daran erinnert, dass während der Anti- AKW-Proteste immer wieder Publikationen dieser Bewegung beschlagnahmt und verboten wurden. Damals gab es auch Razzien in Infoläden und Asten, die die Publikationen ausgelegt und unterstützt haben, aber auch in Druckereien, wo sie hergestellt wurden. Heute wird eben für ein Onlinemagazin ein Verein konstruiert, der dann verboten wird. Endgültig über die Rechtmäßigkeit des Verbots ist noch nicht entschieden, die Prozesse stehen noch aus. Doch das Verbot war sofort vollziehbar und so ist in Deutschland seit über einem Jahr ein Organ des linken Medienpluralismus abgeschaltet, das in der Hochzeit der globalisierungskritischen Bewegung entstanden ist.
Bereits im Juli 2001 anlässlich des G8-Gipfels in Genua gab es einen massiven Repressionsschlag der italienischen Staatsapparate gegen Indymedia-AktivistInnen in der Diaz-Schule. Es gab Massenfestnahmen und zahlreiche Menschen wurden von der Polizei misshandelt und schwer verletzt. Damals solidarisierten sich weltweit viele Menschen und Organisationen mit Indymedia. In vielen Ländern gab es Proteste vor italienischen Botschaften und Konsulaten. Auf jeden Angriff auf Indymedia-Einrichtungen und AktivistInnen folgte damals eine transnationale Solidarität. Doch eine solche Solidarität blieb beim Indymedia-Linksunten-Verbot weitgehend aus, in Deutschland und international.

Das Schweigen der Prantls und Roths dieser Republik

Auch von den linksliberalen und gewerkschaftlichen Spektren in Deutschland gab es kaum Solidarität. Wäre eine kritische Online-Plattform in Venezuela, Russland oder Kuba abgeschaltet worden, wäre die Zahl der KritikerInnen hierzulande vermutlich groß, die Pressefreiheit anmahnen würden. Doch, wenn in Deutschland eine linke Onlineplattform abgeschaltet wird, schweigen die Heribert Prantls und Claudia Roths dieser Republik, die sonst dauerempört sind über all die Übel dieser Welt. Das liegt auch an die Einteilung in MedienaktivistInnen und „richtige JournalistInnen“. So mussten die KollegInnen, die bei den G20-Protesten in Hamburg die Akkreditierung verloren haben oder gar nicht bekamen, immer betonen, dass sie ‚richtige’ JournalistInnen sind, damit sie als Opfer von staatlicher Repression anerkannt wurden. Gerade die linksliberale Kritik verlangt „richtige“, d.h. durch Staatsapparate beglaubigte und durch Presseausweise legitimierte JournalistInnen. Wer dies nicht ist, hat oft wenige Chancen, Gegenstand linksliberaler Solidarität zu werden, wenn er nicht in Kuba, Venezuela oder Russland aktiv ist. Viele der in diesen Ländern verfolgten JournalistInnen sind MedienaktivisInnen. In die Kritik würde ich auch die Deutsche Journalist*innenunion (DJU) bei ver.di mit einbeziehen, die DGB-gewerkschaftlche Interessenvertretung von Journalist*innen. Dazu wurde auf dem letzten JournalistInnentag der DJU ein Kritikpapier unter dem Titel „Kein Kuscheln mit dem Gewaltapparat“ verteilt, das auf labournet.de nachlesbar ist (1). Es geht dort besonders um das Schweigen der Medien in Bezug auf das Linksunten-Verbot, aber auch in Bezug auf andere Staatsrepression nach dem G20-Gipfel. Es ist meines Wissens das einzige Kritikpapier, das diesen Aspekt ohne moralisierende Anklage beleuchtete.

Zum Indymedia-Verbot heißt es dort:

Schwer von Begriff ist der Großteil der deutschen Presse auch in Sachen Indymedia- Linksunten-Verbot. Das Innenministerium konstruiert einen inoffiziellen Verein hinter diesem Portal und verbietet den – das kann es mit jedem Internetauftritt machen, denn das Vereinsgesetz erlaubt das! Indymedia ist ein Medium. Es stellt eine Plattform zum Zweck der Publizistik zur Verfügung. Indymedia Linksunten hat im Lauf der Jahre schon mit Enthüllungen von sich reden gemacht. Für ein Online-Medium gilt das Telemediengesetz, das besagt, dass das Medium auf rechtswidrige Inhalte hingewiesen werden muss, bevor sie ihm zur Last gelegt werden können. Das ist nicht geschehen.“

Die Staatsinstanzen sind im Fall von Indymedia-Linksunten gar nicht erst in Erklärungsnö- te gekommen, weil die Proteste gegen das Verbot so klein ge- blieben sind. Das ist kein gutes Zeichen, wenn man bedenkt, dass in Zukunft die Grenzen der Legalität noch enger gezogen werden könnten.

