Alleinige, halbe oder gar keine Schuld?

In einem Band setzen sich Historiker mit dem Anteil Deutschlands am Ersten Weltkrieg auseinander

Warum noch ein Sammelband zum Ersten Weltkrieg, nachdem zum 100. Jahrestag eine Fülle von Publikationen erschienen ist? Diese Frage beantworten die Historiker Axel Weipert, Salvador Oberhaus, Detlef Nakath und Bernd Hüttner mit ihrem, dem Jubiläum zwar nachhinkenden, aber wichtigem Buch. Es behandelt drei Themen, die bisher in der Debatte eher ein stiefmütterliches Dasein fristeten. Einbezogen sind hier zudem Autoren aus verschiedenen europäischen Ländern.

Der erste Teil des Bandes widmet sich der geschichtspolitischen Deutung des Ersten Weltkriegs. Bereits 2013 bemühten sich der britisch-australische Historiker Christopher Clark und der Berliner Politwissenschaftler Herfried Münkler, das Deutsche Reich von seiner besonderen Verantwortung für den Ausbruch des Weltkriegs freizusprechen. Besonders Münkler polemisierte heftig gegen den Historiker Fritz Fischer, der im wilhelminischen Deutschland den Hauptkriegstreiber gesehen hatte. Die These von der Alleinschuld Deutschlands wird im Band kontrovers diskutiert. Der in Hagen lehrende Geschichtswissenschaftler Wolfgang Kruse stellt die Debatte in einen aktuell-politischen Kontext: Wenn Deutschland angeblich an beiden Weltkriegen nicht Schuld gewesen sei, könne es heute »als eigentlich ganz normale Nation auch mit gutem Gewissen seine prosperierende Stellung in Deutschland und Europa genießen«.

Der Potsdamer Historiker Jürgen Angelow hingegen verteidigt Münkler und Clark. »Jede Innovation in die Forschung, jede Neubewertung der Darstellung, die mit einer Neubewertung der Forschung einhergeht, wird umstritten sein und auf den Widerstand älterer Auffassungen stoßen.« Gegen die besondere Verantwortung des Deutschen Reiches für den Kriegsausbruch argumentiert er mit Liebknecht, Luxemburg und Lenin, die davon ausgingen, dass sämtliche großen europäischen Staaten für die politische Situation verantwortlich waren, die in den Weltkrieg führte. Der Historiker schließlich sieht im Versuch, Deutschland von der Verantwortung für den Ersten Weltkrieg reinzuwaschen, »Argumentationshilfen für militärische Interventionen im Ausland«.

Im zweiten Teil des Buches setzen sich sieben Autorinnen und Autoren mit der Frage auseinander, welchen Anteil die durch den Ersten Weltkrieg ausgelöste Brutalisierung bei der Etablierung von Faschismus und Nationalsozialismus hatte. So bezeichnete der marxistische britische Historiker Eric Hobsbawn den Ersten Weltkrieg als »Maschine zur Brutalisierung der Welt«. Diese Formulierung wurde zum Buchtitel. Der spanische Historiker und Kulturwissenschaftler Angel Alcalde zeichnet die Debatte um die These des US-Historikers und Faschismusforschers George L. Mosses nach, der eine enge Verbindung zwischen dem Ersten Weltkrieg und dem Aufstieg der europäischen Rechten sah.

Im dritten Teil des Buches befassen sich elf Autoren mit dem Einfluss des Weltkriegs auf die Arbeiterbewegung und die politische Linke. Milos Bakovic Jadzic skizziert die Geschichte der serbischen Sozialdemokratie , die nicht wie die anderer Länder eine »Burgfriedenspolitik« betrieb. Ein weiteres Kapitel widmet sich den wenig erforschten Antikriegsprotesten slowenisch-sprachiger Frauen in Österreich-Ungarn; diese hielten über die gesamten Kriegsjahre an. Axel Weipert beklagt, dass die Aktivitäten der Rätebewegung in Deutschland und Österreich-Ungarn, die entscheidenden Anteil am Sturz der Monarchie hatten, in der Geschichtsschreibung lange Zeit kaum erwähnt wurden. Der Politwissenschaftler Malte Meyer schließlich untersucht die »Verpreußung« der Arbeiterbewegung in Deutschland. Damit rekurriert er auf einen Begriff, den der Sozialist 1937 im französischen Exil prägte. Die Verbreitung militaristischer Ideologie in den Kreisen von Kleinbürgertum und der Arbeiterschaft ist auch bereits von Linken wie Rosa Luxemburg als Sozialmilitarismus heftig kritisiert worden. Meyer zählt allerdings auch Organisationen wie den KPD-nahen Rotfrontkämpferbund zu den Männerbünden mit militaristischer Attitüde.

Axel Weipert/Salvador Oberhaus/ Detlef Nakath/Bernd Hüttner (Hg.): Maschine zur Brutalisierung der Welt. Der Erste Weltkrieg – Deutungen und Haltungen 1914 bis heute. Dampfboot Verlag, 363 S., br., 35 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1058025.alleinige-halbe-oder-gar-keine-schuld.html

Peter Nowak

Wie antisemitisch ist die ungarische Regierung?

Wer zu den Angriffen auf Soros schweigt, schadet dem Kampf gegen jeden Antisemitismus


„Ungarn hat ein Verbrechen begangen, als es, anstatt die jüdische Gemeinschaft zu verteidigen, mit den Nazis kollaboriert hat“,

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Von aufflammenden Aufständen und Kapitalakkumulation

Nach den Hamburger Krawallen beginnt die Suche nach soziologischen Erklärungen. Joshua Clover hat mit seinem Buch eine Vorlage geliefert

»Krawalle in Hamburg. Wenn ein Mob eine Stadt verwüstet«, lautete die martialische Überschrift eines FAZ-Kommentars über die militanten Aktionen am Rande des G20-Gipfels. In mehreren Kommentaren wurde auch der LINKEN-Politiker Jan van Aken in Mitverantwortung für die Auseinandersetzungen genommen. Dabei hat sich der Anmelder der völlig gewaltfrei zu Ende gegangenen Großdemonstration zum Gipfelabschluss von den militanten Aktionen distanziert. Hätte der FAZ-Redakteur ins eigene Archiv geguckt, hätte er ganz andere Textstellen finden können.

»Die zunehmenden Vermögensunterschiede, die ungerechte Lastenverteilung nach der Finanzkrise, die Undurchlässigkeit der sozialen Schichten, die abnehmende Bedeutung der europäischen Nationalstaaten bei unverändertem Pomp sowie die Ödnis und Beliebigkeit der politischen Angebote – all das ermutigt linke, studentische Milieus überall, nach einem ganz anderen Notausgang aus der Matrix zu suchen. Dazu wollen sie, wie beim Judo, die Wucht des Systems gegen dieses selbst wenden: Das empfindliche und teure Zusammenspiel einer Just-in-time-Produktion endet schnell im Chaos, wenn mal unverhofft der Strom ausfällt«, schreibt der FAZ-Feuilleton-Redakteur Nils Minkmar im November 2010 in seiner Rezension eines der Grundlagentexte der aktuellen militanten Strömungen.

