Auf dem Weg zum transnationalen sozialen Streik?

Ein Konferenzbericht von Peter Nowak*

Bereits Mitte  September hatten sich rund  30 Amazon-Beschäftigte zu einem grenzüberschreitenden Austausch  in Poznan, Sitz eines neueröffneten Amazon-Lagers in Polen getroffen, um über Auswege aus der verfahrenen Situation im Kampf um Handels–Tarife  für die Beschäftigten des Logistikriesen zu beraten. Am ersten Oktotober-Wochenende fand dort ein weiteres Treffen statt, das aus dem Blockupy-Arbeitskreis zum Thema „transnationale Streiks“ heraus entstanden war. Das sieht nach Aktivität aus –  selbst von Poznan nach Poznan scheint es allerdings ein weiter Weg, wenn noch nicht einmal vor Ort Begegnungen stattfinden und die Vernetzung schon an Grundsatzfragen wie „Was ist und wozu dient gewerkschaftliche Organisierung?“ scheitert. Paralell zu den im Folgenden beschriebenen Treffen fand ebenfalls am 3.4.Oktober auf Initiative von RLS/Die Linke ein Treffen zum Thema „Solidarität über Grenzen hinweg“ in Berlin statt, auf dem VertreterInnen von Amazon-Belegschaften aus Spanien, Frankreich und Polen zusammen mit rund 50 deutschen Amazon-KollegInnen über gemeinsame Strategien diskutierten. Schade eigentlich….

Die westpolnische Stadt Poznan hat sich in der letzten Zeit zu einem Ort des Aktivismus in Sachen Arbeitskampf und soziale Bewegungen entwickelt. . Mitte September hatten sich ca. 30 Amazon-Beschäftigte vor allem aus Polen und Deutschland in Poznan über die bessere Koordinierung transnationaler Arbeitskampfstrategien ausgetauscht. Eingeladen wurden sie von der anarchosyndikalistischen polnischen Gewerkschaft Inicjatywa Pracownicza (IP, Arbeiterinitiative). Ihr ist es in wenigen Monaten gelungen, KollegInnen im Amazon-Werk in Poznan zu organisieren, das im Winter 2014 von dem Amazon-Management auch mit dem Ziel errichtet wurde, eine Alternative zu haben, wenn in Deutschland gestreikt wird. Doch die Spaltungsversuche sind bisher nicht aufgegangen. Im Juni 2015 hatte die IP erstmals eine Solidaritätsaktion mit den streikenden Amazon-Beschäftigten in Deutschland organisiert. Als das Management durch den ver.di-Streik bedingte Ausfälle im Werk von Poznan ausgleichen wollte, traten hunderte Beschäftigte in einen mehrstündigen Bummelstreik.

Genau diese Amazon-Beschäftigen beim transnationalen Strike-Meeting kaum vertreten, das am ersten Oktoberwochenende ebenfalls in Poznan stattfand. „Block Austerity“ stand auf dem Transparent im großen Saal des Stadtteilzentrums Amarant, in dem die ca. 150 TeilnehmerInnen aus ganz Europa tagten. Zu den MitorganisatorInnen gehörten Initiativen wie die Angry Workers aus Großbritannien sowie AktivistInnen sozialer Zentren Italiens. Aus Deutschland wurde vor allem von der Interventionistischen Linken und dem Blockupy-Netzwerk zur Konferenz geworben. Dominiert wurde das Treffen von Gruppen der außerparlamentarischen Linken, die sich positiv auf Arbeitskämpfe beziehen.

Mit oder ohne Gewerkschaften?

Bei den Diskussionen in den Arbeitsgruppen zeigten sich schnell die unterschiedlichen Bezüge der Konferenzbeteiligten zu Streiks und Arbeitskämpfen. So stellten Mitglieder der operaistisch orientierten Angry Workers ihre Arbeit in Warenhäusern im Londoner Osten vor. Ein Mitglied berichtete von seinem Arbeitsalltag im Betrieb. Dabei machte er seine Differenz zu gewerkschaftlichen Ansätzen deutlich. Den Angry Workers geht es darum, die Probleme der Beschäftigten und deren Umgang damit kennen zu lernen und Konflikte zuzuspitzen. Sie geben eine Zeitung heraus, in der über die Situation an verschiedenen Arbeitsstellen berichtet wird und die für Kooperation wirbt. Gewerkschaftliche Repräsentation aber lehnen die Angry Workers ab.

Heiner Köhnen vom basisgewerkschaftlichen TIE-Netzwerk orientiert sich in der Gewerkschaftsfrage an den Interessen und Wünschen der KollegInnen. In seinem Input berichtete er über Erfahrungen, die das TIE-Netzwerk bei der Stärkung basisgewerkschaftlicher Ansätze in multinationalen Konzernen gemacht hat. Zu den Grundsätzen des Netzwerkes gehört die Förderung von Selbstorganisation auch gegen die Gewerkschaftsapparate. Köhnen benannte allerdings auch die Probleme bei der Organisation, deren Ursachen nicht bei Gewerkschaftsapparaten und Parteien, sondern in der Umstrukturierung der Arbeitsprozesse liegen. Oft seien für die Kontrollen im Arbeitsprozess nicht mehr die Bosse oder irgendwelche VorarbeiterInnen, sondern scheinbar unabhängige Marktmechanismen verantwortlich. Da fehle dann der Gegner, an dem sich Konflikte entzünden und radikalisieren können. Das habe auch Einfluss auf die Haltung linker Gewerkschaftsaktivisten: „Es scheint heute attraktiv, sich als Teil eines Teams oder einer Betriebsfamilie zu verstehen. Vor diesem Druck zum Korporatismus können sich auch Kollegen nicht freimachen, die als linke Gewerkschafter genau dagegen angetreten sind.“ Mit Blick auf Brasilien berichtet Köhnen, dass aus einem kämpferischen, von mehr als 11000 Beschäftigten geführtem Streik eine korporatistische Lösung als Ergebnis herausgekommen ist. „Es wäre zu einfach, Co-Management nur als Problem der traditionalistischen Gewerkschaftspolitik zu sehen. Das Problem liegt in der Änderung der Arbeitsorganisation, wo scheinbar nur noch objektive Marktgesetze walten“, so Köhnen zu einem zentralen Problem linker Gewerkschaftspolitik.

