Die Massenaktionen gegen rechts wären eigentlich positiv, wenn hier nicht mit falschen historischen Vergleichen gearbeitet würde. Unmittelbarer Anlass war eine vor wenigen Tagen lancierte Meldung des linksliberalen Mediennetzwerks Correctiv, das ein Treffen einer Art Neuauflage der …
„Harzburger Front – keine Wannseekonferenz“ weiterlesenSchlagwort: Nea
Antifafahne versus Friedenstaube
Am 25 März 2023 hatten sich in der Düsseldorfer Innenstadt ca. 200 Menschen versammelt, die mit Friedenstrauben gegen Waffenlieferungen in die Ukraine demonstrierten. Ihnen gegenüber hatten sich ca. 10 meist jüngere Menschen mit Antifafahnen postiert, die lautstark gegen eine „deutsche Querfront“ agierten. Tatsächlich hatten sich unter dem Banner der weißen Friedenstaube neben Veteran*innen der Friedensbewegung auch Mitglieder von Gruppierungen wie …
„Antifafahne versus Friedenstaube“ weiterlesenMehr als ein Gedenken
Er gilt als größter Generalstreik in der Geschichte Berlins – mit tragischem Ausgang. Vor 104 Jahren wurden im Osten der Stadt, vornehmlich im proletarisch geprägten Friedrichshain und dem damals noch von Berlin unabhängigen Lichtenberg, bis zu 1200 Menschen von Freikorps ermordet, die meisten von ihnen Arbeiter*innen. »Neben revolutionären Aktivist*innen waren unter den Toten auch viele …
„Mehr als ein Gedenken“ weiterlesenQuerdenken in der Krise – Chance für Linke?
Die wochenlang angekündigte Demonstration der Querdenken-Bewegung in Berlin fällt aus. Querdenken-Gründer Ballweg hat sogar eine Demopause für die nächsten Wochen angekündigt. Das ist schon eine Zäsur. Schließlich gehört ja zur Erzählung der Corona-Maßnahmenkritiker, dass sie sich in einem ….
„Querdenken in der Krise – Chance für Linke?“ weiterlesenWie schnell man zum russischen Agenten wird
Die North-East-Antifa gehört zu den linken Gruppen in Berlin mit einer beachtlichen Kontinuität. Während viele Antifagruppen meistens nach wenigen Jahren wieder verschwinden, gibt es die NEA schon mehr als ein Jahrzehnt. Nun hat sie es gemeinsam mit einer Westberliner Antifagruppe sogar geschafft, in der New York Times erwähnt zu werden. Der Anlass war natürlich nicht die kontinuierliche „Antifa-Arbeit“ der Gruppen, sondern …
„Wie schnell man zum russischen Agenten wird“ weiterlesenGelbe Westen auch in Berlin?
Solidarisiert man sich mit einem Symbol oder mit konkreten Alltagskämpfen?
Am gestrigen Donnerstag ging es am Pariser Platz zwischen französischer Botschaft und Akademie der Künste zumindest nach Worten „revolutionär“ zu. Knapp 120 Menschen haben sich mit dem Protest der Gelben Westen in Frankreich solidarisiert [1]. Eine kleine Abordnung von ihnen war aus Frankreich nach Berlin gekommen.
Gekommen waren ansonsten Mitglieder und Unterstützer verschiedener linker Gruppen aus Berlin, die Sammlungsbewegung Aufstehen war mit einem Transparent vertreten. Für die Antifagruppe NEA [2] hat Martin Peters einen Beitrag mit viel Selbstkritik auch an die eigene Szene vorgetragen. So monierte er, dass ein großer Teil der Antifa-Linken die Bewegung der Gelben Westen (häufig auch: Gelbwesten) vorschnell unter der Rubrik Querfront nach Rechts abschieben würde und sich damit indirekt zum linken Feigenblatt der Macron-Fraktion des Kapitals machen würde.
Dabei verschwieg Peters nicht, dass es in der Bewegung der Gelben Westen Rechte gibt. Aufgabe einer linken Bewegung sei es dann aber, die Kräfte in der Bewegung zu unterstützen, die sich gegen die rechten Tendenzen dort stellten. Dazu gehörten auch die Mitglieder der Delegation, die am Donnerstag nach Berlin gekommen war.