»Der Kommende Aufstand« lautet der Titel der vielbesprochenen Schrift, die von einem »Unsichtbaren Komitee« herausgegeben wurde. Minkmar bringt den Inhalt so auf den Punkt: »Autos brennen, Züge entgleisen, der Strom fällt aus: Überall wachsen die Lust auf Subversion und die Bereitschaft zur Sabotage. Wofür und wogegen kämpfen die neuen Linksradikalen? Das Buch ›Der kommende Aufstand‹ sucht Antworten.«

Die Lektüre dieser Schrift wäre auch manchen Vertretern von LINKEN, Grünen und Mitgliedern der Nichtregierungsorganisationen zu empfehlen, die sich nach den Riots von Hamburg beklagten, die militanten Aktionen würden ihren Reformkonzepten schaden. Denn »Im kommenden Aufstand« werden der kapitalistische Normalzustand und die systemimmanenten Reformkonzepte gleichermaßen abgelehnt. Militanz soll nach den Vorstellungen der insurrektionalistischen Strömung der Anarchisten, die auf das Aufstandskonzept setzt, nicht auf ein Problem hinweisen, sie stellt auch keine Forderungen an die Politik. Sie steht für sich. Deswegen werden bei den Riots auch keine Forderungen gestellt und keine Erklärungen verbreitet. Wohlgemerkt, es ist ein kleiner, aber wachsender Teil der anarchistischen Bewegung in verschiedenen europäischen Ländern.

Beim militanten Flügel der Anti-AKW-Bewegung in den 1980er Jahren war das noch anders. So wollten beispielsweise Anti-AKW-AktivistInnen mit ihren Aktionen ganz konkret die Stilllegung der Meiler beschleunigen. Die militanten AKW-Gegner wurden von der autonome Publikation Wildcat damals polemisch als »bewaffneter Arm der Grünen« bezeichnet. Später wollten Autonome mit militanten Aktionen den Preis für Häuserräumungen in die Höhe treiben oder die Rodung von Bäumen wie im Hambacher Forst verhindern. Die Praxis der Insurrektionalisten ist also auch eine Zäsur innerhalb der heterogenen autonomen Bewegung. Doch sie hat Vorläufer in der Geschichte. So begann in Frankreich nach der Zerschlagung der Pariser Kommune eine Serie von Attentaten auf Politiker, Unternehmer, aber auch auf Cafés und Restaurants, in denen sich das wohlhabende Bürgertum traf.

Der linke US-Theoretiker Joshua Clover prognostizierte in seinem im letzten Jahr erschienenen Buch eine Zeit der immer stärker aufflammenden Riots. Wobei der Riot bei Clover nicht allein gleichzusetzen ist mit der gezielten Produktion von Sachschaden oder der Kabbelei mit der Polizei. »Er umfasst eine ganze Reihe von Aktivitäten wie Sabotage, Unterbrechungen, Diebstahl, Störungen und Haus- und Platzbesetzungen«, so ist in der Übersetzung des Bloggers Achim Szepanski zu lesen.

Clover leitet eine Verbindung zwischen dem Wiedererstarken der insurrektionalistischen Strömung und dem Ende der fordistischen Arbeitsgesellschaft in den 70er Jahren her. Das Ende dieser spezifischen Produktionsbedingungen war gekennzeichnet durch regionale Deindustrialisierung und eine wachsende Bedeutung von »Kapitalbewegungen in der Zirkulation«, womit er die Ausdehnung des Dienstleistungs- und Verwaltungssektors beschreibt. In diesem Kontext versucht Clover die historischen Relationen zwischen Streiks und der Produktion auf der einen Seite und der Anbindung der riots an die Zirkulation andererseits enger zu ziehen.

»Der Streik ist eine kollektive Aktion, die sich um den Preis der Arbeitskraft und bessere Arbeitsbedingungen dreht, während der Aufstand den Kampf um die Preise und die Erhältlichkeit von Marktgütern inkludiert«, so fasst der Blogger und Übersetzer Achim Szepanski die von Clover in dem Buch vertretenen Thesen zusammen. Bisher suchte Sczepanski vergeblich nach einem deutschen Verlag für das Buch. Vielleicht wächst das Interesse nach den Riots von Hamburg.

non.copyriot.com/

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1057830.von-aufflammenden-aufstaenden-und-kapitalakkumulation.html

Joshua Clover: Riot. Strike. Riot: The New Era of Uprisings, 2016, Verso Books

Peter Nowak

Die Tragödie der Freiheit


Der »telegraph« zeigt einen exemplarischen Umgang mit linken Kontroversen

War es eine spanische Revolution oder ein spanischer Bürgerkrieg? Allein die Bezeichnung spaltet auch noch 80 Jahre später die Linke. Einigkeit besteht nur über die schlichte Erkenntnis, dass die Ereignisse auf der iberischen Halbinsel zwischen 1936 und 1939 weltweite Auswirkungen hatten.

Wie wir alle wissen beteiligten sich Linke unterschiedlicher Couleur in Spanien am Kampf gegen die rechten Putschisten. Die vielen Freiwilligen wollten damit auch den Vormarsch der Nationalsozialisten und Faschisten auf dem Kontinent stoppen, die hinter den spanischen Putschisten standen und sie großzügig förderten.

Doch während Kommunisten und Teile der Sozialisten die bürgerliche Republik erhalten wollten, stritten Anarchisten und Teile der Sozialisten für die soziale Revolution. Die Differenzen wurden auch blutig ausgetragen und spalten die Linke bis heute.

Jetzt macht die Redaktion der Zeitung »telegraph« in einem Sonderheft auf knapp 200 Seiten deutlich, dass man nach 80 Jahren allen an den Kämpfen gegen den Franco-Faschismus Beteiligte würdigen kann, ohne beliebig zu werden. Schon der zwiespältige Titel »Tragödie der Freiheit – Revolution und Krieg in Spanien (1936-1939)« deutet auf die unterschiedlichen im Heft dargestellten Perspektiven der an der Auseinandersetzung beteiligten hin.

In einem Text wird auf die repressive Politik der Komintern gegen andere Linke eingegangen. So beschreibt Werner Abel ein »trauriges Kapitel« in der Geschichte der Komintern, die mit Schwarzen Listen Jagd auf linke Kritiker der stalinistischen Politik machte. Es werden Originaldokumente gezeigt.

Am Beispiel des Sozialdemokraten Robert Stemmann zeigt Abel, wie Linke, die nicht auf der Linie der Sowjetunion lagen, schikaniert wurden. Stemmann wurde kurz nach dem Eintreffen in Spanien verhaftet. Es wird dokumentiert, wie er vergeblich seine Freilassung forderte und wenigstens wissen wollte, was gegen ihn vorlag. Mit Erich Mielke, der unter dem Pseudonym Fritz Leissner an der Verfolgung von kritischen Linken in Spanien beteiligt war, wird einer der Männer aus dem Komintern-Apparat vorgestellt.