Streik als Teil des Kampfes gegen die Austeritätspolitik

Zahlreiche KonferenzteilnehmerInnen aus Deutschland sind durch die Blockupyproteste für die Arbeitskämpfe sensibilisiert worden. „Die wesentlich von Deutschland ausgehende Austeritätspolitik kann nicht nur mit Blockaden und Großdemonstrationen bekämpft werden. Kämpfe am Arbeitsplatz ebenso wie der Widerstand gegen Zwangsräumungen und Vertreibung aus den Stadtteilen sind die wichtigen Alltagskämpfe, die Menschen politisieren und mobilisieren“, erklärte ein Berliner Blockupy-Aktivist. Am 31. Mai 2014 wurde im Rahmen der europäischen Blockupy-Aktionstage der Geschäftsbetrieb von Bekleidungsläden auf der Frankfurter Zeil für einen Tag lahmgelegt. Dabei wurden die schlechten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten ebenso thematisiert wie die internationalen Ausbeutungsverhältnisse der Bekleidungsindustrie. An diesem Tag kooperierten die Aktivisten auch mit der Belegschaft einer Filiale, die zeitgleich für höhere Löhne streikte. Doch die Kontakte mit den Beschäftigten waren temporär. Ein längerfristiger Kontakt ist meistens nicht entstanden. Ein weiterer Versuch, Arbeitskämpfe und radikale Linke zu verbinden, wurde auf der Konferenz gar nicht mehr angesprochen: der Aufruf zur Unterstützung eines europäischen Generalstreiks, der im Jahr 2013 aus dem linksradikalen Mobilisierungsnetzwerk M31 zur Diskussion gestellt wurde. Die Initiative war unter dem Eindruck eines großen Streiks in verschiedenen südeuropäischen Ländern im November 2012 entstanden. Eine kritische Reflexion über die Gründe des Scheiterns wäre durchaus auch in Poznan sinnvoll gewesen. Dabei wäre man sicher auf Probleme gestoßen, die auch auf der Konferenz deutlich wurden.

Auf der Suche nach den sozialen Streiks

In den Diskussionen auf der Konferenz spielt die Definition des sozialen Streiks eine wichtige Rolle: Ein zentrales Merkmal ist die Selbstorganisation der Beschäftigten, die von Gewerkschaften unterstützt, aber nicht angeleitet werden sollen. Außerdem soll der soziale Streik neben dem Arbeitskampf im Betrieb auch die Auseinandersetzung um die Miete und den Wohnraum umfassen. Ein sozialer Streik ist also ein Arbeitskampf, der auf die Gesellschaft ausstrahlt. Ein gutes Beispiel gab in einem Workshop in Poznan Paul L., ein vor einigen Wochen gekündigter Mitarbeiter der Lebenshilfe Frankfurt/Main. Seit Monaten kämpfen dort Beschäftigte für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. An einer Protestkundgebung während eines Gartenfests der Lebenshilfe waren Symbole der DGB-Gewerkschaften GEW und ver.di ebenso zu sehen wie die schwarzroten Fahnen der Freien Arbeiter Union. Im Anschluss an die Protestkundgebung formierte sich eine Demonstration, die durch den Stadtteil Bornheim zog, wo auf den Zusammenhang zwischen Hartz IV, Niedriglohn, Mietschulden und Zwangsräumungen hingewiesen wurde.

Die Debatte über den transnationalen Streik, wie sie in Poznan angeschnitten wurde, ist sehr wichtig. Doch wird es  eine Fortsetzung geben? Das blieb bisher offen. Dann sollte ein wesentliches Versäumnis aus Poznan nicht wiederholt werden.  Auf der Konferenz  wurde nicht versucht, mit Initiativen zu kooperieren, die bereits seit vielen Jahren einen transnationalen Widerstand gegen prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse zu organisieren versuchen. Dazu gehört das europäische Euromarsch-Netzwerk, das bereits seit fast 20 Jahren europaweit gegen Prekarisierung aktiv ist. Es wäre sicher interessant gewesen, sich mit VertreterInnen dieses Netzwerks über ihre Erfahrungen auszutauschen.

Viele Fragen wurden in Poznan angesprochen und kontrovers diskutiert. Dazu gehörte der Vorschlag einer Plattform mit den vier Forderungen nach einem europäischen Mindestlohn, europäischem Grundeinkommen, europäischen Sozialleistungen und einer Mindestaufenthaltserlaubnis für Geflüchtete.

Schlussendlich bleibt natürlich die Frage: Wird über transnationalen Streik nur debattiert oder wird er auch praktiziert? Einige konkrete Aktionen für länderübergreifende Arbeitskampfaktivitäten wurden in Poznan ebenfalls vorgestellt. So wird in  mehreren europäischen  Ländern für einen koordinierten Streik von MigrantInnen am 1. März 2016  mobilisiert.  In mehreren Ländern ist der 1. März bereits seit einigen Jahren ein Aktionstag für migrantische Rechte. Österreichische Initiativen   haben dazu eine informative Homepage erstellt (http://www.1maerz-streik.net/index.php). Für die länderübergreifende Amazon-Karawane steht bisher ebenso wenig ein Termin fest wie für die nächsten europaweiten Blockupy-Aktionstage.

express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit

Ausgabe: Heft 11/2015

http://www.labournet.de/express/

Peter Nowak

Verdienstkreuz für Fluchthelfer – oder ab ins Gefängnis?

Aktivisten protestieren im Deutschen Historischen Museums gegen die Kriminalisierung von Flucht

Wer DDR-Bürgern bei ihrer Flucht half, wird geehrt – während Helfern syrischer Flüchtlinge eine Haftstrafe droht. Antirassisten machten im Museum darauf aufmerksam, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Punkt zwölf Uhr knallte der Sektkorken im Foyer des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin. Feierlich wurde dort eine Stellwand eingeweiht, die das Motto »Refugees Welcome? Der Umgang der BRD mit Fluchthilfe in Vergangenheit und Gegenwart« trägt. Die Tafel passte sich gut ein in die Sonderführung des Museums am Tag der Menschenrechte zum Thema Flucht, Geflüchtete und Fluchthelfer in der deutschen Geschichte.

Erstellt wurde sie jedoch nicht von dem Museum – sondern von den Aktivisten der »Schleusergewerkschaft«, die damit gegen die Kriminalisierung von Fluchthilfe in Deutschland protestierte. »Erst im Rahmen der letzten Asylrechtsverschärfung wurde für das Vergehen eine Mindesthaftstrafe von drei Monaten eingeführt. 800 Fluchthelfer sitzen derzeit in Bayern in Untersuchungshaft. Ihnen drohen Haftstrafen bis zu zehn Jahren«, erklärte der »Schleusergewerkschafter« Alex Glaser.

Auf der Stellwand kommen verschiedenste Fluchthelfer zur Geltung, denen geschichtlich ganz unterschiedliche Ehrungen zuteil wurden. Lisa Fittko etwa rettete NS-Verfolgten das Leben, weil sie ihnen als Initiatorin einer Fluchthilfeorganisation ermöglichte, das von der Wehrmacht besetzte Frankreich über die Pyrenäen zu verlassen. Geehrt wurde die Frau in Deutschland dafür nie. Der Fluchthelfer Burkhart Veigel hingegen erhielt 2012 das Bundesverdienstkreuz am Band. Ab 1961 betätigte sich der Westdeutsche als Fluchthelfer für Ausreisewillige in der DDR. Insgesamt 650 Menschen verhalf er so zur Flucht.

Der in Syrien geborene Mohammad Darwish wurde zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt, weil er einige Menschen aus seinem Heimatland bei der Flucht über Griechenland nach Deutschland unterstützte. Obwohl mehrere Betroffene aussagten, dass sie durch die Aktivitäten von Darwish vor Verfolgung und Folter gerettet worden seien, wurde er verurteilt. Auch der Bundesgerichtshof, den Darwish anrief, entschied, dass der Fluchthelfer zu Recht bestraft wurde.

