In Berlin trafen sich Mitte Mai Pazifist:innen aus Russland, der Ukraine und Weissrussland. Die zarten Pflänzchen der Opposition gegen den Krieg müssen geschützt werden, auch wenn die Bewegung theoretische Schwächen aufweist.

«Wir ziehen nicht in eure Kriege»

Die Podiumsdiskussion der drei Pazi­fist:in-n­­­­­­­­­­en am 15.Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweiger, ist Teil einer Kampagne, die von den pazifistischen Netzwerk War Resisters International vorangetrieben wird. «Ein echter Schutz für alle Menschen, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig», betont Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V. Friedrich, das am Vormittag des 15.Mai dem Büro der Europäischen Kommission in Berlin knapp 50000 Unterschriften überreichte. Sie wurden von den Kriegsgegner:innen in den letzten Wochen unter einen Aufruf gesammelt, der den bedingungslosen Schutz der Kriegs- und Militärdienstverweiger:innen aller Länder fordert.

«Ich habe drei Kinder, drei Hunde und sieben Hamster», so bescheiden stellte sich Olga Karach in Berlin vor. Doch die freundliche Frau wird von den belorussischen Geheimdiensten und den Minsker Machthaber Lukaschenko als Terroristin bezeichnet. Ihre Heimat musste sie verlassen. Sie lebt mittlerweile in Vilnius, der Hauptstadt Litauens.  Denn Olga Karach ist aktiv in der zivilgesellschaftlichen belorussischen Organisation Nash Dom (Unser Haus). Unter der Parole «Keine zweite Front» ruft sie die Wehrpflichtigen im Land auf, alles zu tun, damit …

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Sind Fluchthelfer Kriminelle oder Helden? – Mal liegen Jahrzehnte zwischen zwei Lesarten, mal sind es nur 100 Kilometer. Was auf einer ungewöhnlichen Gala in Berlin dazu gesagt wurde.

Flucht und Migration: Lob der Schlepper und Schmuggler

In ihrer Abschlussrede riefen Valerie Hänsel und Kerem Schamberger von Medico International zur verstärkten Solidarität mit den Tausenden Menschen auf, die allein in Griechenland unter dem Vorwurf der Fluchthilfe im Gefängnis sitzen. Es geht darum, ein solidarisches Umfeld zu schaffen, wie es Lisa Fittko in ihrer Biographie "Mein Weg über die Pyrenäen" sehr anschaulich beschrieben hat. Dazu gehörte der sozialistische Bürgermeister des Ortes ebenso wie zwei Gendarmen, die sogar Tipps gaben, wie die Menschen auf der Flucht sich möglich unauffällig verhalten könnten, um der Polizei nicht aufzufallen.

Diesen Jahrestag dürfte kaum jemand in Erinnerung behalten haben. Am 25. Juni 1986 zeichnete der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker Lisa Fittko mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse aus. Verliehen wurde es ihr für vorbildliche Leistungen auf wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Gebiet. Die Leistung von Lisa und Hans Fittko war wirklich beispielhaft. Sie hatten hunderten Verfolgten des Naziregimes in den Jahren 1940/41 bei der Flucht von Südfrankreich über die spanische Grenze geholfen. „Getragen von tief verwurzelten humanistischen Überzeugungen retteten die Fittkos vor den Nazis Geflohene, ohne nach deren sozialer Herkunft, Parteizugehörigkeit oder weltanschaulicher Position zu fragen“, heißt es in einem Gedenkartikel. 37 Jahre nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Lisa Fittko erinnerte die Organisation Borderline Europe mit …

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„Gesetzliche Regelungen zur Vergütung von Gefangenenarbeit in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind verfassungswidrig“ lautet die bürokratische Überschrift einer Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni.

NIEDRIGLOHNSEKTOR GEFÄNGNIS IST NOCH LÄNGST NICHT BEENDET

So positiv es daher zu bewerten ist, dass nach der BVG-Entscheidung die Regelungen für die Gefangenenentlohnung wohl nicht nur in Bayern und Nordrhein-Westfalen neu geregelt werden muss, so unwahrscheinlich ist es, dass der Niedriglohnsektor Gefängnis damit der Vergangenheit angehört. . Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es starke Gefangenengewerkschaften, die mit Unterstützer*innen außerhalb der Knastmauern kooperieren.