Doch auch mit der anarchistischen Seite gehen die Autoren des Sonderbandes kritisch ins Gericht. So werden inneranarchistische Stimmen zitiert, die von einem Bankrott der eigenen Politik sprachen. Vorgeworfen wurde ihnen, dass sie in der kurzen Zeit ihrer Regierungsbeteiligung, viele ihrer ursprünglichen Grundsätze über Bord geworfen hätten. Mit einem Kapitel über die Beteiligung von Jüdinnen und Juden am Kampf gegen den Faschismus auf spanischen Boden wird auch ein bisher in der Forschung wenig beachtetes Thema angesprochen.

Die von linken DDR-Oppositionellen gegründete Zeitschrift »telegraph« macht mit diesem Heft exemplarisch deutlich, wie ein Umgang mit linken Geschichtskontroversen auch aussehen kann. Es werden klare Positionen bezogen, ohne den am Kampf Beteiligten abzusprechen, dass sie subjektiv Teil des weltweiten Kampfes gegen Faschismus waren.


telegraph, Sondernummer 2017: Tragödie der Freiheit. Revolution und Krieg in Spanien (1936-1939). Fragmente. 199 S., 12 Euro

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1057067.die-tragoedie-der-freiheit.html

Peter Nowak

Dazu ein Leserbrief in ND auf Freitag-Online:

https://www.freitag.de/autoren/peter-nowak/tragoedie-der-spaltung#1500476331310850

Dr. Werner Abel hat sich dazu jüngst geäußert. Er ist, wie auch ich Mitglied im Verein Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936 – 1939″ (KFSR).

Da unser gemeinsamer Leserbrief an das nd, dessen Autor so wie Sie, auch von der von Ihnen bemühten Legende um Mileke ausgeht, gestetten Sie mir, dass ich den Leserbrief hier als unsere Meinungsäußerung ausnahmsweise veröffentliche: Kein »Apparatemann«

Zu »Die Tragödie der Freiheit«, 12.7., S.18

Im Beitrag heißt es: »Mit Erich Mielke, der unter dem Pseudonym Fritz Leissner an der Verfolgung von kritischen Linken in Spanien beteiligt war, wird einer der Männer aus dem Komintern-Apparat vorgestellt.«

Mielke war kein Mann aus dem Komintern-Apparat und hatte weder die Funktion noch die Möglichkeit, sich an der Verfolgung Andersdenkender zu beteiligen. Ein »Apparatemann« der Komintern war Erich Mielke nicht, wenn er auch über die Komintern nach Spanien geschickt wurde. Aber das wurden Hunderte Emigranten, die in der Sowjetunion gelebt hatten, auch. Der größte Teil derer, die sich auf der »Liste der Mexikaner« befinden – »Mexiko« war die Tarnbezeichnung für die Sowjetunion, also wurden die, die von dort kamen, als »Mexikaner« bezeichnet – hatte weder mit Geheim- noch mit Nachrichtendiensten etwas zu tun. Überdies: Wäre Mielke ein Mann sowjetischer Dienste gewesen, dann hätte man ihn nach dem Spanienkrieg in die Sowjetunion geholt. So aber landete er in einem französischen Internierungslager, das er nur durch von Alfred Krumme (»Fritz Schiller«) gefälschte Papiere verlassen konnte.

Alle die immer wieder auftauchenden Vorwürfe, er habe an der Verfolgung und Ermordung von Interbrigadisten, kritischen Kommunisten und Andersdenkenden teilgenommen, lassen sich nach der Öffnung der Akten nicht aufrechterhalten. In den Akten der Internationalen Brigaden, die nahezu vollständig überliefert sind, gibt es nicht ein Blatt, das von irgendeiner repressiven Maßnahme berichtet, an der Mielke beteiligt gewesen wäre. Mielke gehörte keinem Geheimdienst und keiner Geheimpolizei in Spanien an. Selbst der in Spanien wirkenden geheimen KPD-Abwehr gehörte er nicht an. Für die ihm vorgeworfenen Verbrechen hat er weder die Funktion noch die Möglichkeiten gehabt. Mielke war auf Grund seiner Dienststellung und seiner militärischen Funktionen überhaupt nicht in der Lage, an irgendeiner »Säuberung« oder einer Erschießung teilzunehmen.

Soweit das die Akten belegen, kann wohl definitiv festgestellt werden, dass im Spanischen Krieg 1936 bis 1939 von den deutschen Interbrigadisten zwei standrechtlich erschossen worden sind: Einer, weil er einen Befehl nicht ausgeführt und damit Kameraden in Gefahr gebracht hatte. Ein anderer, weil er dagegen opponierte, dass das durch den Kriegsminister Prieto erlassene Verbot parteipolitischer Betätigung vor allem durch die KPD-Organisation in den Brigaden unterlaufen wurde. In der Endkonsequenz lief das, folgt man der Urteilsbegründung, auf Untergrabung der Kampfmoral hinaus. Damit aber hatte Mielke absolut nichts zu tun, er gehörte weder dem Servicio de Control, noch dem SIM (Servicio de Investigación Militar) der Internationalen Brigaden, noch der Juristischen Kommission der Brigaden an.

Er war Operationsoffizier im Stab verschiedener Brigaden und der 27. Division, die längste Zeit aber Verantwortlicher für die Ausbildungslager der Internationalen Brigaden rings um Albacete, wo sich die Base der Brigaden befand. In Albacete war Mielke Adjutant des Chefs der Ausbildung, also mehr mit operativen Aufgaben beschäftigt, nicht aber mit Verhören. Da er für die Belegung der Ausbildungslager verantwortlich war, wird er sich schon die Personallisten intensiver angeschaut und den einen oder anderen auch befragt haben. Mit Geheimdiensttätigkeit hatte das nichts zu tun. Für diese gibt es keine Belege. Dass er bestimmte Leute, die ihn über den Weg liefen, wie Walter Janka, kritisch befragte, ist möglich, war aber nicht seine Aufgabe gewesen.

Ausführlich wird auf diese Thematik auch eingegangen im Beitrag Werner Abels »Der Tod Hans Beimlers und die Reaktionen der KPD-Abwehr in Spanien« (www.kfsr.info)

Dr. Werner Abel, Oberschöna

Streitschrift wider den Reformmythos

Rainer Balcerowiak: Die Heuchelei von der Reform. Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt.

Nach der Präsidentenwahl in Frankreich wurde der wirtschaftsliberale Emmanuel Macron von deutschen Medien und Wirtschaftsverbänden aufgefordert, möglichst schnell mit den Reformen zu beginnen. Auch wirtschaftsfreundliche Zeitungen in Frankreich drückten bereits im Vorfeld der Wahl die Hoffnung aus, Macron möge die große Wirtschaftsreform nach dem Vorbild der Agenda 2010 gelingen. «Reform wurde zum Kampfbegriff neoliberaler Ideologen, die darunter vor allem die Privatisierung und partielle Zerschlagung sozialer Sicherungssysteme, die Vermögensumverteilung nach oben und die weitgehende Befreiung der kapitalistischen Wirtschaft von regulatorischen Fesseln des Staates verstanden», schreibt der Journalist Rainer Balcerowiak in seinem kürzlich in der Edition Berolina verlegten Buch, in dem er sich dem Reformbegriff historisch, soziologisch und realpolitisch nähert.

