Die SPD will Maaßen schlagen, um Seehofer zu treffen

Doch mit ihren Vorwurf, der BfV-Chef sei gegenüber Merkel illoyal, argumentiert sie konservativ und inkonsequent

Scheitert die Bundesregierung am Dienstagabend? Morgen treffen sich die Spitzen von SPD und Union, um vordergründig über die Zukunft des VS-Präsidenten Georg Maaßen zu reden. Führende SPD- Politiker haben in den letzten Tagen den Eindruck erweckt, dass es ihnen wirklich um die Alternative geht, entweder Maaßen geht oder die Koalition platzt.

Nicht nur der Juso-Vorsitzende Keven Kühnert, der sich in seiner zukünftigen Rolle als Schulz-Nachfolger in rasendem Tempo übt und nicht, wie Schröder und Nahles, erst einige Jahre seine linksoppositionelle Jusozeit ausleben kann, stellt die Koalition infrage, falls Maaßen nicht zurücktritt.

Kühnert war bekanntlich Gegner des Bündnisses mit der Union. Das war nun keine linke Position innerhalb der SPD, damit blieb er vielmehr ganz auf der Linie des ehemaligen SPD-Kanzlerkandidaten Schulz. Der hat schließlich nach der verlorenen Bundestagswahl klar den Gang in die Opposition propagiert.

Doch das galt nur, bis die SPD wieder als Mehrheitsbeschafferin gefragt war. Fast alle, die eben noch Schulz für seinen Mut gefeiert hatten, in die Opposition zu gehen, vollzogen die neuesten Wendungen mit, Kühnert aber nicht. Das machte ihn bekannt und mittlerweile agiert er schon, als wäre er bereits Parteivorsitzender. Aber auch Sozialdemokraten, die schneller umschalteten, wagen jetzt im Fall Maaßen den Streit mit dem konservativen Teil des Koalitionspartners.

SPD verteidigt Merkel gegen Maaßen

Denn bei der Auseinandersetzung um Maaßen geht es eben nicht nur um den Posten des VS-Präsidenten. Eigentlich will die SPD Bundesinnenminister Seehofer treffen, der schließlich unmittelbarer Vorgesetzter von Maaßen ist und diesem mehrmals das Vertrauen ausgesprochen hat. Und mit Seehofer will sie auch den konservativen Teil der Union treffen, der große Teile der CSU und auch die Merkel-Kritiker in der Union umfasst.

Es muss offen bleiben, wie stark dieser Flügel in der Union ist. Doch es ist schon bemerkenswert, dass es die SPD und nicht die CDU ist, die Maaßen vorwirft, dass er mit seinen Äußerungen über das „Zeckenbiss-Video“ [1] von den rechten Demonstrationen in Chemnitz Merkel widersprochen und sich damit illoyal ihr gegenüber verhalten hat. Während Merkel von rechten Hetzjagden in Chemnitz sprach, hat Maaßen dem widersprochen.

Nun hat aber auch der SPD-Vorwurf gelinde gesagt, ein Geschmäckle. Denn mit dem Vorwurf der Illoyalität wird aus einem Streit über das Video der Konflikt über ein Dienstverhältnis, und hier propagiert die SPD eher konservatives Beamtenrecht.

Maaßen hätte Merkel nicht widersprechen dürfen, weil sie Bundeskanzlerin ist. Dabei müsste doch die Frage sein, wer von beiden kommt mit ihrer oder seiner Interpretation des Videos der Realität näher. Rechtfertigen die dort gezeigten Szenen, von rechten Hetzjagden zu sprechen, oder wurde das Video durch die Art der Präsentation und dem Titel so zubereitet, dass der Eindrück fälschlicherweise entstehen konnte?

Wenn man diese Frage bejaht, müsste dann nicht jemand wie Maaßen auch in seiner Funktion als VS-Präsident Merkel sogar widersprechen?

