Als eine Welt zusammenbrach

Die TU Berlin stellt sich endlich ihrer NS-Vergangenheit

»Universitäten oder Hochschulen besinnen sich meist dann auf ihre Geschichte, wenn ihnen ein Jubiläum ins Haus steht«, konstatierte Carina Baganz. Im Lichthof der Technischen Universität Berlin stellte sie ihr Buch ihr Buch „ Diskriminierung, Ausgrenzung, Vertreibung“ – die Technische Hochschule Berlin während des Nationalsozialismus“ vor. Die am Zentrum für Antisemitismusforschung arbeitende Historikerin versteht ihre Publikation  als Beitrag, im „Dritten Reich“ begangenes Unrecht wiedergutzumachen und die Erinnerung an die Einst betroffenen wachzuhalten.

Warum erst sieben Jahrzehnte vergehen mussten, ehe  die Hochschule  sich ernsthaft  mit ihrer NS-Vergangenheit auseinandersetzt, wäre selbst der Nachforschung wert. Tatsächlich hatte Studierenden in den 50er und frühen 60er Jahren nicht selten mit Strafverfahren   zu rechnen, wenn sie die NS-Geschichte ihrer Hochschule erforschen wollten und dabei  die Namen mancher noch lehrender Professoren entdecktem.  Erst nachdem fast alle pensioniert waren, setzte die zaghafte Beschäftigung mit der braunen Geschichte ein. In der TU Berlin wurde  1979 eine Festschrift mit dem Titel Wissenschaft und Gesellschaft herausgegeben, das sich erstmals ausführlicher mit der Hochschule im Nationalsozialismus  befasste.  In drei Jahren steht mit dem 70ten Jahrestag der TU-Gründung ein neues Jubiläum an. Eine gute Zeit also für eine Publikation, die  den bisher umfassendsten Überblick über das Ausmaß der Vertreibungen, Diskriminierung und Ausgrenzung von Wissenschaftlern und Studierenden gibt.        Der Grundstein wurde bereits vor 1933 gelegt. Der Rektor der TH Berlin in der Zeit von 1938 bis 1942 Ernst Stein erklärte am Ende seiner Amtszeit stolz , dass die TH Berlin  schon vor 1933 „als eine Hochburg des Nationalsozialismus unter den deutschen Hochschulen“ galt. Sowohl unter den Studierenden als auch bei einem Teil der Wissenschaftler hatten sich völkisches Gedankengut und Antisemitismus schon längst etabliert. So war der Widerstand auch gering, als oft langjährige Wissenschaftler die Hochschule verlassen und oft auch ihre akademischen Titel zurückgeben mussten, weil sie Juden waren.  Einige der Betroffenen verwiesen auf ihre patriotische Gesinnung und ihrer Verdienste im ersten Weltkrieg, was ihnen allerdings nur kurzzeitig das Amt rettete. Andere wie der aus Ungarn stammende Bauingenieur Nikolaus Kelen  reagierten auf seine Beurlaubung mit der Erklärung, dass er sich nicht mehr als  Angehöriger der TU Berlin betrachte.  Für andere Wissenschaftler brach mit ihrer Relegierung eine Welt zusammen. Mehrere der Entlassenen verübten Selbstmord, andere emigrierten. Viele wurden später in den Konzentrations-  und Vernichtungslagern ermordet.

Ein bisher noch weitgehend unerforschtes Kapitel ist der Einsatz  von meist osteuropäischen Zwangsarbeitern an der TH-Berlin. Sie sollten in den letzten Kriegsjahren die Schäden beheben, die durch Bombenangriffe an Einrichtungen der Hochschule entstanden sind.  Ein weiteres Forschungsthema wäre der Umgang mit Opfern und Tätern an der Hochschule nach 1945. So wurde selbst der  Nationalsozialist   der ersten Stunde an der TH-Berlin  Willi Willing, der für die Maßnahmen gegen jüdische Hochschulangehörige an vorderster Front beteiligt war, als minderbelastet eingestuft.  Während viele ehemalige Nationalsozialisten nach 1945 ihre Karriere fortsetzen konnten, wurde vielen  Opfern  die kalte Schulter gezeigt. Dazu gehört Dmitri Stein, der 1943 an der TH als Jude seine Promotion im Fach Elektrotechnik verweigert wurde. Als er in den 50er Jahren seine Promotion an der TU Berlin zu Ende führen wollte, wurde ihm mitgeteilt, man habe jetzt ganz andere Sorgen. 2008 wurde Dimitri Stein nach 65 Jahren die Doktorprüfung überreicht. Viele andere hatten das Glück nicht. Das Buch        sorgt nun dafür, dass ihre Namen nicht vergessen werden und  kann für heutige Formen von Diskriminierung auch an der Hochschule sensibilisieren, worauf die Studierende der Geisteswissenschaften  Filiz Dagci in ihren Beitrag zur Buchvorstellung hinwies.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/827308.als-eine-welt-zusammenbrach.html
Peter Nowak
Carina Baganz, Diskriminierung, Ausgrenzung, Vertreibung. Die Technische Hochschule währed des Nationalsozialismus. Metropol Verlag, Berlin 2013, 414 Seiten,  24 Euro

Hetztour gegen Flüchtlinge in Berlin

Rechte Kader mobilisieren mit einer Parole, die seit Jahren von antirassistischen Gruppen vertreten wurde, und erzielen Propagandaerfolge

Eigentlich taumelt die neonazistische NPD von Niederlage zu Niederlage. Wahlerfolge hatte sie schon lange keine mehr, dafür mehren sich die innerparteilichen Querelen. Mit der Neugründung der Partei „Die Rechte“ erwächst ihnen auch Konkurrenz in der eigenen Zielgruppe. Doch in der letzten Woche hatten die rechten Kader wieder einmal ein Erfolgserlebnis.

Auf einer Bürgerversammlung auf einen Schulhof in Berlin-Marzahn konnten sie sich als „Stimme des Volkes“ inszenieren. Das Bezirksamt hatte am vergangenen Dienstagabend zu einer Informationsversammlung über eine Flüchtlingsunterkunft eingeladen. Unter den ca. 800 Besuchern befanden sich zahlreiche bekannte Rechte, wie der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke.

„Nein zum Heim“, „Volksverräter“ und „Lügen, Lügen“ lauteten die Sprechchöre, die sie anstimmten und viele unorganisierte Besucher stimmten ein. NPD-Kader meldeten sich auch mehrmals zu Wort, um gegen die Flüchtlingsunterkunft zu agieren und fanden dabei Unterstützung bei einem großen Teil des Publikums. In der Minderheit blieben die Nazigegner und die Initiative Hellersdorf hilft Asylbewerbern.

Ermutigt von diesem Propagandaerfolg riefen die Rechten am vergangenen Samstag in Berlin zu Demonstrationen vor mehreren Flüchtlingsunterkünften und einem Flüchtlingsprotestcamp auf. Der Widerstand von Seiten der Politik als auch der zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Bewegung war groß. Wegen Blockaden konnten die Rechten in Berlin-Kreuzberg ihre Kundgebung nicht durchführen. Aber auch in anderen Stadtteilen, darunter in Hellersdorf war ein kleines Grüppchen von Rechten mit einer großen Zahl von Gegendemonstranten konfrontiert. Damit war auch deutlich geworden, dass die NPD nicht unmittelbar von ihrem Propagandaerfolg bei der Bürgerversammlung profitieren kann. Ob sie sich in dem Bezirk organisatorisch verankern kann und unter Umständen auch Wählerstimmen gewinnt, bleibt eine offene Frage.

