„Gesetzliche Regelungen zur Vergütung von Gefangenenarbeit in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind verfassungswidrig“ lautet die bürokratische Überschrift einer Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni.

NIEDRIGLOHNSEKTOR GEFÄNGNIS IST NOCH LÄNGST NICHT BEENDET

So positiv es daher zu bewerten ist, dass nach der BVG-Entscheidung die Regelungen für die Gefangenenentlohnung wohl nicht nur in Bayern und Nordrhein-Westfalen neu geregelt werden muss, so unwahrscheinlich ist es, dass der Niedriglohnsektor Gefängnis damit der Vergangenheit angehört. . Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es starke Gefangenengewerkschaften, die mit Unterstützer*innen außerhalb der Knastmauern kooperieren.

Eine gute Nachricht für die über 40000 lohnarbeitenden Gefangenen, könnte man denken. Und es ist auch ein Erfolg der Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisierung (GG/BO), die das Urteil aus Karlsruhe mit dem nüchternen Satz kommentiere „Gefangenengewerkschaft erwartet Anstieg der Löhne in Haft“. Die GG/BO  hatte sich 2013 in Berlin gegründet und dann schnell im ganzen Bundesgebiet ausgeweitet, weil sie drei zentrale Forderungen hatte. Neben dem Kampf für Gewerkschaftsfreiheit im Gefängnis gehörte dazu…

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Jenseits der ausgetretenen Pfade

KUNST Die Berliner Fotografin Laura Melin setzt sich in einer Ausstellung mit dem kurzen Hype des Kunststandorts Heidestraße zwischen Hamburger Bahnhof und Hauptbahnhof auseinander

Noch vor fünf Jahren galt die Heidestraße in der Kunstszene als unverbrauchter Geheimtipp. Im Niemandsland zwischen Hauptbahnhof und dem Kunststandort Hamburger Bahnhof standen damals vor allem Autoreparaturwerkstätten und Lagerhallen – und der Club Tape.

Für kurze Zeit wurde das Areal in der Heidestraße 46-52 ein Magnet für die Kunstszene und ihre Galerien, der sich aber beim Publikum nicht durchsetzte. Diesem Ausbruch der Szene aus den ausgetretenen Galeriepfaden hat die Fotografin Lara Melin, die sich in ihren Arbeiten kritisch mit Stadtentwicklung auseinandersetzt, ihre Ausstellung „Ode an einen Schandfleck“ gewidmet. Die Ausstellung ist auf ihrer Webseite und noch bis Donnerstag im Berliner Salon für Fotokunst zu sehen.

Neben den Fotos hat Melin Zitate aus Presseartikeln, Erklärungen von PolitikerInnen und Statements von GaleristInnen platziert, die den kurzen Hype des Kunststandorts Heidestraße und das schnelle Ende mancher hochfliegenden Pläne dokumentieren. Noch im Herbst 2006 schwärmte Anne Haun Elfremides auf Artnet vom „zukünftigen Galeriezentrum wie Phönix aus dem Märkischen Sand“.

Sieben Jahre später überwiegt die Tristesse: „Es regnet, die Gegend ist ohnehin schrecklich trostlos“, schreibt Gabriele Walde in der Morgenpost im November 2012. Da waren schon mehrere der angesagten Galerien wieder weggezogen. Die Zeiten der Heidestraße seien „vorbei“, resümiert der Designer Werner Aisslinger im Februar 2013 schließlich.

Während die Kunst verschwindet, sorgen nun die seit Jahren dort ansässigen Handwerksbetriebe und Logistikfirmen, aber auch das neu hinzugezogene Modelabel Darkland für Leben. Diesen Firmen widmet Melin in ihren Fotoarbeiten viel Aufmerksamkeit. Wenn es nach dem Masterplan des Senats geht, sollen auch sie bald vom Heideareal verschwinden, nur die alten Fabrikgebäude sollen erhalten bleiben.

Lara Melin versteht ihre Arbeit auch als stadtpolitische Intervention, wenn sie den mit der städtebaulichen Aufwertung einhergehenden Verlust der Nischen bedauert. „Wo in den neu gebauten Quartieren wird in Zukunft noch Platz dafür sein“, lautet eine der Fragen, die die BesucherInnen aus der Ausstellung mitnehmen.

www.lara-melin.de

Lara Melin: »Heidestraße 46-52 – Ode an einen Schandfleck«
bis 25. Mai 2013
Berliner Salon für Fotokunst, Kulturhaus Schöneberg
Kyffhäuserstraße 23, 10781 Berlin
Mi 14 – 19 Uhr, Do 12 – 17 Uhr

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F05%2F22%2Fa0142&cHash=e26c044f867b2d83bea65947095cc1d1

Peter Nowak