Illoyalität gegen Trump wird in Deutschland gefeiert

Oder wäre das auch illoyal? Die SPD-Kritik an der Illoyalität ist auch deshalb problematisch, weil in den USA alle FBI- und CIA-Beamten, die Trump widersprechen, in Deutschland als musterhafte Demokraten hochgelobt werden. Man braucht nur den Streit zwischen dem ehemaligen FBI-Chef Comey und Trump [2] als Beispiel nehmen, um deutlich zu machen, dass der llloyalitätsvorwurf auch nur instrumentell benutzt wird.

Comey war gegen Trump auf jeden Fall wesentlich illoyaler als Maaßen gegen Merkel. Er hat ihm nicht nur bei der Beurteilung eines Videos über einen rechten Aufmarsch widersprochen, sondern ihn als ungeeignet für das Amt als Präsidenten erklärt. Er hat also gegenüber Trump so agiert, wie viele AfD-Politiker gegenüber Merkel. Von Maaßen hingegen sind keine despektierlichen Äußerungen gegenüber Merkel öffentlich bekannt.

Comey wird aber für seine Trump-Schelte in Deutschland von vielen als Hoffnung für die Demokratie gefeiert, die jetzt Maaßen gegenüber Merkel Illoyalität vorwerfen. Wie wenig es bei der Beurteilung der Trump-Kritiker in den USA um die Sache geht, wurde kürzlich anlässlich der Buchveröffentlichung von Bob Woodward [3] über das Chaos im Weißen Haus [4] deutlich.

Da wird im Deutschlandfunk-Interview als Beweis für die Unfähigkeit Trumps angeführt, dass er seine Mitarbeiter doch ernsthaft gefragt habe, warum die USA in der ganzen Welt Truppen stationiert haben. Diese sind dann ob der Frage so konsterniert wie der Journalist des Deutschlandfunk und antworten: „Wir machen das, um den 3. Weltkrieg zu verhindern.“ [5]

Nun wäre doch eigentlich die Frage berechtigt, ob in der Antwort, wenn man sie ernst nimmt, nicht mehr Irrsinn liegt als in der Frage, die sich nicht nur Trump und Millionen Menschen in aller Welt stellen. Die Antwort darauf müsste sehr differenziert ausfallen.

Das ist nur ein weiteres Beispiel, wie wenig es auch vielen Trump-Kritikern um Inhalte geht – genauso wenig wie vielen Maaßen-Kritikern.

Doch ein Kalkül hat die SPD mit ihrer Merkel-Verteidigung gegenüber Maaßen.

Kann die SPD Merkel von Seehofer trennen?

Die SPD setzt darauf, dass nicht nur Grüne und Linke dabei auf ihrer Seite stehen, sondern auch der liberale Flügel der Union. Tatsächlich gab es auch aus der als liberal geltenden CDU von Schleswig-Holstein [6] Stimmen, die Maaßen zum Rücktritt auffordern. Sollten sie in der Union stärker werden, könnte es eng für Maaßen werden.

Dann könnte aber auch die Unionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU wieder infrage gestellt werden. Denn ein auf diese Weise erzwungener Rücktritt von Maaßen wäre auch ein Affront gegen Seehofer und die Mehrheit der CSU kurz von der bayerischen Landtagswahl. Die AfD kann sich dort nichts Besseres wünschen als einen auf diese Weise gestutzten Seehofer.

Aber auch der FDP-Landtagskandidat und ehemalige Fokus-Herausgeber Helmut Markwort [7] sieht in einem Interview [8] mit der rechten Plattform PI-News ein Bündnis aus Teilen der CDU, den Grünen und den Linken, die nicht nur in der Causa Maaßen Merkel den Rücken freihalten. Dabei handelt es sich tatsächlich nicht nur um rechte Propaganda.