Seine zentrale These, spätestens seit dem Ende der 1970er Jahre habe der Begriff «Reform» seine Bedeutung gewechselt, stimmt zumindest für die Geschichte der BRD. Noch in den frühen 70er Jahren wurde mit dem Begriff Reform eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Lohnabhängigen verbunden. Ein zentrales Projekt der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt war z.B. die Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung.

Auch die Reform des §218 griff, wenn auch unvollständig, die Forderung der Frauenbewegung nach einer legalen Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs auf. Nach einer massiven Kampagne von Konservativen, Neonazis und den Kirchen blieb von dem ursprünglichen Entwurf allerdings nicht mehr viel übrig, weil das Bundesverfassungsgericht die Reformpläne für verfassungswidrig erklärte.

Balcerowiak zeigt, dass in der Regel Reformen, die das Leben der Mehrheit der Bevölkerung verbessern sollen, nur durchgesetzt werden können, wenn ein starker gesellschaftlicher Druck sie erzwingt. Ist der nicht oder nur schwach vorhanden, wird es keine Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung geben. Im Gegenteil, dann werden einst erkämpfte Rechte wieder kassiert, Arbeitszeiten verlängert, Löhne gekürzt.

In der Arbeiterbewegung war der Streit zwischen Anhängern eines reformistischen Wegs und den Verfechtern eines revolutionären Bruchs über ein Jahrhundert lang prägend. Balcerowiak geht auf diese wichtige Auseinandersetzung ein und fördert dabei erstaunlich aktuelle Zitate von Rosa Luxemburg über Regierungssozialisten und Gewerkschaften zutage, die sich wie Lobbyverbände des Kapitals gerieren.

Den aktuellen Regierungssozialisten, die glauben, sie seien an der Macht, wenn sie ein paar Regierungsämter besetzen, gibt er historischen Nachhilfeunterricht. Der LINKEN widmet er ein eigenes Kapitel, in dem er an verschiedenen Beispielen aus ihrer Regierungsarbeit in Berlin und Thüringen aufzeigt, wie schnell ihre Wahlversprechen Makulatur werden.

Gleich in mehreren Kapiteln entmythologisiert der Autor die Worthülse vom «Reformlager», das SPD, Grüne und LINKE umfassen soll. Kenntnisreich weist er nach, wie wenig Gemeinsamkeiten es im Detail zwischen diesen drei Parteien in der Sozial-, Wirtschafts- und Außenpolitik gibt.

In kurzen Kapiteln beschreibt Balcerowiak die realen Bremsen jeglicher Reform im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung. Da ist an vorderster Stelle die Schuldenbremse zu nennen, mit der sich alle Sozialreformer, die ihr zustimmten, selber Fesseln angelegt haben.

Zu den ideologischen Stichwortgebern, die ein gesellschaftliches Klima erzeugt haben, in dem nicht die Kinderarmut, sondern die Staatsschulden zum Wählerköder werden, zählt der Autor neben der Bertelsmann-Stiftung und dem Institut für Soziale Marktwirtschaft (INSM) auch den Bund der Steuerzahler.

Das leicht verständlich geschriebene Buch widerlegt manche wirtschaftsliberale Mythen und ist nicht nur in Wahlzeiten ein Stück politische Gegenöffentlichkeit im besten Sinne.

Rainer Balcerowiak: Die Heuchelei von der Reform. Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt. Berlin: Edition Berolina, 2017. 144 S., 9,99 Euro

aus: Sozialistische Zeitung

Rainer Balcerowiak: Die Heuchelei von der Reform. Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt.

Peter Nowak

Falsche Ängste? Matthias Martin Becker kritisiert den Digitalisierungsdiskurs

Die Angst geht um bei vielen Lohnabhängigen: Werden bald nicht mehr VorarbeiterInnen, sondern Algorithmen das Arbeitstempo bestimmen? Nehmen uns die Maschinen gar die Arbeit weg? Nicht mehr nur die Vorstellung von Fabriken ohne ArbeiterInnen findet sich in der Diskussion. Jetzt sollen

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»Kritisiert Israel …«

nicht die Existenz dieses Staates. Dieser Appell findet sich in einem neuen Band, in dem sich zwei linken Juden mit dem Antisemitismus auseinandersetzen.

»Mit Faschisten kann man nicht reden, die muss man schlagen.« Dieses Statement kommt nicht etwa von einem jungen autonomen Antifaaktivisten. Es ist der 1947 geborene Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, Wolfgang Seibert, der sich nicht nur in Worten so klar positioniert. Für den langjährigen Aktivisten, ist es selbstverständlich, bei Demonstrationen in den vorderen Reihen zu stehen. Und doch hatte sich Seibert mehrere Jahre ganz von der politischen Arbeit zurückgezogen. Der Grund: die Israelfeindlichkeit großer Teile der Linken in Deutschland, die für Seibert teils antisemitische Züge hatte.

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Automatisierung

Der Wissenschaftsjournalist Matthias Becker widmet sich in seinem Buch »Automatisierung und Ausbeutung« der Frage, was aus der Arbeit im digitalen Kapitalismus wird. Dabei macht er einen Exkurs in die Geschichte zum ersten Schachcomputer der Welt, der 1770 in Wien präsentiert wurde. Doch bedient wurde die vielbestaunte Apparatur von einem menschlichen Spieler, der sich im Innern des Kastens verbarg. Becker spricht von einer Hochstapelei, die sich durch die Geschichte der Erforschung künstlicher Intelligenz und der Robotik bis zur Gegenwart ziehe, und bringt dafür Beispiele bis in die Gegenwart. So wurde 2006 auf der Hannover-Messe ein Roboterarm vorgestellt, der ein Weizenbier einschenkt. Die Öffentlichkeit und auch viele Journalist_innen waren beeindruckt. »Wer genauer hinschaut, sieht, dass das Weizenbierglas durch eine Halterung in eine leicht schräge Lage gebracht wird. Die Steuerung führt die Bewegung des Roboterarms aus, ohne die Position des Glases zu berücksichtigen«. Nun geht es Becker keineswegs darum, wissenschaftliche Fortschritte zu bestreiten, die die Arbeitswelt umkrempeln. Doch betont er, dass die menschliche Arbeitskraft dadurch keineswegs überflüssig wird. Nicht die Algorithmen, sondern das Kapital bestimmt, in welche Richtung die Entwicklung geht. Dass Becker die Frage stellt, was denn so schlimm wäre, wenn uns Maschinen nervtötende Tätigkeiten abnehmen würden, hebt sein Buch positiv aus der Bücherflut zur Digitalisierung hervor.

Matthias Martin Becker : Automatisierung und Ausbeutung. Was wird aus der Arbeit im digitalen Kapitalismus? Promedia Verlag, Wien 2017. 240 Seiten, 19,90 EUR.

aus
ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 628 / 20.6.2017

https://www.akweb.de/ak_s/ak628/07.htm
Peter Nowak

„Es kommt darauf an, dass die Masse sich selbst begreifen lernt“.


