Seit Beginn der Corona-Pandemie streamt der Jazz-Musiker Andrej Hermlin allabendlich ein Konzert seiner Band »The Swinging Hermlins« live aus seinem Haus in Berlin-Pankow. Am Samstag war das Wohnzimmerkonzert Teil der 14. Ausgabe des Festes der Linken. Wie im vergangenen Jahr konnte die Veranstaltung pandemiebedingt nur online verfolgt werden. In knapp drei Stunden wurde dabei ein …
„Der Wahlkampf bestimmt die Party“ weiterlesenSchlagwort: Jan Korte
»Fest der Linken« im Zeichen von Corona
»Wir müssen uns wieder um die kleinen Träume der Leute kümmern«, fordert Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken. Am Samstagabend stellte er auf dem »Fest der Linken« sein im Verbrecherverlag erschienenes, vieldiskutiertes Buch »Die Verantwortung der Linken« vor, das er unter dem Eindruck der …..
„»Fest der Linken« im Zeichen von Corona“ weiterlesenDas Ende des Projekts Rot-Rot-Grün
Die SPD wie die Grünen sind in vielen Fragen Teil einer strukturell rechten Mehrheit, wie die Griechenland-Debatte zeigt. Ein sozial gerechtes Europa wird anderorts gesucht
„Schon Ende dieser Woche könnte die Regierung Merkel Geschichte sein. Ihr furchtbarer Finanzminister Schäuble, der aus einem Europa der Verständigung und des Konsens eines der Erpressung und der Erniedrigung gemacht hat, müsste auf den Oppositionsbänken Platz nehmen. Sigmar Gabriel wäre Bundeskanzler, gewählt mit den Stimmen von Grünen und Linken. Wenn, ja, wenn nur die SPD jetzt ein konstruktives Misstrauensvotum beantragen würde. Die Griechen bekämen anschließend einen halbwegs fairen Deal, das Verhältnis zu Frankreich und Italien würde repariert.“
Diese Vision [1] einer von der Linkspartei tolerierten SPD-Bundesregierung im Bündnis mit dem Grünen formulierte der Inland-Redakteur der Taz, Martin Reeh, am vergangenen Dienstag in einem Kommentar. Dabei ist ihm klar, dass es die SPD nicht zu einem Bruch der Regierung an der Griechenlandfrage kommen lassen wird. Schließlich hat Sigmar Gabriel in den letzten Wochen auch in der Griechenlandfrage eher den Versuch gemacht, den Mehrheitsflügel der Union rechts zu überholen.
Wie der Schäuble-Flügel der Union bediente auch Gabriel die Ressentiments der deutschen Steuerzahler gegen eine angeblich teilweise kommunistische Regierung, für die Deutschland zahlen müsse. In diesem Diskurs kommen die Vorstellungen eines sozial gerechteren Europas, wie man es in sozialdemokratischen Sonntagsreden hört, nicht vor. Über die deutschen Schulden redet in der SPD sowieso niemand.
Dass Deutschland ein Darlehen aus der NS-Besatzung nicht zurückgezahlt hat und die Reparationsforderungen für die zahlreichen Verbrechen von SS und Wehrmacht eigenmächtig einen Schlussstrich gezogen hat, ignoriert die politische Anschauung eines Sigmar Gabriel genauso wie die eines Wolfgang Schäuble.
Das zweite Memorandum – oder die Täter werden den Opfern nie verzeihen
Es wäre zu fragen, ob nicht das besondere Interesse deutscher Politiker vom Schlage eines Schäuble und Gabriel, die Syriza-Regierung zu demütigen, gerade auch darin eine Ursache hat. Es war die neue griechische Regierung, die Deutschland die offenen Rechnungen aus der NS-Zeit präsentierte und es war ein besonders Vergnügen aller Deutschfühlenden, von der Bildzeitung angeführt, danach besonders selbstbewusst die Schilder mit der Forderung „Kein Geld nach Griechenland“ in die Kamera zu halten.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Schäubles Ansehen in der deutschen Bevölkerung wuchs, je mehr er „den Griechen“ noch einmal zeigte, was deutsche Ordnung ist. Für Gabriel, den schlechten Schäuble-Imitator, dürfte dann nur der Trostpreis bleiben, weiterhin den Vizekanzler spielen zu dürfen. Es sei denn, der Schäuble-Bonus beschert der Union bei den nächsten Wahlen die absolute Mehrheit.
Es hatten in den vergangen Wochen auch viele überzeugte Anhänger der kapitalistischen Marktwirtschaft ihre Schwierigkeiten damit, die Rationalität des von Deutschland diktierten Austeritätsdikats zu erklären. Immer wieder haben Ökonomen wie Paul Krugman, Thomas Piketty und viele andere dargelegt, dass die Vorschläge der griechischen Regierung sinnvoll sind, wenn man einen ökonomischen Aufschwung zum Ziel hat.