Es gibt seit dem Herbst 2015 Merkel-Lob bis in große Teile der Linken, die ihr zugutehalten, sie habe angesichts der Migration ein menschliches Gesicht gezeigt. Dass damit die Flüchtlingsabwehr ebenso verschärft wurde, wird dabei gerne ausgeblendet.

Da die Causa Maaßen nun derart politisch überladen ist, scheint es besonders schwer, am Dienstag eine Übereinkunft zu finden, bei der sich sowohl der Seehofer-Flügel der Union als auch die SPD gegenüber ihrer Klientel als Gewinner feiern lassen können.

Auf diese Schwierigkeit, einen Kompromiss zu finden, wies der Politologe Ulrich von Alemann [9] in einem Deutschlandfunk-Interview [10] hin. Er prognostiziert, dass sich die CSU in dem Streit durchsetzt und die SPD trotzdem in der Regierung bleibt:

Meine Prognose ist, es wird keine wirkliche Lösung dieses Problems geben. Maaßen wird nicht zurücktreten. Die CSU wird triumphieren, weil sie sich durchsetzt. Das wird ihr bei den bayerischen Landtagswahlen allerdings auch nicht viel nützen, wie die Lage da ist. Und sowohl die Kanzlerin ist beschädigt als auch der größere Oppositionspartner, die SPD.

Ulrich von Alemann, Deutschlandfunk

Für ein solches Szenario spricht einiges. Aber vielleicht tritt Maaßen, versehen mit genügend Abfindung, vorher noch selber zurück. Der Koalitionsfriede wäre aber auch dann nur oberflächlich bis zu den bayerischen Landtagswahlen wiederhergestellt.

Denn die zwei Varianten bürgerlicher Herrschaft gehen mitten durch die Union und es ist noch unklar, welche sich durchsetzt. Ein linker Block kann sich solange nicht ausbilden, solange die „Merkel-Linke“ mit der altbekannten Politik des kleineren Übels Erfolg hat.

Peter Nowak

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http://www.heise.de/-4166142
https://www.heise.de/tp/features/Die-SPD-will-Maassen-schlagen-um-Seehofer-zu-treffen-4166142.html

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tp/features/Zeckenbiss-oder-Verfassungsschutz-4163625.html
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/trumps-praesidentschaft/trump-wehrt-sich-gegen-james-comey-15540478.html
[3] https://www.nzz.ch/international/donald-trump-das-chaos-wird-zur-methode-ld.1420044
[4] https://www.heise.de/tp/news/Betreutes-Regieren-4155559.html
[5] https://www.deutschlandfunkkultur.de/bob-woodward-fear-trump-in-the-white-house-das-weisse-haus.2165.de.html?dram:article_id=427760
[6] https://www.mmnews.de/aktuelle-presse/90078-schleswig-holsteins-bildungsministerin-fordert-ruecktritt-von-maassen
[7] https://www.helmut-markwort.de
[8] http://www.pi-news.net/2018/09/video-pi-news-interview-mit-markwort-ueber-chemnitz-merkel-maassen-afd/
[9] https://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/pw-alemann/
[10] https://www.deutschlandfunk.de/streit-ueber-verfassungsschutzpraesident-maassen-ist.694.de.html?dram:article_id=428135

Linke Gegner im Visier

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.

Am Wochenende waren in Hamburg auch Neonazis aktiv. Unter dem Motto „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle bringen“ hatten die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) zu einer gemeinsamen Zugfahrt von Hannover nach Hamburg aufgerufen. Damit reagierten sie auf die Berichte über die G20-Proteste in Hamburg.