Rechte Wortergreifungsstrategie

Die Bürgerversammlung von Hellersdorf war schnell bundesweit bekannt geworden und die Behörden üben sich in Schadensbegrenzung. Dabei war das Auftreten der organisierten Rechten bei der Veranstaltung keine Überraschung. Im Vorfeld hatte eine Bürgerinitiative in Hellersdorf gegen die Flüchtlingsunterkunft mobilisiert und auf Twitter gab es Hetzbeitrage gegen Flüchtlinge und ihre Unterstützer.

„Touristen sind herzlich willkommen – kriminelle Ausländer und Asylbetrüger sind konsequent in ihre Heimat abzuschieben“, heißt es in einem Aufruf, der im Internet zirkuliert und Hellersdorf verteilt wurde Als Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes ist Thomas Crull aufgeführt, der 2011 erfolglos für die NPD in Marzahn-Hellersdorf kandidierte. Anwohner konnten Mitglieder der Neonaziorganisation „Nationaler Widerstand Berlin“ als Verteiler der Flugblätter identifizieren.

Trotzdem verzichteten die Hellersdorfer Behörden im Vorfeld der Veranstaltung auf Maßnahmen, um zu verhindern, dass eine solche Veranstaltung zu einer Propagandatour für die organisierte Rechte wird. So arbeitet die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin Leitlinien aus, mit denen bekannten Kadern der rechten Szene das Wort entzogen werden kann. Diese Ausarbeitungen sind eine zivilgesellschaftliche Antwort auf die von der NPD und ähnlichen Gruppierungen praktizierte Wortergreifungsstrategie, mit der sie sich auf Bürgerversammlungen als „Volkes Stimme“ geriert.

Die Leiterin der MBR Bianca Klose kritisierte, dass ihre Institution von den Behörden nicht angefragt wurde. Damit kann mitunter verhindert werden, dass organisierte Rechte den Alltagsrassismus und die in der Bevölkerung vorhandenen Ressentiments in ihre Bahnen lenken. Da sich in Hellersdorf wieder einmal zeigte, dass auch scheinbar unpolitische Bürger reden wie die rechten Kader kann damit Rassismus nicht aus den Veranstaltungen verbannt werden.

Erinnerungen an Lichtenhagen

Nicht wenige fühlten sich nach der Bürgerversammlung in Hellersdorf an Bilder von vor mehr als 20 Jahren erinnert, als Bürger und organisierte Rechte gegen Flüchtlinge nicht nur auf Veranstaltungen mobilisierten. Die pogromartigen Auseinandersetzungen von Hoyerswerda über Mannheim-Schönau bis Rostock-Lichtenhagen jährten sich im vorletzten und letzten Jahr. Die Bürgerversammlung macht auch wieder einmal deutlich, dass die Gedenk- und Erinnerungsveranstaltungen, die es dazu gab, an einem relevanten Teil der Bevölkerung völlig vorbei gehen.

Hinzu kommt noch, dass von einer Sensibilisierung durch das Bekanntwerden des NSU-Terrors bei der Bürgerversammlung in Hellersdorf wenig zu spüren war. Dabei wäre es aber falsch, nur auf den Osten Berlins zu blicken. So waren vor wenigen Wochen einige Windpockenfälle in einer Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Reinickendorf Anlass für ein rassistisches Pamphlet, in dem die Bewohner als Gesundheitsgefahr für den Stadtteil hingestellt wurden. Eine Vertreterin der zuständigen Arbeiterwohlfahrt sprach von plumpem Rassismus und erstattete Anzeige gegen Unbekannt.

Wenige Tage später mussten sich die zuständigen Behörden gerichtlich bescheinigen lassen, dass die Quarantäne-Maßnahmen gegen die Unterkunft und ihre Bewohner nicht rechtens waren. Solche Maßnahmen aber zeigen, dass es leicht ist, sich von der NPD und anderen Rechten abzugrenzen, dass aber nicht selten auch behördliches und polizeiliches Handeln von Ressentiments geleitet ist. Auch bei einer mehrstündigen Razzia von Häusern im osthessischen Fulda, in denen in Osteuropa wohnende Menschen wohnen, stand dieser Vorwurf wieder im Raum.

Dieses Handeln ist so alltäglich, dass es oft auch dann nicht einmal in die Medien kommt, wenn sich die Kritiker darum bemühen. Auch die rechten Propagandaerfolge gegen die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften kommen dadurch zustande, dass die Stadt Berlin weiterhin an der von Flüchtlingsorganisationen und politischen Gruppen heftig kritisierte Heimunterbringung festhält. Die Parole „Nein zum Heim“, die in Hellersdorf von den Rechten gerufen worden, war lange eine antirassistische Parole. Das sollte auch nach Hellersdorf nicht vergessen werden.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154634

Rechtes Pilotprojekt

International Ein neues Buch über die Hintergründe der autoritären Entwicklung in Ungarn

Die innenpolitische Entwicklung Ungarns ist immer wieder Thema innerhalb der EU. Verstärkt drängen zivilgesellschaftliche Organisationen auf Sanktionen als Reaktion auf den Rechtskurs der Regierung Orbán, seitdem diese 2010 mit Orbáns Fidesz-Partei eine überragende Mehrheit erreichte und die faschistische Jobbik sich als Opposition etablierte. Anders als vor über zehn Jahren, als in Österreich mit der FPÖ unter Jörg Haider eine offen rechte Partei in Regierungsverantwortung kam, gibt es jedoch in der außerparlamentarischen Linken nur wenige Diskussionen über die innenpolitische Situation in Ungarn.
Da kommt ein Buch gerade Recht, das kürzlich unter dem Titel »Mit Pfeil, Kreuz und Krone« im Unrast-Verlag erschienen ist und einen fundierten Überblick über die Entwicklung Ungarns nach rechts gibt. Im ersten Kapitel geht die deutsch-ungarische Kulturwissenschaftlerin Magdalena Marsovszky auf die ideologischen Hintergründe der völkischen Entwicklung in Ungarn ein und zeigt eine jahrzehntelange innenpolitische Entwicklung nach rechts auf.
Ein zentrales Datum war dabei der Sturm auf das Gebäude des staatlichen Fernsehens in Budapest am 18. September 2006 durch TeilnehmerInnen einer Großdemonstration gegen den damaligen Ministerpräsidenten Gyurcsány. In der darauf folgenden Lynchstimmung gegen Linke, Liberale und kritische JournalistInnen sei die neue Republik geboren worden, die Orbán zunächst als Oppositionspolitiker beschworen hatte und nun als Ministerpräsident vorantreibt.
Präzise beschreibt Marsovszky den nationalistischen Diskurs in der Geschichtspolitik sowie im Umgang mit den Nachbarländern. Wenn sie mit Rekurs auf den US-Historiker Fritz Stern resümiert, dass die Angst vor einer liberalen, offenen Gesellschaft das zentrale Problem in Ungarn sei, bleibt sie liberalen Gesellschaftsvorstellungen verhaftet. So ist es auch nur folgerichtig, dass Marsovszky bei ihrer Beschreibung der oppositionellen Kräfte in Ungarn die kleine kommunistische Arbeiterpartei mit keinem Wort erwähnt. Dabei gab es mehrere Strafprozesse gegen Mitglieder dieser Partei, weil sie weiterhin kommunistische Symbole wie Hammer und Sichel in der Öffentlichkeit zeigten, die in Ungarn kriminalisiert werden.
Antiziganismus, Homophobie und Antisemitismus
Im zweiten Kapitel geht der in Hamburg lebende Publizist Andreas Koob auf die Feindbilderklärung gegen Sinti und Roma, aber auch den Antisemitismus und die Homophobie in Ungarn ein. Koob macht an zahlreichen Beispielen deutlich, wie marginal die Unterschiede zwischen Fidesz, Jobbik und rechten Bürgerwehren besonders in der ungarischen Provinz oft sind. Vor allem in kleineren Orten führt dieses Zusammenwirken zu einem Klima der Ausgrenzung und Diskriminierung insbesondere gegenüber Sinti und Roma. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch ein von der Regierung beschlossenes Gesetz, das Erwerbslose, die öffentliche Leistungen bekommen, zu einem strengen Arbeitsregime mit ständiger öffentlicher Kontrolle verpflichtet.
Der Publizist Holger Marcks geht im dritten Kapitel auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik der ungarischen Regierung ein, die in der öffentlichen Debatte bisher selten erwähnt wird. Er macht deutlich, dass es sich hier um eine Wirtschaftspolitik handelt, wie sie viele völkische Gruppen schon vor 100 Jahren propagierten und die auch auf das Programm der frühen NSDAP großen Einfluss hatte. Der Kampf gegen ausländische Banken, aber auch Großorganisationen wie den IWF gehört ebenso zu den Elementen dieser Wirtschaftspolitik wie die Propagierung des Schutzes der heimischen Industrie und des Mittelstandes.
Trotz aller Kritik erhält die Fidesz-Partei nach wie vor Unterstützung durch die europäischen Konservativen und auch durch PolitikerInnen aus CDU und CSU. Ungarn könnte daher, so die Befürchtung der AutorInnen, durchaus eine Pilotfunktion haben, indem es völkisch-rechte Politik in der EU wieder salonfähig macht. Ein Grund mehr, dass die Linke darüber diskutiert.
Peter Nowak

