Rechtsruck in der deutschen Friedensbewegung?

»Erschreckende Parallelen«

In Halle, Stadtteil Silberhöhe, wurde kürzlich ein kleines Mädchen auf einem Spielplatz rassistisch beleidigt und attackiert. Die Jungle World hat mit Marie Müller gesprochen, die Mitglied der antirassistischen Gruppe »No Lager Halle« ist.

Sie haben in einer Pressemeldung einen rassistischen Angriff auf einem Spielplatz öffentlich gemacht. Was war geschehen?

Am Mittwoch, dem 29. Oktober, wurde ein zehnjähriges Mädchen auf einem Spielplatz in Halle-Silberhöhe von sieben bis acht Kindern rassistisch beleidigt, geschlagen und getreten. Es musste anschließend im Krankenhaus behandelt werden. Wir fragen uns, was Kinder dazu bringt, anderen Kindern rassistische Gewalt anzutun.

Haben Sie darauf eine Antwort?

Der Angriff der Kinder weist erschreckende Parallelen zu den rassistischen Feindseligkeiten der Erwachsenen auf.

Wie ging die Regionalpresse mit dem rassistischen Angriff auf dem Spielplatz um?

Die meisten regionalen Medien schrieben von einem »Streit«, der eskaliert sei, von einer »Rangelei«. Der von den Kindern ausgeübte rassistische Angriff wird dadurch bagatellisiert. Er erscheint als ein unter Kindern eben vorkommender Streit. Es wird zudem suggeriert, dass beide Seiten in den Streit verwickelt gewesen seien. In mehreren Medien wurden der »Migrationshintergrund« und das »ausländische Aussehen« des angegriffenen Mädchens erwähnt. Im Mitteldeutschen Rundfunk hieß es, das angegriffene Kind sei »dunkelhäutig« und habe »afrikanische Wurzeln«. So findet zwar eine sprachliche Markierung des »Fremden« statt, aber dass es sich um eine rassistische Tat handelte, wird nicht klar benannt.

Der Stadtteil Silberhöhe in Halle scheint sich zu einem rassistischen Brennpunkt zu entwickeln. Gibt es antifaschistische Gegenstrategien?

Die Diskussion über antifaschistische und antirassistische Gegenstrategien steht eher noch am Anfang. Es gab bisher neben einer Kundgebung des Bündnisses gegen Rechts eine antifaschistische Demonstration dort, die aber für manche zu provokativ gewesen ist.

Welche Rolle spielen organisierte Nazis in dem Stadtteil?

Die mischen dort mit. Die Nazi-Homepage »hallemax.de« versucht, die Leute angesichts der Situation zu polarisieren und aufzuwiegeln. Sollte es rechte Aufmärsche geben, ist aber auch ein breiterer Widerstand dagegen zu erwarten. Gegen Naziaufmärsche ist die Mobilisierung einfach. Gegen den Alltagsrassismus vorzugehen, ist da schon schwerer.

http://jungle-world.com/artikel/2014/48/50987.html

Peter Nowak

Flüchtlingsgegner machen mobil

Der von der extremen Rechten unterstützte Demonstration gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft am Samstag in Berlin-Marzahn ist zwar weit hinter den Erwartungen geblieben – für den heutigen Montabend wird aber schon wieder zu einem erneuten Aufmarsch aufgerufen.

Ein Desaster für Neonazis, Flüchtlingsgegner und besorgte Anwohner“. So wie die „taz“ kommentierten auch zahlreiche andere Medien,  den  Versuch,  die von bekannten Kadern der NPD und der Partei „Die Rechte“ unterstützten  Proteste gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahn auszuweiten. Nachdem  bei drei Montagsdemonstrationen die Zahl  der Teilnehmer/innen zugenommen hatte  und einige Anwohner sich offen mit den extremen Rechten solidarisierten (BnR berichtete),  sollte  der Protest am 22. November ausgeweitet werden.Unter dem Motto „Gegen Asylmissbrauch den Mund aufmachen“ wurde  am frühen Samstagnachmittag zu einer Demonstration aufgerufen, die den Anspruch hatte „Bürgerinnen und Bürger aus der Mitte der Gesellschaft“ anzusprechen. Deshalb war auf Parteifahnen  verzichtet worden. Wie bei den drei Montagsdemonstrationen zuvor, waren auch am Samstag Deutschlandfahnen in verschiedenen Größten zu sehen. Doch  in der Diktion des  Aufrufs zeigte sich die extrem rechte Handschrift  deutlich. Die Abrechnung mit einer „asozialen Politik“ wird gefordert und  „Identität und für eine solidarische Gemeinschaft“ dagegen gesetzt.