Bewegung nicht rechts liegen lassen
In einem Taz-Interview [3] hatte Peters diese Position präzisiert:
taz: Bislang haben in Deutschland vor allem Rechte versucht, auf den Gelbwesten-Zug aufzuspringen. Die wollen Sie aber nicht auf Ihrer Demo haben?
Nein, unsere Motivation ist auch eine antifaschistische. Das Motto lautet: Gegen Sozialabbau und Rassismus. Wir widersprechen der Vereinnahmung von rechts und einer Verbindung mit dem Protest gegen den UN-Migrationspakt. Dass bislang eher Rechte aufgesprungen sind, spiegelt die Schwäche der Linken wider: Es fehlt eben an breiten Sozialprotesten. Und während „Unteilbar“ ein Moment war, ist etwa Pegida dauerhaft präsent und kann entsprechend schnell mobilisieren.
taz: Hat die deutsche Linke den französischen Protest bislang unterschätzt und sich zu sehr auf die problematischen Elemente der Bewegung fokussiert?
Ich würde sagen: ja. Es fehlt ihr inzwischen die Übung im Umgang mit Massenbewegungen. Viele sind es nur noch gewohnt, danebenzustellen und zu kritisieren. In den linken Filterblasen war schnell der Vorwurf eines Querfrontprotests verbreitet. Aber die Kernforderungen der Gelbwesten sind sozialer Natur und eben nicht der Migrationspakt. Wir wollen deutlich machen, dass sich französische Linke zum Großteil für eine solidarisch-kritische Intervention aussprechen und gegen Nazis zur Wehr setzen. Einen extrem rechten Sprecher hat die Bewegung schon geschasst – der versucht jetzt sein Glück als „Gelbe Zitronen“.
Martin Peters, langjähriger Berliner Antifa-Aktivist in der Taz
Welches Volk ist gemeint?
Tatsächlich haben Linke bei den Montagsdemonstrationen gegen die Einführung von Hartz-IV im Sommer 2004 den Rechten, die sich dort auch tummelten, Paroli geboten. In vielen Städten war das damals gelungen und so konnten die Rechten der damaligen Bewegung nicht ihren Stempel aufdrücken. Peters zeigte an einem Beispiel auch die Schwierigkeiten einer solchen Intervention. So lautete damals eine zentrale Parole „Weg mit Hartz IV – das Volk sind wir“.
Für viele Linke ist das gut begründet ein mit rechtem Gedankengut konterminierter Begriff. Doch wie geht man mit Menschen um, die die dahinterstehenden Debatten nicht kennen? Versuche ich erst einmal rauszufinden, was sie denn meinen, wenn sie von „Volk reden?
Nur dann ist eine Kommunikationsebene möglich. Allerdings sollte dabei klar sein, dass Linke nicht mit Volksbegriffen hantieren, sondern Menschen dabei unterstützen soll, zu erkennen, dass sie mit dem Begriff selbst einer Ideologie aufsitzen – beispielsweise der Ideologie, Krupp und Krause oder Peter Hartz und eine Hartz IV-Empfängerin säßen im selben Boot.
Die deutschen Zustände bekämpfen – aber wie?
Nach Peters sprach eine iranische Migrantin, die in Berlin lebt, über die sozialen Proteste in ihrem Land und über die Situation. Die beste Solidarität, die von Berlin für soziale Bewegungen in anderen Ländern geleistet werden könne, sei der Kampf gegen die deutschen Zustände. Damit erwies sie sich als gute Marx-Kennerin, der schon 1843 den Deutschen Zuständen den Krieg erklärt hatte [4].
Heute ist damit auf ökonomischen Gebiet ein Kampf gegen das weitgehend von Deutschland durchgesetzte Austeritätsregime gemeint, dass in vielen Ländern Europas für Verarmung sorgt. Werden sich die nun gegründeten Gelben Westen Berlins diesen Kampf annehmen? Dann könnte das Symbol „Gelbe Westen“ nur der Ausgangspunkt sein. Schließlich ist es ein leerer Signifikant. Die Träger können sehr Verschiedenes damit ausdrücken.
Ob es im nächsten Jahr die Bewegung in Frankreich noch geben wird, ist ungewiss. Aber es wird weiter soziale Kämpfe geben, mit und ohne gelbe Westen. Wenn die Initiatoren der Gelben Westen Berlin dafür sensibilisieren würden, hätten sie sich Verdienste erworben. Da wären aber einige kritische Fragen zu stellen. Warum gelang es nicht, einen Aktionstag der Solidarität mit den oft migrantischen Logistikarbeitern und ihren Streikzyklen [5] in Norditalien in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu etablieren? Versuche mit Aktionen vor verschiedenen IKEA-Zentralen gab es [6].
