Unter dem antisexistischen Deckmantel

Rechte Frauengruppe will Ängste nach den Silvesterübergriffen für sich nutzen

Auf den ersten Blick wirkt »Frieda« wie eine Hilfegruppe für Frauen. Doch hinter dem Projekt stehen rassistische Aktivisten, die mit ihrem Angebot verunsicherte Frauen in ihre Falle locken wollen.

»Wir sind Frauen jeden Alters, unterschiedlicher politischer Herkunft und Nationalität.« So lautet der erste Satz im Selbstverständnis der Frauengruppe »Frieda«, die sich vergangene Woche in Köln gegründet hat. Geplant sind Seminare zum Notwehr- und Nothilferecht, Selbstverteidigungskurse für Frauen sowie politische Vorträge und Schulungen. Dabei dürfte es jedoch kaum um feministische Theorie gehen. Die Gründung ist nämlich ein Versuch der extrem rechten Szene, nach den sexistischen Angriffen in der Kölner Silvesternacht die berechtigten Ängste von Frauen auszunutzen.

Der Name der Gruppe macht die politische Stoßrichtung deutlich. »Frieda« ist die Abkürzung für »Frauen gegen die Islamisierung und Entrechtung des Abendlandes«. Im Gründungsmanifest wird klar benannt, gegen wen sich ihre Aktivitäten richten: »Wir sind es leid, dass Frauen in Deutschland zunehmend zu Freiwild werden für eingewanderte Männer, die unsere abendländischen Traditionen und über Jahrhunderte erkämpften Freiheitsrechte mit Füßen treten.« Nach der Gründung ließen sich sechs »Frieda«-Initiatorinnen mit einem Transparent fotografieren, auf dem eine Parole steht, die in rechten Kreisen nach der Kölner Silvesternacht zum Renner geworden ist: »Rapefugees – not Welcome«. Gegen diesen Spruch, der Geflüchtete pauschal zu Vergewaltigern erklärt, liegen juristische Klagen vor.

Auch der Gründungsort ist für »Frieda« Programm. »Unser Fotoshooting fand vor der Kölner St. Ursula Kirche statt, in der laut der Ursula-Legende die Gebeine der von Hunnen ermordeten christlichen Märtyrinnen begraben liegen. Die elf Tropfen im Kölner Stadtwappen stehen auch für die Tränen dieser Kölner Jungfrauen«, heißt es auf der Homepage von »Frieda«. Als Kontaktadresse der rechten Frauengruppe fungiert Judith Wolter. Sie ist eine Mandatsträgerin der rechtspopulistischen Bewegung Pro Köln. Deren »Anti-Islamisierungskongresse« hatten zu massiven antifaschistischen Protesten geführt.

Wenn man die Einträge auf der »Frieda«-Facebookseite liest, wird einem suggeriert, Gewalt gegen Frauen würde es hierzulande ohne Geflüchtete nicht geben. Dort werden Meldungen über angebliche oder tatsächliche Probleme mit arabischen Männern in Schwimmbädern verbreitet. Dass das Festkomitee des Kölner Karnevals in arabisch-sprachigen Broschüren Geflüchtete zum Mitfeiern einlädt, wird mit dem Satz kommentiert: »Da werden sich dieses Jahr in Köln viele Mädchen und Frauen dreimal überlegen, wen sie an Karneval noch anlächeln.«

Inzwischen haben die »Frieda«-Gründerinnen Alice Schwarzer ein Gesprächsangebot gemacht. Die Feministin warnt schon lange vor frauenfeindlichen Tendenzen im Islam. Dass sie sich vor den Karren der Rechten spannen lässt, ist aber unwahrscheinlich. Schließlich setzen sie sich für ein schärferes Abtreibungsrecht ein und agieren gegen einen angeblichen Genderwahn.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/999130.unter-dem-antisexistischen-deckmantel.html

Peter Nowak

„Abendspaziergänger“ ohne Erfolg

Am gestrigen Mittwoch scheiterte der zweite Versuch der Pegida-Bewegung, in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam Fuß zu fassen.

Mehr als 200 Pogida-Anhänger hatten sich am Mittwochabend am Potsdamer Bassinplatz eingefunden. Sie skandierten „Merkel muss weg!“ und „Wir sind das Volk!“ So lautete auch das Motto des „zweiten Potsdamer Abendspaziergangs gegen die Islamisierung des Abendlandes“.  Gefordert wurde dabei die „Sicherheit unserer Familien/ entgegen den sexuellen Übergriffen“ sowie eine „angemessene Asylpolitik“. Weiter wandte man sich gegen „Gewalt gegen Polizeikräfte“ und wolle keinen „Einsatz der Bundeswehr für fremde Interessen“. Die Forderungen waren so allgemein gehalten, das sowohl AfD-Anhänger als auch Mitglieder von neonazistischen Kameradschaften sich davon angesprochen fühlen konnten. Tatsächlich war dieses Spektrum auch auf der Kundgebung am Bassinplatz vertreten.

Doch der „Abendspaziergang“ konnte nicht beginnen, weil sich rund 1000 Anhänger zivilgesellschaftlicher Gruppen  versammeln hatten, um gegen Pogida zu protestieren.  Nach rund eineinhalb Stunden löst die Polizei die Pogida-Kundgebung mit der Begründung auf, dass die Sicherheit der Teilnehmer nicht gewährleistet sei. Bereits am 11. Januar war der erste Pogida-Spaziergang von der Polizei aufgelöst worden, weil die Gegenproteste zu groß waren. (bnr.de berichtete)

Beim ihrem Versuch am gestrigen Mittwoch bekamen  die Pogida-Anhänger Unterstützung aus anderen Städten. In den letzten Tagen war  auf zahlreichen rechten Facebook-Seiten zur Unterstützung  von Pogida aufgerufen worden. Aus Dresden, Leipzig und Berlin waren kleine  Abordnungen von Pegida-Anhängern am 20. Januar nach Potsdam gereist. In diesen Kreisen  würde es als großer symbolischer Erfolg gesehen, wenn sie auch Potsdam ihren Abendspaziergang etablieren könnten.  Der  dritte Versuch wurde schon angekündigt. Nach der Auflösung der Veranstaltung durch die Polizei am Mittwoch schallte aus der Menge der Ruf: „Wir kommen wieder“.