Schon bald zeigte sich allerdings, dass die  Teilnehmerzahl der als „besorgte Bürger“ firmierenden  Gegner der Flüchtlingsunterkunft  mit knapp 800 Menschen hinter ihren Erwartungen  geblieben ist. Zudem hatte ein breites Bündnis aus Politik und Zivilgesellschaft zu  Protesten aufgerufen und Teile der geplanten Marschroute besetzt. Von der  eigentlich acht Kilometer langen Demonstrationsroute blieb am Ende eine kurze Strecke übrig. Die lange Wartezeit führte dazu, dass die rechte Demo auf knapp 200 Menschen schrumpfte. Dafür wurden die Ansprachen am offenen Mikrofon immer aggressiver.

„Die Kräfte bestmöglich bündeln“

„Wir Deutschen haben auch Rechte und zwar mehr Rechte als so genannte Flüchtlinge“,   rief  ein Redner. Eine Rednerin echauffierte sich, dass „Deutschland  immer mehr zu einem Selbstbedienungsladen für kriminelle Ausländerbanden verkommt“. Da war schon klar,  dass die geplante Verbreiterung des Protests gegen die Flüchtlingsunterkunft nicht gelungen war.

Die Rechtsextremisten hatten gehofft,  unter dem Label besorgter Bürger und dem Verzicht auf Parteifahnen wieder größere Aufmärsche organisieren  zu können.  In den vergangenen Jahren  hatten demokratische Bündnisse der Zivilgesellschaft und juristische Entscheidungen Aufmärsche wie in Dresden zum Jahrestag der  alliierten Bombardements oder in Wunsiedel zum Todestag von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß verhindert.  Mit den Protesten gegen die Flüchtlingsunterkünfte sollte sich auch die zerstrittene Rechte ein Thema konzentrieren, bei dem es unter ihnen keine Differenzen gibt. Im Aufruf der Flüchtlingsgegner heißt es: „Es wird Zeit, die Kräfte bestmöglich zu bündeln und ein Zeichen im Namen aller Betroffenen zu setzen“. Das Kalkül schien aufzugehen. So hieß es auf der rechtspopulistischen  Internetseite PI („Political Incorrect“)  nach der dritten Montagsdemonstration gegen Flüchtlingsunterkünfte: „In Berlin bewegt sich was“. Am Samstag zumindest war bei den Gegnern der Flüchtlingsunterkünfte eher Stillstand als Bewegung angesagt.

Für den heutigen Montagabend ruft die „Bürgerbewegung Marzahn“ allerdings zu einer erneuten Montagsdemonstration unter dem Motto „Nein zum Containerdorf“ auf.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/fl-chtlingsgegner-machen-mobil

Peter Nowak

Dämpfer für die rechte Volksfront auf der Straße

Paradoxe Folgen des Widerstands

Antifaschisten diskutierten über die Aufmärsche rechter Fußballfans

Der Auftauchen der »Hooligans gegen Salafisten« in Köln hat viele überrascht. Auch Antifaschisten und linke Fußballfans. Über Erklärungen und Gegenstrategien wurde am Donnerstag in Berlin debattiert.

Seit in Köln vor einigen Wochen Tausende unter dem Label »Hooligans gegen Salafisten« (HoGeSa) auf die Straße gegangen sind, häufen sich in den Medien Berichte über diese neue Gruppierung. Glaubt man den Presseberichten sei diese »völlig überraschend aus dem Nichts aufgetaucht«. Auch viele aktive Antifaschisten waren von einem so großen Aufmarsch rechter Fußballfans überrascht. »Ich hatte gehofft, die Ära der rechten Massenaufmärsche wäre in Deutschland vorüber. Seit dem HoGeSa-Auftritt in Köln bin ich mir da nicht mehr so sicher«, brachte am Donnerstagabend ein Teilnehmer einer Veranstaltung in Berlin diese Stimmung auf dem Punkt.

Die Diskussionsrunde widmete sich der Frage, wie die HoGeSa einzuschätzen ist und ob sie Vorläufer hat. Eingeladen waren Referenten von Berliner Antifagruppen und vom  (BAFF). Dessen Vertreter Roland Zachner (Name geändert) erinnerte zunächst an die Gründungsära der BAFF vor über 20 Jahren. Nach den Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte haben sich die in vielen Fußballstadien schon länger aktiven Neonazis lautstark bemerkbar gemacht Dass Fußballfans schon viel länger zur Zielgruppe von Neonazis gehörten, verdeutlichte Zachner am Beispiel von Michael Kühnen. Der damals umtriebige Jungnazi umwarb bereits in den 1970er Jahren gezielt Hooligans.

