Gruppe Panther & Co. (Hrsg.): Rebellisches Berlin. Expeditionen in die untergründige Stadt, Assoziation A, Hamburg 2021, 838 S.

Rebellisches Berlin-eine Buchbesprechung

So ist „Rebellisches Berlin“ erfreulicherweise kein Standardwerk der linken Berliner Geschichte geworden, sondern ebenso mit Mängeln und Widersprüchen behaftet wie die Bewegungen, die dort beschrieben werden. Das ist durchaus als Kompliment zu verstehen.

Rebellisches Berlin beschreibt die Berliner Stadtgeschichte von unten – von der Seite der Kämpfe, der versuchten kaum geglückten sozialen Revolution(en).“ (S. 13) So beschreiben die Herausgeber*innen ihr Buch, das im Covertext den Anspruch formuliert, „eine einzigartige Mischung aus Reiseführer und Geschichtsbuch“ und gleichzeitig ein „Standardwerk der linken widerständigen Geschichte Berlins“ zu sein. Die Autor*innen des mit über 800 Seiten voluminösen Werks müssen daran scheitern. Eine linksradikale Gegengeschichte braucht schließlich kein Standardwerk. Steht dieser Anspruch nicht auch im Widerspruch zum subjektivistischen Blick viele Autor*innen auf die Geschichte, wie sie vor allem in den ersten neun der 13 Kapitel deutlich wird? Das Buch beginnt mit einem Aufruf zur …

„Rebellisches Berlin-eine Buchbesprechung“ weiterlesen

NOlympia hat Vorläufer

Bereits in den 1990er Jahren verhinderten Bürger mit ihren Protesten Olympische Spiele in Deutschland

Das Anti-Olympia-Komitee sorgte Anfang der 1990er Jahre mit zahlreichen militanten Kleinaktionen für internationales Aufsehen. Berlin entschied sich schließlich gegen die Olympiabewerbung.

»David gewinnt gegen Goliath – danke!« Mit diesen Worten kommentierten die Münchner Gegner der Olympiabewerbung ihren Erfolg vom vergangenen Wochenende. Bei einer Volksabstimmung votierte in allen vier für die Olympiabewerbung in Frage kommenden Städte die Mehrheit der Wähler gegen die Spiele. Selbst die massive Fürsprache ehemaliger und noch aktiver prominenter Sportler für Olympia 2022 konnte die Zustimmung zu den Spielen nicht erwirken.

Es ist nicht die erste Olympiabewerbung, die durch einen massiven Widerstand aus der Bevölkerung in Deutschland verhindert wurde. Im August 1989 hatten die Politiker West- und Ostberlins eine gemeinsame Olympiabewerbung für die Jahre 2000 oder 2004 beschlossen. In der Nachwende-Euphorie war sie eines der Projekte des wiedervereinigten Deutschlands. Doch schon 1991 gründete sich ein Berliner Anti-Olympia-Komitee (AOK), das bald mit vielfältigen Aktionen bekannt wurde. Großdemonstrationen und Spaßaktionen wechselten sich ab. Bald sorgte das Komitee international für Aufmerksamkeit.

Bei der Übergabe der Berliner Olympiabewerbung überreichten auch die Gegner dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ein professionell gestaltetes Video, auf dem die Gründe gegen die Spiele aufgezeichnet waren. Die Olympiabefürworter zollten den Gegnern Anerkennung für ihre Arbeit und gaben zu, dass diese die bessere Öffentlichkeitsarbeit gemacht hatten. Mit einer Hochglanzbroschüre mit dem Titel »Berlin NO-Olympia-City 2000« nahm auch das AOK Abschied von den Informationsmaterialien im Punkfanzinestil, die die außerparlamentarische Linke bis dahin verteilt hatte. Weniger erfreut reagierten Politik und Polizei auf die zahlreichen militanten Kleinaktionen, die den Olympiagegnern zugesprochen wurden; beim AOK gab es einen Konsens, dass man sich nicht von Aktionen distanziert, solange keine Personen verletzt wurden. Die Olympiagegner lösten eine große Bewegung und Diskussion von unten aus, von der noch ein Jahrzehnt nach der gescheiterten Olympiabewegung die außerparlamentarische Linke profitierte.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/914691.nolympia-hat-vorlaeufer.html

Peter Nowak