Doch er ist nicht der Einzige. Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit sind Hunderte von Menschen angeklagt, weil sie Geflüchtete in Privatautos über die deutschen Grenzen transportierten. Die genaue Anzahl ist nicht bekannt.

Mit der Stelltafel im DHM wollen die Aktivisten nicht nur gegen die Kriminalisierung von Fluchthilfe protestieren. Ihre Forderungen gehen noch weiter, wie Alex Glaser gegenüber »nd« betonte. »Es gilt, Grenzen zu öffnen und für sichere Fluchtwege über die Balkan-Route und das Mittelmeer zu sorgen«.
Die Stelltafel musste allerdings nach der Einweihung wieder aus dem Foyer des DHM getragen werden. Sie war von der Museumsverwaltung nicht genehmigt. So durfte sie nur vor dem Eingang des Gebäudes aufgebaut werden und an Fluchthelfer damals und heute erinnern.

www.neues-deutschland.de/artikel/994325.verdienstkreuz-fuer-fluchthelfer-oder-ab-ins-gefaengnis.htm

Peter Nowak

Brauchen Fluchthelfer eine eigene Gewerkschaft?

»Wir machen uns Sorgen«

Am ersten Dezembertag traten Mitglieder der Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation (GG/BO) in der Justizvollzugsanstalt Butzbach für ihre Forderungen nach Mindestlohn, Sozialversicherung, Gewerkschaftsfreiheit und einem Ende der Arbeitspflicht in Hungerstreik. Die GG/BO hat nach eigenen Angaben über 800 Mitglieder (Jungle World 48/2015). Gregor Zattler hat mit der Jungle World gesprochen. Er ist Mitbegründer des Netzwerks für die Rechte der Inhaftierten.

Welche Schwierigkeiten beobachten Sie bei dem Streik im Gefängnis?

Der Sprecher der GG/BO-Sektion in Butzbach hat 23 Stunden Einzeleinschluss, so kann man einen Arbeitskampf kaum organisieren. Die Gefangenen können ihre Forderungen und ihren Arbeitskampf nur sehr beschränkt nach außen tragen. Wir wissen derzeit nicht, was in der JVA Butzbach passiert, auf welche Weise die Anstaltsleitung und die Wächter auf die Streikenden reagieren. Wir machen uns Sorgen.

Gab es schon Reaktionen aus der Politik?

Nein. Bislang waren nur zynische Sprüche zu hören, etwa, dass die Gefangenen nun eben ein paar Tage fasten müssten. Für die Gefangenen wäre es schon ein Erfolg, wenn die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) mit ihnen reden würde, statt ihre Forderungen zu beschweigen.

Wie ist das Netzwerk für die Rechte der Inhaftieren entstanden und wie steht es in Beziehung zur Gefangenengewerkschaft?

Das Netzwerk besteht aus Menschen, die sich aus anderen arbeitspolitischen Auseinandersetzungen kennen und eher zufällig von der anstehenden Auseinandersetzung in Butzbach gehört hatten. Es unterstützt die gewerkschaftlichen Forderungen der Gefangenen aus dem Grundsatz heraus, dass Mindeststandards nur dann welche sind, wenn sie für alle gelten, auch für Gefangene und für Firmen, die Gefangene für sich arbeiten lassen. Es handelt sich um einen Kampf unter anderem für die Möglichkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Wir sind keine Gefangenen, insofern sind das nicht unsere Kämpfe. Aber wir unterstützen die Forderungen, die in diesen Kämpfen vertreten werden, da es im besten Interesse aller Lohnarbeitenden ist, die gegenseitige Konkurrenz zu minimieren.

Sind in der nächsten Zeit weitere Solidaritätsaktionen geplant?

Mittlerweile hat es zwei Kundgebungen vor dem Knast in Butzbach gegeben sowie Informations- und Solidaritätsveranstaltungen in anderen Städten, darunter Jena. Weitere sind in Planung.

http://jungle-world.com/artikel/2015/50/53153.html

Small Talk von Peter Nowak

„Massiver staatlicher Rechtsbruch am LAGeSo“

Kündigung: Ein Kiezladen wehrt sich

Zum Protest gegen einen neuen Hausbesitzer kamen am Wochenende mehrere hundert Teilnehmer nach Neukölln.

Etwa 650 Menschen beteiligten sich am Samstag an einer Demonstration durch Neukölln, um für den Erhalt des Mietvertrags für den Stadtteilladen in der Friedelstraße 54 einzutreten. »Im Oktober haben wir die Kündigung erhalten. Am 31. April 2016 sollen wir den Laden nach mehr als zehn Jahren verlassen«, berichtet der Sprecher des Ladenkollektivs Mattias Sander dem »nd«. Er spricht von einer Eskalation durch die Citec Immo Invest GmbH. Das Wiener Immobilienunternehmen benennt auf seiner Homepage neben einem »respektvollen Umgang mit den Mietern« auch die »stetige Werterhöhung durch laufende Verbesserungen und Sanierungen« als Leitziele ihrer Unternehmenstätigkeit.

»Viele österreichische und internationale Investoren entdecken die deutsche Hauptstadt als zukunftsträchtige Investitionsmöglichkeit«, wird auf der Firmenhomepage die Pionierrolle des Unternehmens beschrieben. Kaufen, modernisieren und dann die Häuser schnell wieder verkaufen, denn gute Immobilen seien nicht lange auf dem Markt, wird dort die Unternehmensphilosophie zusammengefasst.

Doch in der Friedelstraße wehren sich nicht nur die Mitarbeiter des Stadtteilladens. Auch die Mieter haben die Zustimmung zur von der Citec geplanten energetischen Modernisierung verweigert. Vor allem Bewohner mit niedrigen Einkommen fürchten, sich die Miete nach der Sanierung nicht mehr leisten zu können. Die Proteste haben die Bauarbeiten um Monate verzögert. Mittlerweile hat die Citec mehrere Gerichtsurteile, nach denen die Mieter die energetische Modernisierung dulden müssen.

Matthias Sander sieht das Agieren des Unternehmens nicht als Einzelfall. »Unsere Kündigung steht exemplarisch dafür, was seit Jahren im Norden Neuköllns schief läuft. Währenddessen bleiben immer mehr Menschen und Gewerbe auf der Strecke.« Auch Betroffene aus anderen Stadtteilen beteiligten sich an der Demonstration.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/993789.kuendigung-ein-kiezladen-wehrt-sich.html

Peter Nowak

So wenig EU wie möglich

Die Armut macht das Licht aus

Schon wieder ein Rekord: Im Jahr 2014 wurden noch mehr Menschen Strom und Gas abgestellt als zuvor. Doch es gibt Möglichkeiten, sich zu wehren.

In dieser Jahreszeit brennt in besonders schummrigen Wohnungen das Licht manchmal den ganzen Tag über. Sich mit einer einfachen Betätigung des Lichtschalters auch an dunklen Tagen Helligkeit zu verschaffen, ist jedoch nicht selbstverständlich. Die Zahl der Menschen, die kurz- oder längerfristig weder Strom noch Gas zur Verfügung haben, wird größer. Wohnungen bleiben dadurch nicht nur dunkel, sondern häufig auch kalt.