Dass der Einfluss der Rechten in den Stadien in den letzten Jahren zurückgedrängt werden konnte, sei auch das Verdienst linker Ultragruppen, sagte Zachner. Für den langjährigen BAFF-Aktivisten ist das Auftauchen der HoGeSa paradoxerweise auch eine Folge von erfolgreichem antifaschistischem Widerstand: »Nachdem immer mehr rechte Straßenaufmärsche, wie die Demonstrationen zum Jahrestag der alliierten Bombardements in Dresden oder die Aufmärsche zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess in Wunsiedel verhindert werden konnten, hätten die Rechten ihre Aktivitäten wieder vermehrt in die Fußballstadien verlegt.«

Doch bleibt HoGeSa nur ein Label, das zurzeit in rechten Kreisen gerne benutzt wird und sich schnell wieder abnutzt? Diese Frage mochte niemand beantworten. Doch Nico Steinert (Name geändert) von der Berliner North East Antifa (NEA) wies auf die Heterogenität des Hooligan-Netzwerkes hin. Nach dem schlagzeilenträchtigen Aufmarsch in Köln hätten bereits die ersten Differenzierungsprozesse eingesetzt. Dabei habe die HoGeSa auch massiven Gegenwind aus den eigenen Reihen erfahren. Geplante und schon öffentlich angekündigte Aufmärsche in Hamburg und anderen Städten mussten abgesagt werden, weil die dortigen Hooligans eine Teilnahme ablehnten. Ob der HoGeSa-Aufmarsch am 15. November in Hannover für die Szene ein Erfolg war, werde intern kontrovers diskutiert. Ein Teil beschwerte sich, dass sie sich nur in dem von der Polizei abgesteckten Areal bewegen konnten. Auch die starke Präsenz rechter Parteien wie NPD und Die Rechte sorge in Teilen der Hooliganszene für Kritik. Andere wiederum sähen den Aufmarsch in Hannover als Erfolg für die HoGeSa. Schließlich zählten zu den Referenten Mitglieder rechtsbürgerlicher Parteien, die lange Zeit die Kooperation mit offenen Nazis abgelehnt hatten. So gehörte ein Münchner Aktivist der Partei »Die Freiheit« zu den Rednern. Auch die antiislamische und rechtspopulistische Internetseite Politically Incorrect (PI) zählte zu den Unterstützern der HoGeSa. Der NEA-Vertreter erklärte, er habe den Eindruck, als würden diejenigen, die in den letzten Jahren auf PI mit rassistischen oder homophoben Zuschriften aufgefallen sind, nun auf die Straße gehen. Trifft dies zu, dann ist die HoGeSa kein kurzlebiges Phänomen und Antifaschisten müssen sich noch länger mit der Gruppierung beschäftigen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/953210.paradoxe-folgen-des-widerstands.html

Peter Nowak

Brandstifter und Biedermänner

In mehreren Berliner Stadtteilen finden seit Wochen Demonstrationen gegen Flüchtlingsunterkünfte statt. Neben Angehörigen  der rechten Szene, die die Infrastruktur stellen, beteiligen sich daran auch Anwohner.

Am Montagabend marschierten rund 200 Menschen durch den Stadtteil Buch im Norden Berlins. Fast zeitgleich beteiligten sich an dem Tag nach Veranstalterangaben über 1000, Polizeiangaben zufolge 700, Personen an  einer mehrstündigen Demonstration durch den Berliner Stadtbezirk Marzahn gegen ein dort geplantes Containerdorf für Flüchtlinge. Unter den Demonstrierenden befanden sich der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke und Angehörige von Kameradschaften.  Statt Partei- beziehungsweise Organisationsbannern waren Deutschlandfahnen in allen  Größen sowie das Berliner Wappen zu sehen. An der Spitze trugen Rechtsextremisten ein Transparent mit dem Motto „Wache auf! Handeln statt klagen“. Gleich  dahinter wurde ein Transparent mit der Parole „Wir haben die Schnauze  voll“ mitgeführt. Dieser Spruch wurde auch häufig skandiert.Mit  gezielten Ansprachen an die Bewohner der Häuserblocks in Marzahn, an denen die Demonstration dicht vorbei zog, warben Redner für die Ziele des Aufzugs.  So versuchte ein älterer Mann die Menschen, die auf ihren Balkonen standen, über Megaphon  zur Teilnahme zu bewegen. „Wir sind keine Krawallmacher, sondern anständige Bürger“, rief er immer wieder. „Auch Sie werden durch die Parteien ausgebeutet, verarmen im Alter und müssen vielleicht Flaschen sammeln“, appellierte er an die Zuschauer. Vereinzelt stießen solche Ansprachen auf Zustimmung. Die Organisatoren sprachen von einem großen Erfolg, weil sich von Montag zu Montag die Teilnehmerzahl erhöht habe.

