Naziaufmarsch gestoppt

Flüchtlingsfeindliche Demonstranten konnten nur wenige hundert Meter laufen

Bündnis »Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)« ist zufrieden mit zivilgesellschaftlichem Engagement, unzufrieden mit Polizeigewalt bei Auflösung der Blockaden.

Einige hundert Bürger hatten sich am Sonnabend in der Nähe des Frankfurter Kleistforums zur Blockade eingefunden. Schnell bildete sich eine Traube von Menschen um drei Frauen und zwei Männer, die mit Flöte, Violine und Geige für gute Stimmung sorgten.

Viele trugen selbstgemalte Schilder, auf denen sie klarmachten, was sie von den Rechten halten, die sich einige Hundert Meter entfernt am Hauptbahnhof versammelten. Viele zeigten den Slogan: »Alle Menschen sind Ausländer, fast überall.« Dieser Spruch war auch auf einen Transparent am Rathaus zu lesen. Junge Antifaschisten, die mit dem Bus aus Neuruppin angereist waren, warben für eine antifaschistische Demonstration in ihrer Stadt am 6. Juni. An diesem Tag planen Neonazis den in Neuruppin sogenannten Tag der deutschen Zukunft.

Am Sonnabend in Frankfurt (Oder) beteiligten sich auch viele ältere Menschen an den Gegenaktionen. »Hier zeigt sich, dass der vielgeschmähte verordnete Antifaschismus aus DDR-Zeiten bei vielen Menschen Wirkung gezeigt hat«, erklärte ein Mann. Auch ein kleiner studentischer Block hatte sich zur Blockade am Bahnhof eingefunden. Fahnen der Jusos waren dort ebenso zu erblicken wie die der Studentenvereinigung dielinke.SDS. Nicht zu übersehen mit ihren Fahnen in den vorderen Reihen die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. »Wir stehen hier für ein weltoffenes Frankfurt und weil wir verhindern wollen, dass Neonazis durch Frankfurt ziehen«, erklärte ver.di-Bezirksgeschäftsführer Frank Ploß. Die Kollegen haben sich bewusst für die Blockade entschieden, um die Rechten aufzuhalten, sagte er.

Zur Mobilisierung für die Blockaden war vom Bündnis »Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)« Material in deutscher und polnischer Sprache verbreitet worden. Dem Bündnis zufolge beteiligten sich etwa 800 Menschen an den Protesten, mit dabei Finanzminister Christian Görke und Justizminister Helmuth Markov (beide LINKE), die Polizei sprach von 700. Der flüchtlingsfeindliche Nazisaufmarsch wurde laut Polizei von 160 Personen besucht, darunter in der Region bekannte Neonazis und der Bruder eines Angeklagten im NSU-Prozess. Ihr Motto lautete: »Frankfurt (Oder) wehrt sich! Stopp den Asylmissbrauch.« Im Internet prangte dazu die mit »ein deutscher Mensch« unterschriebene Erklärung: »Ich distanziere mich hiermit von allen Idioten, die für Ausland und Ausländer mehr übrig haben als für das Wohl des eigenen Landes und Volkes.« Zwei Schüler wollten sich dem Aufmarsch anschließen, »mit den Asylanten kann es so nicht weitergehen«, lautete ihre Begründung.

Nur einige hundert Meter konnten die Rechten laufen, bis sie umkehren mussten. Zufrieden äußerte Janek Lassau, der Sprecher des Bündnisses »Kein Ort für Nazis«: »In Frankfurt hat sich erneut die Stärke der antifaschistischen Zivilgesellschaft gezeigt.« Vor einigen Wochen konnte bereits ein Aufmarsch gegen Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt blockiert werden. Kritik übte Lassau an übertriebener Gewalt der Polizei bei der Auflösung einiger Blockaden, die es den Nazis ermöglichte, zumindest eine kurze Strecke zu marschieren. Dabei sei es sogar zu Übergriffen auf den Lautsprecherwagen der Nazigegner und auf das Kommunikationsteam gekommen, das bei Konflikten vermitteln soll.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/958853.naziaufmarsch-gestoppt.html

Peter Nowak

Asylgesetze sollen Betroffenen gerecht werden

Offener Brief des Bündnisses gegen Dublin-Verordnung: Plädoyer für Asylverfahren in Deutschland

Flüchtlinge werden in »Erstaufnahmeländer« abgeschoben, wo sie nicht selten Obdachlosigkeit erwartet. Ein Aktionsbündnis protestierte am Donnerstag vor dem Bundesinnenministerium.

Der kurdische Oppositionelle Mehmet A. flieht über Griechenland nach Deutschland und stellt dort einen Asylantrag. Obwohl er seine politische Verfolgung bei der Anhörung belegen kann, erklären sich die deutschen Behörden für nicht zuständig. Er wird nach Griechenland zurückgebracht, wo er in letzter Minute durch das Eingreifen von Pro Asyl vor einer Abschiebung in die Türkei bewahrt wird. Wie Mehmet A. geht es vielen Asylbewerbern, nicht alle haben so viel Glück wie er. Ihre Fluchtgründe werden nicht geprüft, gegen ihren Willen werden sie in ein anderes EU-Land abgeschoben. Die rechtliche Grundlage liefern die Dublin-Verordnungen. Danach ist derjenige Mitgliedsstaat für das Asylverfahren zuständig, den der Asylsuchende bei der irregulären Einreise in die Europäische Union zuerst betreten hat.