Wegen offener Rechnungen haben Lieferanten im vergangenen Jahr knapp 352 000 Haushalten den Strom gesperrt. Das geht aus dem neuen Monitoring-Bericht der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts für das Jahr 2014 hervor. Damit hat die Zahl der zwangsweisen Strom- und Gasabschaltungen einen neuen Rekord erreicht. Im Jahr zuvor waren 345 000 Haushalte vom Energieentzug betroffen. Die Zahl der Menschen, die Probleme mit der Bezahlung ihrer Energiekosten haben, liegt noch wesentlich höher. Die Zahl der Haushalte, in denen Strom und Gas über einen längeren Zeitraum abgeschaltet sind, wird statistisch gar nicht erfasst. Im Jahr 2013 wurden zudem fast sieben Millionen Mahnverfahren gegen Stromkunden eröffnet, in denen die Lieferanten die Sperrung des Stroms ankündigten, sollte eine Zahlung nicht umgehend erfolgen. Ein erheblicher Teil der abgemahnten Kunden dürfte entweder an anderer Stelle gespart oder sich verschuldet haben, um diesen Blackout zu verhindern.

Es ist kein Zufall, dass die Zahl der Energiesperrungen zunimmt. Die Konjunktur der deutschen Wirtschaft gilt trotz Euro-Krise, Terrorwarnungen und »Flüchtlingsproblem« als stabil. Dieser Zustand wurde mit einer erheblichen Senkung des Preises der Ware Arbeitskraft erkauft, ein Geschäft, das in der Agenda 2010 einen Höhepunkt, aber noch längst kein Ende gefunden hat. Die Vergrößerung des Niedriglohnsektors hat dazu geführt, dass mehr Beschäftigte als früher ihre Reproduktionskosten nicht mehr mit ihrem Lohn decken können und deshalb mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen.

Der Widerstand blieb dennoch gering. Erst in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Menschen, die sich beispielsweise öffentlich gegen ihre Zwangsräumung wehren, vor allem in größeren Städten gewachsen. Verglichen mit der Gesamtzahl der Betroffenen ist sie aber immer noch verschwindend gering.

Ein Grund dafür dürfte die Angst der Betroffenen sein, an die Öffentlichkeit zu gehen. Wer sich als Person ohne Strom oder Gas outet, gilt schnell als jemand, der nicht mit Geld umgehen kann und daher Probleme mit der Zahlung von Energie und Miete hat. Leute in dieser Lage sind häufig bemüht, ihre Nachbarn, Bekannten und Freunde gar nicht wissen zu lassen, dass ihnen der Strom abgestellt werden soll. Statt sich in einem solidarischen Umfeld der Hilfe anderer gewiss sein zu können, befürchten sie eher weitere Stigmatisierung. Denn Miet- und Stromschulden werden weiterhin nicht als gesellschaftliches, sondern als individuelles Problem und als Ausdruck schlechter Haushaltsführung interpretiert.

Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, sich gegen drohende Energiesperren zu wehren. Der »Runde Tisch gegen Erwerbslosigkeit«, ein Bündnis von Betroffenen, hat beispielsweise mehrere Flugblätter veröffentlicht, die Tipps für den Umgang mit Energiepreiserhöhungen geben. Sie sind auf der Homepage www.pariser-kommune.de zu finden. Auch in anderen Veröffentlichungen werden detaillierte und juristisch fundierte Ratschläge gegeben. So ist kürzlich im Fachhochschulverlag Frankfurt am Main die Broschüre »Energie für Verbraucher« erschienen. Die Erwerbslosenvertreterin und Sozialberaterin Anne Allex veröffentlichte bereits vor einigen Jahren eine Broschüre mit dem Titel »Licht und Heizung bleiben an – auch bei wenig Geld«. Darin rät sie Menschen, denen eine Energiesperre droht, eine Übernahme der Kosten der Haushaltsenergie als Darlehen beim Jobcenter oder Sozialamt zu beantragen. Ein Kapitel der Broschüre befasst sich auch mit dem stellenweise erfolgreichen Protest gegen Gas- und Strompreiserhöhungen. Insgesamt etwa eine halbe Million Menschen haben sich etwa in Initiativen gegen zu hohe Gaspreise engagiert. Die rechtliche Grundlage des erfolgreichen Widerstands solcher Gruppen ist der Paragraph 135 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Er untersagt einseitige, unangemessene Preiserhöhungen.

Das volle Repertoire des möglichen Widerstands gegen Stromsperrungen sieht man in anderen Ländern. In Frankreich haben sich in der Basisgewerkschaft Sud organisierte Techniker geweigert, Menschen den Strom abzuschalten. In Südafrika verhinderten Nachbarschaftskomitees den Einbau von Stromzählern.

Für Allex sind neben dem wachsenden Niedriglohnsektor die gestiegenen Energiepreise ein wichtiger Grund für die häufigen Zahlungsschwierigkeiten. »Der Staat legt seine aus neuen Energieverordnungen erwachsenden Kosten auf den Strompreis um. Ein ebenso wichtiger Grund sind die Ausnahmen von der Stromsteuer für einen großen Teil der Unternehmen. Immer mehr private Haushalte und kleine Unternehmen können die wachsenden Preise nicht mehr schultern«, sagt Allex der Jungle World.

Sie weist auf die gravierenden Folgen für die Betroffenen hin. »Personen, denen der Strom abgestellt wurde, haben kein Licht, können nicht kochen, nicht mit der Maschine die Wäsche waschen, weder den PC noch das W-LAN anstellen. Wenn sie über einen Stromboiler das Wasser erhitzen, haben sie auch kein warmes Wasser. Sie müssen sich im Bahnhof oder in der Schwimmhalle duschen, müssen warme Getränke und Speisen kaufen. Die Wäsche muss in Waschsalons gewaschen werden. Das alles ist teurer, als wenn es zu Hause erledigt werden kann«, so Allex.

Das gesamte Problem, das auch mit dem Begriff der »Energiearmut« bezeichnet wird, sorgt in der sozialpolitisch engagierten Linken mittlerweile verstärkt für Gespräche. So sollte in dem vom »Berliner Energietisch« im Jahr 2013 in einem Volksentscheid zur Abstimmung gestellten und knapp am Quorum gescheiterten Gesetzentwurf »Neue Energie für Berlin« in einem Passus festgeschrieben werden, dass die Stadtwerke die Aufgabe hätten, »die Versorgung der Berliner Einwohner mit Energie zu gewährleisten und der Energiearmut entgegenzuwirken«. Als Begründung hieß es: »Energiearmut ist der mangelnde Zugang zu bezahlbaren und zuverlässigen Energiedienstleistungen. Stromsperren sollen somit verhindert werden. Die Stadtwerke sorgen zudem für eine sozialverträgliche energetische Gebäudesanierung und fördern die Anschaffung sparsamer Haushaltsgeräte für sozial Schwächere.«

http://jungle-world.com/artikel/2015/49/53100.html

Peter Nowak

Auf dem Weg zum transnationalen sozialen Streik?