„Wir wollen keine Asylantenheime“

Im hinteren Teil des Demonstrationszugs trugen Teilnehmer Schilder mit der Aufschrift „Wir sind keine Nazis“. Damit wollten sie sich allerdings  nicht von  ihren rechten Mitdemonstranten  distanzieren, sondern von der Medienberichterstattung, die die Teilnahme  der Neonazis thematisierte. Immer wieder wurde Lügenpresse, Lügenpresse“ skandiert. „Warum sprecht ihr immer von Nazis, wenn Ihr irgendwo stolze und freie Deutsche trefft?“, hieß es auf dem Plakat eines Marschierers. Die Hauptparole lautete allerdings „Wir wollen keine Asylantenheime“. Immer mal wieder riefen Jungrechte statt dessen „Asylantenschweine“, wurden aber von Ordnern freundlich auf die korrekte Formulierung hingewiesen.

Manchem Demonstranten wurde auf dem langen Zug auch  etwas langweilig. Während im hinteren Teil einige ältere Deutschlandfahnen-Träger über die letzte „pro Deutschland“-Kundgebung  fachsimpelten, vermissten einige junge Rechtsextremisten „ein Paar Zecken, die wir aufmischen können“. Die  rund 400  Gegendemonstranten  waren von der Polizei in einen anderen Teil von Marzahn geleitet worden. Zum Abschluss brachte das rechtsextreme Rapduo „A3stus“ noch pathetische Lieder über Deutsche, die angeblich von Ausländern ermordet werden, zu Gehör.

Bereits am kommenden Samstag ist der nächste Aufmarsch gegen die Flüchtlingsunterkunft in Marzahn geplant, der um 13.00 Uhr beginnen soll. Die Mobilisierung in rechten Kreisen hat bereits begonnen.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/brandstifter-und-biederm-nner

Peter Nowak

Mehr als Symbolik

»Genug geschwiegen« steht auf dem Transparent an der Spitze der Demonstration. Dahinter gehen zehn Personen in weißen T-Shirts, auf denen die Gesichter der zehn Todesopfer des »Nationalsozialistischen Untergrunds« zu sehen sind. Drei Jahre sind seit dessen Selbstenttarnung vergangen. In Berlin wurde das zum Anlass genommen, um mit einer Demonstration zu erinnern, dass jenseits offizieller Sonntagsreden keine ernsthaften Konsequenzen gezogen wurden. In den Redebeiträgen, die am Samstag auf der Route durch den Wedding gehalten werden, wird betont, dass Rassismus in großen Teilen der Bevölkerung wie auch in den Staatsapparaten fest verankert sei. Knapp 1 500 Menschen beteiligen sich an der Demonstration, bei der es nur einen ernsthaften Zwischenfall gibt. Aus einem Haus wird ein schweres Gefäß auf die Demonstranten geschleudert, zum Glück trifft es niemanden. Auf der Abschlusskundgebung betonen mehrere Redner, dass der Kampf um das Gedenken an die NSU-Opfer weitergeht. In vielen Städten wollen Angehörige die Straßen, in denen ihre Verwandten ermordet wurden, nach den Opfern benennen. Überall wurde dieses Ansinnen abgewiesen oder verzögert. In einigen Fällen sammelten Anwohner sogar Unterschriften gegen eine Umbenennung. Mit symbolischen Straßenumbenennungen haben Angehörige und antirassistische Gruppen in Hamburg und Berlin deutlich gemacht, dass sie es nicht akzeptieren, dass den Angehörigen selbst diese Geste der Anerkennung verweigert wird. Von der Politik können sie keine Unterstützung erwarten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besuchte am 31. Oktober das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln und lobte dessen Beitrag für die Sicherheit Deutschlands. Die ungeklärten Fragen über die Rolle dieses Dienstes beim Umgang mit dem NSU reduzierte Merkel auf »ein paar Dinge aus der Vergangenheit«. Es ist zu befürchten, dass sie damit großen Teilen der deutschen Bevölkerung nach dem Munde redet.

http://jungle-world.com/artikel/2014/45/50871.html

Peter Nowak

Obskure Kundgebungen

Die Feierlichkeiten zum Mauerfall am 9. November in Berlin nutzten auch verschiedene rechte und rechtspopulistische Gruppen für ihre Präsentation.