Um in der Gegenwart zu bleiben: Wo bleibt die transnationale McDonald-Kampagne aus Solidarität mit den Arbeitskämpfen bei einer McDonald-Filiale im Norden von Marseille [7]?
Michel Poittevin ist aktiv in der französischen Basisgewerkschaft Solidaires – SUD [8], die den Arbeitskampf bei McDonald in Marseille unterstützt:
Ihre Gewerkschaft unterstützt einen Arbeitskampf bei McDonald in Marseille [9]. Ist es nicht schwierig, gerade dort Beschäftigte zu organisieren?
M.P.: 2012 gab es die erste Auseinandersetzung in der McDonald-Filiale in McDonald de Saint-Barthelemy. Die Beschäftigten konnten so ein 13-Monastsgehalt und andere Verbesserungen durchsetzen. Die erkämpften Rechte wurden infrage gestellt, als in der Filiale der Besitzer wechselte. Dabei muss man wissen, dass McDonald ein Franchise-Modell eingeführt hat. Die Franchisenehmer zahlen an McDonald Miete und eine Umsatzbeteiligung. Mit dem Franchisemodell sollen die erkämpfen Arbeiterrechte zurückgerollt werden. Bei McDonald in Barthelemy entwickelte sich daraus 2017 ein monatelanger Streik. Er wurde nicht nur in ganz Frankreich bekannt. Sogar im Ausland wurde darüber berichtet. Sogar in großen US-Zeitungen gab es Artikel.
Wie reagierte Ihre Gewerkschaft darauf?
M.P.: Wir machten diese besonders brachiale Form von Union-Busting öffentlich. So organisierten wir eine Versammlung, in der wir die Gewalt gegen Gewerkschaftler bekannt machten. Als klar wurde, dass wir uns davon nicht einschüchtern ließen, hörten die Drohungen auf.
Ausschnitte aus einem längeren Interview mit Michel Poittevin
Auch hier stellt sich die Frage, warum kann nicht mit transnationalen McDonald-Aktionstagen eine Solidaritätsfront aufgebaut werden? Am 17.Januar 2019 wird vor dem Berliner Arbeitsgericht über die Berufungsverhandlung eines der rumänischen Bauarbeiter verhandelt, der bei der Mall of Berlin [10] um seinen Lohn geprellt wurde [11].
Der Konflikt dauert mittlerweile 4 Jahre und die um ihren Lohn geprellten Bauarbeiter hatten auf dem Rechtsweg Klagen gewonnen, aber kein Geld bekommen, weil die verurteilten Subunternehmen insolvent waren.
Warum sollten die Gelben Westen Berlin nicht an einen Samstag vor der Mall of Berlin, einer Nobel-Mall an exponierter Stelle, daran erinnern? Sie liegt nur wenige 100 Meter weg vom Kundgebungsplatz der Gelbwesten am vergangenen Donnerstag. Ein Mann mit gelber Weste schloss sein Fahrrad ab und betrat die Mall. War das jetzt ein Versuch, nach der Kundgebung den sozialen Protest an den passenden Ort zu tragen und die dortige weihnachtliche „Süßer die Kassen nie klingeln“-Stimmung etwas zu trüben? Nein, es handelte sich um einen Kunden in wettergerechter Bekleidung.