Die HoGesa ist für ihre hohe Gewaltbereitschaft bekannt, nachdem es bei einem Aufmarsch in Köln im Oktober 2014 zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. Die Polizei kontrollierte in Hannover 25 Personen, die sich am angegebenen Treffpunkt am Raschplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs eingefunden hatten. Vier Personen mit Kontakten in die rechte Szene wurden nach Angaben der „Hannoverschen Allgemeinen“ (HAZ) festgenommen. Sie sollen Fahrkarten nach Hamburg und verdächtige Gegenstände bei sich gehabt haben. Keiner der Hooligans konnte die Fahrt von Hannover nach Hamburg antreten. Unter den kontrollierten Personen waren nach Angaben von Beobachtern der rechten Szene des Antifaschistischen Nachrichtenportals Niedersachsen Neonazis aus dem Umfeld des „Nationalen Widerstand Niedersachsen Ost“, der in Salzgitter aktiv ist.

Linke Kneipen und Treffpunkte angegriffen

In anderen Städten wurde der Abfahrtsort von HoGeSa wohl nicht so offen verbreitet. Am späten Samstagabend versammelten sich rund 20 Neonazis im Hamburger Szeneviertel St. Pauli. Sie griffen linke Kneipen und Treffpunkte mit Flaschen an, wurden aber schnell von Passanten verjagt, die sich auf der Straße aufhielten. Die Polizei nahm mehrere Rechte fest, die die Nacht in der Polizeisammelstelle in Hamburg-Harburg verbringen mussten, ehe sie im Laufe des Sonntags wieder freigelassen wurden.

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.
Während die HoGeSa-Mobilisierung das Ziel hatte, linke G20-Gegner anzugreifen, ist von einer rechten Beteiligung an den G20-Protesten nichts bekannt. Der Hamburger NPD-Landesverband hatte im Vorfeld angekündigt, mit einen eigenen Block mit NPD- und Deutschlandfahnen bei den Protesten „die nötige nationale Grundeinstellung zu vermitteln“. Auch das neonazistische „Antikapitalistische Kollektiv“ hatte im Internet zur Beteiligung an den G20-Protesten aufgerufen, ohne dass sie wahrgenommen wurden.

Die rechtspopulistische Kleinstpartei „pro Deutschland“ hat ihre im Februar 2017 großspurig angekündigte Pro-Trump-Demonstration in Hamburg während des G20-Gipfels offiziell mit der Begründung abgesagt, der US-Präsident habe in rechten Kreisen durch die Bombardierung Syriens an Sympathie verloren. Beobachter hielten die Demoankündigung von Anfang an für eine PR-Aktion der kaum noch relevanten Rechtspartei.

aus Blick nach Rechts: > 10.07.2017

https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/linke-gegner-im-visier
Peter Nowak

Der Trumpismus, seine Claqueure und Gegner

Anmerkungen zu einer neuen Politikform und der deutschen Querfront
Eins hat der künftige Präsident der USA schon geschafft. Obwohl er noch gar nicht im Amt war, wurde bereits eine Politikform nach ihm benannt. Der Begriff des Trumpismus wurde in vielen Medien[1] seziert. Dabei wusste niemand so genau, was dieser Trumpismus eigentlich sein soll.

„Ist es fair, Donald Trump aus der Ferne zu analysieren?“, fragte[2] denn auch Die Zeit. Damit wird das Problem des Trump-Diskurses der letzten Wochen auf den Punkt gebracht. Da Trump als rechter Populist immer das sagt, was das jeweilige Publikum seiner Zielgruppen von ihm hören will, kann es auch keine Definition des Trumpismus geben. Auch da kann jeder etwas Anderes rein interpretieren.

Querfront für Trump

Das erklärt, warum autoritäre Linke wie Rainer Rupp[3] durchaus Hoffnung in Trump setzen. Ausgerechnet vor einem Bild von Karl Marx[4], der die Globalisierung zu den Positiva der historischem Rolle des Kapitalismus zählte, lobt Rupp den angeglichen Globalisierungsgegner Trump. Besonders erfreut ist der Putin-Freund Rupp darüber, dass Trump mit Russland gut kooperieren will.