Mit einer Bühne unmittelbar vor dem Berliner Reichstag war eine Gruppe aus dem „Reichsbürger“-Spektrum vertreten. Über mehrere Stunden wiederholten die Teilnehmer dort ihre Thesen, dass  Deutschland keine Verfassung habe und weiterhin von den USA besetzt sei. Auch für den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine machten mehrere Redner die  USA verantwortlich.  Damit  fanden sie auch Gehör bei einer Gruppe, die sich Unabhängige Montagsmahnwache nennt und  in den vergangenen Monaten häufiger mit Kundgebungen in Berlin aufgefallen ist, an denen NPD-Funktionäre und „Reichsbürger“ beteiligt waren.

Für den 9. November hatte die Montagsmahnwache eine Kundgebung vor dem Kanzleramt angemeldet. Zentraler Redner war dabei der Publizist Jürgen Elsässer, der noch einmal den Aufmarsch der Hooligans gegen den Salafismus vor zwei Wochen in Köln als antifaschistische Demonstration bezeichnete. Auf Xavier Naidoo musste  das Bündnis dieses Mal verzichten. Am 3. Oktober war der Sänger, der einst mit antirassistischen Texten bekannt war, an gleicher Stelle in Berlin vor einem Bündnis aus „Reichsbürgern“ und  Teilen der Montagsmahnwachen aufgetreten.

Am gestrigen Sonntag konnten sie sich an einer Stelle platzieren, an der ein Großteil der Teilnehmer des Bürgerfestes zum 9. November vorbeikamen. Doch viele Passanten blieben nur kurz für ein Foto stehen. Am Beginn der Kundgebung gab es Proteste gegen den Auftritt der „Reichsbürger“. Die Polizei trennte beide Gruppen durch Speergitter. Die Gegendemonstranten verließen bald den Platz vor dem Reichstag und  machten sich auf dem Weg zum Alexanderplatz. Dort hatten sich rund 30 Hooligans versammelt. Die hatten wohl nicht mitbekommen, dass ein angemeldeter Aufmarsch kurzzeitig wieder abgesagt worden war. Nachdem die Zahl der Gegner anwuchs, geleitete die  Polizei die Rechten schnell vom Platz.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/obskure-kundgebungen

Peter Nowak

Fremdenfeindliche Stimmungmache

Berlin – Mit Aktionen gegen Flüchtlingsunterkünfte meldet sich die rechtsextreme Szene in Berlin wieder verstärkt in die Öffentlichkeit zurück.

Am 1. November hatte die NPD im Berliner Stadtteil Weißensee eine Kundgebung angemeldet, an der sich allerdings nur sieben Personen beteiligten. Etwa 60 Gegendemonstranten protestierten in unmittelbarer Nähe. Im nur wenige Kilometer entfernten Buch demonstrierten allerdings eine Stunde später am Samstag knapp 200 Personen gegen eine Flüchtlingsunterkunft in dem Stadtteil, darunter viele in Anwohner/innen. Nicht nur die Technik und Logistik hatte die NPD von Weißensee nach Buch transportiert. Als Hauptredner trat auf beiden Kundgebungen der Pankower NPD-Kreisvorsitzende Christian Schmidt auf. In Buch verzichtete er allerdings auf einige NS-verherrlichende Passagen, mit der er seine Ansprache in Weißensee beendet hatte.

An der Demonstration beteiligten sich auch Brandenburger Neonazis, die auf einem Transparent für den „Tag der deutschen Zukunft“ warben, der am 6. Juni 2015 in Neuruppin stattfinden soll. Logistische Unterstützung kam von Hellersdorfer Rechten, die im vergangenen Jahr mit ihrer Kampagne „Nein zum Heim“ gegen eine in dem Stadtteil errichtete Flüchtlingsunterkunft bundesweit für Aufsehen sorgten. Die Anwohnerinitiative „Kein Asylanten-Container-Dorf in Buch“ dankte am Schluss der Aktion allen „Demoteilnehmern, Organisatoren, Ordern und Rednern“ und kündigte weitere Aktionen an.

