Essen für Obdachlose unerwünscht

Seit zwei Jahren bietet der Verein Berliner Obdachlosenhilfe an verschiedenen Plätzen in Berlin gesundes Essen für Obdachlose an. Auch der Hansaplatz in Moabit gehört seit kurzem dazu. Doch ein Teil der Anwohner ist über dieses ehrenamtliche Engagement nicht erfreut. Sie werfen dem Verein vor, Wohnungslose anzulocken und damit den Bezirk abzuwerten. Schließlich soll das Areal zum 70. Jubiläum des Hansaviertels verschönert werden, und da passen arme Menschen offensichtlich nicht allen ins Bild.

Zum Sprachrohr der Kritiker der Obdachlosenhilfe machte sich der Abgeordnete Thomas Isenberg (SPD), der seinen Wahlkreis im Hansaviertel hat. Auf einer von ihm moderierten Veranstaltung sagte er am Dienstagabend, er wolle in einem Jahr einen sauberen Hansaplatz haben. Dazu sei er auch bereit, Obdachlose zu verdrängen. Er werde alle rechtlichen Schritte prüfen, um der Obdachlosenhilfe die Essensausgabe auf dem Hansaplatz zu verbieten.

Ein Teil der rund 100 Teilnehmer der Veranstaltung stimmten Isenberg zu. Nur wenige machten darauf aufmerksam, dass Obdachlose nicht verschwinden, wenn sie am Hansaplatz kein Essen mehr bekommen. Sie forderten sozialarbeiterische und gesundheitspolitische Maßnahmen, um die Obdachlosigkeit und nicht die Armen zu bekämpfen. »Wir würden uns gerne überflüssig machen, wenn der Staat ein besseres Betreuungsprogramm auflegen würde. Bis dahin werden wir weiter unsere Hilfe anbieten«, sagte Helferin Sabrina Wolter dem »nd«.

Peter Nowak

„Alle Wärme geht vom Menschen aus“

Aktionskunst Mit seinem Büro für ungewöhnliche Maßnahmen begleitete Kurt Jotter die Alternativbewegung. 2013 gab es ein Comeback des Büros – derzeit ist Jotter mit Performances vor allem beim Mietenthema aktiv

taz: Herr Jotter, Sie haben zuletzt zahlreiche Performances mit MietrebellInnen gemacht. Warum engagieren Sie sich in diesem Gebiet so stark?

Kurt Jotter: Es gehört zu den Grundstandards der Menschlichkeit, eine Wohnung zu haben. Sie ist gewissermaßen die dritte Haut des Menschen. 85 Prozent der MieterInnen in Berlin sind existenziell auf bezahlbare Wohnungen und die Mieterrechte angewiesen. Zu diesem gesellschaftlichen Bewusstsein möchte ich mit künstlerischen und medialen Mitteln beitragen.

Sie haben bereits vor fast 30 Jahren in Westberlin eine MieterInnenbewegung unterstützt. Was hat sich seitdem geändert?

Mit der Lichtkunstaktion „Berlin wird helle“ haben wir damals zum Frühjahrsbeginn 1987 mit dem Berliner Mieterverein gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung in Westberlin protestiert. Wir projizierten auf Hunderte Häuserwände Protest-Dias der Mieter und Entwürfe eines großen Künstlerwettbewerbs. Das war im Rahmen einer Kampagne, die mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und den Oppositionsparteien und allen Initiativen ein erfolgreiches Bürger-Mieter-Begehren startete. Das macht deutlich, dass die Aktionen von einer Massenbewegung unterstützt wurden, die es heute nicht gibt.

Wie würden Sie Ihre künstlerische Arbeit beschreiben?

Ich sehe mich als politischen Aktions-, Konzept- und Multi-Media-Künstler und arbeite interdisziplinär zwischen Print, Theater, Video und Performance – im Sinne von „Realmontagen“ im öffentlichen Raum. Meine frühkindliche Heimat liegt bei den dadaistischen Rebellen, John Heartfield, der frühe Meister der Fotomontage, war der erste Impulsgeber. Das Bild wird zur Gesamtmontage, als theatralische Inszenierung mit Humor, sodass das Lachen im Hals stecken bleibt. Dadurch entsteht der Anreiz, sich mit der Sache zu befassen. Es geht auch darum, ein Gefühl der Befreiung zu erzeugen im Sinne von Dario Fo: „Es wird ein Lachen sein, das sie beerdigt.“

Humor und Politik, das harmoniert ja nicht immer. Hatten Sie nicht manchmal Probleme mit Ihren Aktionen bei den linken AktivistInnen?