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/abendspazierg-nger-ohne-erfolg

Peter  Nowak

Überfall auf Linksparteiaktivist erfunden?

„Pogida“ mit Startschwierigkeiten

Am gestrigen Monat sind Pegida-Anhänger in Berlin und Potsdam – mit wenig Erfolg – auf die Straße gegangen.

Noch bevor der Bärgida-Aufmarsch vor dem Berliner Hauptbahnhof am Montag begonnen hatte, schallten  die  Parolen der Gegendemonstraten  von „NoBärgida  über den Platz. Bald stellte sich heraus, dass die Gegner mit über 200 Demonstrierenden gegenüber den knapp 120 „Bärgida“-Teilnehmern in der Mehrheit waren.

Einziger „Bärgida“-Redner war  der „pro Deutschland“-Funktionär Karl Schmitt, der seit Monaten die Aufmärsche anmeldet und eröffnet. Im Mittelpunkt seiner Rede standen die Kölner Ereignisse in der Silvesternacht. Dabei  erging sich  Schmitt in verschwörungstheoretischen  Vermutungen, dass die „Globalisten“  solche Ereignisse gezielt planten, um eine „braune Menschenrasse“ zu erzeugen, über die angeblich schon vor Jahrzehnten in den USA geschrieben worden sei. Zudem würden, so Schmitt, die Globalisten  gezielt die „Abschaffung der Völker“ betreiben, um ihren sozialistischen Zielen näher zu kommen. Das Interesse der Zuhörer hielt sich in bei solchen Ausführungen allerdings in Grenzen. Größeren Applaus erhielt Schmitt nur, als  er das  Hochziehung der Grenzen und die schnelle Abschiebung von Flüchtlingen forderte und  seine Rede mit dem Bekenntnis beendete, solange wieder auf die Straße zu  gehen, bis Deutschland wieder den Deutschen gehöre.

Nach knapp 30 Minuten war die Kundgebung beendet und ein Großteil der Teilnehmer stieg in zwei Busse nach Potsdam. Damit sollte der erste „Spaziergang gegen die Islamisierung des Abendlandes“ von Pogida am 11. Januar in der Brandenburger Landeshauptstadt unterstützt werden. Doch der erste öffentliche Auftritt des neuen Pegida-Ablegers hatte große Startschwierigkeiten. Zunächst wurden die Busse aus Berlin  durch Blockaden eines Gegenbündnisses behindert. Danach wurde auch  die geplante Demonstrationsroute blockiert. So beschränkte sich die erste  Pogida-Aktion auf langes Stehen auf dem Potsdamer Bassinplatz. Gegen 22.15 Uhr drängte die Polizei  auf die Auflösung der Kundgebung und geleitete die Teilnehmer zum Hauptbahnhof.  Nach Angaben der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ (PNN) wurde erstmals bei einem NPD-gesteuerten Protest gegen eine  Flüchtlingsunterkunft  in der vergangenen Woche öffentlich zu Pogida aufgerufen. Der Anmelder Christian M. aus Potsdam  habe auf seiner Facebook-Seite offen mit der NPD sympathisiert.

aus:

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/pogida-mit-startschwierigkeiten

Peter Nowak

Zurück Diktatur der Gutmenschen oder diskriminierungsfreie Berichterstattung?

Die Debatte über den Pressekodex zur Nennung der Zugehörigkeit zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten: Eine differenzierte Sichtweise ist nicht das Anliegen der rechten Gegner des Kodex

Messerattacken auf Linksparteiaktivist und Schüsse auf Geflüchtete

Die rechte Gewalt ist seit Jahresbeginn eskaliert

Der Schweriner Linksparteiaktivist Julian Kinzel verdankt einzig seiner dicken Winterjacke, dass er bei einer Messerattacke in Wismar[1] keine schwereren körperlichen Verletzungen davon trug.

„Die drei Täter schlugen ihn nieder und stachen, nach Aussage der behandelnden Ärzte, mit einem Messer etwa 17-mal auf ihr Opfer ein. Dabei wurde er als ’schwule Kommunistensau‘ beschimpft. Dies und die Bekleidung eines der Täter mit szenetypischer Bekleidung (Thor Steinar) nähren den Verdacht, dass es sich um eine rechtsextremistisch motivierte Straftat handelt“, heißt es auf der Homepage der Schweriner Linkspartei.

Wismar hat in den vergangenen Jahren schon öfter durch rechte Gewalt für Aufsehen gesorgt. So wurde dort 2007 eine Demonstration gegen rechte Gewalt von einem von Neonazis bewohnten Haus aus angegriffen[2]. Zwei Jahre später gingen Neonazis vor einem rechten Szeneladen erneut auf demonstrierende Antifaschisten mit Gewalt vor. Auf einen Video[3] ist zu sehen, wie Polizisten nur mit gezogener Waffe die Rechten vor weiteren Angriffen auf die Demonstranten abhalten konnten. Doch die rechte Gewalt ist längst ein bundesweites Problem.

Der Bundesvorstand der Linken stellt den Angriff gegen Kinzel in den Rahmen der wachsenden rechten Radikalisierung, die in den letzten Monaten in Deutschland zu verzeichnen war. „Seit Monaten erleben wir einen zunehmenden Extremismus von rechts, eine zunehmende Radikalisierung, die bis in die Mitte der Gesellschaft reicht: Angriffe auf Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkünfte, ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, auf Politikerinnen und Politiker und deren Büros. Demgegenüber steht eine unzureichende Anzahl an Täterermittlungen und eine unterirdische Aufklärungsquote“, schreibt[4] der Bundesgeschäftsführer der Linken Matthias Höhn.

In den letzten Monaten sind die Angriffe auf Parteibüros der Linken stark angewachsen[5]. Dabei wurden Mitarbeiter als „Volksverräter“ beschimpft und verbal mit dem Tode bedroht. Neben Aktivisten der Linken waren auch Grüne[6] und Sozialdemokraten betroffen, die sich für die Rechte der Geflüchteten eingesetzt haben. Es ist eindeutig, dass die Hetze gegen Geflüchtete ein Katalysator der rechten Angriffe ist. Dabei geraten auch Unterstützer aus Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen ins Visier der Rechten.