Zwei Tage später nahmen über 200 Rechtsextremisten aus Berlin und Umgebung an einem Aufmarsch gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Marzahn teil. Obwohl aus der Menge Parolen wie „Wir wollen keine Asylantenschweine“, „Rudolf Heß“ und „Nationaler Sozialismus jetzt!“ skandiert wurden, griff die Polizei nicht ein. Die extrem rechte Demonstration war über Internet angekündigt, aber zwei Tage vorher überraschend abgesagt worden. Daraufhin hatten Nazigegner auch die geplanten Gegenproteste gecancelt. Am Montagabend stellte sich dann aber heraus, dass die Anmeldung der Demonstration nie zurückgezogen und die öffentliche Absage nur eine Taktik war.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/fremdenfeindliche-stimmungmache

aus Blick nach Rechts/

Peter Nowak

Ein frühes Opfer des islamistischen Terrors

Gedenken an NSU-Opfer gefordert

Straßenumbenennungen zur Erinnerung werden oft abgelehnt

Zumindest für einige Stunden wird in Berlin eine Straße zwischen Kurfürstendamm und Joachimsthaler Straße den Namen des NSU-Opfers Mehmet Kubaşık tragen. Der Kioskbesitzer war am 4. April 2006 in Dortmund erschossen

Zumindest für einige Stunden wird in Berlin-Charlottenburg eine Straße zwischen Kurfürstendamm und Joachimsthaler Straße den Namen des NSU-Opfers Mehmet Kubaşık tragen. Der Kioskbesitzer war am 4. April 2006 in seinem Laden in Dortmund erschossen worden. Angehörige und Freunde des Toten gingen nach der Tat schnell von einem neonazistischen Mord aus, fanden damit aber bei der Polizei und vielen Medien kein Gehör.

Damals wurde die Mordserie bei den Behörden noch unter dem rassistischen Obertitel »Dönermorde« geführt. Erst am 4. November 2011 wurde deutlich, dass die Angehörigen von Kubaşık Recht hatten. Durch einen Zufall wurde bekannt, dass eine Gruppe von Neonazis seit über einem Jahrzehnt im Untergrund agierte und quer durch die Republik Menschen ermordete, die nur eines gemeinsam hatten: Sie waren nicht in Deutschland geboren. Der »Nationalsozialistische Untergrund« ermordete zwischen 2000 und 2007 mutmaßlich neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund und eine Polizistin.

Zum dritten Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU planen am 4. November Angehörige der Opfer und antirassistische Gruppen an den Tatorten symbolische Straßenumbenennungen. Sie sollen die Namen der Mordopfer tragen. Um 17.30 Uhr sollen in ganz Deutschland gleichzeitig Straßen nach den Opfern der NSU-Mordserie benannt.

»Wir wollen unserer ermordeten Angehörigen würdig gedenken und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass unser Anliegen von den politisch Verantwortlichen und auch Teilen der Anwohnern ignoriert oder sogar regelrecht bekämpft wird«, erklärte Ali Bezkart vom Berliner Bündnis gegen Rassismus gegenüber »nd«. Das Bündnis hatte schon für den vergangenen Samstag eine Demonstration unter dem Motto »Rassismus in der Gesellschaft bekämpfen« organisiert. Rund 1500 Menschen beteiligten sich am Marsch durch den Berliner Ortsteil Wedding. Die massive Ablehnung einer Umbenennung von Straßen nach den Mordopfern des NSU bezeichnete eine Rednerin auf der Abschlusskundgebung als ein Beispiel für Alltagsrassismus.

Schon im Jahr 2012 forderten Angehörige die Umbenennung der Hamburger Schützenstraße, in der der Mord an Süleyman Tasköprü begangen wurde. Mit der Begründung, zu viele Firmen seien dort angesiedelt und die Straße sei viel zu stark bewohnt, traten Teile der Bevölkerung aber auch die örtliche SPD dieser Forderung entgegen. Um weiteren Protest und einen langwierigen Umbenennungsstreit zu vermeiden, einigten sich Politik und die Angehörige der Opfer schließlich auf die Umbenennung der nahe gelegenen Kühnehöfe nach Süleyman Tasköprü. Kaum wurden die Anwohner von diesen Plänen informiert, regte sich Protest. Die in der Straße ansässige Traditionsfirma Kühne stellte sich dagegen. Zudem sammelten die Anwohner Unterschriften gegen die Umbenennung.

