(Vorab aus telegraph #141/142. Der neue telegraph erscheint im Januar 2023)

Der heiße Herbst und die gesellschaftliche Linke

Seit einigen Jahren hoffen auch öfter linke Bewegungsaktivist*innen auf einen heißen Herbst und bemühen sich redlich darum, die Massen in Bewegung zu setzen. In den letzten 15 Jahren trugen die entsprechenden Kampagnen Namen wie „Wir zahlen nicht für Eure Krise“, Blockupy oder M31, um nur drei Labels zu nennen, die heute vielen nichts mehr sagen. Unter dem Namen „Wir zahlen nicht für Eure Krise“ versuchten linke Gruppen in den Jahren 2009/2010 eine Mobilisierung gegen die damalige Finanzkrise zu befördern. Schnell stellte sich heraus, dass sich in Deutschland, dessen Wirtschaft von der Krise profitierte, wenig Widerstand entwickelte.

Es muss schon misstrauisch machen, wenn die Phrase vom „heißen Herbst“ gebraucht wird. Schließlich wird sie häufig vor Tarifauseinandersetzungen der DGB-Gewerkschaften verwendet und die sind selten heiß. Ausnahmen bestätigen die Regel. Seit einigen Jahren hoffen auch öfter linke Bewegungsaktivist*innen auf einen heißen Herbst und bemühen sich redlich darum, die Massen in Bewegung zu setzen. In den letzten 15 Jahren trugen die entsprechenden Kampagnen Namen wie …

„Der heiße Herbst und die gesellschaftliche Linke“ weiterlesen
In Berlin organisierte ein Bündnis für die Verteidigung des Streikrechts eine Solidaritätsveranstaltung. Doch am besten lässt sich das Streikrecht verteidigen, wenn es von vielen Beschäftigten gebraucht wird.

Streikrecht ist Menschenrecht

Die Veranstaltung hat es geschafft, sehr unterschiedliche Klassensegmente zusammenzubringen, das war eine verbindende Klassenpolitik in der Theorie. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich auch in die Praxis umsetzt, vielleicht schon bei den nächsten Tarifrunden, den Frauenstreik 2023 oder dem kommenden Klimastreik und weiteren Protesten gegen die Krise.


Es kann nicht sein, dass bei uns im Streikrecht immer noch die Entscheidungen eines Nazijuristen gelten“ erklärt der Rechtsanwalt Benedikt Hofmann am 10. Dezember auf einer Solidaritätskundgebung unter dem Motto „Streikrecht ist Menschenrecht“. Eine Gruppe von Berliner Gewerkschafter*innen vor allem aus der …

Streikrecht ist Menschenrecht weiterlesen
Benedikt Hopmann ist ein Berliner Rechtsanwalt und vertritt Beschäftigte des Essenslieferdiensts Gorillas, die gegen ihre Arbeitsbedingungen gestreikt hatten und entlassen wurden.

»Die Legalität des politischen Streiks durchsetzen«

Streiken für den Arbeitskampf. Der Rechtsanwalt Benedikt Hopmann spricht über gekündigte Gorillas-Rider, das restriktive Streikrecht in Deutschland und wie man dagegen angehen kann.

Sie vertreten gekündigte Beschäftigte des Essenslieferdiensts Gorillas. Was war der Grund für die ­Kündigungen?

„»Die Legalität des politischen Streiks durchsetzen«“ weiterlesen
Ein Bericht zum Prozess der Gorillas-Beschäftigten vor dem Berliner Arbeitsgericht.

KLASSENKAMPF IM GERICHTSSAAL

Doch nicht nur vor Gericht bekommen die Gorillas-Beschäftigten Unterstützung. Schon am 30. März zeigten Nachbarinnen in der Rungestraße in Berlin-Mitte ihre Solidarität mit den Ridern, als dort eine Gorillas-Filiale geschlossen wurde. Vorher hatten einige Anwohner*innen gegen das „migrantische Unternehmen“ mobilisiert, das angeblich nicht in die bürgerliche Wohngegend passe. Auf der Kundgebung am 30. März setzte ein Mitarbeiter des Roten Antiquariat, das in der Straße seine Filiale hat, andere Akzente.

Die Kündigungen von drei Beschäftigten des Essenslieferanten Gorillas wegen Beteiligung an einem sogenannten „wilden Streik“ sind wirksam. Die Klage der Betroffenen dagegen vor dem Berliner Arbeitsgericht ist gescheitert. Wer am 6. April die 90-minütige Verhandlung vor dem Berliner Arbeitsgericht verfolgte, wusste schon, dass die Beschäftigten dort mit ihrer Klage keinen Erfolg haben werden. Es war vielmehr eine Klassenkampfatmosphäre im Gerichtssaal zu spüren. Arbeitsrichter Kühn drohte sogar mit …

„KLASSENKAMPF IM GERICHTSSAAL“ weiterlesen
Für die Betroffenen war die gestrige Verhandlung nur eine Etappe auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof.