Wir agierten innerhalb der damals schnell wachsenden Bürgerinitiativ- und Alternativbewegung, die sich von der Realitätsferne und Humorlosigkeit der K-Gruppen frühzeitig abgesetzt hatte. Unsere damals entstandenen Plakate waren in dieser ständig wachsenden Bewegung sehr gefragt und finanzierten unsere Arbeit über Jahre. Gemeinsam mit der 2014 verstorbenen Kulturwissenschaftlerin Barbara Petersen gründete ich 1977 die Künstlergruppe „Foto, Design, Grafik, Öffentlichkeit“ (FDGÖ) – der Name spielte auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Berufsverbote an.

Mit dem 1987 gegründeten Büro für ungewöhnliche Maßnahmen (BfM) bekamen Sie Preise, es wurde in Spiegel, „Tagesschau“ und vielen anderen Medien über verschiedene Aktionen berichtet. Was waren die Höhepunkt Ihrer Arbeit?

Am 11. Juni 1987 der Mauerbau auf der Kottbusser Brücke als „Anti-Kreuzberger-Schutzwall“ gegen die Abriegelung Kreuzbergs beim Berlinbesuch von Ronald Reagan, danach die Jubelparade als Abgesang auf die Berliner 750-Jahr-Feiern mit 5.000 ParodistInnen aus der gesamten Szene und vieles andere mehr, einiges ist auch auf Wikipedia zu lesen. Auch Soloaktionen erregten Aufsehen: zum Beispiel eine lebende Haider-Karikatur in Salzburg, die in blauem FPÖ-Schal als Exhibitionist mit einem Hakenkreuz vorm Geschlechtsteil dessen Salon-Faschismus demonstrierte – bis zur Festnahme.

Nach einer längeren Pause machte sich das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen seit 2013 mit Aktionen wieder an ein Comeback. Gerade eben waren Sie aber auch Mitorganisator des stadtpolitischen Hearings der Initiativen zu den Koalitionsverhandlungen. Geht es jetzt in die Realpolitik?

Bei mir gab es nie diese Trennung von Kunst und Politik oder Form und Inhalt. Ich bin froh, wieder in Berlin aktiv zu sein und hoffentlich wieder in der Heimstätte des „Büros“, der ehemals besetzten Fabrik „Kerngehäuse“. Hier denkt man wieder an den Druck und die Kraft der alten Zeiten und weiß, was alles möglich sein kann.

Was ist Ihr persönlicher Antrieb bei Ihren Aktivitäten?

Für mich waren immer zwei Faktoren entscheidend: Gerechtigkeit und Effektivität. Eine noch so gute künstlerische Public Relations nützt überhaupt nichts, wenn das zu stärkende Subjekt als Bewegung zersplittert und keine relevante Kraft mehr ist. Hier können Impulse zur Vernetzung und Vereinigung für die PR entscheidend sein. Was bleibt, ist auch die Rückbesinnung auf die Grundlagen der Menschlichkeit. Zum Schluss unseres Textes „Das Lachen im Halse“ heißt es: „Erster Vorschlag zur notwendigen Neuauflage der Energie-Debatte: Alle Wärme geht vom Menschen aus – der Rest kommt von der Sonne.“

1950 geboren, ist seit Ende der 1970er Jahre als Aktionskünstler im politischen Kontext aktiv. 1987 gründete er mit Barbara Petersen das Büro für ungewöhnliche Maßnahmen (BfM). Für seine Aktionen erhielt das Büro 1988 den Kulturpreis der Kulturpolitischen Gesellschaft zugesprochen. 2013 hat Jotter die aktionskünstlerische Arbeit des Büros wieder aufgenommen. Aktuell ist er vor allem in der MieterInnenbewegung aktiv