Peter Nowak
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[1] https://www.facebook.com/GelbwestenGegenSozialabbauundRassismus
[2] http://antifa-nordost.org/
[3] http://www.taz.de/!5556689/
[4] https://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/isf-flugschriften_lp1/
[5] http://www.labournet.de/category/internationales/italien/arbeitskaempfe-italien/
[6] http://www.labournet.de/internationales/italien/arbeitskaempfe-italien/it-ak-logistik/aktionstag-gegen-ikea/
[7] https://solidaires.org/De-Marseille-a-Paris-tous-mobilises-contre-l-exploitation-chez-Macdo
[8] https://solidaires.org/
[9] https://berlin.fau.org/termine/arbeitskaempfe-bei-mcdonald-s-in-marseille
[10] https://www.mallofberlin.de/
[11] https://berlin.fau.org/termine/gerichtstermin-eines-bauarbeiters-der-mall-of-shame
Düstere Aussichten für linke AktivistInnen
Vor dem Hintergrund des verschärften Demonstrationsrechts befürchten Linke, dass der Staat auch 2018 hart gegen sie vorgehen wird
»2017 war kein gutes Jahr für die Grundrechte, und es gibt keine Anzeichen, dass es im neuen Jahr besser wird«, erklärte die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Martina Renner bei der Podiumsdiskussion »Solidarisch gegen Überwachung und Repression«, die am vergangenen Samstag in Berlin stattfand. Ein breites Bündnis aus Antifagruppen, kurdischen AktivistInnen, bürgerrechtlichen Initiativen und der LINKEN hatte zu der Veranstaltung eingeladen.
Die ReferentInnen der Diskussionsrunde informierten die rund 250 ZuhörerInnen über die unterschiedlichen Repressionsfälle der letzten Monate. Der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der Betroffene des Verbotsverfahrens der Internetplattform Linksunten vertritt, kritisierte die begrenzte Solidarisierung mit der Plattform. Obwohl es Demonstrationen linker Gruppen in verschiedenen Städten gab, sei eine Kampagne, die das bürgerrechtliche Spektrum einbeziehe, ausgeblieben. Dabei werde die Dimension des Indymedia-Paragrafen noch gar nicht begriffen. »Hier wurde nicht nur eine linke Struktur in Freiburg angegriffen, der Angriff richtet sich gegen Versuche, Nachrichtendienste jenseits von Facebook aufzubauen«, so Adam. Zudem verwies er darauf, dass aus den Verfahren bereits Kosten von 50 000 bis 60 000 Euro angefallen seien. Dabei seien die Schäden, die den Betroffenen durch die Razzien und die Beschlagnahme von Kommunikationsgeräten entstanden sind, noch gar nicht berücksichtigt. Adam problematisierte auch die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Verfahren. Der habe mit seinen Berichten über gefährliche Personen die Grundlage für die Razzien geliefert.
Über mangelnde Solidarität klagte auch Benjamin Derin. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Freien Universität Berlin im Bereich Strafrecht und Kriminologie vertrat das bürgerrechtliche Spektrum. Er monierte, dass beim gescheiterten Versuch, MitarbeiterInnen von netzpolitik.org wegen der Veröffentlichung von als geheim eingestuften Dokumenten wegen Landesverrats anzuklagen, die Unterstützung der außerparlamentarischen Linken gering gewesen sei. Die Solidaritätsarbeit sei 2015 weitgehend von bürgerrechtlichen Gruppen getragen worden. Einen Grund dafür vermutete Derin in dem weitgehenden Desinteresse der radikalen Linken an Fragen des Strafrechts, wenn sie nicht selber davon betroffen sind. Dabei zeigen die hohen Haftstrafen gegen vermeintliche Straftäter der G20-Prozesse, dass hier die Instrumentarien genutzt werden, die vorher ohne große Proteste geschaffen wurden. Dazu gehört das wenige Wochen vor dem G20-Gipfel beschlossene Gesetz zur »Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften«, welches das Demonstrationsrecht enorm verschärfte.
Auch die kurdische Bewegung ist in Deutschland zunehmenden Repressalien ausgesetzt, berichtete ein Mitglied des kurdischen Zentrums für Öffentlichkeit. Erst am 12. Januar hatte die Polizei die Räumlichkeiten des Kurdisch-Deutschen Zentrums in Hamburg nach Fahnen und Transparenten des in der Türkei inhaftierten PKK-Gründers Öcalan durchsucht. Die Auflagen bei kurdischen Festen und Veranstaltungen seien in der letzten Zeit rigider geworden. So dürfe kein Essen verkauft werden, und selbst das kostenlose Verteilen von Wasser sei per Auflage verboten worden.
