Ein Bericht zum Prozess der Gorillas-Beschäftigten vor dem Berliner Arbeitsgericht.

KLASSENKAMPF IM GERICHTSSAAL

Doch nicht nur vor Gericht bekommen die Gorillas-Beschäftigten Unterstützung. Schon am 30. März zeigten Nachbarinnen in der Rungestraße in Berlin-Mitte ihre Solidarität mit den Ridern, als dort eine Gorillas-Filiale geschlossen wurde. Vorher hatten einige Anwohner*innen gegen das „migrantische Unternehmen“ mobilisiert, das angeblich nicht in die bürgerliche Wohngegend passe. Auf der Kundgebung am 30. März setzte ein Mitarbeiter des Roten Antiquariat, das in der Straße seine Filiale hat, andere Akzente.

Die Kündigungen von drei Beschäftigten des Essenslieferanten Gorillas wegen Beteiligung an einem sogenannten „wilden Streik“ sind wirksam. Die Klage der Betroffenen dagegen vor dem Berliner Arbeitsgericht ist gescheitert. Wer am 6. April die 90-minütige Verhandlung vor dem Berliner Arbeitsgericht verfolgte, wusste schon, dass die Beschäftigten dort mit ihrer Klage keinen Erfolg haben werden. Es war vielmehr eine Klassenkampfatmosphäre im Gerichtssaal zu spüren. Arbeitsrichter Kühn drohte sogar mit …

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Für die Betroffenen war die gestrige Verhandlung nur eine Etappe auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof.

Gorillas-Lieferdienst: Klassenkampf im Gerichtssaal

Die Grundlage für diese Auseinandersetzung ist eine neue Welle von Arbeitskämpfen, die durch die Rider verschiedener Essenslieferanten initiiert wurden, die lange als schwer organisierbar galten. Diese außerbetriebliche Solidarität ist der Erfolg der Arbeitskämpfe der Riders. Wenn es ihnen gelingt, über den Europäischen Gerichtshof ein regressives deutsches Streikrecht mit NS- Hintergrund zu kippen, wäre das ein besonderer Erfolg.

Die Kündigungen von drei Beschäftigten des Essenslieferanten Gorillas wegen Beteiligung an einem „wilden Streik“ sind wirksam. Die Klage der Betroffenen dagegen vor dem Berliner Arbeitsgericht ist gescheitert. In einem Fall hat das Gericht allerdings die fristlose Kündigung zurückgewiesen, weil nicht hinreichend dargelegt worden sei, wie der Rider – so werden die Gorilla-Fahrer genannt – am Streik involviert war. Da er noch in der Probezeit war, konnte allerdings das Beschäftigungsverhältnis nach einer Zweiwochenfrist beendet werden, so das Gericht. So konnten alle drei Beschäftigten nicht wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Trotzdem sehen sie in der Entscheidung keine Niederlage. Sie war vielmehr erwartet worden. Wer am Mittwoch die 90-minütige Verhandlung verfolgte, war schnell davon überzeugt, dass die Beschäftigten dort keinen Erfolg haben werden. Im Gerichtssaal war vielmehr eine Atmosphäre von …

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Beim Lieferdienst Gorillas darf ein Betriebsrat gegründet werden. Der Arbeitskampf mobilisiert auch andere prekär Beschäftigte.

Etappensieg der „Rider“

Lange war diese transnationale Arbeiterklasse theoretisch angerufen worden. Am 16. November war sie in Berlin auf der Straße. Das ist der größte Erfolg der Gorillas-Worker. Ein weiterer Erfolg des Arbeitskampfes der Rider besteht darin, dass er andere Belegschaften mobilisiert.

Die Beschäftigten des Lieferdienstes Gorillas erreichten am vergangenen Mittwoch einen juristischen Erfolg: Am 17. November wies das Berliner Arbeitsgericht den Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Lebensmittellieferkonzerns Gorillas zurück, mit dem dieser die Wahl eines Betriebsrats verbieten wollte. Zuvor hatte der Konzern …

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Robin De Greef: Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy, das Beispiel Berlin. Berlin: Die Buchmacherei, 2020. 143 S., 10 Euro

Riders United!

.Als positives Beispiel hebt de Greef hervor, dass sich die Taxi-AG bei Verdi, ein Zusammenschluss gewerkschaftlich organisierter Berliner Taxifahrer:innen, mit den Riders solidarisierten. Wir werden auch in den nächsten Jahren noch häufiger von Arbeitskämpfen der Riders hören. Denn die Branche boomt im digitalen Zeitalter, sie hat unter Corona-Bedingungen noch mal mächtig zugelegt. Das leicht verständliche Buch von Robin De Greef liefert einen guten Überblick über die Möglichkeiten und auch die Probleme einer gewerkschaftlichen Organisierung in der Lieferbranche.