Gorillas-Lieferdienst: Klassenkampf im Gerichtssaal

Die Grundlage für diese Auseinandersetzung ist eine neue Welle von Arbeitskämpfen, die durch die Rider verschiedener Essenslieferanten initiiert wurden, die lange als schwer organisierbar galten. Diese außerbetriebliche Solidarität ist der Erfolg der Arbeitskämpfe der Riders. Wenn es ihnen gelingt, über den Europäischen Gerichtshof ein regressives deutsches Streikrecht mit NS- Hintergrund zu kippen, wäre das ein besonderer Erfolg.

Die Kündigungen von drei Beschäftigten des Essenslieferanten Gorillas wegen Beteiligung an einem „wilden Streik“ sind wirksam. Die Klage der Betroffenen dagegen vor dem Berliner Arbeitsgericht ist gescheitert. In einem Fall hat das Gericht allerdings die fristlose Kündigung zurückgewiesen, weil nicht hinreichend dargelegt worden sei, wie der Rider – so werden die Gorilla-Fahrer genannt – am Streik involviert war. Da er noch in der Probezeit war, konnte allerdings das Beschäftigungsverhältnis nach einer Zweiwochenfrist beendet werden, so das Gericht. So konnten alle drei Beschäftigten nicht wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Trotzdem sehen sie in der Entscheidung keine Niederlage. Sie war vielmehr erwartet worden. Wer am Mittwoch die 90-minütige Verhandlung verfolgte, war schnell davon überzeugt, dass die Beschäftigten dort keinen Erfolg haben werden. Im Gerichtssaal war vielmehr eine Atmosphäre von …

„Gorillas-Lieferdienst: Klassenkampf im Gerichtssaal“ weiterlesen
In Mitte protestieren An­woh­ne­r*in­nen erst gegen, dann für ein Warenlager des Lieferdienstes Gorillas in ihrer Straße.

Eine bedrohte Art

Kurz vor dessen Schließung solidarisierten sich NachbarInnen mit den Beschäftigten. Dazu gehörte auch ein Mitarbeiter des Roten Antiquariats in der Rungestraße, der den Boom im Lieferservicebereich als „Rückkehr der DienstbotInnen“ bezeichnete. „Menschen aus der Mittelschicht lassen sich Waren aller Art liefern, wollen aber die Lieferstationen nicht in ihrer Nähe haben.“

Gorillas zahlt nicht – daher Streik“ stand auf dem Transparent, das zwei Personen am Mittwochnachmittag in der Rungestraße in die Höhe hielten. In der ruhigen Sackgasse in Berlin-Mitte hatte bis zum 31. März eines der zahlreichen Warenlager des Lebensmittellieferdienstes Gorillas sein Domizil. Kurz vor dessen Schließung solidarisierten sich …

„Eine bedrohte Art“ weiterlesen
Eine dreiteilige digitale Veranstaltungsreihe liefert ab Donnerstag das theoretische Rüstzeug dafür

Gorillas streiken selbstbestimmt

Bei der Abschlussdiskussion am 25. Januar diskutieren Tschenker, Kocher und Däubler über Möglichkeiten, wie sich die Beteiligten bei verschiedenen Arbeitskämpfen besser unterstützen können. Alle Veranstaltungen werden unter kutt.it/ streik2022 online gestellt.

Vor einigen Monaten haben die Beschäftigten des Lieferdienstes Gorillas mit ihren unkonventionellen Arbeitskampfmethoden für Schlagzeilen gesorgt. Mittlerweile ist es etwas ruhiger geworden. Doch die Kampfbereitschaft bei den Riders, wie die Beschäftigten der Lieferdienste gewannt werden, bereiten sich auf neue Kämpfe für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen vor – auch theoretisch. „Irrelevant! Illegal! Streik“, so heißt eine dreiteilige digitale Veranstaltungsreihe, auf der …

„Gorillas streiken selbstbestimmt“ weiterlesen
Es gibt Erfolge vor dem Landesarbeitsgericht, aber das Union-Busting geht weiter.

GORILLAS WORKERS UNDER ATTACK

Dieses Proletariat, das sich in Berlin versammelt hat, spricht eben in der Regel nicht mehr in erster Linie deutsch und es ist auch nicht mehr überwiegend männlich. Lange wurde diese transnationale Arbeiter*innenklasse mit diversen Geschlechtern oft theoretisch angerufen. Am 16. November war sie in Berlin auf der Straße. Das ist der größte Erfolg der Gorillas-Worker.

Die Gorillas-Beschäftigen erreichten am Dienstag einen juristischen Erfolg: Am 23. November wies das Berliner Arbeitsgericht auch in zweiter Instanz den Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Lebensmittellieferkonzerns Gorillas zurück, mit dem dieser die Wahl eines Betriebsrates verbieten wollte. Zuvor hatte der Konzern eine der bekannten Methoden des Union-Busting angewandt und die 18 Berliner Warenlager, für die die Beschäftigten arbeiten, in eigenständige Unternehmen umgewandelt. Das Gericht folge dem Antrag des Managements nicht, weil Gorillas keine genauen Informationen zu den neuen Betriebsstrukturen vorlegte. Auch andere Beschwerden des Gorillas-Managements wies das Gericht zurück. Dazu gehört der …

„GORILLAS WORKERS UNDER ATTACK“ weiterlesen
Beim Lieferdienst Gorillas darf ein Betriebsrat gegründet werden. Der Arbeitskampf mobilisiert auch andere prekär Beschäftigte.