http://www.taz.de/!5362194/

Interview Peter Nowak

Die GMRE ist berlinweit in der Kritik

Ca. 20 MieterInnen zeigten letzte Woche Interesse an einer Dachgeschosswohnung in der Wiesbadener Straße 33. Sie sollte laut Annonce  80 Quadratmeter umfassen und  999 Euro warm kosten. Claudia Langer (Name geändert) gehörte zu den Interessent/innen und besichtigte die Wohnung. Doch sie dachte zunächst an ein Missverständnis, als die Maklerin sagte, die Wohnung sei zum 1.12.16 bezugsfertig, das Panoramafenster im Flur werde aber frühestens im Februar 2017 eingebaut. Zurzeit klafft dort ein von einer Malerplane abgedecktes Loch. Die Plane sei schließlich dicht, sonst hätte es schon rein geregnet, reagierte die Maklerin auf die ungläubige Nachfrage der MieterInnen, ob  sie im Winter mehrere Monate in einer Wohnung leben sollen, in der ein Fenster fehlt und dafür noch die vollständige Miete zahlen müssen.  „Spüren Sie etwa Kälte? Es ist doch warm draußen“, wehrte die Maklerin weitere kritische Nachfragen ab. Ein Keller soll den MieterInnen auch nur gegen Zusatzkosten  zur Verfügung stehen.
Die Wohnungsbesichtigung hat einmal mehr den Ideenreichtum dokumentiert, mit dem in Berlin Mieter/innenrechte missachtet werden. Die Eigentümer handeln in der Hoffnung, dass bei dem angespannten Wohnungsmarkt in Berlin Mieter/innen auch bereit sind, im Winter in eine Wohnung zu ziehen, in der ein Fenster fehlt.
Die GMRE Consultants GmbH, die die Wohnungen in der Wiesbadener Straße verwaltet, hat schon längst keinen Ruf mehr zu verlieren. „Das Unternehmen lockt mitunter mit günstigen Mieten im Internet, verschweigt aber die hohe Staffelmiete. Später schlägt GMRE mitunter bei den Betriebskosten zu und kassiert über eigene Firmen für Leistungen die nicht erbracht wueden“, sagen mehrere Mieter/innen unabhängig voneinander. „Kautionen werden einbehalten, Reparaturen minderwertig und auf Kosten der Mieter durchgeführt“, schrieb die Taz am 19.5.2016. Das  Rechercheteam  Correctic stellte Dokumente über die GMRE unter der Überschrift „Die Grausverwaltung“ ins Netz gestellt (https://correctiv.org/blog/2016/05/19/graus-verwaltungen/).

Ganz Berlin hasst die GMRE?
„Die Wohnungsnot macht’s möglich. Seit 10 Jahren zockt die Hausverwaltung GMRE ihre Mieter ab“, heißt es dort. Hinter der GMRE steckt eine Holding mit Sitz in London. Im Jahr 2006 kaufte ein Unternehmen namens Gabriel International 54 Häuser in Berlin. Im selben Jahr gründete Rouven Kerstan die Firma Gabriel Management, später GMRE Consultants GmbH, die die Häuser der Londoner Holding in Deutschland betreut. Die  GMRE verwaltete in Berlin 2008 nach eigenen Angaben rund 3.000 Objekte.  Über die heutige Anzahl der Häuser in Berlin gibt das Unternehmen keine Auskunft.
Unter dem Titel „Berlins unbeliebteste Hausverwaltung“ tauschen Mieter/nnen aus GMR-Häusern im Internet  (http://www.notesofberlin.com/2015/09/ganz-berlin.html) ihre Erfahrungen aus. Dort ist auch ein Graffiti mit der Zeile „Ganz Berlin hasst die GMRE“ gepostet, das auf einer Hauswand in Neukölln zu finden war. Tatsächlich finden sich aus fast allen Berliner Stadtteilen Berichte von Mieter/innen, die über schlechte Erreichbarkeit, verschleppte Mängelbeseitigung und dubiöse Betriebskostenabrechnung der GMRE klagen. „Ich wohne da jetzt schon seit sechs Jahren. Und seit sechs Jahren wollen die mir eine Heizung einbauen und nichts ist passiert, außer die Miete, die wird immer teurer“, heißt ein exemplarischer  Einträge, der mit der Erkenntnis schließt. „Wir können leider bloß eins tun – und das ist ausziehen oder wir tun uns mal alle zusammen.“   Angesichts der gut dokumentierten Praktiken dieser Hausverwaltung wäre ein berlinweites Treffen der GMRE-Mieter/innen, auf dem auch gemeinsame  Maßnahmen diskutiert werden könnte, die richtige Antwort.