Bericht vom Treffen in Poznan

Am ersten Oktober-Wochenende hatte die anarchosyndikalistische polnische Gewerkschaft  Inicjatywa Pracownicza (Arbeiterinitiative) zum transnationales Streikmeeting nach Poznan eingeladen. Zu den etwa 150 Teilnehmenden gehörten Aktivisten sozialer Zentren Italiens und die Gruppe Angry Workers aus Großbritannien. Aus Deutschland waren vor allem Vertreter der Interventionistischen Linken und des Blockupy-Netzwerk gekommen.
Bei den Diskussionen in den Arbeitsgruppen wurde deutlich, dass die Teilnehmenden vor allem in der Gewerkschaftsfrage Differenzen haben. Mitglieder der Angry Workers stellten ihre Arbeit in Warenhäusern im Londoner Osten vor. Ihnen gehe es darum, die Probleme der Beschäftigten und deren Umgang damit kennenzulernen und Konflikte zuzuspitzen. Gewerkschaftliche Vertretung aber lehnen die Angry Workers ab. Heiner Köhnen vom Netzwerk TIE dagegen orientiert sich in der Gewerkschaftsfrage an den Wünschen der Kollegen. Zu den Grundsätzen des Netzwerks gehört die Förderung von Selbstorganisation, auch gegen die Gewerkschaftsapparate. Köhnen benannte allerdings auch Organisationsprobleme, deren Ursachen nicht bei Gewerkschaftsapparaten und Parteien, sondern in der Umstrukturierung der Arbeitsprozesse liegen. Oft seien für die Kontrollen im Arbeitsprozess nicht mehr die Bosse oder irgendwelche Vorarbeiter, sondern scheinbar unabhängige Marktmechanismen verantwortlich. Da fehle dann der Gegner, an dem sich Konflikte entzünden und radikalisieren könnten: «Es scheint heute attraktiv, sich als Teil eines Teams oder einer Betriebsfamilie zu verstehen. Von diesem Druck zum Korporatismus können sich auch Kollegen nicht freimachen, die als linke Gewerkschafter genau dagegen angetreten sind.»
Zahlreiche Konferenzteilnehmer aus Deutschland wurden durch die Blockupyproteste für Arbeitskämpfe sensibilisiert. «Am 31.5.2014 wurde im Rahmen der europäischen Blockupy-Aktionstage der Geschäftsbetrieb von Bekleidungsläden auf der Frankfurter Zeil für einen Tag lahmgelegt. Dabei wurden die schlechten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten ebenso thematisiert, wie die internationalen Ausbeutungsverhältnisse der Bekleidungsindustrie. An diesen Tag kooperierten die Aktivisten auch mit der Belegschaft einer Filiale, die an diesem Tag für höhere Löhne streikte. Doch die Kontakte mit den Beschäftigten waren temporär.»
In den Diskussionen auf der Konferenz spielte die Definition des sozialen Streiks eine wichtige Rolle. Ein zentrales Merkmal wird in der Selbstorganisation der Beschäftigten gesehen, die von Gewerkschaften unterstützt, aber nicht angeleitet werden sollen. Außerdem soll der soziale Streik neben dem Arbeitskampf im Betrieb auch Auseinandersetzungen um Miete und Wohnraum umfassen. Ein sozialer Streik ist also ein Arbeitskampf, der auf die Gesellschaft ausstrahlt.
In Poznan wurde auch über künftige Aktionen gesprochen So soll für den transnationalen Migrantenstreik am 1.3.2016 mobilisiert werden. Es soll eine länderübergreifende Amazon-Karawane geben, dafür steht bisher jedoch ebensowenig ein Termin fest wie für die nächsten europaweiten Blockupy-Aktionstage. Auf einem Folgetreffen soll auch die Kooperation mit dem Euromarschnetzwerk gesucht werden, das seit 20 Jahren einen transnationalen Widerstand gegen prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse organisiert. Schade war, dass sich kaum Amazon-Beschäftigte an dem Meeting beteiligten. Dabei ist es IP in wenigen Monaten gelungen, Kollegen im Amazon-Werk in Poznan zu organisieren und eine Solidaritätsaktion mit den streikenden Kollegen in Deutschland zu organisieren (siehe SoZ 6/2015).

Auf dem Weg zum transnationalen sozialen Streik?

von Peter Nowak

Mehr Prämien, mehr Streikgeld, mehr Rücksendungen?

Im Amazon-Tarifstreit ist das Weihnachtsgeschäft ein wichtiges Schlachtfeld – nun ruft ein Solidaritätskreis zum »Konsumentenstreik« auf

Der Onlineriese will Streiks mit Prämien unterlaufen, die Gewerkschaft stockt die Kriegskasse auf, soziale Initiativen mischen sich ein: Beim Amazon-Tarifkampf geht es längst auch um Prinzipien.

»Ver.di will Amazon das Weihnachtsgeschäft verderben«, titelte das Handelsblatt am 30. November. Das mag die Strategie der Gewerkschaft durchaus treffen. Nun, da die jährliche Verkaufssaison so richtig in Fahrt zu geraten beginnt, häufen sich auch wieder die Ausstände in der Dauerauseinandersetzung um die Einführung Tarifverträge bei dem Giganten des Onlinehandels.

Bestreikt wurden jüngst wieder die Versandzentren Koblenz, Leipzig, Bad Hersfeld in Hessen, Graben in Bayern, Rheinberg und Werne in Nordrhein-Westfalen sowie der DVD-Verleiher und Video-Streaming-Dienstes Amazon Prime Instant Video Germany GmbH im schleswig-holsteinischen Elmshorn. Im polnischen Wroclaw gab es eine Kundgebung und eine Pressekonferenz gegen schlechte Arbeitsbedingungen bei Amazon in Polen und aus Solidarität mit den Arbeitsniederlegungen in Deutschland. Die Aktionen sollen fortgesetzt werden.

Nun tragen Konzern und Gewerkschaft den Kampf um das Weihnachtsgeschäft auf monetärer Ebene aus. In den nächsten beiden Kalenderwochen zahle Amazon ein Antrittsgeld von je 100 Euro, um Arbeitende bei Laune zu halten, so die »Sächsische Zeitung« am Donnerstag unter Berufung auf ver.di. Gewerkschaftsfachsekretär Thomas Schneider kündigte an, die Gewerkschaft wolle ihrerseits »beim Streikgeld nachlegen«.

Zudem bestätigte die Deutschlandzentrale von Amazon in München dem Blatt, man werde in den Logistikzentren einen »Bonus in der Weihnachtszeit« anbieten. Für jede voll gearbeitete Schicht soll es »eine Prämie von zehn bis 20 Euro« geben. Hintergrund dürfte sein, dass sich die Gewerkschaft zunehmend darauf verlegt, mit Ausständen inmitten laufender Schichten zu beginnen, damit sich die Arbeitgeber schlechter auf die Streiks einstellen können.