Andreas Koob, Holger Marcks und Magdalena Marsovszky: Mit Pfeil, Kreuz und Krone. Nationalismus und autoritäre Krisenbewältigung in Ungarn. Unrast-Verlag, Münster 2013. 208 Seiten, 14 EUR.

http://www.akweb.de/
ak – analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 584 / 21.6.2013

Erinnerung an die Folterhölle


Berliner Antifaschisten planen Gedenkort im ehemaligen KZ Sonnenburg

Das KZ Sonnenburg wurde 1933 zum Inbegriff des NS-Terrors gegen politische Gegner. Heute ist das Lager im polnischen Słonsk weitgehend vergessen. Berliner Antifaschisten wollen dort einen Erinnerungsort einrichten. Sie stellten das Projekt am Mittwochabend in Berlin vor.

Der KPD-Politiker Rudolf Bernstein veröffentlichte 1934 in der Prager »Arbeiter Illustrierten Zeitung« den Artikel »Folterhölle Sonnenburg«. Der spätere Direktors des Staatlichen Filmarchivs der DDR war wie Tausende Nazigegner nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 verhaftet worden. Weil in Berlin nicht genügend Unterkünfte für die vielen Gefangenen vorhanden waren, nahmen die Nazis das Zuchthaus Sonnenburg wieder in Betrieb, das wenige Jahre zuvor von der preußischen Regierung wegen katastrophaler hygienischer Verhältnisse geschlossen worden war.

Doch die bis zu 1000 Häftlinge, in ihrer großen Mehrheit Kommunisten aus Berlin und Umgebung, die dort ab April 1933 einsaßen, hatten nicht nur unter Enge und schlechtem Essen zu leiden. Sie waren auch Demütigungen und Folter der brutalen SA-Wachmannschaften ausgesetzt.

Das Lager wurde im April 1934 geschlossen, aber mit Beginn des Zweiten Weltkrieges erneut eröffnet. Dorthin wurden Nazigegner aus allen von der Wehrmacht besetzten Ländern gebracht. In der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1945 wurden auf dem KZ-Gelände von der Gestapo über 800 Gefangene erschossen. Opfer dieses größten Massakers in der Endphase des NS-Regimes waren Angehörige einer kommunistischen Widerstandsgruppe sowie Gefangene aus Frankreich und Luxemburg. Die Täter wurden in Deutschland nie verurteilt.

Für Hans Coppi von der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist Sonnenburg in Deutschland heute weitgehend vergessen, weil es keine Lagergemeinschaft ehemaliger Insassen gibt. In einer Arbeitsgruppe der VVN-BdA, die sich für den Erinnerungsort an das Konzentrationslager einsetzt, arbeitet auch Kamil Majchrzak von der polnischen Edition der Zeitschrift »Le Monde Diplomatique« mit. Er betont gegenüber »nd« die politische Bedeutung des geplanten Gedenkortes. »In Zeiten der Rechtsentwicklung in verschiedenen europäischen Ländern soll dort daran erinnern werden, dass Widerstandskämpfer aus allen europäischen Ländern die Welt vom Nationalsozialismus befreiten.«

Die VVN-BdA hat eine Datenbank mit über 500 Namen von Häftlingen der »Folterhölle« zusammengestellt. Dabei konnte sie sich auf Vorarbeiten des polnischen Historikers und Leiters der lokalen Kommission zur Erforschung der deutschen Verbrechen in Polen, Przemysław Mnichowski, stützen. »Leider existiert nach wie vor keine vollständige Namensliste der auf dem Friedhof der Kriegsgefangenen verscharrten Opfer des Zuchthause«, erklärt Frieder Böhne vom Arbeitskreis der VVN-BdA.

Am 12. und 13. September soll in Słonsk auf einer Tagung über die Gestaltung des Gedenkortes mit Teilnehmern aus Polen, Deutschland, Luxemburg, Norwegen, Belgien beraten werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/826522.erinnerung-an-die-folterhoelle.html

Peter Nowak

Münchener Untergrund

Die Zahl rechtsextremer Angriffe in München hat stark zugenommen. Dass es sich um eine Serie handeln könnte, wird mittlerweile sogar von der Polizei für möglich gehalten.

Sorgt der NSU-Prozess für Zurückhaltung bei Neonazis? Davon kann zumindest in Bayern keine Rede sein. »Die rechte Szene tritt gerade im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess in München immer offener und dreister auf«, sagt der Geschäftsführer des Bayerischen Flüchtlingsrats, Matthias Weinzierl, der Jungle World. Das Gebäude, in dem sich die Räume des Flüchtlingsrats befinden, wurde in den vergangenen Monaten mehrmals angegriffen. Im April verschandelten Unbekannte die Schaufensterscheibe des Büros mit zahlreichen Aufklebern des neonazistischen »Freien Netzes Süd«. Im selben Monat schlug jemand die Scheibe der Geschäftsstelle genau an der Stelle ein, an der ein Plakat für eine Demons­tration anlässlich des kurz darauf beginnenden NSU-Prozesses geworben hatte. Im Mai ritzten Unbekannte in die neu eingesetzte Scheibe die Worte »Anti-Antifa« und »NS-Jetzt«.