Peter Haumer: Julius Dickmann, » … dass die Masse sich selbst begreifen lernt«. Politische Biographie und ausgewählte Schriften, Mandelbaum-Verlag Wien, 2016, 358 Seiten, 19,80 Euro

„Um mich mache Dir keine großen Sorgen, ich bin abgehärtet gegen Unannehmlichkeiten des Lebens (S.149)“, schreibt Julius Dickmann aus Wien auf einer Postkarte an seine Nichte Anne Fried in den USA. Es ist sein letztes Lebenszeichen. Kurze Zeit später wird er mit Tausenden jüdischen Männern von Wien in die NS-Vernichtungslager deportiert, wo er 1942 im Alter von 48 Jahren ermordet wurde.
“Doch Julius Dickmann hat viele Markierungen auf seinen Lebensweg hinterlassen, die – mühsam zu finden und zu rekonstruieren – es doch ermöglichen sollten, ihn der Vergessenheit ein klein wenig zu entreißen“, (S.13), schreibt de Wiener Historiker Peter Haumer. Er hat im Mandelbaum Verlag in der Reihe kritik & utopie ein Buch herausgegeben, das das Leben von Julius Dickmann rekonstruiert. Im ersten Kapitel fasst Haumer Dickmanns politische Vita so zusammen: “Er war Sozialdemokrat und die Sozialdemokratie schweren Herzens hinter sich lassen müssen…. Später war er revolutionärer Sozialist, Internationalist, gänzlich der Räteidee verpflichtet. Er wurde wieder besseren Wissens Parteikommunist, in der Erwartung, der Errichtung der Räteherrschaft dadurch um entscheidende Schritte näherzukommen. Als er die Fehlerhaftigkeit dieser Anschauung erkannte, wurde er zum dissidenten Marxisten“ (S. 12). Hierin liegt auch ein Grund, warum im Parteiarchiv der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) keine Spuren von Dickmann zu finden sind, was sein fast völliges Vergessen auch erklärbar macht. Ihm geht es wie vielen dissidenten Kommunistinnen und Kommunisten.
Haumer zeigt auf, wie der aus dem jüdischen Kleinbürgertum stammende Dickmann, der sich selber als Atheist verstand, durch die revolutionäre Welle der Jahre 1917/18 wie viele andere mit der revolutionären Arbeiterbewegung in Berührung kam. Seine Schriften aus der Zeit waren im politischen Handgemenge geschrieben und wollten unmittelbare politische Wirkung entfalten. So hieß in einer von Dickmann verfassten Flugschrift vom Neujahr 1919 „Wir kommen einigen! Auf den Trümmern Österreichs, dieses Kerkers der Nationen, in welchen die sozialdemokratische Internationale zuerst gesprengt wurde, an dem sich die Fackel des Weltkriegs entzündete und das nun zum ständigen Schauplatz blutiger nationaler Kriege zu werden droht, muss der neue Bund der Arbeiter aller Nationen zuerst eine greifbare Gestalt erhalten“ (S. 41). Haumer beschreibt, wie sich nach der Gründung der Kommunistischen Partei verschiedene linke Gruppen in politische Kämpfe verstrickten, was für Dickmann eine ernüchternde Erfahrung war, die ihm zunächst zum Kritiker in den eigenen Reihen und später zum kommunistischen Dissidenten machte. Bald standen Dickmann die Medien der kommunistischen Partei nicht mehr zur Verfügung. So veröffentlichte er unter dem Pseudonym Ernst Jung mehrere Beiträge, die sich kritisch mit der kommunistischen Bewegung auseinandersetzten, in der Freien Tribüne, dem Organ der jüdisch-zionistischen Arbeiterpartei Poale Zion. “Unter dem Titel „Zur Krise des Kommunismus in Deutschland“ befasste er sich mit den ersten Spaltungen der Kommunistischen Partei Deutschlands im Jahr 1920. Er verfolgt die Differenzen bis in die Zeit des ersten Weltkriegs zurück, als sich die Spartakusgruppe und die Gruppe Internationale Kommunisten, die beide in Opposition zur Burgfriedenspolitik der SPD-Führung standen, voneinander entfremdet hätten. Die Tage der Revolution schufen vorübergehend eine neue Einigkeit. Doch die Differenzen waren auch beim Gründungsparteitag der KPD nicht überwunden. „Aber mit dem Niedergang der Novemberrevolution zeigte es sich sehr bald, wie schwach noch die Grundlagen der kommunistischen Einheit waren“ (S.254), so die präzise Analyse Dickmanns, die durch zahlreiche weitere Spaltungen in der Frühphase der KPD bestätigt wurde. Sehr klar erkannte er auch: „Die Einheit des deutschen Kommunismus kann nur durch aus der praktischen Bewegung des Proletariats hervorgehen“ (S. 260). Eine Erkenntnis die auf die weltweite kommunistische Bewegung gelten kann.
Dabei wandte sich Dickmann gegen den linken Flügel der KPD, die sich für einen antiparlamentarischen Weg einsetzten. „Ein Parlamentsboykott in Deutschland muss die Massen abstoßen, und zwar die rückständigen Arbeiterkreise, die von der Aussichtslosigkeit des Parlamentarismus innerlich noch nicht überzeugt sind, als auch die fortschreitenden Elemente, die sich bei aller Anhänglichkeit an die Räte doch sagen müssen, dass man die alte Position nicht preisgibt, bevor die neue noch nicht ausgebaut ist“ (S. 276), schreibt Dickmann unter dem Pseudonym Ernst Jung in einem Diskussionsbeitrag für die Freie Tribüne unter dem Titel „Lenins taktische Lehren“, wo er dessen Schrift „Der linke Radikalismus, die Kinderkrankheit des Kommunismus“ verteidigte. Zur späteren Entwicklung der kommunistischen Bewegung und ihrer Stalinisierung hat Dickmann nicht publiziert. In einen unvollständig erhaltenen Brief an Lucien Laurat schrieb Dickmann 1927/28: „Ich will mich hüten, zu den Artikeln, die russische Frage betreffend Stellung zu beziehen und Tatsachen zu beurteilen, deren Überprüfung mir nicht möglich sind“ (S. 291). Laurat ist das Pseudonym des österreichischen Kommunisten Otto Maschl, der in der Sowjetunion lehrte, der sich in den Fraktionskämpfen in der KPDSU gegen Stalin stellte und mit weiteren kommunistischen DissidentInnen in Frankreich und Belgien in Kontakt stand. Zu diesen Kreis gehörte auch die Philosophin Simone Weil, die zeitweise von Anarchosyndikalismus beeinflusst war. Wie wichtig Dickmann dieser Austausch war, zeigte sich schon daran, dass er französisch lernte.
Dickmanns Schriften aus den 1920 und 1930er Jahre wurden nicht mehr aufgelegt. Im Internet findet man eine Besprechung von Dickmanns 1932 herausgegebenen 60seitigen Broschüre mit dem Titel „Beiträge zur Selbstkritik des Marxismus“. Haumer hat sie vollständig dokumentiert. Bemerkenswert ist dabei, dass Dickmann bereits 1932 eine These formulierte, die angesichts der Debatte um die Ressourcenknappheit und den Klimawandel sehr modern klingt: „Der Sozialismus wird aber nicht aus einer weiteren Entfaltung der Produktivkräfte hervorgehen, deren Wachstum angeblich durch das kapitalistische Eigentum gehemmt wird; er wird sich notwendig aus dem Schrumpfen der heutigen Produktionsgrundlagen ergeben, dem die kapitalistische Gesellschaft um so rascher entgegentreibt, je hemmungsloser sie tatsächlich ihre Produktionsmittel verschwendet“ (S.349).
Dieser klare Bruch mit dem traditionskommunistischen Dogma von der immer stärken Entfaltung der Produktionskräfte als Bedingung für gesellschaftliche Fortschritt, wurde in der zeitgenössischen Debatte von dem Kreis um Simone Weil aufgegriffen. In der schon erwähnten Rezension dieser Schrift in der „Zeitschrift für Sozialforschung“ schreibt der Rezensent A.F.Westermann (http://raumgegenzement.blogsport.de/2012/02/05/julius-dickmann-das-grundgesetz-der-sozialen-entwicklungder-arbeitabegriff-bei-marx-rezension/): „Eine eingehendere Beurteilung der D.schen Kritik wäre nur sinnvoll, wenn er seine eigene Werttheorie dargestellt hatte. Dies hat er einem der folgenden Hefte vorbehalten.“ Dass er diese angekündigten Texte nicht mehr veröffentlichen konnte, hatte politische und private Gründe. In Österreich verschlechterte sich die Situation für Linke schon lange vor der Besetzung des Landes durch die deutsche Wehrmacht. Bereits unter dem austrofaschistischen Regime von Engelbert Dollfuss wurden Linke verfolgt. Zudem verschlechterte sich Dickmanns Gesundheitszustand beträchtlich. „In den letzten 14 Jahren bezog er eine Invalidenrente, weil er ein Invalide, ein Kraftloser, Schwacher und Hinfälliger war“, schreibt Haumer (S13). So war im Laufe de Jahre seine Schwerhörigkeit zur völligen Taubheit geworden. Doch trotz dieser widrigen Bedingungen hat Dickmann seine theoretische Arbeit fortgesetzt und auch internationale Kontakte intensiviert, solange es möglich war. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurde Dickmann als Jude stigmatisiert, verlor seine Wohnung, wurde schließlich deportiert und ermordet. Dass er eine wichtige Rolle in der österreichischen Revolution 1918/19 spielte und ein Theoretiker des Marxismus war, blieb sogar seinen Verwandten verborgen. Als Haumer für das Buch mit Dickmanns in New York lebender Nichte Kontakt aufnahm, war ihre erste Reaktion. „Warum will der über meinen Onkel schreiben? Was gibt es über den überhaupt zu schreiben?“ (S.7). Haumers Buch beantwortet diese Frage. Dabei musste der Autor eine Auswahl von Dickmanns Schriften treffen. Es wäre zu wünschen, wenn in einem weiteren Band, sämtliche zugänglichen Texte von ihm veröffentlicht werden könnten. Damit würde eine heute weitgehend vergessene marxistische Debatte wieder rekonstruiert und es wäre eine späte Ehrung für einen Mann, dessen Maxime auch der Titel des rezensierten Buches ist. „Es kommt darauf an, dass die Masse sich selbst begreifen lernt“.