Nun könnte man dem ehemaligen Nato-Spion Rupp viel Spaß bei seiner Reise zum „Magazin für Souveränität“, Compact, wünschen. Doch es gibt im Lager der autoritären Traditionslinken durchaus mehr Sympathie für Trump, die aber bisher eher leise geäußert wird, weil viele noch unsicher sind, ob Trump seine Ankündigen überhaupt ernst meint. Doch sollte er sich mit Putin verständigen, könnte sich die Querfront zwischen Trumpisten und Teilen der autoritären Linken noch deutlicher manifestieren. Da wird wieder ein Lagerdenken bedient.

Auch die erklärten Trump-Gegner in Deutschland und in anderen Ländern bereiten sich schon ideologisch darauf vor, indem sie den USA unter Trump eine von Deutschland angeführte westliche Welt entgegensetzen. „Nur Merkel kann die Implosion des Westens verhindern“, schrieb[5] Alan Posener bereits Mitte November.

Diese These wird seitdem auch von deutschen Politikern wiederholt. Hier zeichnet sich schon eine Entwicklung ab, die unter Reagan und Bush ihre Anfänge genommen hat. Eine von Deutschland geführte EU will sich im Kampf mit den USA als letzte Verteidigerin der westlichen Werte gerieren. Dieser deutschen Triumph, 72 Jahre nach der totalen Niederlage, wird nur von Traditions-Rechten wie Björn Höcke noch immer nicht begriffen, der in seiner berüchtigten Dresdner Rede auch von einer „gegenderten Bundeswehr“, die Befehlsempfängerin der US-Politik sei, schwadroniert.
Schon Streit über Anti-Trump-Proteste

Während ein Lager der Grünen wie auch Sozialdemokraten und Teile der Konservativen zum Kampf der westlichen Werte gegen Russland aufrufen, als stünden wir erneut vor dem 1. Weltkrieg, haben manche Traditionslinke keine andere Antwort als eine Apologie Putins und ihre Hoffnung auf eine Achse Putin-Trump. In dieser Gemengelage gibt es auch über die ersten Proteste gegen Trump schon Zoff.

In den USA mobilisiert eine Koalition gegen Trump[6]. Diese Idee wurde von einen globalen Bündnis aufgerufen[7], das Trump als Vorreiter eines sich weltweit auf dem Vormarsch befindlichen Rechtspopulismus versteht. Daher soll heute in Berlin im Rahmen dieses Bündnisses[8] auch vor der Berliner AfD-Zentrale demonstriert werden.

Ausdrücklich distanziert von diesen Protesten hat sich die DKP[9], die sich von Trumps rassistischer Innenpolitik distanziert, ihn aber in der Außenpolitik noch als unentschieden bezeichnet. In der Neuen Rheinischen Zeitung, einem weiteren Querfront-Projekt von Traditionslinken, werden die Anti-Trump-Proteste als „Teil der anti-russischen Massenhysterie, die in den USA seitens der Wahlverlierer geschürt wird und die ihr Echo in den untertänigen NATO-Ländern findet“, bezeichnet[10].

In der NRZ macht man sich gar nicht mehr die Mühe, sich von Trumps Rassismus zu distanzieren, dafür wird völlig willkürlich noch ein Seitenhieb gegen George Soros ausgegeben. Die Klientel versteht, die reiche Juden sind auch gegen Trump.

„Wait and see!“

Dass die Positionierung vieler Jüdinnen und Juden in den USA gegenüber Trump vor allem davon abhängt, was sie von der Nahost-Politik seines Vorgängers Obama halten, zeigt ein Beitrag[11] von Michael Wolfssohn in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung. Er warnt vor Horrorvisionen einer Ära Trump, spart sich aber auch jegliche Vorschlusslorbeeren. Sein abgeklärter Schluss lautet:

Man muss kein Trump-Fan sein, um festzustellen: Horror-Vorhersagen gehören zum menschheitsgeschichtlich üblichen und längst bekannten Getöse. Sie stammen von schlechten Verlierern und besonders von den jeweils entmachteten Gegeneliten und ihren Anhängern. Unter „Eliten“ sind Positions- und Meinungseliten zu verstehen. Gleiches gilt für unkritisch übernommene Horror-Überlieferungen. Sie stammen von den zuvor entmachteten und dann an die Macht zurückgekehrten Positionseliten. Und Trump? Wait and see!
Michael Wolfssohn[12]

Diesen Grundsatz hätten auch die meisten Autorinnen und Autoren beherzigen sollen, die in den wenigen Wochen zwischen der Wahl und der Amtseinführung von Trump bereits ihre Bücher auf dem Markt geworfen haben. Eine der wenigen Ausnahmen ist das kleine Büchlein des Kulturkritikers Georg Seeßlen (siehe: Donald Trump: Populismus als Politik[13], das im Verlag Bertz + Fischer[14] veröffentlicht wird.

Dort wird Trump überzeugend als Produkt der Kulturindustrie dargestellt. Dabei wird auch deutlich, wie stark sowohl Bewunderer als viele Gegner von Trump auf Inszenierungen hereinfallen. Das zeigt Seeßlen besonders deutlich im Kapitel „Spiel im Thronsaal – Eine Bildbetrachtung“, wo Trump, seine Frau und sein jüngster Sohn in einem spätfeudalistischen Ambiente zu sehen sind.

Danach gab es in den Medien viel Häme über den schlechten Geschmack der Trump-Familie. Seeßlen beschreibt das Bild detailreich auf 20 Seiten und beendet das Kapitel mit folgender Auflösung: „Die Bildunterschrift bei Getty Images besagt: ‚Melanie, Donald and Barron Trump at Home Shoot (this Image is been retouched). Donald Trump is wearing a suit tie by Brioni, Melanie Trump is wearing a dress by Halston, shoes by Manolo Blahnik, makeup by Mykel Renner for Kett Cosmetics and hair by Mordechia for Yarohair.com. Barron Trump is wearing a jackts and pants by Papo d’Anjo, shirt by Leon and shoes by Todds‘.“

Georg Seeßlen kommentiert diese Inszenierung: „Wir haben vielleicht zu viel gesehen. Es war alles bloß Reklame. Diesen Donald, diese Melanie und diesen Barron Trump gibt es gar nicht. Sie sind Erfindungen der Design-Industrie. Das erklärt manches.“ Dieser Kommentar könnte auch auf den Wahlkampf und auf fast alles, was bisher zu Trump und seinem Umfeld öffentlich wurde, ausgedehnt werden.

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http://www.heise.de/-3604037
https://www.heise.de/tp/features/Der-Trumpismus-seine-Claqueure-und-Gegner-3604037.html

Peter Nowak
Links in diesem Artikel:
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/das-geheimnis-von-donald-trumps-erfolg-13730711.html
[2] http://www.zeit.de/2016/36/psychologie-donald-trump-ferndiagnose/seite-2
[3] https://deutsch.rt.com/meinung/43036-rainer-rupp-us-prasident-trump/
[4] https://deutsch.rt.com/meinung/43036-rainer-rupp-us-prasident-trump
[5] https://www.welt.de/politik/deutschland/article159602280/Nur-Merkel-kann-die-Implosion-des-Westens-verhindern.html
[6] https://www.democraticcoalition.org/the-coalition
[7] http://berlin.carpediem.cd/events/2212416-inauguration-day-protest-no-to-global-trumpism-at-brandenburger-tor/
[8] http://www.no-to-nato.org/2017/01/nein-zum-globalen-trumpismus-zeit-zu-handeln
[9] http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2017/01/erklaerung-der-dkp-berlin-zur-demonstration-am-20-1-nein-zum-globalen-trumpismus/
[10] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23464
[11] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/27456
[12] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/27456
[13] https://www.heise.de/tp/features/Donald-Trump-Populismus-als-Politik-3600997.html
[14] http://www.bertz-fischer.de/product_info.php?products_id=506