Neben dem Bayerischen Flüchtlingsrat wurden in den vergangenen Wochen weitere Einrichtungen, die sich mit den Opfern des NSU-Terrors solidarisiert hatten, zum Ziel rechtsextremer Angriffe. So zerstörten bisher nicht ermittelte Täter Fenster des linken Münchener Wohnprojekts »Ligsalz 8«, ritzten Naziparolen in andere Fenster und bewarfen die Fassade des Gebäudes mit Farbbeuteln. Die vier Fenster des Büros des Kurt-Eisner-Vereins wurden demoliert. Am Eine-Welt-Haus wurden zweimal Vermummte vertrieben, die sich an der Fassade zu schaffen gemacht hatten. Auch die Rechtsanwältin Angelika Lex, die im NSU-Prozess die Witwe des ermordeten Theodoros Boulgarides als Nebenklägerin vertritt, wurde belästigt. Vor dem Eingang ihrer Kanzlei im zweiten Stock eines Münchener Bürohauses wurden Urin und Kot verschmiert. Zudem hat nach Aussage der Anwältin die Zahl der Drohbriefe und -Mails zugenommen, seit Lex auch in der Öffentlichkeit für eine konsequente Aufklärung des NSU-Terrors eintritt.

Die Polizei bestritt zunächst, dass es sich um eine Serie von Anschlägen handeln könnte. Mittlerweile wird gegen drei Münchener Neonazis ermittelt. Sie wurden gestellt, als sie die Parolen »Keine Macht den Kommunisten« und »Anti-Antifa« auf die Straße in unmittelbarer Nähe der Geschäftsstelle der Rosa-Luxemburg-Stiftung schmierten. Alle drei Verdächtigen sind der Poli­­zei als rechtsextrem bekannt, einer entstammt dem Umfeld des »Freien Netzes Süd« und war nach Erkenntnissen der Süddeutschen Zeitung Komplize des Neonazis Martin Wiese, der 2003 einen Sprengstoffanschlag auf das Jüdische Zentrum München verüben wollte.

Die Anwältin Lex hat die Reaktion der Polizei auf die Attacken öffentlich kritisiert. Auch Matthias Weinzierl vom Flüchtlingsrat ist unzufrieden. »Wir informierten die Polizei zum ersten Mal, nachdem unsere Scheibe eingeschlagen worden war. Es kam eine Streife vorbei, und ein Beamter meinte relativ schnell, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zu den Naziaufklebern einige Wochen vorher ersichtlich sei. Die Anzeige wurde der Kriminalpolizei übergeben, die sich wiederum eine halbe Woche später mit uns in Verbindung gesetzt hat«, sagt er.

Mittlerweile haben sich die von den Angriffen betroffenen Organisationen mit einem Aufruf unter dem Titel »Gemeint sind wir alle« an die Öffentlichkeit gewandt. Die neonazistischen Attacken werten sie als Einschüchterungsversuche und als »Angriffe auf eine offene Gesellschaft«. In dem Aufruf wird darauf hingewiesen, dass im Schatten des NSU-Prozesses auch bundesweit die Naziangriffe weitergehen. So wurde das Gebäude der Islamischen Gemeinde in Düren kürzlich mit den Worten beschmiert: »NSU lebt weiter und ihr werdet die nächsten Opfer sein!« Weinzierl ist mit der Resonanz des Aufrufs zufrieden. Es habe sich eine eigene Kampagne entwickelt, die von zahlreichen Münchener Geschäften, Clubs, Lokalen, sozialen Einrichtungen und Einzelpersonen unterstützt werde.
http://jungle-world.com/artikel/2013/24/47880.html
Peter Nowak

Nazis haben Oberwasser

Die Solidarität beim Einsatz gegen das Hochwasser ist enorm − doch auch Nazis schaufeln mit und nutzen den Einsatz für ihre Propaganda.

In anonymem Internetbeiträgen werden Vernichtungsdrohungen gegen Linke deutlich artikuliert: »Einfach mal ertränken« oder »das autonome Drecksvolk in die Gaskammer oder erhängt« gehörten zu den Kommentaren. nlass für diese Hetze ist das kurze Schreiben einer „Germanophobe Flutbrigade“, in der zur Zerstörung von Deichen aufgerufen wird, um Deutschland in den Rücken zu fallen. Die linke Hochschul- und Jugendgruppe Magdeburg ging wegen der in linken Kreisen unüblichen Wortwahl des Schreibens von Anfang von einem Fake aus, mit dem die Linke diskreditiert werden soll.
„Sie nennen sich selbst „Antifaschisten“, sie hassen Deutschland und alles deutsche“, schreibt NPD-Mitglied Michael Gunzel in schlechten Deutsch. Am Ende seines Beitrags auf der Homepage des NPD-Landesverbandes Sachsen-Anhalt wird unverhohlen zur Gewalt aufgerufen. „Einem sich der Festnahme widersetzenden und zu flüchten versuchenden Dieb darf beispielsweise demnach nicht hinterher geschossen werden. Wie sich der rechtliche Rahmen bei Tätern gestaltet, die vorsätzlich Millionenwerte zerstören wollen und dabei das Leben vieler Menschen aufs Spiel setzen, sollte keiner weiteren Frage bedürfen!“ Der Neonazi Sascha Krolzig nennt das Schreiben im Internet „den besten PR-Gag, den es in der letzten Zeit gegen die Antifa gegeben hat“. Es habe ihr Ziel erreicht. „Sowohl die Medien als auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht schlagen Alarm“, vermerkt Krolzig selbstzufrieden.
Dazu haben die Rechten umso mehr Grund, weil sie sich als Teil einer nationalen Schicksalsgemeinschaft inszenieren können, die sich gegen die Flut stemmt. Im Fotoalbum der NPD-Fraktion-Sachsen lasst sich der NPD-Bundesvorsitzende mit der Schaufel in der Hand beim Sandsackfüllen ablichten Untertitelt sind die Fotos mit dem Satz: „Fluthilfe für NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel Ehrensache“. Besonders erfreut registrieren die Rechten, dass sie für den Hochwasserschutz auch von offizieller Seite Anerkennung finden. So postete der Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation Andy Knape in der letzten Woche ein Foto, das ihn mit NPD-Shirt beim Handschlag mit dem Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper ( SPD) zeigt.“Magdeburger Oberbürgermeister gibt Oberbürgermeister gibt JN-Chef die Hand“, lautet der Kommentar unter dem Foto von rechten Netzwerken.
„Nicht nur, dass Lutz Trümpers Krisenmanagement katastrophal ist, jetzt fällt er auch noch dadurch auf, dass er bundesweiten Nazigrößen munter die Hand schüttelt, um sich für den Hochwassereinsatz zu bedanken,“ kritisiert der Pressesprecher der Magdeburger Linksjugend [’solid] Robert Fietzke den Handschlag mit den Rechten.
Neonazis nutzen diese Anerkennung für ihre Propaganda. Unter der Überschrift „(R)echte Kerle packen an“ lassen sich Neonazis beim Packen von Sandsäcken ablichten. „Wenn wir Deutschen zusammenhalten, schlagen wir selbst den Teufel aus der Hölle“, heißt es unter dem Foto eines NPD-Funktionärs mit Schaufel. „In Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind die Hilfsmaßnahmen voll im Gang. Auf dem Weg in die betroffenen Regionen befinden sich außerdem Kameraden aus dem Norden und Westen der Republik“, kommentiert JN-Chef Knape den nationalen Einsatz Antifaschisten kritisieren dabei auch den offiziellen Diskurs. „Wenn der Kampf gegen die Flut zur nationalen Sache aufgeblasen wird sind die Kräfte nicht weit, die schon immer die deutsche Volksgemeinschaft propagieren,“ kritisiert ein Berliner Antifaaktivist, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, das Oberwasser für Rechte.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/824139.nazis-haben-oberwasser.html

Peter Nowak

„PR-Gag gegen die Antifa“


Rechtsextremisten instrumentalisieren obskure Aktion einer angeblichen linksextremen Gruppierung und drohen dem politischen Gegner.