Immer mehr prägen Essenslieferdienste das Straßenbild großer Städte. Dabei wird oft vergessen, welche Arbeitsbedingungen in der Branche dominieren. Und immer wieder erinnern die Beschäftigten selber daran, dass Ausbeutung zum Geschäftsmodell gehört. So begannen Mitte Juni …

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Robin De Greef analysiert die Proteste der Delivery Riders – von Peter Nowak und Torsten Bewernitz

Alle Macht den Rädern

Robin De Greef, Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy, Das Beispiel Berlin, Die Buchmacherei, Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-9822036-5-2 

Wir werden gerade Zeug:innen eines Prozesses, in dem Unternehmen wie Uber, Deliveroo and Amazon Turk arbeitsrechtlichen Schutz umgehen und das unternehmerische Risiko durch Scheinselbständigkeit, „Gig Economy“, Plattform- und Crowd Arbeit auf die Schultern von Arbeiter:innen abladen. Das Phänomen „Lieferdienste“ ist nur ein Beispiel für die Entstehung einer prekär organisierten Plattform-Ökonomie, in der die Daten relevanter sind als die letztliche Ware, die auf einem eingehegten Online-Marktplatz, dem oft einzigen „Kapital“, das die Start-Ups hier einbringen, angeboten werden. Arbeitsmittel, vor allem die notwendigen Smartphones und Apps, werden von den Arbeiter:innen mitgebracht (siehe auch express 10 und 11/2019). Der Göttinger Soziologe Robin De Greef zeigt in seinem Ende 2020 im Verlag Die Buchmacherei erschienen Buch „Riders unite!“ einführend die …

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Proletariar*innen auf zwei Rädern

Riders Unite!

Wer mit offenen Augen durch die Städte geht, wird schnell erkennen, dass die Lieferdienste zu den Gewinner*innen der Corona- Pandemie gehören. Doch wie immer im Kapitalismus profitieren die Besitzer*innen und nicht die Beschäftigten der Firmen. Ganz im Gegenteil! Der Gewinn beruht auf vielen schlecht bezahlten Jobs. Dagegen wehren sich seit mehreren Jahren die Beschäftigten verschiedener europäischer Länder und der USA auch gewerkschaftlich. In Berlin wurde 2016 mit Unterstützung der Basisbewegung Freie Arbeiter*innen Union (FAU) die Deliver- union gegründet, die schnell ein mediales Echo fand

„Den Forderungen der Riders wurde Legitimität eingeräumt und die FAU-Berlin überwiegend positiv dargestellt, während die Lieferdienste eher skeptisch betrachtet wurden“, schreibt der Göttinger Soziologe Robin De Greef in seinen Buch „Riders Unite!“. Es liefert einen knappen aber informativen Blick auf einen Organisationsprozess, der auch für viele der Betroffenen überraschend kam. „Manche sagen, dass wir die Unorganisierbaren organisieren. Also das sind Leute, die keinen Treffpunkt haben, sie haben kaum Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren; ihre Schichten sind unregelmäßig und es gibt Fluktuation“, erklärte 2018 ein Mitglied der Deliverunion- Kampagne. Das Label war zum Motto dieses Organisationsprozess der Proletarier*innen auf zwei Rädern geworden. De Greef geht auf die Besonderheiten der Gig-Economy ein, zu der auch die Kurierdienste gehören. Gig-Economy bezeichnet einen Teil des Arbeitsmarktes, bei dem …

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Robin de Greef, Autor, im Gespräch über die gewerkschaftliche Organisation von Fahrradkurieren

»Die Organisierung hat an Schwung verloren«

De Greef Robin geboren 1992, studiert "Arbeit in Betrieb und Gesellschaft" an der Georg-August-Universität Göttingen, arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) sowie freiberuflich im Bereich "Hörfund und Medienpädagogik". Er ist seit 2018 in der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU aktiv. Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy, Das Beispiel Berlin, Die Buchmacherei, Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-9822036-5-2

Was hat Sie an dem Thema »Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten« so interessiert, dass Sie erst Ihre Bachelorarbeit und dann noch ein Buch zum Thema geschrieben haben?

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Aufgeblättert: »Riders United!« von Robin de Greef

Arbeitskämpfe in der Gig-Economy

Robin De Greef, Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy. Das Beispiel Berlin. Die Buchmacherei. Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro,

Immer mehr prägen Essenslieferdienste das Straßenbild großer Städte. Unternehmen wie Uber, Deliveroo oder Gorillas (ak 671) laden das unternehmerische Risiko durch Scheinselbstständigkeit auf die Schultern der Beschäftigten ab. Seit mehreren Jahren haben die begonnen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. In Berlin wurde 2016 die Deliverunion gegründet. Der Göttinger Soziologe Robin de Greef hat diesen Organisationsprozess in kompakter Form beschrieben. Er geht zunächst …

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Das ist durchaus politisch gewollt. Die Weichen dafür wurden schon vor Jahrzehnten gelegt

Sinkende Tarifbindung in der Klassengesellschaft

Wenn jetzt über die schwindende Tarifbindung lamentiert wird, ist es meistens die Klage über den mangelnden Zusammenhalt der Gesellschaft und die Sehnsucht nach der Rückkehr zum sozialdemokratischen Klassenkompromiss. Das ist aber nur rückwärtsgewandte Ideologie. Doch es gibt auch Kritiker der schwindenden Tarifbindung, die sich vor allem um die Kampfbereitschaft der Lohnabhängigen Sorgen machen.

Im vorigen Jahr hatten 43 Prozent der Beschäftigten einen Tarifvertrag, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung am Mittwoch zu einer Befragung von rund 16.000 Betriebenmitteilte: „Die Tarifbindung ist dabei im Westen deutlich höher als im Osten.“ Rund 45 Prozent der westdeutschen und 32 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten arbeiteten in einem Betrieb, in dem ein Branchentarifvertrag galt. 2019 traf dies noch auf 46 Prozent im Westen und 34 Prozent im Osten zu. Im Jahr 2020 waren in Ostdeutschland 36 Prozent der Beschäftigten durch einen Betriebsrat vertreten, in Westdeutschland traf dies auf 40 Prozent zu. In den letzten Jahren hat sich der langjährige Rückstand Ostdeutschlands bei der betrieblichen Mitbestimmung verringert. Diese Annäherung beruht auf einer …

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