Gegen diese Praxis laufen Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen seit langem Sturm. Jetzt soll der Widerstand gebündelt wurden. Am Donnerstag ging das »Aktionsbündnis Dublin III-Verordnung stoppen« mit einem Brief an die Öffentlichkeit, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, den Geflüchteten die Möglichkeit zu geben, ihr Asylverfahren in Deutschland durchzuführen. »Uns geht es darum, die Asylgesetzgebung an den Interessen der Geflüchteten auszurichten«, betonte Sebastian Muy gegenüber nd. Der Sozialpädagoge ist Mitarbeiter des Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Flüchtlinge und Migrantinnen (BZZ), das im Bündnis gegen die Dublin-Verordnungen aktiv ist.

Bereits 2013 hatte ein Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden das »Memorandum Flüchtlingsaufnahme in der Europäischen Union: Für ein gerechtes und solidarisches System der Verantwortlichkeit« herausgegeben. Sie schlugen vor, das Kriterium der irregulären Einreise durch das Prinzip der freien Wahl des Mitgliedsstaates durch den Flüchtling zu ersetzen. Dieser Grundsatz spielt bei auch bei der aktuellen Imitative die zentrale Rolle.

Kritik übt Muy an Plänen der Bundesregierung, das Kriterium der illegalen Einreise durch eine Quotenregelung zu ersetzen. Danach sollen Kriterien definiert werden, anhand derer die Asylsuchenden auf die EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. »Dadurch könnte zwar dem «Verursacherprinzip» endlich ein Ende gesetzt werden. An der staatlichen Fremdbestimmung über die Wahl des Asylverfahrenslandes würde sich dadurch jedoch nichts ändern.« Diese Diskussionen machen für Muy deutlich, dass auch in der Politik mittlerweile erkannt werde, dass das Dublin-System gescheitert ist. Inzwischen gibt es mehrere gültige Gerichtsurteile, die die Ausweisung von Geflüchteten in EU-Länder wie Griechenland und Italien untersagen, weil dort wesentliche Grundrechte nicht gewährleistet sind. Das Bündnis gegen Dublin III unterstützt Aktionen etwa in Osnabrück, wo es mehrmals gelungen ist, durch Blockaden Abschiebungen von Flüchtlingen zu verhindern.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/958673.asylgesetze-sollen-betroffenen-gerecht-werden.html

Peter Nowak

Die Leerstellen bei den Antipegida-Protesten

Konkurrierende „Protest“-Märsche

Jeweils 400 Demonstranten nahmen am Montag in Berlin an der Aktion der rechtsgerichteten „Bürgerinitiative Marzahn“ sowie am Bärgida-Aufzug teil.Die Bärgida-Demonstration lässt die Teilnehmerzahl bei der „Bürgerinitiative Marzahn“ schwinden

Asylmissbrauch aufdecken – Merkel und Co. stoppen“,  lautete die Parole, die in schwarz-rot-goldener Schrift auf den Plakaten prangte, die am Montagabend auf der  8. Montagsdemonstration durch Berlin-Marzahn in den vorderen Reihen getragen wurden. Wie bei ähnlichen Demonstrationen der „Bürgerinitiative Marzahn“  beteiligten sich bei dem ersten Aufmarsch im neuen Jahr neben Marzahner Anwohnern auch wieder Mitglieder rechtsextremer Kameradschaften und der NPD  an den Protesten gegen  die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft in dem Stadtteil.  Mit etwa 400 Teilnehmern war die Demonstration kleiner als im Vorjahr. Die Veranstalter hoben in einer  kurzen Demo-Nachbetrachtung positiv hervor, dass der Alkoholkonsum  dieses Mal deutlich zurückgegangen sei. Doch auch die geschrumpften Teilnehmerzahlen sehen sie nicht als  Anzeichen für ein Abebben der Proteste. Man habe damit gerechnet, dass der Zulauf nach der Winterpause geringer werde, hieß es dort.Ein Grund, dass der Marzahner Aufmarsch im Januar nicht nur bei der rechtsextremen Szene sondern auch in der öffentlichen Diskussion gegenüber dem Vormonat  an Bedeutung verloren hat, dürfte der dritte Anlauf einer Bärgida-Demonstration gewesen sein, die fast zeitgleich zum Umzug in Marzahn rund zehn Kilometer entfernt am Brandenburger Tor gestartet wurde. Nachdem bereits im Dezember ein erster Versuch gescheitert war, standen sich am 5. Januar 300 Bärgida-Anhängern einer vierstelligen Anzahl von Gegendemonstranten gegenüber. Am 12. Januar war das Kräfteverhältnis ähnlich. Mit 400 Teilnehmern war die Bärgida-Aktion leicht gewachsen, denen standen wiederum 4000 Gegendemonstranten gegenüber. Die geplante  Route der Bärgida-Marschierer endete daher bereits  nach mehreren hundert Metern.

Initiiert werden die Bärgida-Demonstrationen von dem Verein Patrioten e.V., einer Kleingruppierung, die eine neue Parteigründung anstrebt. Federführend daran beteiligt ist mit Karl Schmitt ein  ehemaliges Mitglied des Bundesvorstands der Partei  „Die Freiheit“, der auch in der antiislamischen „Bürgerbewegung Pax Europa“ aktiv ist.  Auf der Homepage des Vereins finden sich allerdings neben  technischen Hinweisen nur allgemeine Postulate wie eine „Erziehung, die sich an den Werten der europäischen Aufklärung orientiert“,  die Ablehnung von „aus verschiedensten Kulturen   stammenden Erziehungsnormen“ oder von „Bestrebungen zum Abbau der heimatverbundenen Werte“. die „Förderung des nationalen Brauchtums und die Verbundenheit der Menschen zu dem Land ihrer Eltern und Vorfahren“. Unter den Bärgida-Marschierern finden sich zahlreiche rechtsextreme Aktivisten wie der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke. Im Dezember hatte er noch an mehreren Aufmärschen der Marzahner Flüchtlingsgegner teilgenommen.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/konkurrierende-protest-m-rsche

Peter Nowak

Machtkampf um Pegida hat begonnen

War die Schlacht von Waterloo die erste Nato-Operation?