Ein kurzer mit „Germanophobe Flutbrigade“ unterschriebener Text, in dem zur Zerstörung von Deichen aufrufen wird, wird von rechtsextremen Kreisen zur Hetze gegen politische Gegner genutzt. „Sie nennen sich selbst Antifaschisten“, sie „hassen Deutschland und alles Deutsche“, schreibt NPD-Mitglied Michael Gunzel in einem auf der Homepage des NPD-Landesverbandes Sachsen-Anhalt veröffentlichten Beitrag, in dem indirekt zur Gewalt aufgerufen wird. „Einem sich der Festnahme widersetzenden und zu flüchten versuchenden Dieb darf nicht hinterher geschossen werden. Wie sich der rechtliche Rahmen bei Tätern gestaltet, die vorsätzlich Millionenwerte zerstören wollen und dabei das Leben vieler Menschen aufs Spiel setzen, sollte keiner weiteren Frage bedürfen!“

In anonymem Beiträgen auf verschiedenen Hochwasser-News-Seiten wird die Drohung deutlicher artikuliert: „Gleich Kugel durch den Kopf“ oder „das autonome Drecksvolk in die Gaskammer oder erhängt“, lauten einige der Kommentare. Der langjährige Aktivist der inzwischen verbotenen „Kameradschaft Hamm“ Sascha Krolzig, der mittlerweile dem Vorstand des nordrhein-westfälischen Landesverband der Partei „Die Rechte“ angehört, bezeichnet das Schreiben der Flutbrigade als „den besten PR-Gag, den es in der letzten Zeit gegen die Antifa gegeben hat“. „Sowohl die Medien als auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht schlagen Alarm“, vermerkt Krolzig zufrieden.

Dazu haben die Rechtsextremisten umso mehr Grund, weil sie sich als Teil einer nationalen Schicksalsgemeinschaft inszenieren, die sich gegen die Flut stemmt und dabei sogar von offizieller Seite vermeintlich Anerkennung bekommt. „Magdeburger Bürgermeister gibt JN-Chef die Hand“, lautet der Kommentar unter einem auf rechtsextremen Internetseiten verbreiteten Foto, das den Bundesvorsitzenden der NPD-Jugendorganisation Andy Knape in NPD-Shirt neben dem Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper zeigt.
aus Blick nach Rechts:
http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/pr-gag-gegen-die-antifa
Peter Nowak

AKTIONSTAG AN EHEMALIGEN ARBEITSHÄUSERN

Gedenken in Rummelsburg

„Mein Vater wurde in diesem Gebäude zwangssterilisiert“, sagte Rita Vowe. Die Tochter des 1944 in einem Außenlager des KZ Neuengamme ermordeten Boxers Rukeli Trollmann sprach in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Arbeitshauses Rummelsburg am Samstag auf einer Gedenkveranstaltung für die Opfer der Aktion „Arbeitsscheu Reich“. So nannten die Nazis die deutschlandweit koordinierte Massenfestnahme von als Asozial stigmatisierten Menschen vor 75 Jahren. Viele der Betroffenen wurden bei dieser Aktion in das Arbeitshaus Rummelsburg transportiert.

Vor einigen Jahren haben AktivistInnen von Erwerbslosengruppen gemeinsam mit Antifagruppen den Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute“ gegründet, der seit 2008 am ehemaligen Arbeitshaus Gedenkveranstaltungen durchführt. Auf der Veranstaltung am Samstag berichtete unter anderem auch eine Initiative über ihren Kampf um einen Gedenkort am Gelände des ehemaligen Mädchenkonzentrationslagers Uckermark. Eindringlich berichtete Ilse Heinrich, eine der Überlebenden verschiedener Arbeitshäuser und Konzentrationslager, über den von ihr erlittenen Terror.

Beendet wurde der Aktionstag mit einer Lesung von Dokumenten und Texten über die Verfolgung von als asozial stigmatisierten Menschen von der Nazizeit bis in die Gegenwart. Diese Lesung fand im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften“ statt.

Auch in der am Aktionstag eröffneten Ausstellung „Gewalt gegen wohnungslose Menschen im Nationalsozialismus und heute“ sind Kontinuitäten dokumentiert. Die Ausstellung ist bis Freitag im Heimatmuseum Lichtenberg in der Türschmidtstraße 18 zu sehen. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F06%2F10%2Fa0126&cHash=ce7369a933be42ecf6b235711167cf57

Peter Nowak

Rechte Angriffe haben in den letzten Wochen in Bayern zugenommen

Im Schatten des NSU-Prozesses wächst die Zahl rechter Angriffe in Bayern. Betroffen sind auch Anwälte der Nebenkläger

Eigentlich müsste man denken, dass die rechte Szene angesichts des NSU-Prozesses auf Tauchstation gegangen ist. Schließlich ist der Zusammenhang von rechter Gewalt und rassistischer Ideologie angesichts der NSU-Morde auch für Menschen manifest geworden, die bisher die rechten Umtriebe eher für harmlose Spinnereien gehalten haben. Doch tatsächlich ist die rechte Szene in Bayern nicht abgetaucht, sondern verübt Anschläge, nicht nur trotz, sondern wegen des NSU-Verfahrens. Darauf macht ein Aufruf unter dem Titel „Gemeint sind wir alle“ aufmerksam, der von zahlreichen bayerischen Initiativen und Einzelpersonen unterzeichnet wurde.

„In den letzten Wochen und Monaten nehmen rassistische und faschistische Angriffe in Bayern zu. Die organisierte Neonazi-Szene agiert zunehmend offen und aggressiv“, heißt es dort. In München sei es im April und Mai zu mehreren Attacken von Neonazis gekommen. Zielscheibe seien linke Einrichtungen, die sich gegen rechte Gewalt wehren und Flüchtlinge unterstützen. Die von den Anschlägen Betroffenen kritisierten in einem Fernsehbeitrag die Reaktion der Polizei. So monierte der Vorsitzende des Bayerischen Flüchtlingsrats, Matthias Weinzierl, dass nach der Anzeige der Anschläge ein Rückruf der Polizei erst nach zwei Wochen erfolgt sei.

Auch die Fenster des Wohnprojekts „Ligsalz 8“ seien eingeworfen, Nazi-Parolen in die Fenster eingeritzt und die gesamte Fassade mit Farbbeuteln beworfen worden. Die Geschäftsstelle des Bayerischen Flüchtlingsrats sei ebenso Ziel solcher Angriffe gewesen wie die Münchner Büros des Kurt-Eisner-Vereins, bei dem vier Fensterscheiben eingeworfen wurden. Vom Münchner EineWeltHaus seien zweimal Vermummte vertrieben werden.

Anwältin der Nebenklage im Visier

Auch die Kanzlei Münchner Rechtsanwältin Angelika Lex, die im NSU-Prozess die Witwe des NSU-Opfers Theodoros Boulgarides als Nebenklägerin vertritt, wurde in den letzten Wochen mehrmals Ziel von rechten Attacken. Sie monierte, dass die Polizei zunächst bestritt, dass es sich um eine Serie von Anschlägen gehandelt hat, diese Einschätzung aber später revidierte – mittlerweile wird gegen drei Münchner Neonazis ermittelt. Die Organisatoren des Aufrufs halten eine solche Haltung der Polizei nach dem Aufdecken der NSU-Morde für besonders fatal:

„Die erneute Leugnung eines organisiert agierenden Neonazi-Netzwerks in München zeigt, dass die Polizei nichts aus der folgenreichen Verharmlosung rechter Strukturen der vergangenen Jahre gelernt hat. Angesichts jahrelanger Untätigkeit ist das nicht nur zynisch gegenüber den betroffenen Initiativen und Einzelpersonen der jüngsten Angriffe, sondern auch gegenüber den Opfern des NSU, deren Angehörigen und gegenüber 173 weiteren Todesopfern rechter Gewalt seit 1990.“

„Wir wollen die da weghaben“

Aber nicht nur die in dem Aufruf pointierten Neonaziangriffe gehen im Schatten des NSU-Prozesses weiter. Wenn man sich manche Reaktionen auf die Zuwanderung von Menschen aus Osteuropa ansieht, könnte man zu dem Schluss kommen, auch die Rechtspopulisten agieren weiter wie im Stil der frühen 90er Jahre. Im Vorfeld des Kommunalwahlkampfes in NRW verschärfen sie die Angriffe gegen diese Menschen, in dem sie reale Probleme ethnisieren.