Eine gute Nachricht für die über 40000 lohnarbeitenden Gefangenen, könnte man denken. Und es ist auch ein Erfolg der Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisierung (GG/BO), die das Urteil aus Karlsruhe mit dem nüchternen Satz kommentiere „Gefangenengewerkschaft erwartet Anstieg der Löhne in Haft“. Die GG/BO  hatte sich 2013 in Berlin gegründet und dann schnell im ganzen Bundesgebiet ausgeweitet, weil sie drei zentrale Forderungen hatte. Neben dem Kampf für Gewerkschaftsfreiheit im Gefängnis gehörte dazu…

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Thorsten Fuchshuber: Rackets. Kritische Theorie der Bandenherrschaft. ça ira Verlag, Freiburg 2019. 674 Seiten. 42.00 SFr. ISBN: 978-3-86259-145-9.

Rekonstruktion der Racket-Theorie

Fuchshuber zeichnet die Entwicklung Russlands nach dem Zerfall der von Adorno und Horkheimer definierten Kriterien für einen Racketstaat zu finden sind. „Was von der Sowjetunion übrig blieb, drohte also tatsächlich im Gerangel um die Beute konkurrierender Machtfraktionen unterzugehen (S. 552). Mit dieser Situation war Putin bei seinen Machtantritt konfrontiert. Die Kämpfe mit den verschiedenen Oligarchen wären dann als Kennzeichen des Racketstaats zu erklären. Mit den Niederlagen der russischen Kriegsstrategie in der Ukraine könnten die Kämpfe wieder aufleben. Dann wäre der kurze Aufstand der Wagner-Rackets nur der Anfang einer instabilen Entwicklung in Russland.

Aber im Atomstaat Russland hätten viele Beobachter*innen den Kampf unterschiedlicher Machtzentren nicht vermutet. Da lohnt es sich, Thorsten Fuchshubers gründliche Beschäftigung mit der Racket-Theorie zur Hand zu nehmen, die bereits 2019 im Ca Ira-Verlag erschienen ist.  Die Leser*innen sollen sich von dem Umfang des Werkes nicht abschrecken lassen. Denn Fuchshuber versteht es, die doch recht trockene Materie verständlich zu vermitteln. Vor allem ist die hervorragende Gliederung zu loben, die den Leser*innen nachvollziehen lässt, warum die Theoretiker der Frankfurter Schule Adorno und Horkheimer die Racket-Theorie vor dem Hintergrund …

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Beobachtungen vom Wahlausgang aus einer Kleinstadt in Thüringen und einer Debatte im akademischen Rahmen. Braucht das linke Lager eine neue Partei oder andere Organisationsformen?

Wie sich die Linke selbst abschafft

Der Wahlausgang im kleinen Hildburghausen, wo Kirner am 18. Juni mit 42 Prozent der abgegebenen Stimmen unterlag, zeigt ebenso wie die Podiumsdiskussion im akademischen Rahmen die aktuellen Probleme der Linken – nicht nur der Partei, sondern der gesellschaftlichen Kraft insgesamt.

Warum blicken jetzt so viele Medien auf den kleinen thüringischen Ort Sonneberg? Weil sich dort gerade an diesem Sonntag entscheidet, ob die AfD einen Landrat stellen kann. Bei der Stichwahl stehen sich ein AfD-Kandidat und ein CDU-Mitglied gegenüber. Letzteres wird von einer ganz großen Koalition von der Linkspartei über Grüne und SPD bis zur FDP unterstützt. Die AfD lässt die Gelegenheit nicht aus, von einer Neuauflage der Nationalen Front in der DDR zu polemisieren. Nun fragen sich wieder Kommentatoren von Medien, die erst mal googeln mussten, wo Sonneberg liegt, ob die berühmte „Brandmauer“ hält, die die AfD von der Macht fernhält – und geht es nur um den weitgehend einflusslosen Posten eines Landrats. Auch Hildburghausen ist nicht so weit von Sonneberg entfernt, nicht geographisch und noch weniger politisch. Die Stadt wurde lange Zeit von …

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Eine Initiative verleiht als Kritik an tödlichen Grenzregimes Preise an zwei Fluchthelfer. Einer der beiden sitzt in Griechenland im Gefängnis.

Fluchthilfe braucht Netzwerke

Benannt wurde der Preis nach der kommunistischen Widerstandskämpferin Lisa Fittko, die gemeinsam mit ihrem Ehemann und weiteren Genossen Hunderte Verfolgte des Naziregimes über die Pyrenäen von Frankreich nach Spanien schleuste. Eine szenische Lesung von Texten, die Lisa Fittko später über ihre Arbeit als Fluchthelferin verfasst hatte, zeigt auch, dass sie sich auf ein solidarisches ­Umfeld stützen konnte. Dazu gehörten neben einem sozialistischen Bürgermeister einer kleinen südfranzösischen Stadt auch Gendarmen.