Wie nützlich ist Zuwanderung für den deutschen Standort?

Rechter Angriff auf kritischen Journalisten

Während der schon von den Nazis gebrauchte Begriff der „Lügenpresse“ über das rechte Milieu hinaus populär wird, stellt sich die Frage nach einer linken Medienkritik

Am vergangenen Wochenende ging das Auto eines Fotografen in Berlin in Flammen auf. Was die Berliner Polizei zunächst in die Kategorie Autobrandstiftungen einreihte, war wohl ein Anschlag aus dem rechten Milieu, wie die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ in einer Pressemitteilung[1] vermeldete. In der gleichen Nacht wurde auch das Auto eines lokalen SPD-Politikers in Brand gesetzt, der sich gegen Neonazis im Bezirk engagiert.

Auf den Fotografen, der nicht namentlich genannt werden will, war bereits im April dieses Jahres ein Anschlag verübt worden. Zuvor war er auf einer Liste der rechte Anti-Antifa mit Foto, Name und Adresse unter der Rubrik Antifafotografen aufgeführt. Die Liste kursiere auf verschiedenen Neonaziforen. Auch ein AfD-Politiker habe sie auf Facebook geteilt, berichtete[2] einer der betroffenen Fotografen gegenüber der Taz. Mittlerweile reagieren die Betroffenen mit Abmahnungen auf die weitere Verbreitung dieser Liste.

Von Lügenpresserufen zum Anschlag

Dass kritische Journalisten ins Visier der rechten Szene geraten ist nicht neu. Doch das Ausmaß der Kampagne hat sich erhöht. Ob bei Kundgebungen der Partei Die Rechte[3] oder auf Pegida- oder Hogesa-Demonstrationen, überall ist die Parole „Lügenpresse auf die Fresse“ zu hören. Auf diesen Aufmärschen wurden Journalisten bedrängt und bedroht. Nach einer Demonstration von Gegnern des Flüchtlingsheims in Marzahn, bei der Journalisten massiv bedroht wurden, schrieb der Vorsitzende der DJU bei verdi-Berlin Andreas Köhn[4] in einen Brief[5] an den Polizeipräsidenten der Stadt:

Leider müssen wir aufgrund der Vorfälle am 17. November 2014 feststellen, dass das hohe Gut der Pressefreiheit und die damit verbundene Unversehrtheit von Pressevertretern kein Anliegen der Berliner Polizei zu sein scheint. Aussagen von Beamten der Berliner Polizei gegenüber Pressevertretern am 17. November 2014 wie: „Wir raten Ihnen auf Distanz zu gehen, da wir Ihre Sicherheit nicht gewährleisten können.“ sind im höchsten Maße inakzeptabel. Falls die Berliner Polizei dies nicht gewährleisten kann, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, diesen Aufmarsch zu verbieten.

Der Topos von der Lügenpresse ist, wie die Taz kürzlich in ihrer Rubrik Wortkunde[6] nachwies, direkt aus dem Wortschatz des NS übernommen.

Der Nationalsozialismus war die Hochzeit des Begriffs LÜGENPRESSE. Zwar taucht er schon 1914 auf, etwa in Reinhold Antons „Der Lügenfeldzug unserer Feinde: Die Lügenpresse“. Die Nazis übernahmen den Begriff und luden ihn antisemitisch und antikommunistisch auf, um missliebige Meinungen außenstehenden Feinden der „Volksgemeinschaft“ zuzuschreiben – und andersherum die Kritiker auszuschließen. Joseph Goebbels verwendete ihn, um Kritiker zu denunzieren („Ungehemmter denn je führt die rote Lügenpresse ihren Verleumdungsfeldzug durch“), Alfred Rosenberg konstruierte die „Lügenpresse“ als Gegensatz zum reinen Willen des Volkes und dessen Darstellung. Seither gehört der Begriff zum Standardvokabular der extremen Rechten in Deutschland…taz

Ist Medienkritik von links noch möglich?

Allerdings wurde die Behauptung, dass die Medien nur lügen, auch auf den sogenannten Montagsmahnwachen verbreitet und fand viel Zustimmung. Dort tummelten sich aber neben organisierten Rechten und Verschwörungstheoretikern auch manchen Linke. So kann man zumindest in dem Punkt der Polemik des Jungle-World-Redakteur Ivo Bozic zustimmen, der den Friedenswinter, also den Zusammenschluss von Teilen der Mahnwachen mit der traditionellen Friedensbewegung, als Pegida für Linke[7] bezeichnete.

Allerdings muss man dann auch hinzufügen, dass die Vorstellung, dass die Medien lügen, in linken Kreisen lange Zeit festverankert war. Dass „Bild lügt“ gehörte seit 1968 zum Commonsense in linken und linksliberalen Kreisen. Ende der 80er Jahre kam die Parole „Taz lügt“ auf. Damit wollen Hausbesetzer und Autonome sich vom grünliberalen Mainstream abgrenzen, bei dem damals noch die Bildzeitung ein Hassobjekt war, die Taz aber das alternative Medium per se war.