Schüsse auf Geflüchtete

Am 4. Januar 2016 haben sich auch die monatelangen Angriffe auf Geflüchtete noch einmal verschärft. Im hessischen Dreieich wurde erstmals in eine bewohnte Unterkunft geschossen[7]. Ein junger Syrer wurde getroffen und musste im Krankenhaus behandelt werden. „Kurz vor 02.30 Uhr wurden auf ein Fenster des Gebäudes mehrere Schüsse abgegeben, von denen einer den dort Schlafenden leicht verletzte. Der Mann wurde in ein Krankenhaus gebracht und konnte dies nach kurzer ärztlicher Behandlung wieder verlassen“, heißt es in einer Pressemeldung[8] des Polizeipräsidiums Südhessen.

Neben diesen spektakulären Angriffen wächst auch der Alltagsrassismus rund um Flüchtlingsunterkünfte in bestimmten Regionen. Dazu gehört Marzahn-Hellersdorf, das sich Neonazis und Rechtspopulisten schon 2013 als den Stadtteil ausgesucht haben, in denen sie sich als Nachbarn und besorgte Bürger für die Errichtung einer national befreiten Zone organisierten (Willkommensgruß für Flüchtlinge und Polizeischutz[9]). Nachdem sie ihr Ziel nicht erreichen konnten, hat der Alltagsrassismus in der Region zugenommen.

Erst vergangenen Monat fand der letzte registrierte rassistische Angriff in dem Stadtteil satt. „Tatort war die bereits in 2014 und 2015 extrem belastete Gegend um die Kreuzung Blumberger Damm/Landsberger Allee“, erklärt[10] eine Mitarbeiterin der Antirassistischen Registrierstelle an der Alice Salomon Hochschule.

Ihrer kontinuierlichen Recherche[11] ist es zu verdanken, dass die rechte Alltagsgewalt registriert wird. Vor allem vor und nach dem Einzug der Geflüchteten in die ehemalige Schule in dem Stadtteil wurde die Situation von einem großen Teil der Medien sehr genau beobachtet. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Wenn nicht besonders spektakuläre Angriffe wie in Dreieich passieren, sind die Medienreaktionen mittlerweile gering. Der Alltagsrassismus, mit dem die Geflüchteten, aber auch die Bewohnerinnen und Bewohner, die sich mit ihnen solidarisieren, konfrontiert sind, wird so normalisiert.

http://www.heise.de/tp/artikel/47/47074/1.html

Peter Nowak

Anhang

Links

[1]

http://www.die-linke-schwerin.de/politik/meldungen/detail/zurueck/aktuelles-19/artikel/messerattacke-auf-politiker-verurteilt-2/

[2]

http://www.lobbi-mv.de/nachrichten/rechte-angriffe-auf-antifaschistische-demonstration-in-wismar/

[3]

http://www.youtube.com/watch?v=mmn0OzQHDo4

[4]

http://www.die-linke.de/nc/die-linke/nachrichten/detail/artikel/zum-anschlag-auf-das-schweriner-linke-mitglied-julian-kinzel/

[5]

https://www.tagesschau.de/inland/angriffe-parteibueros-101.html

[6]

http://www.taz.de/!5200412/

[7]

http://www.derwesten.de/politik/nach-schuessen-auf-fluechtlinge-in-hessen-ich-habe-angst-id11430950.html

[8]

http://www.presseportal.de/blaulicht/pm/43561/3215999

[9]

http://www.heise.de/tp/news/Willkommensgruss-fuer-Fluechtlinge-und-Polizeischutz-2017516.html

[10]

https://www.ash-berlin.eu/profil/ag-s/ak-rechte-gewalt/aktuelles

[11]

http://berliner-register.de/chronik/marzahn-hellersdorf

AfD streitet über Umgang mit ihren Fundamentalisten

Der neue Streit über Höcke, hinter den sich AfD-Vize stellte, entscheidet auch darüber, ob die Partei ein potentieller Koalitionspartner der Union oder eine rechte Systemopposition wird

In den letzten Wochen war er der Lautsprecher der AfD[1]. Auf den von der Partei initiierten Demonstrationen in Erfurt und auch in anderen, vor allem ostdeutschen, Städten war er der Publikumsmagnet. Nun gibt sich der Noch-Vorsitzende der Thüringer AFD, Björn Höcke, medienscheu:

Es gab viele Nachfragen zur Reaktion von Björn Höcke auf die Pressemitteilung des Bundesvorstands heute. Björn Höcke hat es bisher immer so gehandhabt, dass er parteiinterne Angelegenheiten auch intern geklärt hat – und nicht über die Medien. Das möchte er auch weiterhin so handhaben. Er hat bereits ausdrücklich Fehler eingeräumt. Alles Weitere möchte er persönlich mit seinen Parteifreunden besprechen. An dieser Stelle würden wir aber gerne ausdrücklich darauf hinweisen, dass die mediale Berichterstattung über die heutige Bundesvorstandssitzung, die nahelegt, dass Herr Höcke die Partei verlassen soll, nicht richtig ist: Es gab keinerlei Parteiordnungsverfahren gegen Björn Höcke und auch keine Mehrheit dafür.Facebookseite[2] von Björn Höcke

Facebookseite von Björn Höcke

In den wenigen Sätzen finden sich gleich mehrere Geschichtsklitterungen. Dass Höcke parteiinterne Angelegenheiten immer parteiintern geklärt hat, gilt zumindest für die Ägide des Parteivorsitzenden Lucke keineswegs. Schließlich hat er die Erfurter Resolution[3] formuliert, eine klare Kampfansage des rechten Flügels der Partei an den damaligen Vorstand. Allein die Namen der Erstunterzeichner machen deutlich, dass Höcke in der AfD keineswegs isoliert ist, noch weniger in der möglichen Wählerbasis der Partei.

Daher wird sich die AfD gut überlegen, ob sie Höcke wirklich aus der Partei wirft. Denn ein solcher Schritt wäre mit Flügelkämpfen bis zur Spaltung verbunden. Höcke hätte rechts von der AfD genügend Optionen für eine Fortsetzung der rechten Karriere. Selbst ein Eintritt in die NPD wäre denkbar und könnte der Partei zumindest in Ostdeutschland helfen, sich gegenüber der AfD als das rechte Original zu profilieren. Wahrscheinlicher wäre aber ein Mitmischen Höckes in den verschiedenen Versuchen von Pegida-Gründern, sich auch parteipolitisch neben der AfD zu profilieren.