MieterEcho online 25.11.2016

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/gmre-in-der-kritik.html

Peter Nowak

Widerstand gegen Vertreibungen in Neukölln

GENTRIFIZIERUNG Gut besuchte Solidaritätsdemo für den von Räumung bedrohten Kiezladen F54

Die BewohnerInnen der Friedelstraße 54 und die NutzerInnen des dort ansässigen Kiezladens  F54 haben noch FreundInnen.
Das zeigte sich am Samstagnachmittag. Die Anzahl der TeilnehmerInnen einer Solidaritätsdemonstration mit dem von Räumung bedrohten Laden sei „größer als erwartet“ gewesen, freut sich Martin Sander vom Ladenverein gegenüber  der taz. Kritik übte er am „ruppigen Auftreten der Polizei“, die stellenweise Spalier gelaufen sei und nach Abschluss der Demonstration
eine Person kurzzeitig festgenommen habe. Der unmittelbare Anlass für die Demo war die nach einem gerichtlichen Vergleich bis zum 31. Juli2017 aufgeschobene Räumung des Nachbarschaftsladens (taz berichtete). Den Räumungstitel hat der neue Hauseigentümer, eine Luxemburger Briefkastenfirma, von der Vorgängerfirma übernommen. Die LadenbetreiberInnen
wollen die nächsten Monate nutzen, um den Widerstand gegen Vertreibungen in Neukölln voranzutreiben. „Es geht nicht darum, dass nur unser Laden gerettet wird, sondern sich rebellische MieterInnen im Stadtteil vernetzen. Wir wollen Menschen
unterstützen, die ein Bewusstsein entwickeln, dass herrschende Stadtpolitik nicht den Interessen der BewohnerInnen, sondern der EigentümerInnen dient“, erklärt Sander gegenüber der taz.  Auf der Demonstration am Samstag gab es Redebeiträge
von der linken Berliner Gruppe Theorie und Praxis (TOP), dem Berliner Bündnis gegen Zwangsräumungen sowie der Nachbarschaftsinitiative „Unser Block“, zu dem sich MieterInnen mehrerer Häuser in der Fram-, Nansen-, Pflüger-, Pannierstraße zusammengeschlossen haben. Zum Abschluss der Demo hielt ein Mitglied des migrationspolitischen  Vereins Allmende eine kurze Rede vor dem Haus, aus dem der Verein im Frühjahr 2015 zwangsgeräumt worden war. Bis heute hat der
Verein keine neuen Räume gefunden und ist dadurch in seiner politischen Arbeit stark eingeschränkt.

TAZ.DIE TAGESZEITUNG, MONTAG, 21. NOVEMBER 2016

PETER NOWAK

Die Nachbarn ermutigen

KIEZ Samstag Demo stadtpolitischer Initiativen: „Rebellische Nachbarn – Solidarische Kieze“

Der Kiezladen F54 in der Friedelstraße hat nach einem gerichtlichen Vergleich einen Räumungsaufschub bis zum März 2017 bekommen. Die NutzerInnen des Ladens haben nach einer kontroversen Diskussion diese Entscheidung akzeptiert. Doch das bedeutet für sie kein Ende ihrer politischen Arbeit, im Gegenteil. „So haben wir einige Monate mehr Zeit, um Veranstaltungen und Proteste gegen die Verdrängung zu organisieren und stadtpolitische Initiativen zu unterstützen. Dazu gehört eine praktische Kritik der herrschenden Eigentumsordnung“, sagt Matthias Sander vom Kiezladen. Am morgigen Samstag wird
es unter dem Motto „Rebellische Nachbarn – Solidarische Kieze“ eine Demonstration geben, die um 16.30 Uhr mit einer Kundgebung am Herrfurthplatz beginnt. Dort werden auch Geflüchtete sprechen, die noch immer in den Unterkünften am
Tempelhofer Feld leben müssen. Der Protestzug will Orte der rohenden oder bereits vollzogenen Verdrängung aufsuchen.
„Wir wollen unsere NachbarInnen ermutigen, dass sie sich kennenlernen, organisieren und wehren“, erklärt Sander. Er hofft, dass viele StadtteilbewohnerInnen mit Schildern und Transparenten an der Demo teilnehmen. Einen Stopp wird es vor dem
zwangsversteigerten Häuserblock in der Fram-, Nansen-, Pflüger-, Pannierstraße geben. Dort haben sich MieterInnen zur Initiative „Unser Block“ zusammengeschlossen. Enden wird der Protestzug am Kottbusser Damm 25/26, wo auf die Konsequenzen der Vertreibung für die Betroffenen hingewiesen wird. Dort hatte bis zur Zwangsräumung in 2015 der migrationspolitische Verein Allmende eine Etage gemietet. Bis heute hat der Verein keine neuen Räume gefunden, was seine politische und soziale Arbeit massiv behindert.
FREITAG, 18. NOVEMBER 2016, TAZ.DIE TAGESZEITUNG
Peter Nowak