Wird das Amazon-Management sein Versprechen, Kunden pünktlich zu beliefern, halten können? Ein bundesweites Seminar der Amazon-Streiksolidarität am vergangenen Wochenende in Bad Hersfeld rief nun die Konsumenten dazu auf, sich mit kreativen Methoden am Arbeitskampf zu beteiligen.

Funktionieren soll der »Konsumentenstreik« folgendermaßen: Zunächst wird bei Amazon Ware für mindestens 40 Euro bestellt. Anschließend sollen die kritischen Kunden von der großzügigen Umtauschregelung bei Amazon Gebrauch machen: Ware kann innerhalb zweier Wochen nach Empfang auf Firmenkosten zurückgeschickt werden. Auf das Retourpaket sollen Grußbotschaften oder Aufkleber angebracht werden, die sich mit den Streiks solidarisieren. Zudem ruft das Solibündnis dazu auf, Fotos von solchen Rücksendungen einzuschicken, die dann von der Soliaktion auf Facebook veröffentlicht werden sollen.

Die Initiative, die streikenden Amazon-Beschäftigten helfen, bei DHL-Beschäftigten freilich auf weniger Begeisterung treffen dürfte, geht von einem Leipziger Solidaritätskreis aus. Seit gut drei Jahren unterstützt die mehrheitlich studentische Gruppe den Streik. »Hier geht es um mehr als einen innerbetrieblichen Arbeitskampf. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten und leben wollen«, sagt ein Mitglied der Gruppe zu »nd«. Es habe sich ein enger Kontakt zwischen Aktiven und Solikreis ergeben.

Die Initiatoren betonen, die Soliaktion sei kein Boykottaufruf: »Beschäftigte haben uns gesagt, wenn das Wort Boykott auftaucht, würden sich viele Beschäftigte persönlich angegriffen fühlen. Damit könnte das Management von Amazon einen Teil der Belegschaft gegen die Streikenden aufhetzen,« erklärt ein Mitglied des Leipziger Unterstützerkreises. Eine kritische Konsumentenaktion hingegen könnte ein Signal sein, dass die Forderungen nach einem Tarifvertrag beim Onlinehändler gesellschaftliche Unterstützung findet.

Bereits während jüngerer Arbeitskämpfe im Einzelhandel hatten sich kritische Kunden mit Streikenden solidarisiert. So wurde etwa im Juni 2008 für mehrere Stunden ein Discountmarkt in Berlin blockiert. Und als 2012 die schlechten Arbeitsbedingungen beim Internetschuhversand Zalando bekannt wurden, schnellten dort ebenfalls die Retoursendungen in die Höhe. In manchen Paketen lagen solidarische Grüße.

Zalando ist direkter Nachbar von Amazon im brandenburgischen Brieselang. Seit einiger Zeit versucht die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, auch hier in beiden Unternehmen mehr Mitglieder zu gewinnen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/993529.mehr-praemien-mehr-streikgeld-mehr-ruecksendungen.html

Peter Nowak

Entrechtung von Geflüchteten mitten in Berlin

»Antieuropäische Querfront ist fatal«

Rechte wie linke Gruppen und Parteien kritisieren die Europäische Union und schlagen den Austritt einzelner Staaten vor. Der zunehmende Euroskeptizismus geht auch einher mit wachsendem Nationalismus. Mit Daniel Keil sprach die Jungle World über neue völkische Bewegungen, europäischen Antiamerikanismus und eine linke EU-Kritik. Daniel Keil, Mitglied des Arbeitskreises kritische Europaforschung in der Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AkE/AkG) ,

Nach dem Scheitern von Syriza in Griechenland wird in Teilen der Linken wieder verstärkt darüber diskutiert, Europa den Rücken zu kehren, wie es einen Beitrag in der Monatszeitung analyse und kritik (ak) heißt. Sehen Sie hier die Gefahr einer antieuropäischen Querfront oder hat eine linke EU-Kritik noch eine Chance?

Griechenland hat die autoritäre Verfasstheit und die Dominanzverhältnisse innerhalb der EU offen gezeigt. Für die Linke war das eine Niederlage, da selbst parlamentarisch-reformistische Bestrebungen, dem Austeritätsdiktat etwas entgegenzusetzen, angesichts der Kräfteverhältnisse ein fast aussichtsloses Unterfangen sind. Wenn sich Widersprüche so offen zeigen und dann autoritär bearbeitet werden, kann das auch als Anzeichen einer politischen Krise gedeutet werden. Die Verfasstheit der EU ist nicht mehr hegemonial, im Sinne der Ergänzung des Zwangs durch Konsens und Einbindung der Subalternen, sondern nur noch Zwang und Dominanz. Ein Anzeichen der politischen Krise findet sich jetzt auch in der Flüchtlingspolitik, in der offen, wie von Luxemburgs Außenminister Asselborn geäussert, vor einem Zerbrechen der EU gewarnt wird. Ein weiteres Anzeichen ist, klassentheoretisch gesprochen, das Aufbrechen von Konflikten und Widersprüchen innerhalb der Klassenfraktionen und deren Neuordnung, was sich in der Stärke rechter Parteien und Bewegungen ausdrückt. Nationalistische, konservative und faschistische Gruppen stellen sich gerade neu auf. Die Konstellation dieser Krise sollte dabei sehr genau analysiert werden und ich glaube nicht, dass sich die Linke auf ein einfaches »dann halt raus aus Europa« zurückziehen kann. Die Frage dabei ist ja, was das in der derzeitigen Situation bedeutet, welche Alternativen es gibt und was ein Zerbrechen der EU bedeuten würde. Insofern sind Momente einer antieuropäischen Querfront, die es durchaus gibt und die aus einer binären Sicht – der Nationalstaat gegen die EU – entstehen, fatal. Genau so etwas muss Bestandteil einer emanzipatorischen Kritik der EU sein.

Kann es in einer Zeit, wo zahlreiche rechte Bewegungen die Ablehnung der EU zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, eine linke Ablehnung der EU geben?

Die EU ist ein wesentlicher Bestandteil der gesellschaftlichen Verhältnisse, die es zu ändern gilt. Eine linke Kritik an der EU ist notwendig und die EU in ihrer Verfasstheit ist auch nichts, was man als fortschrittlich bezeichnen kann. Aber man muss auch sehen, dass es an manchen Stellen der EU Effekte gibt, die nationale Borniertheiten zumindest in Frage stellen. Eine emanzipatorische Kritik muss die EU nicht nur als ökonomisches Projekt kritisieren, sondern in ihrer politischen Verfasstheit. Die EU sollte als Form von Staatlichkeit begriffen werden, die kein kohärenter Staat ist, aber in der Konstellation mit den Nationalstaaten ein Ensemble von Staatsapparaten bildet, das in sich auch widersprüchlich ist. Prozesse der Europäisierung werden auch von Nationalstaaten vorangetrieben und das heißt, dass es zu einer Europäisierung des Nationalen kommt. Ein zentrales Moment in diesen Prozessen ist sicherlich die Installation von Wettbewerbsfähigkeit, aber das ist eben nicht nur ökonomisch zu verstehen, sondern als politisch-autoritäre Konstitution. Eine emanzipatorische Kritik will dieses Autoritäre nicht einfach durch ein anderes Autoritäres ersetzen, sondern zielt auf Überwindung dieses Zustands. Insofern sind die Essentials einer linken EU-Kritik darin zu sehen, dass sie auf den Abbau von Zwängen zielt und ein gutes Leben für alle erreichen will. Ein Zurück zum Nationalen wäre das Gegenteil.