aus: Arbeit – Bewegung – Geschichte Zeitschrift für historische Studien
16. Jahrgang – Heft 2017/II
http://www.arbeiterbewegung-jahrbuch.de/?p=633
Peter Nowak

Sturm der Entrüstung

Die US-amerikanische Übersetzung des Buches »Kommunismus – Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird« von Bini Adamczak hat einen Shitstorm ausgelöst.

Eigentlich ist eine große Medienresonanz der Wunsch jedes Autors, der ein Buch schreibt. Doch die Berliner Autorin Bini Adamczak hätte auf den Shitstorm gerne verzichtet, den die US-amerikanische Ausgabe ihres bereits 2004 im libertären ­Unrast-Verlag erschienen Buches »Kommunismus – Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird« in den USA ausgelöst hat. Nachdem MIT-Press, der Verlag der US-amerikanischen Universität Massachusetts Institute of Technology, das Buch unter dem Titel »Communism for Kids« veröffentlicht hatte, begann die rechte Kampagne. Konservative und rechte Medien wie Breitbart, The National Review und The American Conservative echauffierten sich über ein Buch, das angeblich Kinder indoktrinieren will. Die meisten Kritiker hatten wohl nicht mehr als den Titel und den Klappentext gelesen. Denn es handelt sich nicht um ein Kinderbuch. Außerdem wird in dem Buch wie in allen Texten von Bini Adamczak allen autoritären Varianten des Sozialismus eine klare Absage erteilt. Die Wissenschaftlerin setzt sich mit den Opfern des Stalinismus auseinander und stellt sich die Frage, wie im Wissen um diese Verbrechen ein antiautoritärer Kommunismus möglich ist.

»Hey Kids, How Cool Is Communism« lautet die Überschrift auf der Website The Daily Beast über einem hetzerischen Artikel, in dem Adamczak mit Hitler verglichen wird. »Etwas muss ­geschehen; andernfalls könnten Eltern entdecken, dass Ideologen vom Schlage Adamzcaks, wie Hitler, die Kinder bereits auf ihre Seite gezogen haben« (im Original: already have the children), heißt es in dem Text. In einigen rechten Postillen will man das Buch sogar verbrennen. Neben Adamczak erhielt auch der Verlag MIT-Press Hassmails und Drohungen. Doch der Verlag steht zu seiner Autorin und verteidigt die Publikation als Bei­trag zur Diskussion. Der Literaturprofessor Fredric R. Jameson betont, dass Adamczaks Buch hilfreich sei in einer Zeit, in der viele Menschen nach neuen Formen von Leben und Zusammenleben suchten.

Adamczak äußerte sich im Gespräch mit der Jungle World überrascht über das Ausmaß des Antikommunismus in den USA, der durchaus Züge des McCarthyismus trage. Sie sieht einen deutlichen Zusammenhang mit dem Rechtspopulismus Donald Trumps. Jetzt könne die Linke wieder stärker ins Visier geraten, vermutet Adamczak. Ob sie in den USA Gelegenheit hat, über ihr Buch zu diskutieren, ist noch ungewiss. Nach dem Shitstorm könnte ihr ein Einreiseverbot in die USA drohen. Bereits 2010 wurde Gabriel Kuhn, der seit langem in der anarchistischen Bewegung aktiv ist und dazu publiziert hat, ohne Begründung die Einreise in die USA verweigert.
USA

https://jungle.world/index.php/artikel/2017/20/sturm-der-entruestung

Peter Nowak

Der grüne Winkel

Mitte April gedachten die wenigen noch überlebenden einstigen Häftlinge der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück. Obgleich die brandenburgische Staatssekretärin Ulrike Gutheil in ihrer Rede betonte, dass aller Opfer gedacht werde, kamen auch in diesem Jahr die von den Nationalsozialisten als Berufsverbrecherinnen klassifizierten Häftlinge nicht vor.

