Das Berliner Bündnis gegen Abriss organisierte eine Bustour zu verschiedenen von Abriss bedrohten Häusern

Eine ganz besondere Stadtrundfahrt

Auch soziale Gründe sprechen für ihn dafür, sich gegen die Abrisspolitik zu wenden, da bestehende Wohngebäude mit teilweise noch recht günstigen Mieten durch hochpreisigen Neubau ersetzt werden, was unweigerlich zu Verdrängung von Menschen mit geringeren Einkommen führe, so Delon. Deutlich wird das auf einer der Stationen der Anti-Abriss-Tour in der beträchtlich aufgewerteten Kurfürstenstraße in Schöneberg. In diesem Gebiet leben fast ein Drittel der Anwohner von Transferleistungen. Das Bündnis gegen Abriss fordert den Erhalt beziehungsweise den Umbau zu Wohnzwecken von fünf Gebäuden entlang der Kurfürstenstraße.

Rund 60 Menschen, darunter viele Aktivist/innen der Mieter/innenbewegung, trafen sich am 2. April an der Baustelle des Hauses der Statistik in Berlin-Mitte zu einer Bustour. In den nächsten vier Stunden ging es kreuz und quer durch Berlin zu Orten, an denen …

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Leben und leben lassen

Wieder einmal sorgt eine Preisverleihung an den Philosophen Peter Singer für heftige Diskussionen. Jetzt gehen auch einige seiner Anhänger auf Distanz

Es ist ungewöhnlich, dass eine Auszeichnung nach einer lebenden Person benannt wird. Noch ungewöhnlicher ist es, wenn diese Person den nach ihr benannten Preis selbst erhält. Doch genau das wird heute um 18 Uhr in der Berliner Urania geschehen: Der australische Philosoph und Bioethiker Peter Singer wird in der Urania den mit 10.000 Euro dotierten „Peter-Singer-Preis für Strategien zur Tierleidminderung“ [1] entgegennehmen. Moderatorin des Festakts ist die amerikanische „Karnismus-Kritikerin“ Melanie Joy [2]. Europa-Parlamentarier Stefan Bernhard Eck wird darlegen, weshalb er sich in Brüssel für eine andere Tierpolitik auf der Grundlage des Ethikkonzepts von Peter Singer stark macht.

Die Laudatio auf den Preisträger sollte der deutsche Philosoph Michael Schmidt-Salomon [3] halten. Doch wenige Tage vor der Preisverleihung sagte [4] der Vorsitzende der Giordano Bruno Stiftung seine Teilnahme an der Preisverleihung ab. Als Grund führt er ein Interview [5] an, dass Singer kürzlich der Neuen Züricher Zeitung gegeben hat. (Der Philosoph Georg Meggle in Telepolis über Peter Singer:Schwierigkeiten der Medien mit der Philosophie. [6])
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„Ein Embryo hat kein Recht auf Leben“

Dort geht es um genau die Themen, die in Deutschland und in vielen anderen Ländern oft zu Protesten führen, wenn Singer irgendwo auftritt oder einen Preis erhält. Deswegen wird er auch gerne mit den Adjektiven umstritten [7] oder renommiert versehen. Beide Adjektive sagen aber wenig über den Gegenstand der Kontroverse aus.

Gegen die aktuelle Preisverleihung ruft in Berlinein Bündnis „Kein Forum für Peter Singer“ [8] zu Protesten vor der Urania auf. Dass dort Singer als Euthanasie-Befürworter bezeichnet wird, irritiert aus zwei Gründen. Zunächst ist schon der Begriff Euthanasie ein Euphemismus, heißt er doch übersetzt schöner Tod. Unter diesem Begriff wurden im NS Tausende Menschen ermordet, die als unwertes Leben bezeichnet wurden. Es ist fraglich, ob die Kritiker sich einen Gefallen tun, wenn sie Singer, der eine philosophische Position einnimmt, zum Euthanasiebefürworter stempeln. Warum kann Singer nicht kritisiert werden, ohne ihn gleich in die Nähe von Massenmördern zu rücken?