 Am Schluss wurde es noch einmal richtig laut im überfüllten Saal des Ballhaus Prinzenstraße im Wedding. „Fight borders – not Migration“ skandierten die Be­su­che­r*in­nen einer Gala für Flucht­hel­fe­r*in­nen, zu der die Organisation borderline europe eingeladen hatte. Ausgezeichnet wurden Mahtab Sabetara und Hamza Haddi, weil sie oder ihre Verwandten geholfen haben, Geflüchtete nach Europa zu bringen. Beide waren dafür kriminalisiert worden. In bewegenden Worten schilderte der marokkanische Menschenrechtsaktivist Hamza Haddi, wie er …

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Hannes Hofbauer/ Stefan Kraft (Hg.): Kriegsfolgen. Wie der Kampf um die Ukraine die Welt verändert. Verlag Promedia, 256 S., br., 23 €.

Autoritäre Populismen

Zu den Autor*innen gehören unter anderem der langjährige Attac-Aktivist Peter Wahl, der Politikwissenschaftler Eberhard Crome, der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Andrej Hunko und der Theologe Eugen Drewermann. Mit Olga Baysha aus Charkiw kommt eine ukrainische Stimme zu Wort, die nicht in den Chor derer einstimmt, die den Kampf um westliche Freiheit kontra russische Tyrannei beschwören. Der in Moskau lebende russische Soziologe Boris Kagarlitsky wiederum kritisiert scharf die innenpolitischen Zustände in Russland. Das System Putin sei nicht reformierbar, ist der bereits in der Sowjetunion inhaftierte linker Kritiker überzeugt

Wer es in Deutschland ablehnt, der Lieferung von immer mehr Waffen in die Ukraine zuzustimmen, wird politisch schnell als Putin-Versteher*in verleumdet. Aus eben diesem Grund hat der österreichische Autor und Verleger Hannes Hofbauer gleich zu Beginn der Vorstellung seines neuen Buches in Berlin mehrmals betont, dass er und seine Mitautor*innen keineswegs das derzeitige Präsidialregime in Moskau und dessen Krieg in der Ukraine verteidigen. In dem von ihm und Stefan Kraft herausgegebenen Buch geht es denn auch nicht primär um Putin, sondern um …

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In Berlin läuft eine Veranstaltungsreihe zur Ausstellung »Who by fire: On Israel«

Israel: Über die deutsche Befindlichkeit hinaus

Das Gespräch setzte mit dem sachlichen Vortrag Maßstäbe für die Veranstaltungsreihe zu der Ausstellung. Am 28. Juni wird ab 19 Uhr der Film »Antisemitismus als Kulturtechnik« von Leon Kahane und Fabian Bechtle gezeigt.

Der Titel der Ausstellung »Who by fire« im Haus am Lützowpark ist eine Hommage an den Künstler Leonard Cohen. Die Zeilen »Wer durch Wasser und wer durch Feuer, wer durch Schwert und wer durch wildes Tier, wer durch Hunger und wer durch Durst, wer durch Erdbeben und wer durch Pest« schrieb er nach seinem Aufenthalt in Israel während des Jom-Kippur-Kriegs 1973. »On Israel«, so lautet der Untertitel. Cohens Verse zeigen die gängige Modalität des Sprechens über den Staat in einem Kriegs- und Krisenmodus. In Deutschland funktioniert Sprechen über Israel oft über eine Antisemitismus-Debatte, bei der deutsche Befindlichkeiten ausgetauscht werden, die eine wirkliche Diskussion gar nicht erlauben. Dass die Veranstaltung »Über Israel reden«, die im Rahmen der Ausstellung am vergangenen Mittwoch stattfand, anders wurde, lag …

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Gruppe Panther & Co. (Hrsg.): Rebellisches Berlin. Expeditionen in die untergründige Stadt, Assoziation A, Hamburg 2021, 838 S.

Rebellisches Berlin-eine Buchbesprechung

So ist „Rebellisches Berlin“ erfreulicherweise kein Standardwerk der linken Berliner Geschichte geworden, sondern ebenso mit Mängeln und Widersprüchen behaftet wie die Bewegungen, die dort beschrieben werden. Das ist durchaus als Kompliment zu verstehen.