Das alte Misstrauen zwischen einer Partei und einer Bewegung, das die Linke seit Jahrzehnten prägt, ist jetzt auch ein Phänomen, das die rechte Szene beschäftigt. Das Misstrauen bei der rechtspopulistischen Basisbewegung ist groß, dass die AfD Pegida und ähnliche Straßenproteste jetzt vereinnahmen will, um sich einen Platz im Parlament zu sichern und dann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit der Union in Kooperation zu treten.

Selbst Höcke war für die Union als Koalitionspartner denkbar

Solche Überlegungen sind sehr real. In der thüringischen CDU gab es nach ihrer Wahlniederlage durchaus Überlegungen, mit der AfD zu kooperieren[4], um so eine Regierung unter Führung der Linkspartei zu verhindern.

Höcke war sogar kurzzeitig als Justizminister von Thüringen im Gespräch. Diese Pläne wurden nicht weiter verfolgt, weil die dafür nötigen Abweichler aus der SPD oder den Grünen im Landtag nicht zu finden waren, die unter allen Umständen eine Regierung unter den Linkssozialdemokraten Ramelow verhindern wollten. Abgehalferte Sozialdemokraten wie der rechte Sozialdemokrat Stefan Sandmann[5], die mit der Regierung Ramelow die DDR wieder auferstanden wähnten, wären dazu bereit gewesen, hatten aber kein Mandat.

Auch außerhalb der Union gab es schon bei den ersten Wahlerfolgen der Union Stimmen, die die AfD in ein Bündnis einbauen wollen. Sie stellen zunächst erfreut fest, dass mit der Einzug der AfD in mehrere Landtagen eine Koalition links der Union schwieriger werde, weil sie schlicht keine Mehrheit mehr habe. Solche Überlegungen spielen auch bei vielen AfD-Politikern eine große Rolle. Sie sehen sich nicht als Daueropposition, sie wollen mitregieren – und das wollen sie sich auch von Björn Höcke nicht vermiesen lassen.

Warum der Front National der AfD zu links ist

Hier besteht auch der Hauptdissens innerhalb der AfD. Es geht weniger um Inhalte, sondern um die Verpackung. Die AfD ist auch nach dem Abgang von Lucke und Henkel im Kern eine wirtschaftsliberale Partei. Dies passt aber nicht zu der Klientel, den Pegdia-Teilnehmern und denen, die Höcke applaudieren. Darunter sind auch viele Menschen, die zu den sozial Abgehängten gehören und die eine soziale Politik für deutsche fleißige Staatsbürger fordern.

Neoliberalismus halten sie eher für einen Exportschlager aus den USA. Sie fordern also eine Politik, mit der die Nationalkonservative PiS in Polen kürzlich die Wahlen gewonnen und mit welcher der Front National in Frankreich große Wahlerfolge eingefahren hatte. Dass Björn Höcke dem Front National dafür gratulierte, wird von der Mehrheit im AfD-Vorstand kritisiert.

Das muss eigentlich verwundern, denn die AfD, die es bundesweit in Umfragen gerade mal über die 5 Prozent schafft, könnte sich doch durch gute Beziehungen zu Frankreichs an Wählerstimmen reicher Partei aufgewertet fühlen. Zudem sind sich beide Parteien in den entscheidenden Fragen zur Einwanderung, den Umgang mit Moslems und der Ablehnung der EU weitgehend einig[6].

Doch der wirtschaftsliberalen Mehrheit im AfD-Vorstand ist die Partei nicht rechts genug. Die Parteivorsitzende Frauke Petry brachte die Differenz auf den Punkt, wenn sie den FN als linke Partei bezeichnet. Auf EU-Ebene scheint die Spaltung in wirtschaftsliberale und nationalsoziale Rechte zumindest durch Formelkompromisse überwindbar.

Schließlich kooperiert im EU-Parlament, der nach Pauly angeblich linke Front National mit der Freiheitspartei von Geert Wilders, deren erklärte wirtschaftsliberale Programmatik für die AfD ein Vorbild ist, in einer Fraktion[7]. Viele der heutigen AfD-Mitglieder waren in der Kleinstpartei „Die Freiheit“[8] aktiv, die ein besonders enges Verhältnis zu Wilders und seiner Partei hatte.

In Deutschland aber war die politische Landschaft rechts der Union wirtschaftspolitisch immer tief in Wirtschaftsliberale wie den Republikanern, dem Bund Freier Bürger und ähnlichen kurzlebigen Gruppierungen und den wirtschaftspolitisch nationalsozial gepoolten Gruppen wie der NPD gespalten. Es geht dabei nicht nur um Parteiprogramme, es ging auch um unterschiedliche kulturelle Milieus.

Der rechte Familienunternehmer und der Fußballproll haben im Lebensalltag wenig gemeinsam. Mit Pegida wird auf der Straße ein Brückenschlag zwischen diesen kulturell diversen Milieus versucht. Höcke und Co. versuchen ihn auf parteipolitischer Ebene. Hier liegen die eigentlichen Hintergründe des interparteilichen Dissenses, den Beobachter der AfD schon lange erwartet hatten.

Höckes Gerede über ein unterschiedliches Paarungsverhalten von Menschen in Europa und Afrika, das im wesentlich fragwürdige biologistische Thesen nachbetet, aber deswegen noch keine NS-Ideologie darstellt, war dann eher der willkommene Anlass dafür, den auftrumpfenden Flügel um Höcke einen Dämpfer zu verpassen.

Junge Freiheit versus Compact

Stichwortgeber ist dabei der Ex-Burschenschafter Dieter Stein, der als Chefredakteur der Jungen Freiheit publizistisch für eine AfD kämpft, die eine Art konservativere CDU und im Zweifel immer für diese koalitionsbereit sein soll. Stein hatte sich schon beim Streit um Lucke und Henkel auf der Seite der späteren Verlierer befunden. Nun versucht er, die AfD vor den eigenen Fundis zu retten. In einen JF-Kommentar schreibt[9] er nach dem Bekanntwerden von Höckes bioligistischen Äußerungen:

Für Höckes erneute, bewußt provokative Entgleisung muß die Parteiführung fast dankbar sein. Sie schafft den Anlaß, den Kurs der Partei deutlich zu klären. Will sich die AfD, die die einmalige Chance hat, sich als frische, moderne politische Alternative zu etablieren, von radikalen Sektierern Programmatik und Außenbild bestimmen lassen?