Zehn Minuten Stillstand

Aktionsbündnis blockierte am Sonntagnachmittag Autobahnauffahrt am Dreieck Neukölln

Ab 14.40 Uhr ging an A 100-Auffahrt Grenzallee am Dreieck Neukölln nichts mehr. Rund 200 Gegner des Autobahnneubaus an der A 100 blockierten für zehn Minuten die Straße. Die Aktivisten hatten die kurze Blockade angemeldet, zahlreiche Polizisten achteten darauf, dass der Verkehr in diesem Zeitraum ruhte. »Wir dürfen uns auch von einem rot-rot-grünen Senat nicht in Sicherheit wiegen lassen, der in den Koalitionsverhandlungen behauptet, die A 100 nicht weiterzubauen«, begründete eine Frau ihre Teilnahme an der Aktion.

»Wir fordern von der neuen Berliner Koalition eine Wende hin zu einer nachhaltigen, menschengerechten und ökologischen Stadtentwicklung und Verkehrspolitik«, sagte Tobias Trommer vom »Aktionsbündnis A 100 stoppen«. Die zentrale Forderung der Aktivisten lautet, den laufenden Bau des 3,2 Kilometer langen Autobahnabschnitts zum Treptower Park umgehend zu stoppen und die Trasse bereits an der Sonnenallee enden zu lassen.

Der Weiterbau der A100 ist seit einigen Jahren ein Streitthema in der Berliner Politik. Bereits in der rot-roten Koalition unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatten die Linken einen Weiterbau vehement abgelehnt. 2011 führte die A100 dann sogar offiziell  zum Scheitern rot-grüner Koalitionsgespräche, da auch die Grünen gegen einen Weiterbau waren. Stattdessen kam es zur großen Koalition zwischen SPD und CDU, und im Mai 2013 erfolgte der erste Spatenstich für den umstrittenen 16. Bauabschnitt. Damit soll die Stadtautobahn vom Dreieck Neukölln bis zum Treptower Park verlängert werden. Die Fertigstellung ist für 2021/22 geplant.
Die Aktivisten des Bündnisses „A100 stoppen“ fordern auch einen Baustopp auf diesen Abschnitt. Doch das ist auch das anvisierte rot-rot-grüne Bündnis kein Thema.  Ein Baustopp hätte schwierige juristische und finanzielle Folgen
Trommer lässt diese Argument  nicht gelten.  Sollte der Bau der A100 nicht komplett gestoppt werden, beseht für ihn die Gefahr, dass eine andere politische Konstellation im Abgeordnetenhaus den Autobahnbau erneute auf die Agenda setzt. Zudem könnte die dringend notwendige Umnutzung des Geländes nicht in Angriff genommen werden. Dort könnten nach seinen Vorstellungen Wohnungen zu bezahlbaren Mieten entstehen, die in   Berlin so dringend gebracht werden.
„Wenn der politische Wille vorhanden ist, ließe sich hier sicher en Weg für den Baustopp finden“, gibt er sich überzeugt. Selbst wenn der Baustopp  Kosten verursachen  sollte, könnte durch eine alternative Nutzung der dadurch freiwerdenden  Flächen  Geld  eingenommen werden, gibt Trommer zu bedenken.  Daher sieht er es auch als positives Zeichen, dass die Bundestagsfraktion  der LINKEN   beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags  ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, in die finanziellen Folgen eines Ausstiegs untersucht werden soll. Dabei geht es vor allem um Gelder des Bundes, die für den Bau der Autobahn vorgesehen waren.
Während einige  Mitglieder der Linksfraktion aus dem Berliner  Abgeordnetenhaus an der Protestaktion teilnahmen, waren weder Abgeordnete der Grünen noch anderer Parteien vertreten.   Doch das Aktionsbündnis hat bereits weitere Proteste gegen den Autobahnbau angekündigt. Am 22.11. will  es  um 15 Uhr vor dem Paul-Löbe-Haus des Bundestags die A100 abblasen. Die Teilnehmer werden aufgefordert,  Lärminstrumente mitzubringen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1031965.zehn-minuten-stillstand.html
Peter Nowak

