
„PR-Desaster des grünen Kapitalismus: Was von der Graichen-Affäre bleibt“ weiterlesen
Zeitungsartikel des Journalisten Peter Nowak

„PR-Desaster des grünen Kapitalismus: Was von der Graichen-Affäre bleibt“ weiterlesen

Deutschland war für einen Tag erneut im Lockdown, erklärten wütende Kapitalvertreter:innen. Doch am 27. März war es kein Virus, der das Land lahmlegte. Es waren die Beschäftigten von Bahn und Öffentlichem Nahverkehr, die im Rahmen ihres Tarifkampfs in einen eintägigen bundesweiten Warnstreik traten. Er wurde im Wesentlichen von den DGB-Gewerkschaften Verdi und EVG getragen und hat eine Ahnung von der Macht der Lohnabhängigen vermittelt. „Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will“, heißt es in einem bekannten Lied der frühen Arbeiter:innenbewegung von 1863. Der Spruch hat auch 160 Jahre später nichts von seiner Bedeutung verloren, da mögen postmoderne Theoretiker:innen auch noch so oft die Arbeiter:innenbewegung beerdigen. Von der Stärke der organisierten Arbeiter:innen bekamen wir beim Warnstreik vom 27. März eine Ahnung. In Frankreich konnten wir in den letzten Monaten sehen, wie das Land stillsteht, wenn die Arbeiter:innen sich ihrer Macht bewußt werden. Dort protestieren seit Monaten …
„ALLE RÄDER STEHEN STILL“ weiterlesen
„Aalto“ steht groß auf dem Plakat in der Wolfsburger Innenstadt. Im ersten Moment vermutet man, dass hier ein Plakat verfremdet wurde, das für ein Produkt werben soll, das in Wolfsburg noch immer eine sehr große Bedeutung hat: das Auto. Doch es ist kein Druckfehler. Das Plakat in der Wolfsburger Innenstadt wirbt tatsächlich für eine Veranstaltung zum finnischen Architekten Alvar Aalto, der auch hier Spuren hinterlassen hat. An eine gelungene Plakatveränderung denkt man zunächst auch deshalb, weil es dieser Tage eine Veranstaltung zum …
„Ein Klima-Camp in der Autostadt“ weiterlesen
Wie wohne ich heute? Wie arbeiten die Erwachsenen heute? Das sind einige der Fragen, mit denen sich Schüler/innen der Charlotte-Salomon-Grundschule in Kreuzberg in Form von Malereien beschäftigt haben. Die großflächigen bunten Bilder sind seit einigen Wochen in einer Open-Air-Ausstellung auf dem Bauzaun in der Schwiebusser Straße 12 – 17 zu sehen. Die Bauwert-AG, die für die Planung auf dem Grundstück verantwortlich ist, verwendet natürlich die üblichen Floskeln der Immobilienwirtschaft, wenn sie auf ihrer Homepage schreibt: „Berlins erste Bockbrauerei erfindet sich neu – Wohnen und Arbeiten in Kreuzberg“ . Dass dabei auch Geschichte sehr „kreativ“ vermarktet wird, zeigt sich am Motiv des Steinbocks, mit dem die Bauwert AG wirbt. Denn mit der eigentlichen Geschichte des Areals hat das Tier nichts zu tun. Auf dem Gelände hatte …
„Bauen bis die Wände wackeln“ weiterlesen
Rund 60 Menschen, darunter viele Aktivist/innen der Mieter/innenbewegung, trafen sich am 2. April an der Baustelle des Hauses der Statistik in Berlin-Mitte zu einer Bustour. In den nächsten vier Stunden ging es kreuz und quer durch Berlin zu Orten, an denen …
„Eine ganz besondere Stadtrundfahrt“ weiterlesen
Berlin, Frankfurt, Tübingen: Mit diesen Orten wird die 1968er-Bewegung assoziiert. Kaum jemand wird ausgerechnet Speyer mit dem Auf- bruch vor mehr als fünfzig Jahren in Verbindung bringen. Dabei hatte dieser auch dort Spuren hinterlassen, was in dem kürzlich im Verlag Die Buchmacherei erschienenen Buch Das andere 1968 beschrieben wird. Der Untertitel Von der Lehrlingsbewegung zu den Auseinandersetzungen am Speyer-Kolleg 1969–72 bekräftigt, dass Wolfgang Hien und Herbert Obenland ein gleich in mehrfacher Hinsicht „anderes“ 1968 beschreiben. In Speyer, einer Stadt, die von der Chemieindustrie geprägt war, ging es um den Kampf um Bildung auch für Kinder aus Arbeiter*innenfamilien. Gleich am Anfang des Buches bringt Herbert Obenland diese Unterschiede prägnant auf den Punkt: …