Es ist bezeichnend, dass die AfD die Taz lügt-Kampagne in neuerer Zeit wieder aufgegriffen[8] hat. Die Taz aber hatte eine ihrer Wurzeln in einem Informationsdienst für die Verbreitung unterdrückter Nachrichten[9]. Er ist im Deutschen Herbst entstanden, als ein Großteil der Medien in der BRD sich bei der Berichterstattung über die radikale Linke nach Vorgaben des Staates richtete.

Die Erfahrung, dass die Medien im Zweifel auf Seiten des Staates sind, war also für viele damals politisch Aktive prägend. Dass Misstrauen zumindest in die etablierten Medien war Teil einer staatskritischen Theorie und Praxis nicht nur in Deutschland. Don’t believe the Hype[10] von der US-Band Public Enemy drückte diese Ablehnung gegenüber den Medien und ihrer Meinungsmache gut aus.

Dieses durchaus staatskritische Herangehen ist auch heute noch zu verteidigen. Es ist aber eben zu unterscheiden von dem rechtspopulistischen Lügenpresse-Geschrei und es ist wichtig hier auch Trennlinien zu ziehen. Nur so verhindert man, dass eine kritische Auseinandersetzung mit den Medien den Rechten zugeschlagen wird. Eine solche kritische Medienrezeption wirft den Medien eben nicht in erster Linie vor, dass sie lügen, sondern dass sie populistische Stimmungen gegen Minderheiten, politisch oder gesellschaftlich Unliebsame aufgreifen und verstärken. Ein Beispiel ist die Berichterstattung in vielen Medien über Geflüchtete. Insofern sind Bewegungen wie Pegida etc. trotz ihrer Pressefeindlichkeit näher an der Praxis vieler Boulevardmedien, als sie wahrhaben wollen. Können heute Linke noch den Topos der Lügenpresse benutzen? Unter diesen Gesichtspunkten ist der Werbespruch der Tageszeitung junge Welt: „Sie lügen wie gedruckt. Wir drucken, wie sie lügen.“[11] zumindest eine verkürzte Medienkritik. Auch er wirft der Konkurrenz einfach vor, sie lüge und preist das eigene Medienprodukt dagegen als die Zeitung an, die unterdrückte Wahrheiten verbreitet.

Dabei zeigt ein Blick auf die Berichterstattung auf den Ukraine-Konflikt, dass es eben nicht um Lüge versus Wahrheit geht, sondern um die Frage, worauf der Focus gerichtet wird. So wird in der jW-Berichterstattung zum Ukrainekonflikt der rechte Hintergrund in der Maidan-Bewegung, der in einem Großteil de übrigen Medien nur am Rande vorkommt, breit thematisiert. Dafür werden in der jW rechte und nationalistische Tendenzen in der prorussischen Bewegung im Gegensatz zu einem Großteil der anderen Medien als Randbereich betrachtet. Diese Differenz unter das Stichwort Lügen zu bringen, ist problematisch.

Zudem steht eine kritische Medienrezeption im Zeitalter des Internet vor neuen Herausforderungen. Denn hier ist ja das Kennzeichen nicht die Unterdrückung, sondern die massenhafte Verbreitung der abstruseste Nachrichten und Verschwörungstheorien. Die Verbreiter wollen eine kritische Auseinandersetzung mit ihren Thesen oft damit verhindern, dass sie alle gegenteiligen Meinungen als Machwerk der Lügenpresse diffamieren. Die populistische Medienfeindlichkeit, wie sie auf den Montagsmahnwachen bis Pegida auftritt, wird hiervon gespeist. Rechte Kreise können sie sich zu Nutze machen. Nicht immer führt eine solche Kampagne zu Angriffen auf kritische Journalisten. Aber der Anschlag auf den Fotografen in Berlin sollte eine Warnung sein und Linke zu einer Medienkritik auf der Höhe der Zeit animieren.

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43743/1.html

Peter Nowak

Ist Merkel mit verantwortlich für die Pegida-Bewegung?

Rechtsruck in Schweden

Italien vor faschistischen Angriffen bewahrt?

Angeblich hat eine neofaschistische Gruppe Anschläge gemäß einer Strategie der Spannung geplant

Nach Berichten zahlreicher italienischer Medien[1] verhinderte eine Spezialeinheit der italienischen Polizei in letzter Minute eine massive Anschlagswelle faschistischer Kräfte. Bei einer landesweiten Razzia wurden 50 Gebäude durchsucht, 14 als Rädelsführer bezeichnete Personen verhaftet und gegen 44 weitere Ermittlungen eingeleitet. Durch abgehörte Telefonate sei die Polizei zu dem Schluss gekommen, dass die Neofaschisten während der Weihnachtstage mit ihren Aktionen beginnen wollten und hat daher mit der Razzia womöglich ein größeres Blutbad verhindert.

Die rechte Gruppe Avanguardia Ordinovista (Avantgarde der neuen Ordnung) habe zeitgleich mehrere Politiker und hohe Justizbeamte ermorden wollen. Zudem waren Attentate gegen Bahnhöfe, Banken, Polizeistationen, Präfekturen und Dienstgebäude der Steuereinzugsbehörde Equitalia geplant. Mit diesen Aktionen sollte eine Strategie der Spannung erzeugt werden. In der Öffentlichkeit sollten die Rufe nach einer neuen Ordnung laut werden.

Die Neofaschisten sollen die Gründung einer Partei geplant haben, die diese Forderungen aufnehmen und durch Wahlen an die Macht kommen wollte, wo sie dann eine neue faschistische Ordnung aufbauen wollte. Sollte diese langfristige Strategie wirklich das erklärte Ziel gewesen sein, dann würde das eine strategisch arbeitende Gruppierung voraussetzen.