Auch in Kassel wurde der Wunsch des Vaters des NSU-Opfers Ismail Yozgat, die Ausfallstraße, an der der Mord geschah, nach seinem Sohn umzubenennen, bisher abgelehnt. Angehörige und antirassistische Gruppen wollen diese Blockadehaltung nicht akzeptieren. »Mit der symbolischen Umbenennung wollen wir deutlich machen, wie wenig sich trotz aller Sonntagsreden auch in der Bevölkerung durch die Aufdeckung des NSU verändert hat«, betonte Bezkart.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/951198.gedenken-an-nsu-opfer-gefordert.html
Von Peter Nowak

Tanzen und trinken gegen Terror

SOLIDARITÄT Die von Nachtclubs gestartete Kampagne „Nachtleben für Rojava“ wirbt für die Unterstützung der Menschen in der Stadt Kobani und der Region Westkurdistan

Tausende Menschen gingen am vergangenen Samstag auch in Berlin auf die Straße, um die von den Islamisten des IS eingeschlossenen KurdInnen zu unterstützen (taz berichtete). Der überwiegende Teil waren in Berlin lebende KurdInnen – der kleinere Teil UnterstützerInnen aus der deutschen Linken.

Zu ihnen gehört auch Jan Hoffmann. Er verteilte auf der Demonstration Flyer und Aufkleber mit dem Motto „Nachtleben für Rojava“. Die Kampagne startete am Abend des 1. November – dem Tag des Internationalen Karenztages. Als „Rojava“ wird von Kurden der Anteil Syriens am kurdischen Siedlungsgebiet bezeichnet, das Gebiet ist kurdisch kontrolliert.

Die Kampagne wurde von Menschen organisiert, die als KonzertveranstalterInnen, BarkeeperInnen, TürsteherInnen oder DJs im Berliner Nachtleben tätig sind. „Fassungslos verfolgen wir, was in Irak und Syrien passiert, und fühlen die Verpflichtung, aktiv zu werden“, sagt Jan Hoffmann. Schließlich sei bei vielen Menschen, die tagsüber auf eine Demonstration gingen, nachts beim Feiern die Solidarität oft schnell vergessen.

Für Hoffmann und seine KollegInnen war und ist das ein unbefriedigender Zustand, den sie ändern wollten. „Dabei ist uns die Idee gekommen, eine Initiative zu starten, die Leute in einem Bereich anspricht, in dem wir uns auskennen, vernetzt und kulturell verwurzelt sind – im Berliner Nachtleben“, so Hoffmann. Damit sollen auch Menschen angesprochen werden, die nicht auf Solidemos gehen.

Zunächst wurden Bars und Clubs auf eine Unterstützung angesprochen, die den OrganisatorInnen persönlich bekannt sind. Einige arbeiten dort auch in den unterschiedlichen Bereichen. Zu den Einrichtungen, die den Aufruf sofort unterstützt haben, gehören die Clubs SchwuZ, about blank und Rosis.

Zwei zentrale Ziele hat die Kampagne: Sie will Öffentlichkeit über die Situation der Menschen in Rojava schaffen. Zudem möchte man Spenden sammeln, mit denen die Menschen in Rojana unterstützt werden sollen. In welcher Form die Spenden gesammelt werden, bleibt jeder Location selber überlassen. Einige erheben einen Aufpreis von einem Euro bei den Eintrittspreisen oder den Getränken, andere spenden einen Teil der Einnahmen. Mit Plakaten und Flyern werden die potenziellen BesucherInnen der Einrichtungen über die Ziele der Kampagne informiert.

Von den ersten Reaktionen ist Jan Hoffmann positiv überrascht. Für ihn liegt der Grund dafür vor allem daran, dass die Situation in Rojava medial sehr präsent ist und viele Leute das Bedürfnis verspüren sich einzubringen. „Dabei fehlen jedoch häufig die entsprechenden Kontakte oder konkrete Ideen, sodass unsere Initiative von vielen Leuten dankbar aufgenommen wird.“

In der nächsten Zeit soll die Zahl der beteiligten Clubs und Bars erweitert werden. Diskussionen darüber gibt es in so angesagten Clubs wie Berghain oder SO 36. Die Gespräche unter den MitarbeiterInnen laufen und sind teilweise noch nicht abgeschlossen. Doch Hoffmann ist optimistisch, dass sich in der nächsten Zeit weitere Einrichtungen dem Aufruf anschließen werden. Mittlerweile habe es auch Anfragen von KollegInnen aus Hamburg und Frankfurt gegeben, so Hoffmann.

Waffen für Rojava

Eine Erfolgsmeldung kam auch von einer anderen Kampagne „Waffen für Rojava“, die Anfang Oktober wesentlich von der Neuen Antikapitalistischen Organisation (NaO) initiiert worden ist. „Mittlerweile sind 50.000 Euro gesammelt worden“, erklärte NaO-Sprecher Michael Prütz gegenüber der taz. Mitte Oktober wurde dem Berliner Vorsitzenden der kurdischen Partei der demokratischen Union (PYD) Sherwan Abdulmajid auf einer Pressekonferenz ein Scheck über 20.000 Euro übergeben. Die Solidaritätsinitiative aus dem Berliner Nachtleben begrüßt Michael Prütz als willkommene Ergänzung. (pn)

http://www.taz.de/Solidaritaet-mit-Kobani/!148849/

Peter Nowak

Der NSU und der Verfassungsschutz – Dinge von gestern?