Kundgebung für revolutionären Gemischtladen

Betreiber kämpft, um Räumung zu verhindern / Stadtteilinitiative organisiert Lichterumzug gegen Verdrängung

Nicht nur in Köln meldeten sich am 11. 11. um 11.11 Uhr die Jecken zu Wort. Auch in der der Kreuzberger Manteuffelstraße 99 hatte der Betreiber des dortigen »Gemischtwarenladens mit Revolutionsbedarf« zu einer Kundgebung mit närrischen Karnevalsreden eingeladen. Seit über einem Jahr kämpft Hans Georg Lindenau unterstützt von Stadtteilinitiativen gegen seine Räumung.

Thematisiert werden sollte am Freitagvormittag die nach Ansicht von Hans Georg Lindenau »verrückte Rechtssprechung«, mit der in der letzten Zeit Räumungen von Mietern legitimiert werden. So hätten die Richter des Berliner Landgerichts in ihrem Räumungsurteil bestritten, das Lindenau in seiner Ladenwohnung im Parterre des Hauses lebt. »Dabei bekomme ich seit Jahren regelmäßig die Post und auch die Wahlbenachrichtigungen an diese Adresse«, erklärt Lindenau.

Als weiteres Beispiel für eine »verrückte« Rechtssprechung führt der querschnittgelähmte Mann auf, dass das Gericht in dem Urteil bestritten hat, dass er auf einen Rollstuhl angewiesen sei. Bisher ist die Räumung seines Geschäfts ausgesetzt, zumindest bis mit einem psychiatrischen Gutachten die Folgen eines Verlustes seiner Ladenwohnung für seine psychische Gesundheit geklärt wurde. Lindenau machte auf der Kundgebung noch einmal deutlich, dass er bei einer Räumung sein Lebens- und Arbeitsumfeld verlieren würde.

Neben den Gerichtsbeschlüssen thematisierte Lindenau weitere »verrückte« Tatsachen. So habe der Hauseigentümer in der Manteuffelstraße mehrere Ferienwohnungen eingerichtet, obwohl doch eine Verordnung diese Umwandlung von Mietwohnungen verhindern soll.

Doch der Kreuzberger Aktivist kämpft nicht nur gegen seine drohende Vertreibung. In Beiträgen wurde an den Nachbarschaftsladen in der Neuköllner Friedelstraße 54 erinnert, der bis März 2017 einen Räumungsaufschub bekommen hat. Bei einer Performance, bei der Lindenau einen Polizeihelm trug und jeden Satz mit einem Helau beendete, war die Teilnehmerzahl allerdings wohl wegen des winterlichen Wetters begrenzt. Die Mobilisierung gegen Lindenaus drohende Zwangsräumung sollte am Freitagabend weiter besprochen werden. Nach Redaktionsschluss dieser Seite hatte die Kreuzberger Nachbarschaftsinitiative Bizim Kiez zum Lichterumzug gegen Baufilz aufgerufen. Neben dem Verdrängungsdruck sollte dort auch die Bebauungspläne der Curvrybrache am Spreeufer thematisiert werden. Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen sind dort nicht vorgesehen.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1031880.kundgebung-fuer-revolutionaeren-gemischtladen.html