Das deutsche Diktat hingegen führt nicht nur zu einer weiteren Verelendung der Bevölkerung in Griechenland, sondern auch zu einem weiteren Niedergang der Wirtschaft. Viele bemängeln „ideologische Verblendung“. Dabei müsste sich doch die Frage stellen, ob Deutschland nicht hier noch einmal Rache an Griechenland nimmt. Angehörige von Überlebenden der Opfer der deutschen Massaker während der NS-Besatzung meinten vor drei Wochen auf einen Symposium in Berlin sarkastisch:
Auch damals wurde es mit den Verpflichtungen begründet, die Griechenland zu erfüllen hat. Es handelte sich um das Darlehen, das Deutschland bis heute nicht zurück gezahlt hat. Jetzt hat Deutschland Griechenland erneut ein Memorandum aufgezwungen und die SPD ist als Juniorpartner dabei.
„Sozialdemokratische Patrioten“ Deutschlands nicht regierungsfähig
In einem solchen revanchistischen Deutschland wird die Chimäre einer rot-rot-grünen Regierung, die seit Jahren immer wieder die Zeitungsseiten füllt, wohl erst einmal ad acta gelegt. Nicht nur Sahra Wagenknecht, die solchen Regierungsprojekten von Anfang an kritisch gegenüberstand, sieht keine Chancen [2] für rot-rot-grüne Regierungspläne, auch der Reformerflügel der Linkspartei, für den eine baldige Regierungsbeteiligung eine wichtige Option war, musste mittlerweile erkennen, dass es so bald mit den anvisierten Posten nichts wird.
Einer der profiliertesten Vertreter dieser Reformer, der Bundestagsabgeordnete Jan Korte, sieht [3] in der Führung der „Sozialdemokratischen Patrioten Deutschlands“ (SPD) die Schuld für das Scheitern der von ihm favorisierten Regierungsoption [4]. Dass die SPD sich in deutschem Patriotismus von niemand übertreffen lassen will, müsste Korte eigentlich früher aufgefallen sein.
Wenn nun die Reformer die Kontakte zu den Grünen verbessern wollten, die in vielen Fragen ebenso Teil einer strukturell rechten Mehrheit sind wie die SPD, zeigt, dass die Reformer in der Linkspartei ihre Regierungsoptionen nicht aufgeben, sondern nur auf einen längeren Zeitraum verschieben wollen. Wenn nun Korte nebulös erklärt, eine rot-rot-grüne Regierungsbeteiligung müsse über die Bundesländer erfolgen, wird auch klar, dass hier weiter eine Mitgestaltung angestrebt wird.
Dabei würde sich ein Blick nach Berlin lohnen, wo der Mehrheitsflügel der Linken die Kooperation mit der SPD gerne nach den nächsten Wahlen wieder aufnehmen würde. Diese SPD leistet sich mit Tom Schreiber einen Innenpolitiker, der mit Law-and-Order-Parolen die CDU rechts überholen will. Schon 2011 rückte er eine Stadtteilinitiative, die sich kritisch mit den Baugruppen befasst, in die Nähe des Terrorismus [5].
Immer wieder verteidigt [6] Schreiber umstrittene Polizeieinsätze. Kürzlich nahm er die ehemals besetzten Häuser und alternativen Projekte im Berliner Friedrichshain ins Visier und forderte [7] die Einrichtung einer Sondereinsatzgruppe Rigaer Straße und die verschärfte Repression gegen linke Szenelokale. Dabei sind bei der Langen Woche der Rigaer Straße [8], mit der die ehemals besetzten Häuser ihr 25jähriges Jubiläum feierten, die von den Boulevardmedien vorhersagten Straßenschlachten ausgeblieben.
Transnationaler Widerstand
Während so eine Linke, die sich aufs Mitverwalten konzentriert, angesichts des Rechtskurses der SPD nicht nur in der Griechenlandfrage ratlos wirkt, suchen andere Linke eine Kooperation des außerparlamentarischen Widerstands über Landesgrenzen hinweg.
Wenn die Austeritätspolitik wesentlich von Deutschland bestimmt wird, ist es verständlich, dass viele Menschen auch hier gegen diese Politik protestieren wollen Bei den Blockupyprotesten zur EZB-Eröffnung [9] war die transnationale Komponente des Widerstands schon zu spüren. Nun plant das Blockupy-Bündnis um den 1. Mai 2016 einen Kongress und eine Protestdemonstration mit internationaler Beteiligung.
Bereits am heutigen Mittwoch wollen in mehreren Städten Gruppen der Griechenlandsolidarität in verschiedenen Städten gegen das deutsche Diktat protestieren. Dabei werden keine Massen erwartet, aber es soll gezeigt werden, dass sich auch im „revanchistischen Deutschland“ eine Minderheit artikuliert.
Peter Nowak
http://www.heise.de/tp/news/Das-Ende-des-Projekts-Rot-Rot-Gruen-2750490.html
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