Holi Powder statt Holy Shit

Antifa hat sich als Bewegung erschöpft

Mit der ALB erklärt eine der ehemals wichtigsten Gruppen der linken Szene Berlins ihre Auflösung

»Hiermit geben wir bekannt, dass sich im August 2014 die Antifaschistische Linke Berlin [ALB] aufgelöst hat.« Angesichts der Entwicklung der vergangenen Jahre scheint dieser Schritt, der am Dienstag bekannt gegeben wurde, indes konsequent. Zwar billigen Freunde und Gegner der ALB zu, in den vergangenen zehn Jahren einigen Einfluss in der außerparlamentarischen Linken in Berlin und darüber hinaus gehabt zu haben. Doch seit vier Jahren gingen die Aktivitäten der Gruppe immer weiter zurück. Viele Mitglieder sahen die Zukunft eher im bundesweiten linksradikalen Bündnis Interventionistische Linke (IL), was den Auflösungsprozess weiter verstärkte.

Die ALB ging 2003 aus der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB) hervor, die sich damals spaltete. In dem Jahrzehnt ihres Bestehens versucht die ALB, linksradikale Politik und soziale Proteste zu verbinden. Noch 2009 bezeichnete der Berliner Verfassungsschutz die ALB als »tonangebend in der Berliner Antifaszene«. Die ALB war Mitorganisatorin der jährlichen Revolutionären 1. Mai-Demonstration in Berlin und jahrelang mit einem eigenen Block bei der Gedenkdemonstration für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht vertreten. Zu den erfolgreichsten Aktionen, an denen die ALB beteiligt war, gehörten die Blockaden der Neonaziaufmärsche zum Jahrestag der alliierten Bombardierung Dresdens. Doch die Übertragung solcher Aktionen auf soziale Proteste ist trotz verschiedener Versuche nicht gelungen, was bei der ALB zu Perspektivdiskussionen und Resignation führte. »Bezüglich der eigentlich wichtigen Frage, wie zukünftig nachhaltige und wirksame soziale Kämpfe auch lokal und im Alltag organisiert werden können, haben wir keine gemeinsamen Antworten finden können«, heißt es in dem Auflösungspapier.

Während ein Teil der Mitglieder die Aktionsformen der Antifabewegung der 90er Jahren für die aktuelle Situation für veraltet hielt, warnten andere davor, dass die Gruppe durch eine zu große Annäherung an die Linkspartei das linksradikale Profil verlieren könnte. Die Auflösung war denn auch nicht die Folge eines großen Streits, sondern vieler zäher Debatten »um den richtigen und falschen Begriff vom Kapitalismus, um die Ausrichtung der Aktionen, um die Politik gegen die Festung Europa und gegen Neonazis, um die Farbe der Regenjacke, um die Notwendigkeit linksradikaler Aktionsformen und ihre Vermittelbarkeit«, schreibt die Gruppe.

Michael Prütz von der im vergangenen Jahr gegründeten Neuen Antikapitalistischen Organisation (NAO) bedauert gegenüber »nd« die Auflösung der ALB, weil sie eine wichtige Rolle in der außerparlamentarischen Linken gespielt habe. Auch Vertreter anderer linksradikaler Gruppe äußerten sich im Netz zu der Auflösung. Die Antifaschistische Revolutionäre Aktion (ARAB), mit der die ALB die Demonstration zum 1. Mai organisierte, verabschiedet ihre »große Schwester« unsentimental: Zuletzt sei das Verhältnis eher zerrüttet gewesen, dennoch hinterlasse die ALB eine große Lücke. Die Gruppe Libertad erklärte über Twitter: »Liebe ALB, wir werden euch vermissen, insb. in der IL, die auch uns oft (jetzt erst recht!) zu wenig revolutionär und antagonistisch ist.«

»Uns fehlt die Sprache, mit der es uns gelingt, soziale Proteste gesellschaftlich wirkungsmächtig zu machen«, erklärt ein Mitglied des kommunistischen »Ums Ganze«-Bündnisses. Im Gegensatz zur ALB habe man aber früher erkannt, dass sich die Mittel der Antifabewegung erschöpft haben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/945279.antifa-hat-sich-als-bewegung-erschoepft.html

Peter Nowak