Wo sehen Sie die Geburtsstunde des EU-Nationalismus?

Es ist die Frage, ob man von einem EU-Nationalismus sprechen kann, da das europäische Moment, zumindest nach einigen Studien, im Bewusstsein der Menschen nicht so eine große Rolle spielt und die meisten sich in erster Linie über ihre nationale Zugehörigkeit definieren. Aber es gibt europäische Züge, die in die nationale Identität quasi eingebaut werden. Institutionell ist hierbei sicherlich die Einführung der Unionsbürgerschaft ein zentraler Punkt neben der Schaffung eines europäischen Territoriums über eine europäisierte Grenzkontrollpolitik, wodurch vor allem auch bestimmt wird, wer nicht zu Europa gehört. Damit reproduzieren sich rassistische Ausgrenzungsmuster über europäisierte Praxen. Das europäische Moment ist eins, das nicht wie es in wissenschaftlichen Debatten häufig verstanden wird, die nationale Borniertheit überwindet, sondern diese vielmehr neu konfiguriert.

Sie fragen in Ihrem Buch »Territorium, Tradition und nationale Identität«, ob es einen negativen europäischen Gründungsmythos gibt. Was verstehen Sie darunter und zu welcher Antwort sind Sie gekommen?

Das ist ein weiterer Teil der europäischen Identität, dass mit der Territorialisierung auch eine Neuerfindung der Geschichte des europäischen Territoriums stattfindet, sei es durch europäische Gedenktage oder europäische Museen. Da Europa nun nicht homogen ist, gibt es auch keinen Gründungsmythos wie es bei Nationen der Fall ist. Stattdessen hat sich in diesem Punkt die deutsche Vergangenheits- und Erinnerungspolitik europäisiert, die sich vor allem dadurch auszeichnet, Auschwitz und den Nationalsozialismus als leere Folie des Schreckens zu begreifen, die als das historisch Andere gelten kann, von dem man sich abgrenzt. Diese Form der Vergangenheitspolitik prägt meines Erachtens auch die Verfasstheit und Politik europäisierter Staatsapparate.

In den Jahren 2002 und 2004 kritisierten antinationale Zusammenhänge, beispielsweise die Leipziger Zeitschrift Phase 2, eine EU, die sich gegen die USA positioniert. Zu dieser Zeit propagierten Intellektuelle wie Jürgen Habermas die EU als angeblich friedliche und soziale Alternative zur USA. Spielen solche Überlegungen heute beispielsweise in der Mobilisierung gegen TTIP wieder eine Rolle?

Habermas und Derrida haben ja in den Demons­trationen gegen den Irak-Krieg, die häufig von antiamerikanischen Ressentiments befördert wurden, sogar die Geburtsstunde einer europäischen Öffentlichkeit erkennen wollen. Ungefähr zur gleichen Zeit machte Schröder mit der Rede vom deutschen Weg und offen antiamerikanischen Aussagen erfolgreich Wahlkampf. Das war also auch eine Kritik der Legitimation von Ressentiments durch Intellektuelle und die Politik. In der derzeitigen Krise spielt die Abgrenzung zu den USA in intellektuellen Debatten eine eher marginale Rolle. Vielmehr fordern Leute wie Herfried Münkler in einer aktuellen Debatte über Europa in der FAZ, dass Deutschland sich seiner Rolle als Zentralmacht endlich bewusst werden solle, um die EU aus der Krise zu führen – also eine Legitimation der deutschen Dominanz. Auf der Straße und bei Demonstrationen, vor allem den neuen völkischen Bewegungen wie Pegida, spielt das antiamerikanische Ressentiment in Verbindung mit Antisemitismus wieder eine Rolle, wenn Flüchtlinge als Waffe der USA und »der Zionisten« gegen die Deutschen bezeichnet werden. Derzeit wird ein allgemein antimoderner Affekt virulent, der sich je nach Situation antiamerikanisch oder antisemitisch oder als beides äußert, was ein zentrales Moment der Querfront-Bestrebungen ist.

http://jungle-world.com/artikel/2015/48/53055.html

Peter Nowak

Keine Rente für Knackis

Strafgefangene in Deutschland müssen hinter Gittern arbeiten. Einen Rentenversicherungsanspruch erhalten sie dadurch jedoch nicht. Eine Gefangenengewerkschaft will das ändern.

Angesichts von Niedriglöhnen und prekären Arbeitsverhältnissen droht vielen Menschen die Altersarmut. In einer Gesellschaft, in der viele Menschen von der Lohnarbeit nicht mehr leben können, reicht auch die Rente allerhöchstens zum Sterben. Tausenden Menschen, die oft über Jahre gearbeitet haben, ist schon heute die Altersarmut sicher. Es handelt sich um Strafgefangene. Sie werden noch immer nicht in die Rentenversicherung einbezogen. Dabei sah das 1977 von der damaligen sozialliberalen Koalition beschlossene Strafvollzugsgesetz genau das ausdrücklich vor. Doch bis heute wurde dieses Gesetz nicht erlassen. Die Bundesregierung hat bereits 2011 die Gründe klar benannt: »Die aufgeschobene Inkraftsetzung der Regelungen im Strafvollzugsgesetz beruht im Wesentlichen auf finanziellen Vorbehalten der Bundesländer, welche die Beiträge zur Sozialversicherung übernehmen müssten. Die Vorbehalte bestehen unverändert.«

Das zeigte sich erneut, als sich vor zwei Wochen die Justizminister der Länder zu ihrer turnusmäßigen Herbstkonferenz in Berlin trafen. Mit einer Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung befassten sich die Minister nicht. »Es ist skandalös, wie schleppend das grundrechtliche Anliegen der arbeitenden Strafgefangenen, in das Rentensystem einbezogen zu werden, behandelt wird«, so Martin Singe von der »Arbeitsgruppe Strafvollzug« im »Komitee für Grundrechte und Demokratie«. Die Organisation setzt sich seit Jahren für die Rechte von Gefangenen ein.

Bereits vor einigen Monaten richtete das Komitee an sämtliche Länderjustizminister ein Schreiben, in der die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung angemahnt wird. Aus den Antwortbriefen wird deutlich, dass es sowohl bei CDU und CSU als auch bei der SPD noch immer entschiedene Gegner dieser sozialen Gleichbehandlung gibt. Zu denen gehört auch die Justizministerin von Schleswig-Holstein, Anke Spoorendonk. Die Politikerin des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), der Partei der dänischen Minderheit, die gemeinsam mit SPD und Grünen in dem Bundesland regiert, behauptet in dem Schreiben an das Grundrechtekomitee, eine Einbeziehung in die Rentenversicherung würde für die meisten Gefangenen keine Auswirkungen auf die Reintegration in die Gesellschaft haben. Wenn es doch welche gäbe, seien die Gefangenen selber schuld, so die Logik der Ministerin. Soweit es tatsächlich zu finanziellen Auswirkungen durch die Nichteinbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung komme, handle es sich »um eine Folge einer vorangegangenen eigenverantwortlichen – wenn auch strafrechtlich sanktionierten – Lebensführung der Strafgefangenen«, welche dem Betroffenen und nicht dem Staat zuzurechnen sei, schrieb Spoorendonk.