Im Anschluss an die Veranstaltung kritisierte ein Teilnehmer, dass eine Abgeordnete der Linkspartei, die in Berlin mitregiert, zur Diskussion eingeladen worden sei. Ein Mitglied der mitveranstaltenden North East Antifa (NEA) entgegnete, dass man der massiven Welle der Repression nur gemeinsam entgegentreten könne. Aus dem Publikum kam dann der Vorschlag, das Bündnis auf Repression und Überwachung am Arbeitsplatz und die Verschärfung der Gewerkschaftsrechte auszuweiten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1076448.duestere-aussichten-fuer-linke-aktivistinnen.html
Peter Nowak
Mutter nimmt Fahndung selbst in die Hand
Nach mutmaßlich rassistischem Vorfall Aufruf zu Demo
»Botschafter für eine Welt ohne Vorurteile« lautet die Devise des Berliner Vereins Global New Generation. Er widmet sich der pädagogischen und kulturellen Arbeit im Geiste des Antirassismus. Gegründet wurde er von der Musikproduzentin Sonja Prinz. Sie ist eine der Initiatorinnen einer Demonstration, die unter dem Motto »Gemeinsam gegen Rassismus« am kommenden Samstag um 14 Uhr an der Straßenbahnhaltestelle in der Husemannstraße in Prenzlauer Berg beginnen soll.
An dieser Stelle soll der 17-jährige afro-deutsche Sohn von Sonja Prinz in den frühen Morgenstunden des 26. November von vier Männern zusammengeschlagen worden sein. Zuvor sollen sie ihm und seinen beiden Begleitern den Weg versperrt haben. Einer der Männer habe den Hitler-Gruß gezeigt, hieß es (»nd« berichtete). Die Gruppe soll erst von ihrem Opfer abgelassen haben, nachdem Passanten aufmerksam wurden. Der 17-Jährige wurde am nächsten Tag von der Mutter ins Krankenhaus gebracht, weil er über starke Schmerzen klagte. Wegen einer schweren Schulterverletzung war er in stationärer Behandlung. Der Betroffene kann sich weder an den Überfall noch an die Stunden danach erinnern. Ob der Gedächtnisverlust des Jugendlichen eine Folge des Schocks oder Symptom der Kopfverletzung ist, wird noch untersucht.
Die beiden Begleiter des Opfers konnten jedoch detaillierte Beschreibungen der Schläger liefern. Darunter habe sich ein Mann befunden, der ihnen durch seine Körpergröße aufgefallen war, was sie auch dem LKA mitteilten. Das hat laut Sonja Prinz aber kein Phantombild erstellt, um nach den Tätern zu fahnden. Auch habe die Polizei nicht nach weiteren Zeugen des Überfalls gesucht. Im Polizeibericht vom 29. November heißt es: »Gestern Abend wurden bei einem Polizeiabschnitt mehrere Straftaten angezeigt, die sich bereits am vergangenen Samstag in Prenzlauer Berg ereignet haben sollen«. Michael Merkle von der Pressestelle der Berliner Polizei bestätigte dem »nd« den Eingang der Anzeige, wollte sich aber zu Details der Ermittlungen nicht äußern.
Sonja Prinz hat mit einigen Freunden die Fahndung nach den Schlägern nun in die eigenen Hände genommen. Dabei wird sie von der North East Antifa (NEA) unterstützt. Sie haben die Täterbeschreibung ins Netz gestellt und wollen auch die Demonstration nutzen, um weitere Tatzeugen zu Aussagen zu motivieren. Prinz will auch danach nicht locker lassen: »Ich möchte, dass die Männer, die meinen 17-jährigen Sohn auf Grund seiner Hautfarbe zusammengeschlagen und ins Krankenhaus getreten haben, bestraft werden.«
Hooligans im Edelkiez
RASSISMUS 150 Menschen erinnern an Übergriff von Dynamo-Hools auf Fest im Mauerpark
„Das Problem heißt Rassismus“, stand auf dem Transparent, das am Samstagnachmittag am Eingang des Mauerparks in Prenzlauer Berg hing. Davor hatten sich etwa 150 Menschen versammelt, darunter auch Mitglieder des Kameruner Vereins in Berlin. Deren Grillfest war Anfang September von etwa 200 Fans des BFC Dynamo, der im Jahnstadion gegen den Hamburger
SV spielte, angegriffen worden (taz berichtete). Mehrere Menschen wurden verletzt, ein Mann musste mit Gesichtsverletzungen
zehn Tage stationär im Krankenhaus behandelt werden. Patrice Alain Zombou wurde bei dem Angriff von einer Flasche am Kopf getroffen. Am Samstag berichtete er über die Panik, die bei den Gästen des Fests – darunter viele Frauen und Kinder – ausbrach, als sie von dem rassistische Parolengrölenden Mob attackiert wurden. „Ich bin 22 Jahre in Deutschland und hätte nicht für möglich gehalten, dass ich mitten in Berlin angegriffen werde und dass mich die Polizei nicht schützen kann“, erklärte Zombou. Die Opferberatungsstelle Reach Out hatte die Kundgebung gemeinsam mit Antifagruppen vorbereitet. „Wir müssen
nicht auf Orte in Ostdeutschland zeigen, wenn es um rechte Übergriffe geht. Sie passieren auch im angeblich so bunten
Prenzlauer Berg“, erklärte eine Sprecherin der (NEA).