„Das andere 1968“ weiterlesen
Die Einführung von Hartz IV war 2005 von Protesten der unterschiedlichen Art begleitet. In Berlin spielte Anne Allex dabei eine wichtige Rolle als Stichwortgeberin und Autorin. Letzten Freitag ist sie im Alter von 64 Jahren ge- storben. Erste Nachrufe kamen nicht nur von Aktivist*innen aus der Selbstorganisation von einkommensarmen Menschen, wo sie als langjähriges Mitglied des Runden Tisches von Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen auch bundesweit aktiv war, sondern auch von Gedenkinitiativen, in denen sie sich in den letzten Jahren engagierte. In der DDR arbeitete Allex als Ökonomin vor allem in der Technologieforschung …
„Stichwortgeberin und Forscherin“ weiterlesen
Heute gerät oft in Vergessenheit, dass es in Deutschland vor fast 20 Jahren massive Proteste gegen die Einführung von Hartz IV gegeben hat, bei denen die Betroffenen selber eine zentrale Rolle spielten. Zu ihnen gehörte auch Anne Allex, die am Freitag im Alter von 64 Jahren gestorben ist. Der Arbeitsplatz der in der DDR ausgebildeten Ökonomin wurde nach der Wende abgewickelt. Einige Jahre arbeitete Allex als wissenschaftliche Mitarbeiterin für eine Bundestagsabgeordnete der damaligen PDS. Dort setzte sie sich auch dafür ein, dass sich die bei der Fraktion Beschäftigten gewerkschaftlich organisierten. Bald wurde die Selbstorganisation der Beschäftigten, aber auch der Erwerbslosen zu einem wichtigen Thema im Leben von Anne Allex. Dabei wurde sie als Mitglied des ….
„Sozialpolitische Wegweiserin“ weiterlesen
Dass die Delegierten der Berliner CDU am Montag einstimmig für diesen Koalitionsvertrag votiert haben, nachdem sich beim Mitgliederentscheid der SPD nur 54,3 Prozent dafür erwärmen konnten, zeigt deutlich, wer hier den besseren Deal gemacht hat. Anders als die SPD ist die CDU dabei mit sich im Reinen. Die Mimik, mit der die scheidende Regierende Bürgermeisterin Berlins, Franziska Giffey, für die SPD das knappe Abstimmungsergebnis bekannt gab, spricht Bände: Sieger sehen anders aus. …
„Berlin: Freie Bahn für Kapitalinteressen“ weiterlesen
In der Moderne dominierte der Glaube, die Welt ließe sich gestalten und der Fortschritt sorge quasi automatisch für ein besseres Morgen. Erderwärmung, Wachstumskrise und subjektive Überlastungen haben diesen Optimismus erschüttert. Heute geht es in erster Linie darum, die …
„Unter Sachzwang“ weiterlesen
Schuften für das Bio-Öko-Paradies“ war die Reportage überschrieben, in der die Journalisten Stefan Dietl und Tobias Eisch in der Wochenzeitung Jungle World 50/22 über die wachsende grenzüberschreitende Arbeitsmigration in Europa berichteten. „Nicht nur Waren überqueren täglich Ländergrenzen und Kontinente, sondern auch ihre lohnabhängigen Produzenten und Produzentinnen. In Europa wuchs seit dem Zusammenbruch des real-existierenden Sozialismus und der Osterweiterung der Europäischen Union insbesondere die befristete Arbeitsmigration“, schreiben Dietl und Eisch. In der Reportage wird deutlich, wie damit arbeitsschutzrechtliche Standards angegriffen werden. „Die Saisonarbeit ist geprägt von mangelhafter Unterbringung, Lohnraub, Arbeitszeitbetrug und gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen“, lautet das Fazit der beiden Autoren. Wer sich mit dem Thema genauer befassen will, sollte zu dem 2021 im Unrast-Verlag erschienenen Buch „Die modernen Wanderarbeiter*innen“ greifen, das …
„Grenzgänger*innen des Arbeitskampfs“ weiterlesen
„Fröhliche Ostern, sie sind gefeuert“ lautete das Motto einer