Peter Nowak

Anmerkung:
1) www.labournet.de/wp-content/ uploads/2018/01/dju_tag2018.pdf

Der Autor hat auf der Plattform Indymedia- Linksunten Texte namentlich veröffentlicht und sich gemeinsam mit Detlef Georgia Schulze und Joachim Schill nach dem Verbot dazu bekannt. Gegen uns hat die Justiz ein Ermitt- lungsverfahren eingeleitet. Der Aufruf, sich zu bekennen, richtet sich weiterhin an Gruppen und Einzelpersonen. Weitere Infos hier: http:// systemcrashundtatbeilinksunten.blogsport.eu/ category/von-uns-bei-linksunten/nowakschill- schulze-bei-linksunten/

aus: Graswurzelrevolution 433/2018

Diskussion über rechte Geländegewinne

Eine Veranstaltung in Berlin vergaß allerdings, dass Rechten auch immer wieder Räume genommen wurden

In den 1990er Jahren machte der Begriff „national befreite Zone“ die Runde. Es ging um Orte, die Menschen, die nicht ins Weltbild der extrem rechten Bewohner passten, möglichst meiden sollen. Das Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern ist heute eine solche „national befreite Zone“.

Eine völkische Dorfgemeinschaft [1] prägt den Ort auch mit ihren Symbolen. „Dorfgemeinschaft Jamel – sozial -national -frei“ steht dort an einer Wand. Die national befreite Zone könnte sich jetzt noch vergrößern. Die Gemeinde hat ein weiteres Grundstück an rechte Investoren verkauft. Dann fehlen dem jährlichen Anti-Rechts-Festival [2] in Jamel die Parkplätze.

Es wird von einem Ehepaar organisiert, das in den Ort gekommen ist, um ihn nicht ganz den Rechten zu überlassen. Für ihre Courage hat es mehrere Preise bekommen. Dass die Rechten und nicht ihre Gegner noch immer Unterstützung von der Gemeinde bekommen, wenn dahinter solvente Investoren stehen, hat bundesweit bisher kaum Resonanz gefunden.

Über den rechten Geländegewinn in Mecklenburg-Vorpommern informierte die Journalistin und wohl beste Kennerin der rechten Szene, Andrea Röpke [3], am Samstag auf der gut besuchten, vom Philosophen Armen Avanessian [4] moderierten Veranstaltung „Rechte Räume“ [5] in der Berliner Volksbühne.

National befreite Zonen wie Jamel waren dabei aber nur ein Thema. Es ging vor allem um ideologische Geländegewinne auch auf Gebieten, wo es gemeinhin nicht vermutet wird.

Rechte Erfolge bei der Stadtrekonstruktion

Der Architekturprofessor Stephan Trüby [6] berichtete darüber, dass die historische Stadtrekonstruktion ein Thema für extrem Rechte ist. So ging die Initiative sowohl für die Rekonstruktion der historischen Innenstadt von Frankfurt/Main [7] als auch den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonskirche von extrem Rechten [8] aus.

Trüby betont allerdings, dass die späteren Akteure nicht aus diesem Spektrum kommen. Deutlich wird hier, dass die Sehnsucht nach einer heilen deutschen Vergangenheit unter Ausblendung der NS-Zeit weite Teile des Bürgertums teilen. Die von Trüby vorgetragenen Thesen erinnern an Debatten einer Linken, die sich in den 1990er Jahren kritisch zur Gestaltung der Neuen Wache in Berlin [9] mit genau den gleichen Argumenten äußerte, die Trüby nun gegen die historische Stadtrekonstruktion vorbringt.

Er bezog sich allerdings nicht auf diese Debatte vor mehr als 25 Jahren. So blieb unklar, ob er davon beeinflusst war. Seine zentrale These, dass es keine rechte Architektur, aber sehr wohl rechte Konzepte für eine nationalistische Stadtentwicklung gibt, dokumentiert Trüby an zahlreichen Beispielen aus dem In- und Ausland.

Der Flügel am Kyffhäuser-Denkmal

Rechte Politiker, nicht nur der AfD, fordern wieder verstärkt, deutsche Denkmäler statt Mahnorte aufzustellen. Auch das zeichnete sich bereits vor mehr als 25 Jahren ab und wurde auch im Zusammenhang mit der Kritik an der Gestaltung der Neuen Wache thematisiert.

Diese Symbolpolitik zeigte Trüby an einem Treffen des völkischen AfD-Flügels, der sich demonstrativ vor dem Kyffhäuserdenkmal ablichten lässt, einer der historisch wirkungsmächtigsten völkischen Mythenorte in Deutschland.

Gefährlicher aber dürfen jene von Trüby gezeigten rechten Orte seins, in denen beispielsweise die faschistische italienische Organisation Casa Pound (https://de-de.facebook.com/casapounditalia/ [10] eine hippe rechte Postmoderne [11] zelebriert. Dort werden Menschen angesprochen, die für den muffigen Kyffhäuser-Kult wohl kaum zu begeistern sind.

Auch die rechte Initiative Kulturraum Land [12] die in den Dörfern „patriotische Zentren“ aufbauen will, könnte Zulauf bekommen. Zu Beginn der Veranstaltung wurde von Armen Avanessian angekündigt, auch die Gegenstrategien sollten nicht zu kurz kommen.