Rechtes Duell am 2. Oktober
Antifagruppen wollen auch am kommenden Sonntag rund um das Jahnstadion präsent sein. Dann spielen dort mit BFC Dynamo
gegen Lokomotive Leipzig zwei Vereine mit einer rechten Fanszene.
aus Taz vom 26.9.2016
Peter Nowak
Paradoxe Folgen des Widerstands
Antifaschisten diskutierten über die Aufmärsche rechter Fußballfans
Seit in Köln vor einigen Wochen Tausende unter dem Label »Hooligans gegen Salafisten« (HoGeSa) auf die Straße gegangen sind, häufen sich in den Medien Berichte über diese neue Gruppierung. Glaubt man den Presseberichten sei diese »völlig überraschend aus dem Nichts aufgetaucht«. Auch viele aktive Antifaschisten waren von einem so großen Aufmarsch rechter Fußballfans überrascht. »Ich hatte gehofft, die Ära der rechten Massenaufmärsche wäre in Deutschland vorüber. Seit dem HoGeSa-Auftritt in Köln bin ich mir da nicht mehr so sicher«, brachte am Donnerstagabend ein Teilnehmer einer Veranstaltung in Berlin diese Stimmung auf dem Punkt.
Die Diskussionsrunde widmete sich der Frage, wie die HoGeSa einzuschätzen ist und ob sie Vorläufer hat. Eingeladen waren Referenten von Berliner Antifagruppen und vom (BAFF). Dessen Vertreter Roland Zachner (Name geändert) erinnerte zunächst an die Gründungsära der BAFF vor über 20 Jahren. Nach den Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte haben sich die in vielen Fußballstadien schon länger aktiven Neonazis lautstark bemerkbar gemacht Dass Fußballfans schon viel länger zur Zielgruppe von Neonazis gehörten, verdeutlichte Zachner am Beispiel von Michael Kühnen. Der damals umtriebige Jungnazi umwarb bereits in den 1970er Jahren gezielt Hooligans.
Dass der Einfluss der Rechten in den Stadien in den letzten Jahren zurückgedrängt werden konnte, sei auch das Verdienst linker Ultragruppen, sagte Zachner. Für den langjährigen BAFF-Aktivisten ist das Auftauchen der HoGeSa paradoxerweise auch eine Folge von erfolgreichem antifaschistischem Widerstand: »Nachdem immer mehr rechte Straßenaufmärsche, wie die Demonstrationen zum Jahrestag der alliierten Bombardements in Dresden oder die Aufmärsche zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess in Wunsiedel verhindert werden konnten, hätten die Rechten ihre Aktivitäten wieder vermehrt in die Fußballstadien verlegt.«
Doch bleibt HoGeSa nur ein Label, das zurzeit in rechten Kreisen gerne benutzt wird und sich schnell wieder abnutzt? Diese Frage mochte niemand beantworten. Doch Nico Steinert (Name geändert) von der Berliner North East Antifa (NEA) wies auf die Heterogenität des Hooligan-Netzwerkes hin. Nach dem schlagzeilenträchtigen Aufmarsch in Köln hätten bereits die ersten Differenzierungsprozesse eingesetzt. Dabei habe die HoGeSa auch massiven Gegenwind aus den eigenen Reihen erfahren. Geplante und schon öffentlich angekündigte Aufmärsche in Hamburg und anderen Städten mussten abgesagt werden, weil die dortigen Hooligans eine Teilnahme ablehnten. Ob der HoGeSa-Aufmarsch am 15. November in Hannover für die Szene ein Erfolg war, werde intern kontrovers diskutiert. Ein Teil beschwerte sich, dass sie sich nur in dem von der Polizei abgesteckten Areal bewegen konnten. Auch die starke Präsenz rechter Parteien wie NPD und Die Rechte sorge in Teilen der Hooliganszene für Kritik. Andere wiederum sähen den Aufmarsch in Hannover als Erfolg für die HoGeSa. Schließlich zählten zu den Referenten Mitglieder rechtsbürgerlicher Parteien, die lange Zeit