Die österreichische Politologin Sylvia Köchl hat mit ihrem Buch »Das Bedürfnis nach gerechter Sühne« erstmals die Wege von acht österreichischen Frauen nachgezeichnet, die, als Diebinnen und Abtreiberinnen verurteilt, in das KZ Ravensbrück deportiert wurden. Köchl engagiert sich seit langem in der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. Sie musste die Erfahrung machen, dass die Mythen über die Frauen mit den grünen Winkeln auch bei den ehemaligen politischen Gefangenen und ihren Organisationen bis heute tradiert werden. Köchl widerlegt die Annahme, die sogenannten kriminellen Gefangenen seien zur Spaltung der politischen benutzt worden. Sie zeigt, dass einige der »kriminellen« Frauen tatsächlich immer wieder ihre tadellose nationale Gesinnung in Eingaben betonten und manche auch eng mit der KZ-Leitung kooperierten. Am Beispiel der Lagerältesten Marianne Scharinger wird hingegen das Leben einer Gefangenen mit der grünen Kennzeichnung dokumentiert, die sich nicht von den Nazis instrumentalisieren ließ und den politischen Widerstand im Lager deckte.

Anschaulich beschreibt Köchl den Kampf der ehemals als Berufsverbrecherinnen inhaftierten Paula Kolo und Aloisia Oppal um eine Haftentschädigung, die den beiden Frauen nach 1945 verweigert wurde. Oppal wurde sogar die Rente als Witwe ihres aus politischen Gründen ermordeten Mannes vorenthalten. Köchl schließt mit dem Appell, endlich den Opferfürsorgeerlass von 1946 so zu ändern, dass keine der einstigen Inhaftierten mehr diskriminiert wird. Es ist eine späte, aber dringend notwendige Geste, wie auch das Buch.

Sylvia Köchl: Das Bedürfnis nachgerechter Sühne. Mandelbaum-Verlag, Wien 2017, 360 Seiten, 24,80 Euro

https://jungle.world/artikel/2017/18/der-gruene-winkel
Peter Nowak

Neoliberalismus im Alltag – Lexikon der Leistungsgesellschaft

Was haben der Hype um die Rennräder oder ein wachsendes Ernährungsbewusstsein mit dem Neoliberalismus zu tun? Im Lexikon der Leistungsgesellschaft von Sebastian Friedrich finden sich Stichworte, die wir nicht sofort mit Politik in Verbindung bringen. Friedrich hat auch manche Alltagspraxen aufgenommen, die unter Linken einen guten Ruf haben und als politisch völlig unverdächtig gelten.

Bei manchen DA-Leser_innen dürfte z.B. das Konzept der „gewaltfreien Kommunikation“ einen guten Klang haben. Doch Friedrich verortet es, wenn es in Unternehmen angewandt wird, als oft effektive neoliberale Managementstrategie. Damit soll verhindert werden, dass sich Beschäftigte zusammenschließen, eigene Interessen wie mehr Lohn und weniger Arbeit formulieren und womöglich auch durchsetzen. Auch in linken Zusammenhängen verhindere das Konzept häufig, dass über Argumente gestritten wird.

Das Büchlein „Lexikon der Leistungsgesellschaft“ muss zwangsläufig unvollständig sein. Friedrich verzichtet meist auf moralische Wertungen, wenn er beschreibt, wie der Neoliberalismus unsere Alltagspraxen prägt und strukturiert. Doch wenn Friedrich im Schlusskapitel schreibt, dass das Buch mithelfen soll, nicht vom Neoliberalismus vereinnahmt zu werden, greift das zu kurz. Wichtiger ist zunächst, dass die Leser_innen erkennen, was ihr alltägliches Handeln mit der Stabilität des Neoliberalismus zu tun hat. Ein nächster Schritt bestünde darin, sich mit einer solidarischen Alltagspraxis ganz bewusst der neoliberalen Agenda zu verweigern. Solidarisches Verhalten ist ja im Gegensatz zur neoliberalen Lebensführung viel schwieriger umzusetzen und muss täglich in der Praxis gelernt werden. Vielleicht sollte auch dazu jemand ein Lexikon schreiben.

Sebastian Friedrich, Lexikon der Leistungsgesellschaft. Wie der Neoliberalismus unseren Alltag prägt, Edition Assemblage, Münster 2016, 92 Seiten, 7,80 Euro, ISBN 978-3-96042-001-9

aus: Direkte Aktion, Sonderausgabe zum 1. Mai 2017

Peter Nowak

Heute Sheriff, morgen Outlaw

Heute Sheriff, morgen Outlaw
Georg Seeßlen beschreibt Donald Trump als ein Produkt der Kulturindustrie

Wie lässt sich Donald Trumps Aufstieg zum mächtigsten Mann der Welt erklären? Was kann man aus seinem Erfolg über Wesen und Formen populistischer Politik lernen? Wie ist es um die Zukunft der westlichen Demokratie bestellt? Diese Frage stellen sich derzeit Menschen weltweit. Und diesen Fragen nahm sich auch der Kulturkritiker Georg Seeßlen an. Er porträtiert Trump überzeugend als Produkt der Kulturindustrie.

Auf zahlreichen Fotos (in diesen Band sind 43 aufgenommen) ist Trump in den unterschiedlichen Rollen in TV-Shows zu sehen. Millionen US-Amerikanern war er lange vor dem Präsidentschaftswahlkampf bestens bekannt. Mit gezielten Provokationen habe Trump seinen Bekanntheitswert stetig gesteigert, so Seeßlen. »Heute Sheriff, morgen Outlaw, auf jeden Fall bewaffnet«, titelte er ein Foto, auf dem Trump zu sehen ist, wie er eine aus dem Ruder gelaufene Fernsehdebatte mit einem Colt unterbricht. Auf einem anderen Bild sieht man ihn an einem Maschinenengewehr, im Hintergrund die US-Flagge. »Wenn die Macht des Establishment zu groß wird, muss der Westerner sie brechen, so einfach ist das, und wenn das Volk zu wenig Ordnung hält, muss der Westerner sie ihm beibringen«, kommentiert Seeßlen Trumpschen Populismus spitz. Gerade damit punktet jener jedoch bei vielen US-Amerikanern. Auch die Inszenierung als erfolgreicher Selfmademan, der bei seinem Aufstieg auch mal Gesetze verletzt, hat Trump viel Sympathie bei jenen eingebracht, die selber zu den vom Kapitalismus Abgehängten gehören. Dieses Phänomen konnte man bereits beim Aufstieg von Silvio Berlusconi in Italien beobachten. Dass Trump sich beharrlich weigerte seine Steuererklärung vorzulegen, gilt ebenso als zu bewundernde Chuzpe.