Auch das von SPD und Grünen regierte Rheinland-Pfalz gehört weiterhin zu den Gegnern einer Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung. Dabei verschweigt das zuständige Ministerium die Gründe nicht, mit denen die Altersarmut von Tausenden von Menschen in Kauf genommen wird. »Nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Justiz würde eine solche Rentenversicherungspflicht nicht zu einer wirkungsvollen Verbesserung der sozialen Absicherung führen. Im Gegenzug würde das Land Rheinland-Pfalz jedoch zur Finanzierung der Rentenversicherungsbeiträge mit entsprechenden Kosten belastet werden.«

Eine solch ignorante Haltung können sich die Politiker auch deshalb leisten, weil es bis auf das Grundrechtekomitee kaum Gruppen gibt, die sich für gleiche soziale Rechte für Gefangene einsetzen. Das war in den siebziger Jahren noch anders. Damals galt auch unter Juristen und Kriminologen die Devise »Resozialisierung statt Strafe«, auf breiter Front wurden soziale Rechte für Strafgefangene gefordert. Im Jahr 1975 gab es in Bielefeld eine Tagung unter dem Titel »Die Gewerkschaften und die soziale und ökonomische Situation der Strafgefangenen und Entlassenen«. Die auf der Konferenz gehaltenen Reden finden sich in dem von Klaus Lüdersen, Karl F. Schumann und Manfred Weis im Suhrkamp-Verlag herausgegebenen Band »Gewerkschaften und Strafvollzug«, der nur noch antiquarisch erhältlich ist.

40 Jahre nach der Tagung hat sich eine Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation (GG/BO) gegründet, deren zentrale Forderungen die Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung und in den Mindestlohn sind (Jungle World 2/2015 und 21/2015). Diese Forderungen artikulierte die GG/BO auch am Rande der Justizministerkonferenz vor zwei Wochen. Es müsse endlich Schluss sein mit den »vorwilhelminischen Arbeitsverhältnissen« mitten in Deutschland, erklärte GG/BO-Sprecher Oliver Rast.

Die Umsetzung einer bereits vor 38 Jahren im Bundestag beschlossenen Regelung wird auch von dem Engagement der Betroffenen abhängen. Die GG/BO wächst schnell, sie hat bereits über 800 Mitglieder. Dabei beschränken sich die Kollegen hinter Gittern nicht auf die Mitgliedschaft. In der JVA Butzbach haben Gewerkschaftsmitglieder eine Petition unter dem Motto »Volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern« verfasst. Neben der Einbeziehung in die Rentenversicherung und dem Mindestlohn fordern sie die Abschaffung des Arbeitszwangs im Gefängnis. Sollte die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bis zum 1. Dezember nicht zu Verhandlungen bereit sein, wollen mehrere Gewerkschaftsmitglieder in der JVA Butzbach für diese Forderung in den Hungerstreik treten.

http://jungle-world.com/artikel/2015/48/53061.html

Peter Nowak

Baumbesetzung endet mit Geldstrafen

Nach ihrem Protest gegen den Weiterbau der Autobahn A 100 landeten Aktivisten vor Gericht

Im Januar 2013 besetzten Aktivisten im Protest gegen den Weiterbau A 100 mehrere Bäume. Der Prozess gegen einzelne Aktivisten endete, vorerst, am Mittwochabend.

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte am Mittwochnachmittag zwei Gegner der Autobahn A 100 zu Geldstrafen in der Höhe von 350 bzw. 400 Euro. Sie hatten sich am Widerstand gegen den Weiterbau der Autobahn A 100 beteiligt.

Im Januar 2013 hatte das »Aktionsbündnis A 100 stoppen!« und die Umweltorganisation Robin Wood eine Baumbesetzung an der Grenzallee in Neukölln gestartet. Über ein Jahr blieben die Pappeln besetzt und wurden ein sichtbarer Ort des Widerstandes gegen die Stadtautobahn. Am 3. Februar beendete ein Großaufgebot der Polizei die Besetzung. Unmittelbar danach nahm die Stadt das Gelände in Besitz. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, sich am Tag der Räumung auf dem Gelände aufgehalten und damit den Hausfrieden gebrochen zu haben. Zunächst hatten fünf A 100-Gegner Strafbefehle wegen Hausfriedensbruch erhalten und dagegen Einspruch eingelegt. Zwei Verfahren waren bereits vor Wochen eingestellt worden. Am Mittwoch war mit Peter Schwartz ein weiterer Angeklagter freigesprochen worden. »Durch öffentlich zugängliche Foto- und Videoaufnahmen war nachweisbar, dass ich mich außerhalb des Geländes aufgehalten hatte, sodass der Vorwurf Hausfriedensbruch haltlos war. Dies war zuvor im Zuge der Anklageerhebung ignoriert worden«, sagte Schwartz dem »nd« und kritisierte, dass er überhaupt angeklagt wurde.

In Prozesserklärungen haben die Angeklagten auf die politische Dimension des Verfahrens hingewiesen. Sie verwiesen darauf, dass für den Weiterbau der A 100 mittlerweile mehrere gut erhaltene Wohnhäuser in der Beermannstraße in Treptow gegen den Protest von Mietern und der Stadtteilinitiative Karla Pappel abgerissen werden (»nd« berichtete). Selbst der Senator für Gesundheit und Soziales Mario Czaja wollte die Gebäude für die Unterbringung von Geflüchteten nutzen.

Die Robin Wood-Pressesprecherin Ute Bertrand sagte, die Proteste gegen die A 100 seien mit großem Aufwand kriminalisiert worden.

Schließlich waren dafür vier Prozesstage angesetzt, was auch für die Angeklagten zusätzliche Belastungen über die Geldstrafen hinaus bedeutete. »Das gesamte Verfahren war nur möglich, da die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch unter Michael Müller (SPD), der inzwischen Regierender Bürgermeister von Berlin ist, einen Strafantrag gestellt hatte, den sie bis heute aufrechterhält«, kritisiert Bertrand.

Dabei hatte Müller in einem Brief an zwei Mitglieder der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus, Dirk Behrend und Harald Moritz, betont, dass der Senat nicht gegen alle Personen, die auf dem geräumten Grundstück angetroffen worden waren, Strafantrag stellt. Doch bereits am ersten Verhandlungstag lehnte der A 100-Projektleiter bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Arne Huhn, die Rücknahme der Anzeigen ab. Mit dem Urteil ist die Angelegenheit juristisch noch nicht beendet. Die beiden Verurteilten haben Rechtsmittel angekündigt.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/992730.baumbesetzung-endet-mit-geldstrafen.html

Peter Nowak

Refugees als billige Arbeitskräfte willkommen