Das erinnert an ähnliche rechte Kampagnen in den frühen 1990er Jahren in Rostock und anderen Städten. Man wolle sich den „Problemen mit der Zuwanderung aus Osteuropa“ annehmen, so der im Wortlaut seriöse daher kommende Titel einer rechtspopulistischen Unterschriftensammlung zur Begrenzung der Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien. Bei der Sammlung der Unterschriften hörten Ohrenzeugen dann ganz andere Töne. „Wir wollen die da weg haben, alles andere interessiert uns nicht mehr“, habe ein O-Ton gelautet.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154392
Peter Nowak

Antirassismus nach Wetterlage

Eine »Riesendemo in Berlin« hat am Samstag in Berlin nicht stattgefunden. Mit jener Ankündigung warb das antirassistische Bündnis »Fight Racism Now!« auf Plakaten und Flugblättern für eine Demonstration, die an den 20. Jahrestag der fundamentalen Einschränkung des Asylrechts und den drei Tage später verübten Brandanschlag von Neonazis auf ein von Migranten bewohntes Haus in Solingen erinnern sollte, bei dem fünf Menschen gestorben waren. Bei schlechtem Wetter fanden sich in Berlin und Solingen jeweils knapp 1 000 Menschen ein. Den vom Berliner Bündnis geplanten Auftakt am Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Roma hatte die Versammlungsbehörde wegen der Nähe zur Fanmeile für das Champions-League-Finale verboten. Das antinationale Bündnis »Ums Ganze« hatte bundesweit zur Demonstration in Berlin aufgerufen und stellte in einem eigenen Block etwa ein Drittel der Teilnehmer. Mit Parolen wie »Deutschland ein falscher Gedanke, keine Grenzen, keine Schranken« wandten diese sich gegen jeden positiven Bezug auf Staat und Nation. Auf einem Transparent stand unter dem Konterfei von Thilo Sarrazin der Spruch: »Jede Partei hat die Sozialchauvinisten, die sie verdient.« An der Spitze der Demonstration gingen Flüchtlinge, die seit September in einem Camp am Oranienplatz vollständige Bewegungsfreiheit und die Abschaffung aller Flüchtlingslager fordern. In diesem Block wurde auch ein großes Transparent mit den Namen und den Todestagen von über 200 Menschen getragen, die seit 1991 in Deutschland entweder durch rechte Gewalt, bei Abschiebungen oder durch Selbstmorde in Abschiebegefängnissen umgekommen sind. Dass die Zahl der Teilnehmer trotz monatelanger Diskussionen um den NSU-Terror nicht größer war, erklären die Veranstalter mit dem schlechten Wetter.

http://jungle-world.com/artikel/2013/22/47801.html

Peter Nowak

1.000 gegen Rassismus

ASYL Linke Gruppen erinnern an Aushöhlung des Asyls und Solingen-Anschlag

Die angekündigte „Riesendemo in Berlin“ hat nicht stattgefunden. Mit diesen Slogans hatte das antirassistische Bündnis „Fight Racism now!“ für eine Demonstration geworben, mit der an den 20. Jahrestag der Einschränkung des Asylrechts erinnert werden sollte. Ebenso an den drei Tage später verübten Brandanschlag von Neonazis auf ein von MigrantInnen bewohntes Haus in Solingen, bei dem fünf Menschen starben. Am Samstag fanden sich nun bei strömendem Regen knapp 1.000 Menschen am verlegten Auftaktort in der Wilhelmstraße ein.

Den geplante Auftakt am Mahnmal für die ermordeten Roma hatte die Polizei wegen der Nähe zur Fanmeile des Champions-League-Finale abgelehnt. Bündnissprecher Felix Jourdan fand dies „irritierend“, kritisierte gegenüber der taz aber vor allem, „dass der deutsche Staat für ermordete Roma ein Mahnmal baut und gleichzeitig aktuell verfolgte Roma stigmatisiert und abschiebt“. Auch in Redebeiträgen und auf Transparenten wurden Zusammenhänge zwischen dem Rassismus rechter Gruppierungen und der staatlichen Politik thematisiert. „Jede Partei hat die Sozialchauvinisten, die sie verdient“, lautete etwa die Parole unter dem Konterfei des wegen seiner rassistischen Thesen umstrittenen SPD-Mitglieds Thilo Sarrazin.

An der Spitze der Demonstration gingen Flüchtlinge, die seit September vorigen Jahres in einem Camp am Oranienplatz ihre vollständige Bewegungsfreiheit und die Abschaffung aller Lager fordern. Die wegen des Dauerregens verkürzte Demonstration endete an diesem Camp mit einem witterungsbedingt nur mäßig besuchten Abschlusskonzert.

Viele DemoteilnehmerInnen waren mit Bussen aus verschiedenen westdeutschen Städten angereist. Vor allem das antinationale Ums-Ganze-Bündnis hatte bundesweit nach Berlin mobilisiert und stellte mit einem eigenen Block etwa ein Drittel der DemoteilnehmerInnen. Mit Parolen wie „Deutschland ein falscher Gedanke, keine Grenzen, keine Schranken“ oder „Gegen jeden Antisemitismus“ wandten sich die AktivistInnen gegen jeden positiven Bezug auf Staat und Nation.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F05%2F27%2Fa0104&cHash=54d0809de095cf2258159e1d90eea4f9
Peter Nowak

„Eine Art politische Urszene für die Generation NSU“


In Berlin erinnerte man sich gestern an den 20ten Jahrestag der Einschränkung des Asylrechts und den Brandanschlag in Solingen

Eine „Riesendemo in Berlin“ hat am gestrigen Samstag nicht stattgefunden. Mit diesen Slogan hatte das antirassistische Bündnis Fight Racism now! auf Plakaten und Flugblättern für eine Demonstration geworben, mit der an den 20ten Jahrestag der Einschränkung des Asylrechts und den drei Tage später verübten Brandanschlag von Neonazis auf ein von Migranten bewohntes Haus in Solingen bei dem fünf Menschen starben, erinnert werden sollte. Bei strömenden Regen fanden sich knapp 1.000 Menschen am verlegten Auftaktort in der Wilhelmstraße ein.

Den von dem Bündnis geplanten Auftakt am Mahnmal für die ermordeten Roma hatte die Versammlungsbehörde wegen der Nähe zur Fanmeile des Champions-League-Finale abgelehnt. Auch in Solingen hatten etwa 1000 Menschen auf einer Demonstration an den Anschlag in der Stadt wenige Tage nach der fast vollständigen Abschaffung des Aslyrechts erinnert. Bündnissprecher Jourdan begründete in einem Interview, warum er die Notwendigkeit sieht, 20 Jahre später mit einer Demonstration an die beiden Daten zu erinnern.