Rebellisches Berlin beschreibt die Berliner Stadtgeschichte von unten – von der Seite der Kämpfe, der versuchten kaum geglückten sozialen Revolution(en).“ (S. 13) So beschreiben die Herausgeber*innen ihr Buch, das im Covertext den Anspruch formuliert, „eine einzigartige Mischung aus Reiseführer und Geschichtsbuch“ und gleichzeitig ein „Standardwerk der linken widerständigen Geschichte Berlins“ zu sein. Die Autor*innen des mit über 800 Seiten voluminösen Werks müssen daran scheitern. Eine linksradikale Gegengeschichte braucht schließlich kein Standardwerk. Steht dieser Anspruch nicht auch im Widerspruch zum subjektivistischen Blick viele Autor*innen auf die Geschichte, wie sie vor allem in den ersten neun der 13 Kapitel deutlich wird? Das Buch beginnt mit einem Aufruf zur …

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Die Union für Obdachlosenrechte Berlin (UFO) will nicht über die Betroffenen reden, sondern mit ihnen

Erzählen statt zählen

„Stay at Home“ lautete während der Corona-Pandemie die Ansage. Doch wo sollten die Menschen hin, die kein Zuhause haben? Für Menschen ohne Wohnung und Obdach war die Pandemie eine schlimme Zeit. Da kaum Menschen auf der Straße waren, konnten keine Flaschen gesammelt werden.

„Wir hatten kein Geld, aber auch die Stellen, wo wir Essen und Hilfe bekommen konnten, hatten geschlossen“, erinnerte sich Dietlind Schmidt an die Zeit im Frühjahr und Sommer 2020. Die resolute Frau ist selbst wohnungs-, aber nicht rechtlos, wie sie betont. Schmidt ist Mitbegründerin der Union für Obdachlosenrechte Berlin (UFO). Dort haben sich Wohnungs- und Obdachlose gemeinsam mit solidarischen Menschen zusammengeschlossen, die sich von einer Parole leiten lassen, die in der Zeit der Pandemie auf vielen Transparenten zu lesen war. „Leave no one behind“ (Lasst niemanden zurück). Das kann man auch als Leitmotiv von UFO verstehen. Wichtig ist den Aktivist/innen, dass nicht über, sondern mit den Wohnungs- und Obdachlosen geredet wird. Das wird als Anspruch von vielen Gruppen propagiert, aber längst nicht immer praktiziert. Ein Beispiel war die …

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Oderberger Rathausspiele bieten nicht nur Kunst und Konzerte, sondern thematisieren auch die NS-Vergangenheit des Ortes

Barnim: Ernstes und Heiteres im Oderbruch

Im Rahmen des Festivals sind sie, mit fantasievollen Namen versehen, temporär geöffnet. Da gibt es in der Alten Seilerei das »Amt für persönliche Zugewandtheit«, in dem für das Wochenende der Stadtvorleser residiert. Im »Amt für Psychogeographie« direkt gegenüber dem Rathaus sind während des Festivals Zeichnungen und künstlerische Installationen zu sehen. Am Abend gibt es dort Konzerte. Verantwortlich ist dafür der Berliner Musiker Marc Weiser, einer der Organisator*innen der Rathausspiele. Weiser ist Produzent experimenteller Musik

Rote Stoffbahnen hängen aus den Fenstern des alten Rathauses in der Brandenburger Kleinstadt Oderberg im Landkreis Barnim. Auf dem Rathausplatz stehen Stühle und Bänke, die sich langsam mit Besucher*innen füllen. Plötzlich erschallt lautes Glockengeläute über dem Rathaus, eine Frau stimmt aus einem der oberen Fenster des alten Gebäudes einen Gesang an. Die Szene ist Teil der Rathausspiele, mit denen Künstler*innen aus …

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Aktivisten wenden sich gegen Verursacher der Klimakatastrophe. Bürgerrechtler solidarisieren sich

Klimaprotest: Banken, Konzerne und Reiche im Visier

Man sei »schockiert von den jüngsten Kriminalisierungsversuchen«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Unterzeichnet ist sie von der Humanistischen Union, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie, der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen sowie dem Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung.

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Max Brym: Skizzen – Arbeiterwiderstand in Südbayern. Die Buchmacherei, 83 S., br., 6,50 €.