Am Schluss seines Buches beschäftigt sich der Autor mit der Frage, ob wir einen linken Populismus brauchen, um Trump und seine Epigonen zu stoppen. Diese Frage verneint er entschieden. »Das Volk und die Linke haben miteinander nichts gemeinsam. Dies wäre freilich nur dann eine schlechte Nachricht, wenn die Linke auf den Begriff ›Volk‹ hereinfällt, den die Rechte und der Neoliberalismus vorgeben.«

Seeßlen rät hingegen dazu, dass die Linke – angelehnt an die These von Margret Thatcher, es gebe keine Gesellschaft – den kategorischen Grundsatz vertritt: »Es gibt kein Volk.«

Georg Seeßlen: Trump! Populismus als Politik
Bertz + Fischer. 144 S., br., 7,90 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1045589.heute-sheriff-morgen-outlaw.html
Peter Nowak

Politisches Erwachen in Gefangenschaft


Erinnerungen an Werner Gutsche, Geschichtsaufklärer und Streiter gegen Rechtsradikalismus

»Er wollte das NS-Unrecht aufdecken, seien es die in Neukölln jahrelang verschwiegenen Zwangsarbeitslager, die vergessenen SA-Folterstätten oder das verschmähte Erinnern des kommunistischen Widerstands.« Mit diesen Worten würdigt Hans Coppi, Vorsitzender der Berliner VVN-BdA, den Neuköllner Kommunisten Werner Gutsche. Bis zu seinem Tod 2012 hat sich jener unermüdlich gegen Rassismus und Rechtsradikalismus engagiert.

Freunde und Genossen erinnern sich an ihn in diesem Buch, das zugleich die Geschichte der linken Opposition in Berlin-Neukölln zeichnet. Hierfür haben die Historiker Matthias Heisig und Bernhard Bremberger ohne jegliche finanzielle Unterstützung recherchiert.

Über Gutsches Zeit in der Wehrmacht erfährt man nur wenig. Sein politisches Bewusstsein erwachte in russischer Kriegsgefangenschaft und beim Besuch einer Antifa-Schule, die er mit Hans Modrow absolvierte. Auch Gutsche wird Mitglied der SED, lebte jedoch in der Frontstadt Westberlin. Er sammelte Unterschriften für den Stockholmer Appell zur Abschaffung der Atomwaffen und setzte sich für eine ehrliche, kritische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ein. Seine Aufforderung an Mitstreiter vom Neuköllner Geschichtsverein »Da müsst ihr euch mal drum kümmern« wurde Titel gebend. Gutsches Einsatz verdankt sich die Benennung des Neuköllner Sportstadions nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Werner Seelenbinder, der als Kommunist in Westberlin lange tabu war.

Das Buch informiert über eine Widerstandsgruppe gegen die Nazis an der Rütlischule, die Bestreikung von SA-Sturmlokalen durch Arbeiter sowie einen Schauprozess gegen Kommunisten 1935, der mit Todesurteilen endete. Christian von Gelieu weist auf blinde Flecken der kommunistischen Geschichtsschreibung hin. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia ist der Historiker übrigens vor einigen Wochen Opfer rechter Gewalt geworden. Der Terror von Neonazis beweist einmal mehr, wie wichtig Bücher wie dieses sind.

Frieder Boehne/ Bernhard Bremberger/ Matthias Heisig: »Da müsst ihr euch mal drum kümmern. « Werner Gutsche (1923–2012) und Neukölln.
Metropol. 300 S., br., 22 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1045570.politisches-erwachen-in-gefangenschaft.html
Peter Nowak

Ein Blick auf mögliche Zukünfte

Ein Sammelband diskutiert Kybernetik und emanzipatorische Perspektiven

Roboter vernichten Arbeitsplätze, Smartphones sorgen dafür, dass die Menschen sich nicht mehr zum Plausch treffen und Drohnen sind eine neue, besonders heimtückische Form der Kriegsführung. Tatsächlich hat der technische Fortschritt auch unter außerparlamentarischen Linken keine guten Ruf mehr.

Die drei Sozialwissenschaftler Anne Koppenburger, Paul Buckerkmann und Simon Schaupp wählen einen anderen Ansatz, der schon im Titel deutlich wird. Sie verbinden Kybernetik mit emanzipatorischen Perspektiven. Dabei kritisiert das Herausgebertrio zwei Positionen, die in der Linken zur Technikfrage zu finden sind: »Die einen treibt es zurück in den Garten, in ihren Augen hält ein technologischer Wandel grundsätzlich nur Schlechtes bereit und kann nicht mehr aufgehalten oder nachjustiert werden. Für die anderen erstrahlt ein vollautomatischer Luxus-Kommunismus am Horizont des Silicon-Valley, eine Welt ohne schlechte Arbeit durch Kybernetik, Roboter und künstliche Intelligenz scheint möglich.«

In den elf Aufsätzen setzen sich verschiedene Autorinnen und Autoren mit den Verheißungen und Versprechungen, die mit bestimmten Technologien verbunden sind, kritisch auseinander. So dekonstruiert Matteo Pasquinelli den Mythos von den denkenden Maschinen und der künstlerischen Intelligenz als eine neue Form von Klassenkampf. Simon Schaupp zeigt anhand historischer Beispiele auf, dass es falsch wäre, Kybernetik nur mit dem Kapitalismus in Verbindung zu bringen. So hat der Begründer der modernen Kybernetik, Norbert Wiener, US-amerikanischen Industriegewerkschaften Beratung in Automatisierungsfragen angeboten. Dass es dazu nicht kam, lag daran, dass die Gewerkschaftsführung in den 1960er Jahren die Notwendigkeit dafür nicht erkannte. Weiter vorangeschritten waren die Planungen für das Projekt Cybersyn im sozialistischen Chile während der kurzen Zeit der Unidad-Popular-Regierung unter Salvador Allende. »Gerade der Blick in die Vergangenheit – also die historische Rekonstruktion kybernetischer Utopien – kann den Blick für mögliche Zukünfte schärfen«, betont Schaupp.

Mit Nick Srnicek kommt ein Vertreter des Akzelerationismus zu Wort, die sich besonders technikfreundlich gebären. Auch er bezieht sich positiv auf das Projekt Cybersyn in Chile. Philipp Frei wiederum erklärt, wie im Kapitalismus der Traum von einer Automatisierung der Arbeitswelt, die die Menschen von schmutzigen, gesundheitsschädlichen Tätigkeiten entlasten könnte, zum Alptraum wird. Zu seinen radikalpolitischen Vorschlägen zählt eine radikale Arbeitszeitverkürzung und ein bedingungsloses Grundeinkommen. Auch feministische Debatten werden im Band reflektiert. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Buch eine lebhafte Diskussion unter Linken auslöst.

Paul Buckermann/Anne Koppenburger/Simon Schaupp (Hg.): Kybernetik, Kapitalismus, Revolutionen, emanzipatorische Perspektiven im technologischen Wandel
Unrast. 300 S., br., 20 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1045579.ein-blick-auf-moegliche-zukuenfte.html

Peter Nowak