Noch viele Fragen offen

Noch ist unklar, ob es sich bei diesen Plänen um die Wunschphantasien einer kleinen Gruppierung handelte oder ob sie personell und logistisch in der Lage gewesen wäre, diese Ziele zumindest teilweise umzusetzen. Die Fragen stellen sich auch zu den geplanten Anschlägen. Wie weit waren die konkreten Vorbereitungen tatsächlich gediehen? Welche Rolle spielten bei den Plänen die in die Gruppe eingeschleusten Polizeiagenten, wird auch eine weitere wichtige Frage sein. Eine Klärung ist schon deshalb wichtig, um realistisch einschätzen zu können, welche reale Gefahr diese faschistische Gruppierung darstellte und um Verschwörungstheorien vorzubeugen, nach der die gesamte Aktion ein Manöver in- oder ausländischer Geheimdienste war.

Doch die aufgeflogene Gruppe zeigt auf jeden Fall, dass es auch in Italien weiterhin einen faschistischen Untergrund gibt, der vor terroristischen Methoden nicht zurückstreckt.

Erinnerung an die 70er Jahre

Erst Anfang Dezember war in Rom eine rechte Gruppierung mit Mafiakontakten nach längeren Ermittlungen ausgehoben[2] worden. Unter den dabei Festgenommenen befindet sich mit Massimo Carminati[3] eine wichtige Figur der faschistischen Terrornetzwerkes der 70er Jahre. Sozialisiert in der neofaschistischen MSI setzte er bald auf Gruppen, die nach dem Vorbild von Mussolini die Macht im Staat erobern wollten.

Carminati war in der faschistischen Nuclei Armati Rivoluzionari[4] aktiv und galt als Verbindungsmann zur Mafia. Nach seiner Verurteilung zu einer längeren Haftstrafe tauchte er unter und kehrte erst einige Jahre später wieder nach Rom zurück. Dort regierte damals Gianni Alemanno[5], ein alter Freund aus faschistischen Jugendzeiten als Bürgermeister.

Alemanno, der Teil von Berlusconis Rechtskoalition war, machte nie einen Hehl daraus, dass er weiter zu seiner Überzeugung aus den Jugendjahren steht. So förderte er in seiner Regierungszeit mit der Casa Pound[6] das Zentrum einer modernisierten extremen Rechten[7], die mittlerweile an Schulen und Universitäten Einfluss haben. Immer wieder gehen die Anhänger des Casa Pound und ihres Umfeldes gegen Roma vor. So verhinderten[8] sie mit einer Blockade, dass Romakinder eine öffentliche Schule besuchen konnten.

Mit dem Niedergang der Ära Berlusconi wurde auch Alemanno in Rom als Bürgermeister abgewählt. Seitdem taucht er auch wieder auf faschistischen Demonstrationen auf und wird von seinen rechten Freunden gebührend begrüßt.

Rechte suchen nach Ende von Berlusconi neue Perspektiven

Dass innerhalb weniger Woche gleich zwei rechte Gruppierungen in Italien aufgeflogen sind, ist auch eine Konsequenz des Endes der Berlusconi-Ära. Die Faschisten können nicht mehr damit rechnen, dass ihr Treiben ignoriert wird. Zudem scheinen sich einige Gruppen nach dem Ende der Berlusconi-Ära wieder mehr auf die Untergrundmethoden der 70er Jahre zu besinnen. Schließlich muss für die rechten Strategen klar geworden sein, dass sie bis 2011 Teil des von Berlusconi geschaffenen Machtblockes waren, der Italien innen- und wirtschaftspolitisch stark geprägt hat.

Doch einen längerfristigen Machterhalt konnte die Rechte nicht erreichen. Pläne eines Staatsumbaus, wie sie Berlusconi und seine ultrarechten Unterstützer vermehrt in der letzten Phase ihrer Regierung propagierten, konnten nicht umgesetzt werden. Daran ist der rechte Herrschaftsblock mit dem Abgang von Berlusconi zerbrochen. Während die Lega Nord[9] nun offen den Front National aus Frankreich kopiert, mit dem sie im Europaparlament kooperiert, und auch in Italien eine starke Rechtspartei anstrebt, scheinen andere Rechte zur terroristischen Strategie der späten 60er und frühen 70er Jahre zurückzukehren.

Da trifft es sich gut, dass der Hamburger Laika-Verlag in wenigen Wochen ein Filmbuch zu den Ereignissen in Italien mit bisher in deutscher Sprache selten zugänglichen Filmen herausgibt. Der erste Band unter dem Titel „Verdeckter Bürgerkrieg und Klassenkampf in Italien“[10] behandelt die 60er Jahre und ist bereits erschienen. Herzstück des zweiten Bandes ist der Film „12. Dezember“[11], den Pier Paolo Pasolini gemeinsam mit der linken Gruppe Lotta Continua erstellt hat. Er thematisiert das faschistische Attentat vom 12.Dezember 1969 auf die Landwirtschaftsbank von Mailand, bei dem 17 Menschen getötet und 88 verletzt wurden.

Die Aktion wurde zunächst Anarchisten in die Schuhe geschoben. Als Giuseppe Pinelli[12], einer der verhafteten Anarchisten, bei einem Sturz aus dem 3. Stock des Mailänder Polizeipräsidiums starb und offiziell behauptet wurde, es sei ein Selbstmord und ein Schuldbekenntnis gewesen, wuchs die Empörung in großen Teilen der italienischen Öffentlichkeit. Der Film zeigt, wie in Italien der Schock nach dem Terroranschlag und der Repression der Wut und Empörung wich. Der Film „12. Dezember“ galt seit Jahren als verschollen. Nun hat der Laika-Verlag die einzige Kopie des Filmes gefunden, die 1972 auf der Berlinale gezeigt wurde. Einen Verleih hatte der Film nie gefunden[13]. Niemand konnte ahnen, dass er nun durch die Ereignisse in Italien nicht nur von dokumentarischem Wert ist.