die Kooperation mit offenen Nazis abgelehnt hatten. So gehörte ein Münchner Aktivist der Partei »Die Freiheit« zu den Rednern. Auch die antiislamische und rechtspopulistische Internetseite Politically Incorrect (PI) zählte zu den Unterstützern der HoGeSa. Der NEA-Vertreter erklärte, er habe den Eindruck, als würden diejenigen, die in den letzten Jahren auf PI mit rassistischen oder homophoben Zuschriften aufgefallen sind, nun auf die Straße gehen. Trifft dies zu, dann ist die HoGeSa kein kurzlebiges Phänomen und Antifaschisten müssen sich noch länger mit der Gruppierung beschäftigen.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/953210.paradoxe-folgen-des-widerstands.html
Peter Nowak
Linke in Weißensee im Visier der Neonazis
RECHTE Polizei unterbindet offenbar Angriff von Neonazis auf linkes Wohnprojekt – und schweigt
Planten Neonazis in den frühen Morgenstunden des 9. Juli einen Angriff auf das linke Wohn- und Kulturprojekt Kubiz in Weißensee? Die North East Antifascists (NEA), eine seit Jahren im Nordosten Berlins aktive Antifagruppe, hat in einer Pressemeldung berichtet, dass gegen zwei Uhr morgens eine achtköpfige Neonazigruppe in unmittelbarer Nähe des Kubiz von der Polizei gestoppt worden sei. Die Rechten hätten zuvor rund um den Weißen See Neonaziparolen gesprüht, unter anderem „NS Jetzt!“, „Nazi-Area“ und „FNBM“ – das Kürzel der neonazistischen Kameradschaft Freie Nationalisten Berlin Mitte.
Ein NEA-Mitglied berichtet, dass „Linke aus dem Kiez“ beim Chillen rund um den See zufällig auf die Aktivitäten der Rechten aufmerksam geworden seien. Auch die Polizei sei den Rechten gefolgt. Das bestätigte ein Polizeisprecher gegenüber der taz: „Die Männer führten zwei Teleskopschlagstöcke, zwei Dosen Pfefferspray, zwei Teppichmesser und eine Farbspraydose mit.“ Konkrete Ansatzpunkte für einen Angriff auf das Kubiz seien nicht gefunden worden, konnten aber auch nicht ausgeschlossen werden, so die Polizei. Die Polizei habe gegen die Rechten einen Platzverweis rund um das Kubiz ausgesprochen. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. „Es handelt sich hier um einen Sachverhalt, der für die Öffentlichkeit von großem Interesse ist und eine Pressemeldung erfordert hätte“, sagte der Polizeisprecher zudem selbstkritisch. Wegen zahlreicher Demonstrationen am vergangenen Wochenende sei die Meldung von der Pressestelle versäumt worden. Die NEA hatte in ihrer Pressemeldung moniert, dass die Polizei keine öffentliche Stellungnahme abgegeben habe.
So ist es wahrscheinlich, dass die Neonazis eine Sprühaktion am Kubiz planten. Schon am 4. Mai 2010 waren auf das Gebäude rechte Parolen und Symbole gesprüht worden, darunter das Kürzel und die Internetadresse der Freien Nationalisten Mitte. Die Gruppe scheint sich bevorzugt vor linken Projekten zu produzieren. So postierten sich am 19. April FNBM-Aktivisten mit einem Transparent, das zum rechten Aufmarsch am 1. Mai mobilisierte, vor dem linken Weddinger Hausprojekt Schererstraße 8.
Ein Kubiz-Bewohner sieht in den rechten Sprühaktionen eine Bedrohung der BewohnerInnen und BesucherInnen des Projekts. Zumal es auch in der unmittelbaren Nachbarschaft bekennende Rechte gebe. Vor drei Wochen habe einer von ihnen einen Kubiz-Besucher zusammengeschlagen. Zuvor habe er sein Opfer gefragt, ob er etwas mit dem Kubiz zu tun hat
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F07%2F16%2Fa0164&cHash=b563ad865f
Peter Nowak