Rotes Bayern

Brym skizziert die Bedingungen einer antagonistischen Linken in einer Zeit, die heute als erste deutsche Demokratie heroisiert und verklärt wird. Bei der Zerschlagung der Räterepubliken spielten auch führende bayerische Sozialdemokrat*innen eine unrühmliche Rolle. »Es ist daher kein Wunder, dass die verhängnisvolle Sozialfaschismustheorie bei den bayerischen Kommunisten sogar weitgehend auf Zustimmung stieß«, bemerkt Brym und hebt sich damit wohltuend ab von vielen Historiker*innen, die in dieser lediglich ein Diktat Stalins sehen und dabei vergessen, dass viele Arbeiter*innen in den Jahren 1919 bis 1923 die Erfahrung machen mussten, von durch Sozialdemokraten befehligte Polizei und Freikorps gejagt und verhaftet zu werden.

Bayern ist als Ort der Reaktion schon in der Weimarer Republik bekannt. In München begann der Aufstieg der NSDAP. Nürnberg wurde zum Inbegriff der Reichsparteitage der Nazis. Viel weniger ist über den linken Widerstand in Bayern bekannt. Vielleicht ist einigen gerade noch die Münchner Räterepublik im Gedächtnis. Umso verdienstvoller, dass Max Brym eine kleine Geschichte des antifaschistischen Widerstands in Südbayern vorgelegt hat. Der 1957 in Altötting geborene Historiker ist im Freistaat seit Jahrzehnten in der linken Bewegung aktiv und hat zur Geschichte der Linken schon einige Bücher verfasst. In seiner neuen Publikation beginnt Brym ebenfalls mit den verschiedenen Räterepubliken in Bayern 1919. Denn nicht nur in München, sondern in vielen kleineren Städten …

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X Properties Joerg Franzbecker, Naomi Hennig, Florian Wüst Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart 
der Stadt #11 ISBN: 978 3946674108, 7 Euro, 155 Seiten

Rüstzeug für den Widerstand

Der Berliner Immobilienmarkt boomt weiter, Menschen werden aus ihren vertrauten Lebenszusammenhängen verdrängt. Wohn-, Arbeits- und Gewerberäume dienen Immobilienkonzernen, Investmentfonds und anonymen Eigentümer/innen als Anlageobjekte. „Doch wer sind die tatsächlichen Akteur/innen hinter der Ökonomisierung des städtischen Lebens? Was ermöglicht ihr Handeln – und wie lässt es sich politisch und gesellschaftlich kontrollieren und durchkreuzen?“

Diese zentralen Fragen stellen verschiedene Autor/innen in der aktuellen 11. Ausgabe der „Berliner Hefte zur Geschichte und Gegenwart der Stadt“. Die Herausgeber/innen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die sozialen, kulturellen und ökonomischen Veränderungen in Berlin und anderen Städten zu analysieren und zu kritisieren. Die Hefte bieten Informationen über die Berliner Immobilienbranche und ihre Verflechtung mit der Politik, die auch für Menschen nützlich sind, die von diesen Praktiken betroffen sind und sich dagegen wehren wollen. Denn dafür ist es notwendig und wichtig, über Eigentumsverhältnisse auf dem Berliner Immobilienmarkt informiert zu sein.  Und das leisten die Berliner Hefte in einer größtenteils allgemein verständlichen Sprache. In der 9. Ausgabe stand die Europacity am Berliner Hauptbahnhof im Zentrum (siehe MieterEcho 428). In der aktuellen Ausgabe mit dem kurzen und prägnanten Titel „X Properties“ liefern die Autor/innen anschauliche Beispiele für die …

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Deutschlands oberstes Gericht schränkt ungeregelte Ausbeutung in Haftanstalten ein. Zumindest ab Mitte 2025. Können die Gefangenen dann aufatmen?

Verfassungswidrig: Ist der Niedriglohnsektor im Gefängnis am Ende?

Denn der Gesetzgeber steht immer noch auf dem Standpunkt, es gäbe im Gefängnis keine Lohnverhältnisse. Daher gehörte zu den zentralen Forderungen der GG/BO auch die Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern. Die GG/BO hat ein Stück weit die Situation verändert. Während es immer wieder Berichte über Zwangsarbeit in DDR-Gefängnissen gibt, wird aber nach wie vor oft nicht erwähnt, dass der Zwang zur Arbeit in den Gefängnissen der meisten Bundesländer noch immer praktiziert wird.

„Gesetzliche Regelungen zur Vergütung von Gefangenenarbeit in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind verfassungswidrig“ – so lautet die bürokratische Überschrift einer Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni. Im gleichen Ton geht es weiter: …

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