Kundgebung, mit der die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU)
am Karsamstag zu einer Protestkundgebung vor der Rewe-Filiale in
Neukölln aufgerufen hat. Doch das eigentliche Ziel ihres Unmuts war das
Logistikunternehmen Ecocarrier, das auch für die Supermarktkette Waren
per Fahrrad an die Kund*innen ausliefert. Es wirbt damit, für Um-
weltschutz in den Städten zu sorgen. Die Beschäftigten kämen im Logistikunternehmen oft im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Räder“, wie es mehrere ehemalige Mitarbeiter*innen auf der Kundgebung ausdrückten. „Zu Beginn meiner Anstellung vor einem Jahr gab es weniger Probleme. Aber mit der Zeit haben sich …

»Radfahrer absteigen«, »Achtung Baustelle« – an seinem Hänger hat ein Mann verschiedene Symbole und Straßenschilder befestigt. »Das sind einige der Hindernisse, die uns seit Jahren im Straßenverkehr begegnen und behindern«, erklärt er. Er ist am Ostersamstag Teilnehmer einer Fahrraddemonstration, mit der die Verkehrswendeorganisation Changing Cities gegen eine Aufweichung des Mobilitätsgesetzes in die Pedale tritt. Am Auftaktort am Potsdamer Platz versammeln sich zunächst etwa 150 Radfahrer*innen, doch auf der mehr als dreistündigen Tour schließen sich noch weitere an. Der Koalitionsvertrag gefährde die …
„Ein Pedaltritt vorwärts, zwei zurück“ weiterlesen
„Wer glaubt, dass keine Verteilungskämpfe gebe, weil der heiße Herbst der Proteste vergangenes Jahr ausfiel, irrt. Die Klassengegensätze haben im Zuge der massiven Inflation der letzten Jahre zugenommen“, kommentiert der Wirtschaftsredakteur des Neuen Deutschland Simon Poelchau die Bereit vieler Beschäftigter des Öffentlichen Dienstes mit Warnstreiks und Kundgebungen für ein Tarifergebnis zu streiten,Reallohnverluste möglichst verhindern soll. Die kurzzeitigen Arbeitsniederlegungen bei der Müllabfuhr, bei der Flughafensicherheit, bei Kitas oder Post könnten einen Vorgeschmack auf längere Erzwingungsstreiks geben. Dazu brauchen die Streikenden allerdings gesellschaftliche Unterstützung. Am 3. und 4. März haben sich …
„Ungenügsam“ weiterlesen
Auf der Veranstaltung am Wochenende kam auch die staatliche Repression gegen die Klimabewegung zur Sprache. Dass es sich dabei eben nicht nur um Präventivhaft für Mitglieder der Klimagruppe "Letzte Generation" handelt, zeigt der Bericht einer jungen Friday-for-Future-Aktivistin aus Bayern. Sie hatte mehrere der Proteste der Gruppe in ihrer Stadt mit organisiert. Eines Morgens erschien die Polizei zur Durchsuchung im Haus ihrer Eltern, in dem auch die 17-Jährige selbst noch wohnt. Der Grund war ein Schriftzug mit klimapolitischen Forderungen, der in der Stadt angebracht worden war. Die junge Frau bekundete, damit gar nichts zu tun zu haben. Sie sei lediglich ins Visier der Polizei geraten, weil sie eben als Klimaaktivistin polizeibekannt war.
Bei der Klimabewegung herrscht Katerstimmung. Erst scheiterte in der Hauptstadt der Volksentscheid Berlin 2030 Klimaneutral mangels ausreichender Beteiligung – dass mit knapper Mehrheit Ja-Stimmen abgegeben wurden, zählte somit nicht. Das ist für die Aktivisten besonders schmerzlich, weil sie in der Werbung vorher die Abstimmung fast zur Frage, ob die Menschheit noch gerettet werden kann, hochgejazzt hatten. Dann setzten sich im Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung auf Bundesebene die Wirtschaftsinteressen gegen „zu viel“ Klimaschutz durch. Eigentlich nicht überraschend in einer kapitalistischen Gesellschaft. Doch große Teile der jungen Klimabewegung, die bisher der Meinung waren, …
„Niederlagen und Chancen: Wird es eng für die Klimabewegung?“ weiterlesen