Etappensieg der „Rider“

Lange war diese transnationale Arbeiterklasse theoretisch angerufen worden. Am 16. November war sie in Berlin auf der Straße. Das ist der größte Erfolg der Gorillas-Worker. Ein weiterer Erfolg des Arbeitskampfes der Rider besteht darin, dass er andere Belegschaften mobilisiert.

Die Beschäftigten des Lieferdienstes Gorillas erreichten am vergangenen Mittwoch einen juristischen Erfolg: Am 17. November wies das Berliner Arbeitsgericht den Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Lebensmittellieferkonzerns Gorillas zurück, mit dem dieser die Wahl eines Betriebsrats verbieten wollte. Zuvor hatte der Konzern …

„Etappensieg der „Rider““ weiterlesen
Gorillas-Rider berichten über ihre Prozesse am Arbeitsgericht

Management „spielt auf Zeit“

Dabei werden die Beschäftigten auch von Ridern aus anderen Firmen unterstützt. So hatte sich Flou von der Firma cyclelogistics zum Prozessbesuch am Montag extra freigenommen. In dem Unternehmen hatte ein Beschäftigter in der letzten Woche einen Prozess gewonnen. Er war als Betriebsrat gekündigt worden. Beim solidarischen Prozessbesuch waren auch Gorillas-Rider dabei.

„Gorillas-Rider kämpfen weiter“ steht auf dem Transparent, das einige FahrradkurierInnen an den Zaun einer Grünlage gegenüber dem Berliner Arbeitsgericht in der Magdeburger Straße aufgehängt haben. Zuvor waren am Montagmorgen im Arbeitsgericht zwei weitere Güteverhandlungen ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Wie bei mehreren Verhandlungen in den letzten Wochen klagen die Rider auf …

„Management „spielt auf Zeit““ weiterlesen
Proletariar*innen auf zwei Rädern

Riders Unite!

Wer mit offenen Augen durch die Städte geht, wird schnell erkennen, dass die Lieferdienste zu den Gewinner*innen der Corona- Pandemie gehören. Doch wie immer im Kapitalismus profitieren die Besitzer*innen und nicht die Beschäftigten der Firmen. Ganz im Gegenteil! Der Gewinn beruht auf vielen schlecht bezahlten Jobs. Dagegen wehren sich seit mehreren Jahren die Beschäftigten verschiedener europäischer Länder und der USA auch gewerkschaftlich. In Berlin wurde 2016 mit Unterstützung der Basisbewegung Freie Arbeiter*innen Union (FAU) die Deliver- union gegründet, die schnell ein mediales Echo fand

„Den Forderungen der Riders wurde Legitimität eingeräumt und die FAU-Berlin überwiegend positiv dargestellt, während die Lieferdienste eher skeptisch betrachtet wurden“, schreibt der Göttinger Soziologe Robin De Greef in seinen Buch „Riders Unite!“. Es liefert einen knappen aber informativen Blick auf einen Organisationsprozess, der auch für viele der Betroffenen überraschend kam. „Manche sagen, dass wir die Unorganisierbaren organisieren. Also das sind Leute, die keinen Treffpunkt haben, sie haben kaum Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren; ihre Schichten sind unregelmäßig und es gibt Fluktuation“, erklärte 2018 ein Mitglied der Deliverunion- Kampagne. Das Label war zum Motto dieses Organisationsprozess der Proletarier*innen auf zwei Rädern geworden. De Greef geht auf die Besonderheiten der Gig-Economy ein, zu der auch die Kurierdienste gehören. Gig-Economy bezeichnet einen Teil des Arbeitsmarktes, bei dem …

„Riders Unite!“ weiterlesen
Nach der Kündigung eines Kollegen streiken Mit­ar­bei­te­r:in­nen des Lieferdienst-Start-Ups. Widerstand gibt es auch gegen die Arbeitsbedingunge

Alle Rider stehen still

Auf der ersten Versammlung am Mittwochabend einigten sich die Streikenden auf drei zentrale Forderungen. Neben der Rücknahme der Entlassung soll auch die Probezeit abgeschafft werden. Zukünftige Entlassungen sollen zudem erst nach drei Verwarnungen möglich sein. Bereitschaft, auf die Forderungen der Riders einzugehen, zeigte das Unternehmen bislang wenig. „Der Ball liegt jetzt bei Gorillas“, erklärt Miller.

 Es sind nicht viele Menschen, die am Donnerstagmittag vor dem Lagerhaus des Fahrrad-Liefer-Start-ups Gorillas in Prenzlauer Berg stehen und den Eingang blockieren. Aber sie sind laut und haben eine klare Botschaft. „Wir wollen Santi zurück“, rufen sie auf Englisch und klatschen dabei, immer wieder. Rund hundert Mit­ar­bei­te­r:in­nen des in Berlin gegründeten Unternehmens beteiligen sich seit Mittwochnachmittag an ….

„Alle Rider stehen still“ weiterlesen