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43722/1.html

Peter Nowak

Anhang

Links

[1]

http://www.internazionale.it/notizie/2014/12/22/sette-cose-da-sapere-sull-inchiesta-sul-gruppo-neofascista-avanguardia-

[2]

http://www.sueddeutsche.de/politik/rom-versunken-im-mafia-sumpf-1.225725

[3]

http://espresso.repubblica.it/attualita/2014/12/23/news/gianni-letta-e-la-rete-di-massimo-carminati-1.193106

[4]

http://www.repubblica.it/2007/04/sezioni/cronaca/strage-bologna-ciavardini/strage-bologna-ciavardini/strage-bologna-ciavardini.html

[5]

http://duepuntozero.alemanno.it/

[6]

http://www.casapounditalia.org/

[7]

http://www.unrast-verlag.de/gesamtprogramm/allgemeines-programm/antifaschismus/casa-pound-italia-detail

[8]

http://roma.repubblica.it/cronaca/2014/11/28/news/roma_casapound_davanti_ad_alcuni_licei_stop_alle_violenze_dei_rom-101649932/).

[9]

http://www.leganord.org/

[10]

http://www.laika-verlag.de/bibliothek/verdeckter-b%C3%BCrgerkrieg-und-klassenkampf-italien-band-i

[11]

http://www.laika-verlag.de/termine/pier-paolo-pasolini-retrospektive-im-metropolis-kino/

[12]

http://www.uonna.it/caduta.htm

[13]

http://www.deutschlandradiokultur.de/riskantes-projekt-verschollene-filmkopie.1013.de.html?dram:article_id=287475

Aufstand der Anständigen – oder vom Eiertanz um Pegida

Viel Verständnis für Pegida

Die mediale Aufmerksamkeit für die sich medienkritisch gebende Bewegung hat ihr erst einmal weiteren Zulauf gebracht

Die Organisatoren der Dresdner Pegida-Demonstrationen[1] geben sich kämpferisch. Mit 15.000 Teilnehmern auf der Dresdner Demonstration am gestrigen Montag sind sie gegenüber dem vorigen Montag noch einmal um ein Drittel gewachsen. Die Gegendemonstration[2] von zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Gruppen, aber auch von politischen Parteien ist mit knapp 6.000 Teilnehmern gegenüber der Vorwoche geschrumpft.

Die Parolen und Transparentparolen haben sich auf beiden Seiten in den letzten Wochen nicht verändert. Während die Gegendemonstrationen Flüchtlinge willkommen hießen und für ein weltoffenes Dresden eintraten, wurde auf der Pegida-Demonstration wieder vor einer vermeintlichen Überfremdung und Islamisierung gewarnt. Rufe gegen die „Lügenpresse“ waren auch wieder zu hören. Dabei hat die mediale Aufmerksamkeit, die Pegida in den letzten Tagen bekommen hat, der Bewegung doch erst einmal weiter Zulauf gebracht.

Schande oder Spiegelbild Deutschlands?

Dabei stimmt es keineswegs, dass ein Großteil der Medien die Demonstranten ablehnt. Vielmehr wurde von Bild bis FAZ zunächst einmal betont, dass man die Demonstranten ernst nehmen müsse und nicht vorschnell in die rechte Ecke stellen dürfe.

Solche Töne kamen auch von den Politikern. So griff[3] CSU-Generalsekretär Scheuer den sozialdemokratischen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Maas, scharf an, weil er Pegida als „Schande für Deutschland“ bezeichnet hat. Das ist tatsächlich eine kritikwürdige Formulierung, weil hier ein anständiges Deutschland imaginiert wird. Dabei gehören die Pegida-Demonstrationen zu Deutschland und bringen nur auf die Straße, was seit Jahren in rechtspopulistischen Internetforen zu lesen ist. Insoweit ist Pegida ein Spiegelbild Deutschlands und wer sich im Kampf dagegen als besserer Patriot ausgibt, hat schon verloren.

Wie Pegida den innenpolitischen Diskurs nach rechts verschiebt, zeigte sich am Montag in der Sendung des Deutschlandfunks Kontrovers. Schon die Fragestellung „Wie viel Islam verträgt Deutschland?“[4] ist so formuliert, dass sich die Demonstranten bestätigt fühlen können. Sie hätte ja genauso gut: „Wie viel Pegida verträgt Deutschland?“ oder kontrovers „Wie viel Pegida und Islam verträgt Deutschland?“ lauten können.

Das große Verständnis für das Anliegen der sich als besorgt gerierenden Bürger schlug sich bei der Auswahl der Studiogäste nieder. Alexander Gauland von der AfD übte sich in kritischer Solidarität mit Pegida, kündigte an, dass er in Dresden mit Parteifreunden einen Kennenlernbesuch absolvieren werde. Mit Norbert Geis war ein konservativer Christsozialer als weiterer Studiogast aus München zugeschaltet, der natürlich ebenfalls für die Sorgen und Nöte der Pegida-Demonstranten viel Verständnis hatte, sich aber von deren rechten Rand distanzierte.