Auch bei den Grünen kam es in den achtziger Jahren zunächst zum Abbruch eines gemäßigten Flügels, später dann unter schweren Kämpfen zur Abtrennung eines linksextrem-fundamentalistischen Flügels. Es kam sogar zum Ausschluß von Landesverbänden. Ähnliches steht der AfD noch bevor. Die Reaktion des Bundesvorstandes von Sonntag war halbherzig. Die AfD könnte mit einem Befreiungsschlag nur gewinnen. Wichtig ist, daß endlich das andere, sympathische Gesicht zum Vorschein kommt.Dieter Stein

Dieter Stein

Das ist die Stimme der wirtschaftsliberalen Klientel, die mit der AfD Karriere und Posten verbindet. Demgegenüber steht der rechte Newcomer Jürgen Elsässer, der in seiner Publikation Compact für Höcke Partei ergreift[10] und gleich noch seinen alten Streit mit der JF pflegt. Wer sich sowohl in als auch außerhalb der Partei durchsetzt, ist offen.

Es ist gut möglich dass Höcke noch einmal mit einem Verweis davon kommt und er zum wiederholten Male Mäßigung in öffentlichen Auftritten verspricht. Eine Zwangsentfernung Höckes vom thüringischen Landesvorsitz wäre für die AfD besonders riskant. Schließlich ist die Fraktion nach dem Ausschluss von Höcke-Kritikern weitgehend auf Linie gebracht. Die Gefahr, dass hier eine ostdeutsche AfD-Konkurrenz entstünde, ist zu groß, auch wenn Stein diese Option durchaus in Erwägung zieht. Außerdem wollen Petry und Co. vor allem verhindern, dass Höcke die bundesdeutsche AfD-Politik bestimmt. Daher müssten sie ja ein Interesse haben, ihn mehr in der Landespolitik zu binden.

Mittlerweile hat der AfD-Vize Alexander Gauland Frauke Petry gegenüber der Bild-Zeitung kritisiert[11] und Höcke in Schutz genommen: „Der Bundesvorstand hat ausdrücklich keine Maßnahmen gegen Björn Höcke beschlossen und ihn nicht verurteilt. Ich finde es falsch und zutiefst unfair, dass sie das jetzt umdeutet und etwas anderes vertritt, als vom Vorstand beschlossen wurde.“

Der Streit zeigt auch, wie die AfD in guter rechter Tradition steht. In allen rechten Formationen der letzten Jahrzehnte standen sich in den Auseinandersetzungen egomanische Personen gegenüber, die noch jedes dieser Projekte zum Scheitern brachten. Auch das kann eine Perspektive der AfD sein.

http://www.heise.de/tp/artikel/46/46923/2.html

Anhang

Links

[1]

http://www.alternativefuer.de/

[2]

https://www.facebook.com/Bjoern.Hoecke.AfD/

[3]

http://derfluegel.de/die-erfurter-resolution-wortlaut-und-erstunterzeichner/

[4]

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-12/cdu-afd-thueringen

[5]

http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Ilmenauer-SPD-Politiker-Stefan-Sandmann-tritt-aus-seiner-Partei-aus-902197598

[6]

http://www.stern.de/politik/ausland/marine-le-pen-und-front-national–wie-sich-fn-und-afd-unterscheiden-6593048.html

[7]

http://www.europarl.europa.eu/meps/de/search.html?politicalGroup=4907

[8]

http://diefreiheit.org/home/

[9]

https://jungefreiheit.de/debatte/streiflicht/2015/die-anderen-gesichter/

[10]

https://juergenelsaesser.wordpress.com/2015/12/18/skandal-bild-und-junge-freiheit-wollen-hoecke-stuerzen/

[11]

http://www.bild.de/politik/inland/alternative-fuer-deutschland/vor-zerreiss-probe-wegen-hoecke-43873748.bild.html

Beate Zschäpe: Teufel oder Diddl-Maus?

Die Soziologin Charlie Kaufhold hat Medienberichte über Beate Zschäpe analysiert und kommt zu einem kritischen Befund. Die Ergebnisse hat sie am 16. Dezember auf einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt.

„Der Teufel trägt Prada“ titelte der Südkurier und die Bild-Zeitung textete „Der Teufel hat sich schick gemacht“. Die taz zitiert Nachbarn von Beate Zschäpe, die sie als Diddl-Maus bezeichneten. Die Soziologin Charlie Kaufhold hat sich in dem kürzlich erschienenen Buch (http://www.edition-assemblage.de/in-guter-gesellschaft/) „In guter Gesellschaft? Geschlecht, Schuld & Abwehr in der Berichterstattung über Beate Zschäpe“ mit dem medialen Bild der Hauptangeklagten des NSU-Verfahrens befasst. Für ihre Untersuchung…

„Beate Zschäpe: Teufel oder Diddl-Maus?“ weiterlesen

Zschäpe: Teufel oder Diddl-Maus?

Hilfe zur Selbsthilfe

Flüchtlingsinitiativen diskutierten über Asylpolitik und Integration

Initiativen befürchten, das Flüchtlinge nur Jobs im Niedriglohnsektor bekommen. Das wollen sie verhindern.

Nach den Anschlägen von Paris sind die Probleme der Geflüchteten in den Medien in den Hintergrund getreten. Oft wird sogar den Menschen, die vor islamistischem Terror fliehen, eine Mitverantwortung für die Attacken gegeben. Weitere Verschärfungen der Asylgesetzgebung sind in Vorbereitung. Darüber diskutierte das linke »Hate«-Magazin mit Gruppen, die sich seit Monaten in der Flüchtlingshilfe engagieren.

Die zivilgesellschaftliche Initiative »Moabit hilft!« gehörte zu den ersten Gruppen, die sich um die Neuankömmlinge kümmerte. Sie organisierte die Erstversorgung vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in der Turmstraße. »Während wir hier diskutieren, stehen mindestens 150 Geflüchtete vor dem LAGeSo an, um am nächsten Morgen möglichst die Registrierung nicht zu verpassen«, berichtete Christine Beckmann von »Moabit hilft!«. Sie habe immer wieder die Verzweiflung erlebt, wenn sie nach stundenlangem Warten mit einem Stempel weggeschickt wurden, der ihnen bescheinigte, dass ihr Fall wieder nicht bearbeitet werden konnte. Beckmann spricht von massenhaften Verletzungen der Grundrechte der Geflüchteten.