„Bei der Abschaffung des Grundrechts auf Asyl ging es um die politischen Grundkoordinaten der Berliner Republik. Der Nationalismus und Rassismus der Wendejahre bekam Verfassungsrang. Aus »Wir sind ein Volk« wurde »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus«. Und genau das hat der Bundestag vor 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Die Nazis haben das als ihren Triumph erlebt und mit dem Mordanschlag von Solingen drei Tage später haben sie diesen Triumph auch öffentlich für sich reklamiert. Das ist eine Art politische Urszene, denn genau hier ist die Generation NSU entstanden: Nazis und Rassisten, die erfahren haben, dass sich rassistische Gewalt politisch auszahlt.“

Aktuell kann man solche Mechanismen am Beispiel der Kampagne gegen Roma und Sinti beobachten, die obwohl EU-Bürger oft auch von der Politik und verschiedenen rechten Parteien bekämpft werden. Prompt tritt mit den Publizisten Rolf Bauerdick ein Autor in die Fußstapfen von Sarrazin und erklärt seinem geneigten Publikum, dass nicht etwa der Antiziganismus, sondern die Sinti und Roma selber sowie antirassistische Forscher das wahre Problem seien.


Jede Partei hat den Sarrazin, den sie verdient

In zahlreichen Redebeiträgen und auf Transparenten wurden Zusammenhängen zwischen dem Rassismus rechter Gruppierungen und der staatlichen Politik bis in die Gegenwart gezogen. „Jede Partei hat die Sozialchauvinisten, die sie verdient“, lautete die Parole unter dem Konterfei des SPD-Mitglieds Thilo Sarrazin, der mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ gegen Hartz IV Empfänger und MigrantInnen agierte.

An der Spitze der Demonstration gingen Flüchtlinge, die seit September letzten Jahres in einem Camp am Oranienplatz ihre vollständige Bewegungsfreiheit und die Abschaffung aller Lager fordern. Die wegen des Dauerregens verkürzte Demonstration endete an diesem Camp mit einem witterungsbedingt nur mäßig besuchten Abschlusskonzert.

Zahlreiche Demoteilnehmer waren mit Bussen aus verschiedenen westdeutschen Städten nach Berlin angereist. Vor allem das antinationale Ums-Ganze-Bündnis hatte bundesweit nach Berlin mobilisiert und stellte mit einem eigenen Block etwa ein Drittel der Demoteilnehmer in Berlin. Bereits in der nächsten Woche steht ein weiterer antirassistischer Protesttermin an. Im Rahmen der Blockupy-Aktionstage in Frankfurt/Main soll am 31. Mai unter der Parole Blockupy-Deportation Airport die Abschiebung von Flüchtlingen über den Frankfurter Flughafen thematisiert und wenn möglich blockiert werden.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/154323
Peter Nowak

Burschenschaften unter Druck


Im gesellschaftlichen Abseits sind sie längst angekommen. Wie weit geht ihr Rechtskurs?

Bereits vor Beginn des diesjährigen Burschentags, des alljährliche Treffen der Deutschen Burschenschaften in Eisenach, brandete eine alte Diskussion wieder auf. Eine Neuauflage des Ariernachweises sei dort geplant, berichtete Spiegel-Online mit Verweis auf Materialien, die der Redaktion zugespielt worden waren.

Der Streit darüber hält nun bereits zwei Jahre an und hat die Burschenschaften an den Rand der Spaltung gebracht. Es streiten sich dort ein rechtskonservativer Flügel, der seine Kontakte in die Unionsparteien nicht aufgeben will, und ein völkischer Flügel, der sich auf die verschiedenen politischen Kräfte rechts von der Union beziehen möchte und dafür auch bereit ist, einen gesellschaftlichen Einflussverlust in Kauf zu nehmen. Hauptstreitpunkt zwischen den beiden Flügeln ist die Frage, wer überhaupt Mitglied der Burschenschaft werden darf. Vor zwei Jahren wollte ein aus Asien stammender Studierender Mitglied werden, was dem völkischen Flügel nicht passte, der sich auch durchsetzte.

In diesem Jahr gibt es nun eine Neuauflage der Auseinandersetzung. Der rechte Flügel hat Anträge zur Mitgliedschaft vorbereitet. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins soll nicht mehr nur zwischen „deutscher“ und „nicht-deutscher“ Abstammung, sondern zwischen „deutscher“, „abendländisch-europäischer“ und „nicht-abendländisch-europäischer“ Abstammung unterschieden werden. Wenn sich jemand aus letzterer Gruppe bewirbt, soll eine „Einzelfallprüfung durch den Rechtsausschuss der Deutschen Burschenschaft“ nötig sein.

„Die Struktur dieser Regelung führt fast zwangsläufig zu ähnlichen Kriterien, wie sie die Nürnberger Rassengesetze von 1935, auch ‚Ariergesetze’genannt, vorsahen. Nach denen durfte im Dritten Reich ’nur Volksgenosse sein, wer arischen oder artgleichen Blutes war'“, kommentierten die Spiegel-Online-Journalisten den erneuten Vorstoß. In einer Pressemitteilung bestätigt die Burschenschaft indirekt die Mitteilungen von Spiegel-Online:

„Bereits wenige Minuten nach Abschluß der Pressekonferenz titelte Spiegel online ‚Burschenschafter planen Neuauflage des ‚Ariernachweises“. Der bei der Pressekonferenz anwesende Redakteur hat sich dabei auf ihm illegal zugespielte Unterlagen berufen. Seine Anfragen während der Pressekonferenz zu geplanten Änderungen der Aufnahmekriterien in die Deutsche Burschenschaft waren von den beiden Vertretern der Deutschen Burschenschaft nicht beantwortet worden. Als Grund wurde angegeben, daß entsprechende Anträge noch nicht diskutiert und auch nicht beschlossen wurden.“

Plädoyer für einen Rechtskampf

Doch nicht nur in der Frage der Mitgliedschaft zeigt sich der extrem rechte Kurs der Deutschen Burschenschaft. So hat mit Hans-Helmuth Knütter ein Mann die diesjährige Festrede unter den bezeichnenden Titel „Vom Rechtsstaat zum Linksstaat“ gehalten, der selber laut Informationen von Panorama seit Jahren in extrem rechten Kreisen aktiv sein soll und die in diesen Kreisen beliebte Webseite Links-enttarnt gegründet hat.

Er hat in seiner Rede zur Gründung eines Rechtskampf-Fonds zu mehr rechter Einigkeit und patriotischem Selbstbewusstsein aufgerufen. Allerdings ist mittlerweile nicht mehr zu übersehen, dass die Burschenschaften genauso wie ihr Referent Knütter im gesellschaftlichen Abseits stehen. Das zeigt sich in erster Linie nicht nur an Erklärungen des fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften), der seit Jahren eine Auflösung der Burschenschaften fordert, sondern auch an anderen Entwicklungen: ein guter Seismograph für den Bedeutungsverlust ist die Entlassung des Berliner Staatssekretärs für Soziales, Michael Büge, durch einen CDU-Senator, weil Büge trotz starken Druck nicht bereit war, die Burschenschaft Gothia zu verlassen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/15431
Peter Nowak

Konservative machen Druck auf Merkel

Mit der AfD als Vehikel fordert der rechte Flügel der Union, die konservativen Werte herauszustellen

Die neue Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland kann sich über mangelnde Beachtung nicht beklagen. Von der Linkspartei bis zur Union betonen alle im Bundestag vertretenen Parteien, wie ernst man die neue Partei nehmen muss. Dabei sind die Intentionen durchaus unterschiedlich.