Mit Antje Hermenau war eine Grüne ebenfalls im Studio vertreten. Bis auf einige ungeschickte Angriffe gegen die AfD, der sie vorwarf, die Krawallmacher der Pegida gewinnen zu wollen, was natürlich Gauland gut parieren konnte, weil er natürlich die Mehrheit der Pegidateilnehmer erreichen will, blieb auch Hermenau schwach. Eine wirkliche fundamentale Kritik an der Pegida-Demonstration fand bei ihr nicht statt. So fehlte bei der Sendung eine wirkliche Gegenposition zur Pegida-Position, ein Flüchtling oder ein Mitglied einer zivilgesellschaftlichen Organisation wäre wohl zu kontrovers gewesen.

Viel Verständnis für Pegida – wenig Empathie mit Opfern des Rassismus

So wurde auch kein einziges Mal erwähnt, dass in Dresden, der Heimat der Pegida-Bewegung, von Opfern des Islamismus nichts bekannt ist. Dafür wurde in Dresden Marwa al Schirbini[5] von dem Mann im Gerichtssaal erstochen, den sie angeklagt hatte, weil er sie wegen ihres Kopftuches als rassistisch beschimpfte (Der Hass auf Muslims hat sich in Deutschland wie eine Epidemie breitgemacht[6]). Ein Gedenkzeichen für die Getötete war schon nach kurzer Zeit von Unbekannten zerstört[7] worden.

Der Antrag, eine Straße nach der Ermordeten zu benennen führte zu einem peinlichen Gezerre[8]. Würde man bei einer Pegida-Demonstration eine Umfrage zu dieser Frage machen, dürfte die Ablehnung einer solchen Forderung groß sein.

Die Frage, ob die Demonstrationen auch zu einem politischen Klima führen, in dem einige sich berufen fühlen, Flüchtlingsheime wie im Nürnberger Land (Ermutigen die Pegida-Aufmärsche auch militante Rechte?[9]) oder Zelte eines Flüchtlingscamps wie in Hannover[10] anzuzünden, wurde während der Sendung nicht gestellt. Damit war sie auch ein Spiegelbild der aktuellen Diskurse in den Medien und Politik (Kollateralschaden in der Gesellschaft[11]).

Mögen einige Organisatoren auch kritisiert werden, so wird doch viel über die Sorgen der an den Demonstrationen teilnehmenden Bürger geredet. Die Frage, ob es dabei nicht oft einfach Rassismus ist, wird kaum gestellt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass von den Opfern rassistischer Gewalt in Deutschland auch keine Rede ist. Nur wenige[12] fragen sich, wie die Angehörigen von Marwa al Schirbini, wenn sie noch in Dresden wohnen, diese Demonstrationen empfinden und warum drei Jahre nach Selbstaufdeckung des NSU der Eindruck erweck wird, als hätte eine islamistische Zelle über ein Jahrzehnt deutsche Patrioten ermordet.

Mit dieser Diskursverschiebung hat Pegida tatsächlich einen großen Erfolg erzielt und deutlich gemacht, dass sie eben auch ein Spiegelbild Deutschlands ist. Es denken viel mehr Menschen auch in den etablierten Parteien ähnlich, deshalb haben sie so viel Empathie mit den besorgten Bürgern. Sie befürchten nur, dass die sich von Rechten instrumentalisieren lassen, nicht dass sie mehrheitlich selber rechts sind.

Dabei spielen die Rechten nur die Rolle, als Lautsprecher, Organisatoren und Verstärker dieses rechten Bürgerwillens aufzutreten. Besonders deutlich wird das in NRW, wo es am vergangenen Montag auch eine Bogida-Demonstration gab, eine Pegida-Ausgabe für Bonn. Dort standen ca. 300 Teilnehmern mehr als 1.000 Gegendemonstranten gegenüber, die dafür sorgten[13], dass es bei einer Kundgebung blieb und der angekündigte Spaziergang nicht stattfinden konnte.

Angemeldet wurde die Bogida-Demonstration von der langjährig in rechten Kreisen aktiven Journalistin Melanie Dittmer[14], die mittlerweile bei der rechtspopulistischen Pro Deutschland-Bewegung, die auch für die Demo in Bonn warb[15] aktiv ist. Da könnte es bald zu innerrechten Reibereien kommen.

Schon wird von echten und unechten Pegida-Aktivitäten sowie von Trittbrettfahrern[16] gesprochen. Mit dem allgemein formulierten Pegida-Positionspapier[17] soll wohl ein Minimalkonsens erzielt und innerrechter Zwist minimiert werden. Viele der Forderungen sind so auslegbar, dass sie eben im gesamten Spektrum rechts von der Union akzeptiert und unterschiedlich interpretiert werden können.

Montagsdemos von Rechts

Die Situation von Pegida erinnert an den Spätsommer 2004, als es ebenfalls von Ostdeutschland ausgehend in vielen Städten Montagsdemonstrationen gegen die Einführung von Hartz IV gab. Sie entwickelten in den ersten Wochen eine große Dynamik. Bald gab es in Westdeutschland Versuche, ebenfalls solche Demonstrationen zu initiieren, die aber nie an die Teilnehmerzahl im Osten herankamen. Die Organisatoren in Westdeutschland kamen allerdings aus dem gewerkschaftlichen und linksreformerischen Spektrum. Die Versuche von rechten Gruppen, die Anti-Hartz-Proteste in nationalistische Bahnen zu lenken, scheiterten damals.