Für Joshua Schulz von der antirassistischen Kampagne »Deutschland demobilisieren«, die von der Naturfreundejugend initiiert wurde, sind die geschilderten Zustände nicht nur Folge von behördlichem Versagen und Überforderung. Er sieht darin auch das Ziel, Flüchtlinge abzuschrecken. Seine Initiative hat in den letzten Monaten in verschiedenen Teilen Deutschlands gegen rassistische Mobilisierung interveniert. Seine Kampagne betont, dass bei den Bildern über die deutsche Willkommenskultur diese Mobilisierung nicht vergessen werden darf. Bei der Fülle der rassistischen Aktivitäten sei es allerdings nicht möglich, auf alle Aktionen zu reagieren, betont Schultz.

Peter Schaber vom linken lowerclass-Magazin regte dagegen eine stärkere Organisierung der Geflüchteten an. Als Beispiel nannte er die kurzzeitige Besetzung eines leerstehenden Gebäudes der Technischen Universität (TU) Berlin, dass als soziales Zentrum mit Schwerpunkt Flüchtlingsselbstorganisierung dienen sollte. Es wurde allerdings nach wenigen Stunden geräumt. Er verwies auch auf eine Aktion von afghanischen Geflüchteten, die vor dem LAGeSo gegen ihre Behandlung protestiert hatten. Schabers Perspektive ging über die Hilfsaktionen am LAGeSo hinaus. »Viele der Geflüchteten werden im Niedriglohnsektor landen, und die Lobbyorganisationen der Wirtschaft bereiten sich schon darauf vor. Hier müssten unsere Aktionen ansetzen, damit wir uns gemeinsam gegen solche Niedriglöhne und die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse wehren«.

Enttäuschend war dann, dass die Anfragen aus dem Publikum über die Mitwirkung von Gewerkschaften in der Diskussion kaum aufgegriffen wurden. Dabei hatte die Aufnahme von Geflüchteten bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Hamburg auch gewerkschaftsintern für heftige Debatten gesorgt. Immerhin gibt es Initiativen, eine Mitgliedschaft von Geflüchteten in Gewerkschaften zu erleichtern.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/992363.hilfe-zur-selbsthilfe.html

Peter Nowak

Xavier Naidoo – die deutsche Stimme beim Euro Vision Song Contest

Die Angst des Wolfgang Schäuble vor Geflüchteten

Auf Rechtsaußenkurs

Berliner AfD-Vorstandsmitglieder positionieren sich einschlägig in einem auf der Homepage des Landesverbandes veröffentlichten Text.

„Mehrere staatliche Ebenen unterhalten eine paramilitärische Einheit namens Antifa, die zur Unterdrückung von Grundrechten in Stellung gebracht wird.“  Diese Behauptung ist in den Kreisen der extremen Rechten durchaus  verbreitet.  Seit wenigen Tagen steht sie auch auf der Homepage der Berliner „Alternative für Deutschland“ (AfD). Unter dem Titel „Grundrechte im Belagerungszustand“ haben die beiden Berliner AfD-Vorstandsmitglieder Ronald Gläser und  Harald Laatsch  einen Text verfasst,  der nicht nur in der Charakterisierung der Antifa Gedankengut  von Rechtsaußen aufnimmt. Die Meinungsfreiheit sei  in Deutschland in Gefahr, heißt es in dem Artikel. In fünf Punkten wollen die Autoren diese These begründen.

In Punkt zwei wird die Ausgrenzung kritischer Journalistinnen und Journalisten angeführt und als  Beispiel der Autor Akif Pirincci genannt.  Weil der Buchhandel nach Pirinccis Hetzrede gegen Geflüchtete und andere Minderheiten zum Pegida-Jahrestag am 19. Oktober in Dresden dessen Bücher nicht mehr ausliefern will, schreibt das Berliner AfD-Duo, dass an dem Autor „eine virtuelle Bücherverbrennung“  initiiert werde. Von Pirinccis Dresdner Rede, die in dem Bedauern gipfelte, dass es in Deutschland keine Konzentrationslager mehr gibt, haben sich  selbst  einige  Pegida-Initiatoren im Nachhinein distanziert. In dem Text der Berliner AfD-Vorständler findet sich allerdings kein kritisches Wort zu Pirinccis Auftritt.

In Punkt fünf kommen Gläser und Laatsch schließlich zu dem Schluss, dass  Protest gegen rechte Veranstaltungen eigentlich verboten gehöre. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Wort ‘Gegendemonstration‘ den Verfassungsbruch bereits beinhaltet. Der Grundgesetzartikel 8 Abs. 1 lautet: ‘Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln’“, heißt es in dem Text.  Ronald Gläser, einer der beiden Autoren des Textes,  ist  langjähriger Mitarbeiter der  Wochenzeitung „ Jungen Freiheit“ und anderer rechter  Publikationen wie der Zeitschrift „eigentümlich frei“.

aus:

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/auf-rechtsau-enkurs

Peter Nowak

Krude rechte Thesen bei der Berliner AfD

RECHTE: Auf der Webseite des Landesverbands wird die Hassrede Pirinccis verteidigt
„Mehrere staatliche Ebenen unterhalten eine paramilitärische Einheit namens Antifa, die zur Unterdrückung von Grundrechten in Stellung gebracht wird.“  Diese Behauptung ist in den Kreisen der extremen Rechten durchaus  verbreitet.  Seit Kurzen steht sie auch auf der Homepage der Berliner Alternative für Deutschland (AFD). Unter dem Titel „Grundrechte im Belagerungszustand“ haben die beiden Berliner AFD-Vorstandsmitglieder Ronald Gläser und  Harald Laatsch  einen Text verfasst,  der nicht nur in der Charakterisierung der Antifa   Gedankengut  von Rechtsaußen aufnimmt. Die Meinungsfreiheit sei  in Deutschland in Gefahr, heißt es in dem Papier. In fünf Punkten wollen die Autoren diese These begründen.
In Punkt zwei wird die Ausgrenzung kritischer JournalistInnen angeführt und als  Beispiel der Autor  Akip Pirincci genannt.  Weil sein Verlag nach dessen Dresdner Hetzrede gegen Geflüchtete und andere Minderheiten zum Pegida-Jahrestag am 19.10. 2015 seine Bücher nicht mehr ausliefern will, schreibt das AfD-Duo, dass an Pirincci „eine   virtuelle Bücherverbrennung“  initiiert werde.   Zu Pirinccis  Dresdner Rede, die in dem Bedauern gipfelte, dass es in Deutschland keine Konzentrationslager mehr gibt, haben sich  selbst  einige  Pegida-InitiatorInnen im Nachhinein distanziert. In dem Text der Berliner AFD-Vorständler findet sich allerdings kein kritisches Wort zu dessen Auftritt.         In Punkt 5 kommen Gläser und Laatsch schließlich zu dem Schluss, dass  Protest gegen rechte Veranstaltungen eigentlich verboten gehört. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Wort „Gegendemonstration“ den Verfassungsbruch bereits beinhaltet. Der Grundgesetzartikel 8 Abs. 1 lautet: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