Doch diese Überspitzung hat im Umgang mit Singer Tradition. Immer, wenn eine neue Preisverleihung an Singer ansteht, wird er entweder als der große Humanist oder als Todesphilosoph [9] tituliert. Dass Kritik an seiner Podien berechtigt ist, zeigt sich schließlich an dem Interview in der NZZ, das Schmidt-Salomon zum Rückzug von der Laudatio animierte. In dem Protestaufruf wird auf zwei Zitate von Singer verwiesen, die er sinngemäß in dem NZZ-Interview wiederholt bzw. radikalisiert hat.

„Würden behinderte Neugeborenen bis zu einem gewissen Zeitpunkt nach der Geburt nicht als Wesen betrachtet, die ein Recht auf Leben haben, dann wären die Eltern in der Lage (…), auf viel breiterer Wissensgrundlage (…), ihre Entscheidung zu treffen“, wird aus Singers Bestseller „Praktische Ethik“ [10] zitiert. Im NZZ-Interview radikalisiert Singer diese Auffassung. Ein „Frühgeborenes im Alter von 23 Wochen“ habe „keinen anderen moralischen Status als ein Kind mit 25 Wochen in der Gebärmutter“.

Schmidt-Salomon wies darauf hin, dass Singer in einem philosophischen Disput 1993 noch erklärt habe, dass nur die Geburt „als Grenze sichtbar und selbstverständlich genug“ sei, „um ein sozial anerkanntes Lebensrecht zu markieren. Würde die Vorstellung in das öffentliche Denken eingehen, „dass ein Kind mit dem Augenblick der Geburt nicht zugleich auch ein Lebensrecht besitzt, sinke möglicherweise die Achtung vor kindlichem Leben im allgemeinen“, schreibt Singer in seinem Buch „Muss dieses Kind am Leben bleiben“.

Schmidt Salomon fasst das Motto seiner Organisation so zusammen: „Lebensrecht für Alle. Lebenspflicht für Niemanden“ [11]. Damit soll deutlich gemacht werden, dass es ein individuelles Recht auf Sterbehilfe gib

Urania sagt Iran-Veranstaltung ab

WEGEN MUTMASSLICHER HETZE GEGEN ISRAEL

Die Homepage der Kulturabteilung der iranischen Botschaft bewirbt eine Veranstaltung mit dem Titel „Palästina – Frieden auf Basis von Gerechtigkeit“ am 16. August in der Urania. Doch sie wird dort nicht stattfinden: Urania-Direktor Ulrich Bleyer hat sie im Rahmen seines Sonderkündigungsrechts abgesagt. Als Begründung verweist er auf das Programm und die ReferentInnenliste. „Danach ist davon auszugehen, dass gegen die Urania-Ziele der Völkerverständigung verstoßen wird, weil das Existenzrecht Israels infrage gestellt oder Terror gegen Israel als Widerstand gegen eine Besatzungsmacht legitimiert wird“, erklärte Bleyer.

Zufrieden mit der Ausladung zeigte sich Michael Spaney von der Initiative Stop the Bomb, die seit Jahren gegen die Verharmlosung der Politik des iranischen Regimes kämpft. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte die Initiative in einem offenen Brief die Absage gefordert.

Die Kulturabteilung der Botschaft bemühe sich, durch solche Veranstaltungen Zugang zu Universitäten oder Bildungseinrichtungen zu bekommen, begründet Spaney den Protest. „Auf den ersten Blick erscheinen einige Veranstaltungstitel harmlos, letztendlich geht es jedoch immer darum, Akzeptanz für die islamistische, antisemitische und frauenfeindliche Diktatur zu schaffen“, so Spaney zur taz. Zudem verdeutliche die Todesfatwa gegen Salman Rushdie von 1989 und den in Deutschland lebenden Musiker Shahin Najafi von 2012 das Kulturverständnis des iranischen Regimes.

„Es gibt bestimmte Kreise, die eine künstliche Islamophobie und Iranophobie entstehen lassen“, erklärte der Kulturrat der iranischen Botschaft, Mahdi Imanipour, gegenüber der taz. Ein Ausweichort werde noch gesucht.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F08%2F14%2Fa0142&cHash=ddabe34430e815f921f73fa8d4a43050

Peter Nowak