Es ist wahrscheinlich, dass wie alle spontanen Bewegungen auch die Pegida-Demonstrationen an Dynamik verlieren werden. Bei den Montagsdemonstrationen gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Marzahn war die Teilnehmerzahl gestern gegenüber den vorigen Wochen wesentlich geringer[18]. Das dürfte auch in Dresden passieren. Doch die gesellschaftliche Stimmung, die Pegida und ähnliche Demonstrationen hervorgebracht haben, ist damit nicht verschwunden. Parteien wie die AfD und andere Gruppierungen wollen sich hier schon mal ihre Wähler sichern.

Anhang

Links

[1]

http://pegida.de

[2]

http://www.dresden-nazifrei.com/

[3]

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-12/pegida-csu-kritik-heiko-maas

[4]

http://www.deutschlandfunk.de/pegida-wieviel-islam-vertraegt-deutschland.1784.de.html?dram:article_id=306030

[5]

http://de-de.facebook.com/LAKAntifaAntira/posts/377942252307655

[6]

http://www.heise.de/tp/artikel/31/31419/

[7]

https://de-de.facebook.com/LAKAntifaAntira/posts/377942252307655

[8]

http://www.dnn-online.de/dresden/web/regional/politik/detail/-/specific/Eklat-im-Stadtrat-um-Strassenumbenennung-im-Gedenken-an-Marwa-El-Sherbini-544584681

[9]

http://www.heise.de/tp/news/Ermutigen-die-Pegida-Aufmaersche-auch-militante-Rechte-2489217.html

[10]

http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/12/12/brand-im-fluechtlingscamp-in-hannover_17995

[11]

http://www.heise.de/tp/artikel/30/30722/

[12]

http://www.dresden-nazifrei.com/index.php/home/58-news/aktuelle-nachrichten/666-zur-frage-des-dialogs-mit-pegida

[13]

http://www1.wdr.de/themen/politik/pegida-bonn100.html

[14]

http://nrwrex.wordpress.com/2014/12/11/lesetipp-melanie-dittmer-eine-extrem-rechte-aktivistin-unter-der-lupe/

[15]

http://pro-nrw.net/pro/auf-nach-bonn/

[16]

http://pegida.de/category/nrw/

[17]

http://pegida.de/2014/12/positionspapier-der-pegida/

[18]

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/proteste-fuer-und-gegen-fluechtlingsunterkunft-in-berlin-1500-menschen-blockieren-demo-in-marzahn,10809148,29341814.html

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43647/1.html

Peter Nowak

Rechte „Winterhilfe“

Knapp 800 Teilnehmer haben sich am Abend des 8. Dezember an der sechsten  „Montagsdemonstration“ gegen Flüchtlingsunterkünfte in Berlin-Marzahn beteiligt.

Wie in den vergangenen Wochen nahmen daran  zahlreiche Mitglieder der NPD, einschließlich des Berliner Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke, teil. Die Parolen und Plakate haben sich kaum geändert. „Nein zum Heim“ und „Wir sind das Volk“  wurde immer wieder skandiert.  Auch ein Transparent mit dem Motto „Tag der Meinungsfreiheit“ war schon bei der letzten „Montagsdemonstration“ getragen worden. Damit wollen sich Organisatoren nach der zunehmenden Kritik von zivilgesellschaftlichen Organisationen als Opfer eines linken Zeitgeistes gerieren.

Erstmals auf der Marzahner „Montagsdemonstration“ wurde am 8. Dezember eine Sammlung für Obdachlose durchgeführt. Unter dem Titel „Obdachlosen-Winterhilfe“ wurde zur Abgabe von Kleidungsstücken aller Art beim Lautsprecherwagen aufgerufen.  In der zweiten Dezemberhälfte sollen die  Spenden an Hilfsbedürftige verteilt werden. In dem Aufruf  heißt es: „Zeigen wir diesen Presseschmierern, was wir doch für ‘böse Rassisten‘ sind,  die den Schwächsten und Ärmsten freiwillig unter die Arme greifen.“ Mit der Spendenaktion sollen einkommensschwache Menschen gegen Geflüchtete ausgespielt werden. Auch in mehreren Redebeiträgen wurde beklagt, dass die Mittel für Sozialeinrichtungen im Bezirk gekürzt werden, während Geld für Flüchtlingsunterkünfte ausgegeben wird.

Klage gegen geplante Wohncontaineranlage

Nicht nur am Montagabend  mischt die NPD beim Widerstand gegen Flüchtlingsunterkünfte mit. So gehen führende NPD-Funktionäre juristisch gegen Flüchtlingsunterkünfte in verschiedenen Berliner Stadtteilen vor. So klagen der NPD-Bezirksverordnete in Treptow-Köpenick Fritz Liebenow und der NPD-Europaparlamentarier Udo Voigt  gegen eine geplante Wohncontaineranlage in dem Stadtteil. Damit solle verhindert werden, dass „die Lebensqualität der Deutschen weiter gemindert“ werde,   heißt es in rassistischer Diktion in einer Erklärung der NPD.

Auch bei der rechten Konkurrenz  von der „Bürgerbewegung pro Deutschland“ versucht man, sich als Gegner der Flüchtlingsunterkünfte politisch in Szene zu setzen. Unter dem leicht abgewandelten offiziellen Logo des Stadtteils Berlin-Marzahn wurde am 29. November zu einer Bürgeranhörung in der Nähe des geplanten Containerdorfs eingeladen. Dort ließ sich der „pro Deutschland“-Vorsitzende Manfred Rouhs über angeblichen Asylmissbrauch  aus, wetterte gegen die „Altparteien“ und pries die „Pro-Bewegung“ als Alternative an.

aus: Blick nach Rechts

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechte-winterhilfe

Peter Nowak

Minister dürfen nicht gegen NPD mobilisieren