Doch da blieb nach knapp zwei Stunden neben den Jamelner Antirechts-Festival nur die bekannte und kontrovers diskutierte Aktion des Zentrums für politische Schönheit [13] übrig, in unmittelbarer Nachbarschaft von Höcke in Bornhagen ein Holocaust-Denkmal in Miniaturformat [14] nachzubauen.

Die bekannteste Persönlichkeit des Zentrums, Philipp Rucht, erläuterte noch einmal die Aktion, ohne auf die Kritik einzugehen, dass damit auch eine Banalisierung des Holocausts betrieben werde. Sehr anschaulich wurde das Agieren einer rechten Bürgerwehr gezeigt, die die Höcke-Kritiker sofort aus dem Dorf treiben wollten.

Auch auf Namensspielchen, wo aus Björn „Bernd Höcke“ wird [15], ging Rucht ein. Er verwies auf eine weitere Kulturaktion, in der Höcke mit dem Pseudonym Landolf Ladig [16] verbunden wird.

Nach Sprachvergleichen [17] des Münsteraner Sozialwissenschaftlers Andreas Kemper [18] soll Höcke für NPD-nahe Publikationen Artikel verfasst haben, bevor er in der AfD aktiv wurde.

Höckes Dementi wurde selbst von Teilen der AfD nicht geglaubt. Im Ausschlussantrag der AfD unter Frauke Petry wurde auf die Arbeit von Kemper verwiesen. Auch der Leiter des Thüringer Verfassungsschutzes Kramer zitierte aus Artikel von Kemper zu Höcke in der libertären Wochenzeitung Graswurzelrevolution [19] und löste damit einen rechten Shitstorm [20] aus.

Kramer hatte zunächst Kemper nicht als Quelle angegeben, sich für das Versäumnis entschuldigt. Auch Rucht vergaß bei seinem Vortrag in der Volksbühne, die Quelle für seine Ladig-Höcke-Satire zu benennen. Allerdings sind im Internet Kempers Texte verlinkt.

Keine Erwähnung von linken Räumen

Egal, wie man zu den Aktionen des Zentrums für politische Schönheit steht, als Gegenstrategien zur Ausbreitung rechter Räume können sie nicht gelten. Dieser Punkt blieb am Samstag ausgespart, obwohl Armen Avanessian ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der Punkt nicht zu kurz kommen solle.

Dabei hätte man doch Beispiele aus Berlin nehmen können, wie Rechte ihre Räume auch wieder verloren haben. Das in den früheren 1990er Jahren von Neonazis besetzte Haus in der Lichtenberger Weitlingstraße [21] wäre da ebenso zu nennen wie eine Straße in Oberschöneweide, wo zivilgesellschaftliche Gruppen die Etablierung einer nationalen Zone [22] eindämmten [23].

Peter Nowak
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http://www.heise.de/-4205757
https://www.heise.de/tp/features/Diskussion-ueber-rechte-Gelaendegewinne-4205757.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.facebook.com/events/753726978170928
[2] https://www.forstrock.de/
[3] https://www.christoph-links-verlag.de/index.cfm?view=6&autoren_id=289
[4] https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2018/geduld/armen-avanessian-interview-wir-haben-keinen-positiven-zukunftsbegriff-mehr
[5] https://www.volksbuehne.berlin/de/programm/5901/rechte-raeume
[6] https://www.ar.tum.de/aktuell/news-singleview/article/prof-stephan-trueby-wechselt-zur-universitaet-stuttgart/
[7] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/neue-frankfurter-altstadt-durch-rechtsradikalen-initiiert-15531133.html
[8] https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2018/januar/sehnsuchtsort-der-neuen-rechten-die-potsdamer-garnisonkirche
[9] https://theculturetrip.com/europe/germany/articles/k-the-kollwitz-and-berlin-s-neue-wache/
[10] CasaPoundhttps://de-de.facebook.com/casapounditalia/
[11] https://www.antifainfoblatt.de/tags/casa-pound
[12] https://einprozent.de/blog/gegenkultur/kulturraum-land-fleissige-helfer-gesucht/2364
[13] https://www.politicalbeauty.de/
[14] https://www.politicalbeauty.de/mahnmal.html
[15] https://www.koelner-abendblatt.de/artikel/politik/warum-bernd-hoecke-afd-von-manchen-medien-bjoern-genannt-wird-22858186.html
[16] https://www.politicalbeauty.de/landolf/
[17] https://andreaskemper.org/2016/01/09/landolf-ladig-ns-verherrlicher/
[18] https://andreaskemper.org
[19] https://www.graswurzel.net/gwr/
[20] https://www.graswurzel.net/gwr/2018/10/linksextremes-schmierblatt/
[21] http://telegraph.cc/berliner-hausbesetzerinnen-geschichte-das-neo-nazi-haus-weitlingstrasse-122-in-berlin-lichtenberg/
[22] https://www.antifa-berlin.info/sites/default/files/dateien/artikel/Schoeneweide.pdf
[23] http://www.taz.de/!5291945/