aus Taz-Berlin, 11.11.2015
Peter Nowak

Die bisher politisch heimatlose Rechte in Deutschland formiert sich

Die Herbstoffensive der AfD, der rechte zivile Ungehorsam, aber auch die zunehmende rechte Gewalt zeigen, dass rechts der Union einiges in Bewegung gekommen ist

Ca. 5000 Demonstranten hat die AFD am 7.11. in Berlin unter dem Motto „Asyl braucht Grenzen“[1] auf die Straße auf die Straße gebracht. Es gab Gegenproteste und kleinere Rangeleien[2] (AfD-Demo: Erfurter Verhältnisse in Berlin[3]).

Nun könnte man sagen, dass die rechte Demo ein Flop war. Schließlich wurde dafür bundesweit geworben und noch vor einer Woche hatte die AFD selber mit der doppelten Zahl der Teilnehmer gerechnet. Allerdings war es die größte rechtspopulistische Demonstration seit Jahren in Berlin, weil es dort Pegida und seinen Ablegern bisher nie gelungen ist, über die rechte Szene hinaus zu mobilisieren. Allerdings war es im vergangenen Jahr „Nein zum Heim“-Kampagnen gelungen, in Stadtteilen auch scheinbar unpolitische Anwohner mit einzubinden.

Die neue Rolle der AFD als rechtspopulistische Partei

Was sich am Samstag allerdings zeigte, ist die neue Rolle der AfD als rechtspopulistische Partei, die versucht, die diversen bisher eher auseinanderstrebenden Teile des rechten Spektrums unter einfachen Losungen zu vereinen.

In Berlin waren AFD-Plakate mit der Losung „Wir sind das Pack“ zu sehen. Das letzte Wort war durchgestrichen und durch „Volk“ ersetzt. Diese Losung hatte nach der Pegida-Schelte von Sigmar Gabriel und Heiko Maas bei verschiedenen Pegida-Aufmärschen die Runde gemacht. Dass diese Parole nun zum AFD-Motto wurde, macht deutlich, dass die AfD nun zur Pegida-Partei geworden ist.

Dass die Grenze zwischen Rechtspopulismus und extremer Rechte fließend sind, zeigt ein Blick auf die Homepage der Berliner AfD[4]. Unter dem Titel „Grundrechte im Belagerungszustand“[5] findet sich dort ein Text, der auch auf der Homepage der NPD stehen könnte. In ihm werden sämtliche rechten Mythen als Tatsachen aufgetischt.

So wird die Antifa „als paramilitärische Einheit“ bezeichnet, „die zur Unterdrückung von Grundrechten in Stellung gebracht wird“ und dafür angeblich noch Aufwandsentschädigung bekommt. Ausdrücklich solidarisieren sich die Autoren des AfD-Beitrags, darunter der langjährige Junge-Freiheit-Autor Ronald Gläser, mit Akif Pirincci, der wegen seiner Hetze gegen Geflüchtete und andere Minderheiten vor zwei Wochen in Dresden sogar von manchen Teilnehmern der Pegida-Demonstration ausgepfiffen wurde.

Wegen seiner Äußerung zu Konzentrationslagern in Deutschland bekam er auch von seinen bisherigen Verlagen Ärger. In dem AfD-Beitrag wird mit keiner Silbe ein Wort der Kritik am Pirincci-Auftritt geäußert. Er wird vielmehr zum Opfer von vermeintlichen Gutmenschen stilisiert. Am Ende wird noch jeder antifaschistischen Gegendemonstration die Legitimität abgesprochen, weil nach Meinung der Autoren „das Wort Gegendemonstrant den Verfassungsbruch bereits beinhaltet“.

Nicht nur in Berlin, auch bundesweit hat sich die AfD sich zu einer Partei entwickelt, die in etwa dem Front National in Frankreich gleicht. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis sich diese Ausrichtung auch in der europäischen Kooperation niederschlägt. Damit ist nun Realität, was Beobachter der rechten Szene immer als Worst-Case-Szenario bezeichneten, eine Partei rechts der Union, die auch Wahlen gewinnen kann. Über ihre mittelfristige Perspektive ist damit noch wenig gesagt.

Bisher haben sich alle Parteien rechts der Union selber zerlegt, von der NPD über die Republikaner bis hin zur Schill-Partei. Die aktuellen Bruchlinien in der AfD-Führungsspitze verlaufen vermeintlich zwischen dem ultrarechten Björn Höcke aus Thüringen und dem aktuellen Vorstand. Dabei dürfte es aber weniger um inhaltliche Differenzen als um die Fragen von Macht, Posten und Einfluss gehe. Doch die AfD könnte einen Trumpf gegenüber den anderen gescheiterten Rechtsformationen haben. Sie agiert in einer Zeit, wo rechte Aktivitäten der unterschiedlichen Art im Ansteigen sind.

Ziviler Ungehorsam von Rechts

Längst wurde dabei auch von AFD-Politikern die Ebene der Kundgebungen und Demonstrationen verlassen. Es werden Zugänge zu Flüchtlingsheimen und Grenzübergänge blockiert. So planen rechte Gruppen am 8.November die Blockade eines Grenzübergangs zu Österreich[6]. Solche Aktionen schaffen auch eine rechte Kultur und vielleicht sogar Subkultur, die sich über die gemeinsamen Aktionen definiert und zusammen schweißt.