Wenn Sarah Wagenknecht erklärt, dass die Eurokritik der AfD richtige Elemente enthalte, die Partei aber ansonsten wegen ihrer wirtschaftsliberalen Ausrichtung für Linke nicht wählbar sei, dann will sie in Erinnerung rufen, dass es eben auch Eurokritiker jenseits der AfD gibt. Damit will sie der neuen Partei den Nimbus des Tabubrechers nehmen, die als einzige ausspricht, was angeblich sonst niemand sagt.

Anders gelagert sind die Warnungen der CDU-Fraktionsvorsitzenden von Hessen, Sachsen und Thüringen, die in einem Brief an die Parteivorsitzende Merkel eine klare Positionierung gegenüber der AfD fordern. Die Gründung der AfD sei eine Herausforderung für die Union und müsse ernst genommen werden, schrieben Christean Wagner, Steffen Flath und Mike Mohring in einem Papier, aus dem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel zitiert.

Das konservative Profil der Union schärfen

Für die drei Fraktionsvorsitzenden ist die neue Partei besonders gefährlich, weil sie nicht nur Eurogegner anziehe, sondern auch jenen eine neue politische Heimat bieten könne, denen Merkels Modernisierungskurs nicht konservativ genug ist. Die politische Kompetenz für konservative Themen müsse von der Union selbstbewusster herausgestellt werden, fordern die Verfasser des Briefes und machen damit deutlich, dass sie die AfD als Vehikel benutzen, um einen Rechtsruck in der Union durchzusetzen.

Seit Merkel in der Union Verantwortung trägt und Kohl entmachtet hat, gibt es das Lamento über den Modernisierungskurs der Frau aus dem Osten, die der Union die konservative Seele nehme. Zu einer Bibel der konservativen Merkel-Kritik wurde das Buch Die Patin, mit dem die Publizistin Gertrud Höhler der Kanzlerin deren DDR-Vergangenheit vorwirft. Nun legen die konservativen Autoren Günther Lachmann und Ralf Georg Reuth in dem kürzlich erschienenen Buch Das erste Leben der Angela M. nach und werfen ihr vor, was schon immer bekannt war: Dass Merkel in der DDR keine Oppositionelle war.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Merkel diese Angriffe eher als Sympathiewerbung nutzt. Bisher haben alle unionsinternen Merkelkritiker schnell aufgegeben. Die immer wieder prognostizierten Aufstände des geschassten westdeutschen Unionsnachwuchses, der Mitte der 1980er Jahre schon eigene Karrierepläne ausgearbeitet hatte, sind ausgeblieben. Friedrich Merz oder Roland Koch gingen dann doch lieber in die Wirtschaft, als Merkel in der Politik Paroli zu bieten.

Hofften manche Konservative in der Union noch auf die Nach Merkel-Ära, so werden heute schon Kandidaten aus dem Kreis der Modernisierer größere Chancen eingeräumt. Vorausgesetzt Merkel will überhaupt ihr Amt mittelfristig aufgeben und ihr passiert das Missgeschick nicht, die Wahlen im Herbst zu verlieren. Dass die Konservativen in der Union jetzt die AfD als Vehikel benutzen, um Druck auszuüben, wurde von Merkel scharf kritisiert. Man solle sie in Zukunft besser auf dem Handy anrufen, statt mit offenen Briefen die AfD erst richtig bekannt zu machen, soll Merkel nach einen Bericht der Welt auf einer Vorstandssitzung der Union gesagt haben.

Dass vielleicht einige konservative Unionsanhänger die AfD bekannt machen wollen, um ihre Position in der Union zu stärken, wird sie sicher nicht laut aussprechen. In Großbritannien, wo EU-kritische Rechtspopulisten von der Unabhängigkeitspartei bei den Kommunalwahlen Stimmengewinne verbuchten, hat der rechte Flügel der Tories auch sofort davon profitiert.

Bröckelt die Abgrenzung der AfD nach Rechtsaußen?

Ob die AfD allerdings je Wahlerfolge erzielen und nicht wie viele Kleinstparteien rechts von der Union enden wird, ist noch gar nicht sicher. Zu Zeit streitet sich die neue Partei über die Frage, wie weit sie sich nach rechts öffnen soll. Von einzelnen Mitgliedern werden Aufrufe der Zusammenarbeit mit den Republikanern und der Anti-Islampartei Die Freiheit angestrebt.

In rechten Internetmagazinen wird schon mit Freude festgestellt, dass die Abgrenzung der AfD in Richtung der Pro-Bewegung und der Republikaner bröckelt. Im thüringischen Ilmenau gibt es Streit, um das AfD-Engagement des wegen Holocaustrelativierung verurteilten, rechtslastigen Vertriebenenfunktionärs Paul Lattusek. Nachdem die Medien über seine Aktivitäten in der AfD berichtet haben, distanziert sich die Partei von ihm.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/154266
Peter Nowak

Rechte Provokationen am Tag der Befreiung

Die NPD marschiert vor dem Deutsch-Russischen Museum in Berlin-Karlshorst auf – in Berlin-Buch wurde das sowjetische Ehrenmal beschmiert.

Zum 68ten Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus veranstaltete wie in jedem Jahr das Deutsch-Russische Museum in Berlin-Karlshorst ein Fest, an dem russische Veteranen, israelische Journalisten und Politiker verschiedener Parteien teilnahmen. Doch die Feier wurde durch eine Veranstaltung der NPD vor dem Museum empfindlich gestört, die von 16.00 bis 18.00 Uhr andauerte.

Rund 30 Mitglieder der rechten Szene, darunter der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke, stellten die Deutschen als Opfer der Alliierten und besonders der Roten Armee hin. Schon in den vergangenen Jahren hatten die NPD und andere rechtsextreme Gruppen Demonstrationen vor dem Museum organisiert, in dem im Mai 1945 die Vertreter des NS-Regimes die Kapitulationsurkunde unterzeichneten.

Die Museumsleitung wurde kurzfristig von der rechten Aktion am 8. Mai informiert. „Eine Benachrichtigung durch die örtliche Polizei erfolgte mündlich einige Stunden vor Beginn der Kundgebung. Zahlreiche Gäste zeigten sich verständnislos und empört von der Präsenz der NPD-Anhänger vor dem historischen Ort“, erklärte die Pressesprecherin des Deutsch-Russischen Museums Julia Franke. Auch Museumsdirektor Jörg Morre kritisierte im Gespräch mit dem Radiosender „Stimme Russlands“, dass das Haus erst drei Stunden vorher über die rechte Demonstration informiert worden sei und das noch von der untersten Ebene der Polizei.

Morre kritisierte zudem, dass die Kundgebung genehmigt wurde. „Jeder vernünftige Innenpolitiker dürfte wissen, was wir heute für ein Ort sind“, erklärte Morre am 8. Mai. Die Partei Die Linke hat angekündigt, die rechte Kundgebung im Berliner Abgeordnetenhaus zur Sprache zu bringen.

Auch das sowjetische Ehrenmal in Berlin-Buch war in der Nacht zum 8. Mai mit rechten Parolen wie „Besatzer raus“ beschmiert worden. Die Aktion erfolgte wenige Stunden, bevor die Vertreter der Bezirksverordnetenversammlung an dem Mahnmal einen Kranz niederlegten. Der politische Staatsschutz hat die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung aufgenommen.

aus Blick nach Rechts
http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechte-provokationen-am-tag-der-befreiung
Peter Nowak