Und dann gibt es da noch die Zunahme rechte Gewalt gegen Geflüchtete, die auf dem Bundestreffen aller Mitgliedsorganisationen des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt[7] am ersten Novemberwochenende konstatiert wurde. Mit deutlichen Worten beschreiben sie in einer Presseerklärung[8] die Situation:

„Als spezialisierte Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt stellen wir ein alarmierendes Ausmaß rassistischer Angriffe insbesondere gegen geflüchtete Personen fest. Die Anzahl hat in den meisten Bundesländern bereits nach Ende des dritten Quartals diejenige aus 2014 bei Weitem überschritten“, heißt es in der Erklärung. Verwiesen wird darauf, dass dabei zunehmend potentiell tödliche Waffen wie Sprengstoffe und Brandsätze eingesetzt werden. Die rechte Gewalt richtet sich gegen Geflüchtete, aber auch gegen solidarische Menschen und kritische Journalisten.

Wenn auch Normalbürger rechte Parolen brüllen

Dabei wird als besondere Gefahr beschrieben, dass auch Menschen, die nicht in Neonazikreisen aktiv sind, heute Parolen rufen, die früher den Neonazis zugeschrieben wurden: „Rassistische Positionen werden zunehmend auf verschiedenen Ebenen aggressiv geäußert und durch körperliche Gewalt umgesetzt. Immer öfter auch von Personen, die sich nicht der rechten Szene zuordnen.“

„Viele Geflüchtete haben den Eindruck, das ganze Dorf will, dass ihr Haus brennt“, berichtet eine Sprecherin des Dachverbandes der Opferperspektiven. Hier muss auch auf die Rolle von Parteien wie AfD erwähnt werden. Indem sie der bisher zersplitterten und auch gesellschaftlich marginalisierten Rechten eine Stimme gibt, machen sie solche rechten Parolen gesellschaftsfähig.

Wenn beispielsweise die oben genannten Thesen über angeblich staatlich finanzierte Antifaschisten nicht mehr nur von der NPD und ihren Umfeld vertreten werden, sondern auf einer AfD-Homepage stehen, bekommen sie eine gesellschaftliche Bedeutung. Wenn dann dort zur Solidarität mit Akif Pirincci aufgerufen wird, werden auch seine rassistischen Tiraden in den Bereich des Sagbaren gehoben. Dann trauen sich Menschen, ihre angeblich unterdrückte Meinung zu äußern, die sie bisher zurück gehalten haben. In diesem Sinne kann auch die AFD dazu beitragen, dass rechte Gewalt zunimmt, ohne selber dazu aufzurufen.

Allerdings zeigen die Herbstoffensive der AFD sowie der zivile Ungehorsam und die Gewalt von rechts eines auf: Die Zeiten sind vorbei, als rechts von der Union nur politische Splittergruppen existierten. Was viele Beobachter befürchten hatten, könnte Realität werden, nämlich dass sich der Teil der Bevölkerung, bei dem in Untersuchungen[9] seit Jahren ein mehr oder weniger geschlossenes rechtes Weltbild prognostiziert wurde, auch in Deutschland politisch artikulieren könnte. Dabei sind die Angebote über die verschiedenen Pegida-Ableger, der AfD, den Aktionen des zivilen Ungehorsams von Rechts bis zu offener Gewalt groß und oft nicht klar voneinander abzugrenzen. Damit würde auch in Deutschland wie in vielen anderen Ländern Ost- und Westeuropas die extreme Rechte an Bedeutung gewinnen.

Selbst liberale Medien vor unkritischer Darstellung rechter Positionen nicht gefeit

Dass selbst Medien, die sich in der Flüchtlingsdebatte der letzten Wochen sehr klar gegen rechte Positionen abgegrenzt haben, diese Differenzierungsfähigkeit verlieren, wenn es um das Ausland geht, zeigt sich an der Taz vom Wochenende. Dort wird für den Themenschwerpunkt „Was bleibt von der Revolution?“[10] der ukrainische Nationalist Volodymyr Nebir, der für die patriotische ukrainische Presse schon länger zum Helden stilisiert[11] wird, interviewt. In dem kurzen Interview betont er gleich mehrmals, wie wichtig der Patriotismus für ihn ist. Er vergisst auch nicht zu erwähnen, dass die Sowjetunion schon immer sein Feind war und bereits sein Großvater als Rebell gegen die Rote Armee gekämpft hat.

Die Frage, ob dieser vielleicht auf Seiten der antisemitischen, zeitweise mit Hitler-Deutschland verbündeten Bandera-Rebellen aktiv war, findet man in dem Interview nicht. Kritische Fragen sind nicht vorgesehen. Der gesamte Themenschwerpunkt ist insgesamt eine Würdigung verschiedener gesellschaftlicher Umbrüche, die als Revolutionen bezeichnet werden. Auf diese Weise wird selbst in der linksliberalen Taz mit Nebir ein Mann hochgelobt, dessen Positionen auf jeder Pegida-Demo viel Applaus bekommen würden, wenn sie es nicht aus taktischen Gründen gerade eher mit Putin halten.

http://www.heise.de/tp/artikel/46/46503/2.html

Anhang

Links

[1]

http://www.alternativefuer.de/demo/

[2]

https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/11/AfD-Demo-Berlin-Gegendemonstration.html

[3]

http://www.heise.de/tp/artikel/46/46500/

[4]

http://www.afd-berlin.de/

[5]

http://www.afd-berlin.de/2015/11/grundrechte-im-belagerungszustand/

[6]

https://www.facebook.com/wirhelfenbeimgrenzbau/?fref=nf

[7]

http://www.opferperspektive.de/aktuelles/bundesweiter-zusammenschluss-von-beratungsstellen-fuer-betroffene-rechter-rassistischer-und-antisemitischer-gewalt-gegruendet

[8]

http://www.opferperspektive.de/aktuelles/alarmierendes-ausmass-rassistischer-gewalt-fehlender-schutz-taeter-opfer-umkehr-und-zahlreiche-rassismuserfahrungen-belasten-die-betroffenen

[9]

http://www.fes-gegen-rechtsextremismus.de/pdf_12/mitte-im-umbruch_www.pdf

[10]

http://www.taz.de/!p4662/

[11]

http://www.kyivpost.com/content/kyiv-post-plus/ukraines-heroes-40-year-old-map-helps-cyborg-save-comrades-392341.html