Verdrängung und Widerstand rund um den Boxhagener Platz

Die Gegend um den Boxhagener Platz ist schon längst ein Eldorado für die junge, flexible Schicht von Managern aus Wirtschaft, Politik und Kunst, die vom Berliner politischen Establishment umworben wird. Mieter/innen mit geringen Einkommen können sich dort kaum noch die Wohnungen leisten. Darauf machten am Sonntagnachmittag AnwohnerInnen mit einem Kiezspaziergang aufmerksam. Es wurde nicht nur die Verdrängung angeprangert, sondern auch gezeigt, dass man sich wehren kann, wie ein Vertreter der Stadtteilinitiative „Keine Rendite mit der Miete/Friedrichshain“ betonte. Ein gutes Beispiel dafür ist die Grünberger Straße 84/Ecke Gärtner Straße 14. „Wir haben uns erfolgreich gewehrt gegen Gijora Padovicz. Wir haben schnell reagiert und noch am Tag der Ankündigung der Modernisierung eine Mieterversammlung einberufen“, begründeten sie ihren Erfolg. Weil das Haus bereits in den 1990er mit Krediten der Investitionsbank Berlin saniert wurde und der damalige Vertrag eine Klausel enthielt, dass einer künftigen Modernisierung 70 % der MieterInnen zustimmen müssen, konnten die neuen Modernisierungspläne ausbremst werden ( siehe MieterEcho Online vom 13.10.2016).  „Schließt Euch zusammen und solidarisiert Euch. Macht Euch schlau und holt Euch anwaltlichen Rat“, beendeten die Mieter/innen ihren Beitrag über ein ermutigendes Beispiel von Gegenwehr. Miriam Stein (Name geändert) konnte sich nicht auf eine solidarische Nachbarschaft stützen, als sie ebenfalls von der Padovicz-Immobilienfirma mit der Modernisierungsankündigung konfrontiert war. Fast ein Jahr lebte ich allein auf einer Baustelle in der Dirschauer Straße/Ecke Revaler Straße. Sie war in dieser Zeit mit Wasserschäden und Einbrüchen konfrontiert. Kürzlich hat sich auch Stein zum Umzug entschlossen. Jetzt wird das Haus, in dem Jahre lang Mieter/innen mit geringem Einkommen wohnten, nur noch für Menschen mit viel Geld erschwinglich sein. Rund um die Dirschauer Straße kann man zurzeit viele Baustellen sehen. In den wenigen noch unsanierten Häusern wächst der Leerstand. Die Aufwertung des Stadtteils hat mittlerweile auch die Nebenstraßen in Friedrichshain erreicht.

MieterInnen der Padovicz-Häuser schließen sich zusammen
In der Simon Dach Straße hingegen, die bereits seit mehr als ein Jahrzehnt als angesagte Eventmeile abgefeiert wird, haben es Mieter/innen mit geringen Einkommen immer schwerer, noch eine Wohnung zu finden. Aktuell sind Mieter/innen der Simon Dach Straße 34 mit Modernisierungsankündigungen der Padovicz-Gruppe konfrontiert. Vor dem Haus betonte ein Mieter, der bereits fast 30 Jahre in dem Haus wohnt, wie wichtig auch eine solidarische Nachbarschaft ist, um die Mieter/innen zu unterstützen und zu informieren. Dazu sollen Treffen von Mieter/innen aus verschiedenen Padovicz-Häusern aus Friedrichshain dienen, die bereits zweimal im Mieterladen in der Kreutziger Straße 23 stattfand. Dort sollen  Erfahrungen ausgetauscht werden, damit sich die Mieter/innen besser wehren können. Schließlich berichten MieterEcho und andere Zeitungen bereits seit 2 Jahrzehnten über die Entmietungsstrategien der Immobiliengesellschaft. Aber Padovicz ist nur ein Player, der rund um den Boxhagener Platz aktiv ist. So werden auf der Internetplattform „Wohnen am Boxi“ Wohnungen des kürzlich modernisierten Hauses Gabriel-Max-Straße 6 /Grünbergerstraße 71 angeboten. Die Gesamtmiete für eine 74,39 Quadratmeter-Wohnung beträgt  1.301, 46 Euro. Für 87,51 Quadratmeter fällen monatlich 1.367,63 Euro an.
http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/kiezspaziergang-boxhagener-platz.html

MieterEcho online 08.11.2016

Peter Nowak

Mieter präsentieren Forderungen

ROT-ROT-GRÜN III Miet-Initiativen wollen sich stärker vernetzen

Insgesamt 25 MieterInnengruppen haben sich am Mittwochabend im Nachbarschaftshaus Centrum in der Kreuzberger Cuvrystraße 13 zum stadtpolitischen Hearing getroffen. Ihr Ziel: der wahrscheinlichen rotrot-grünen Koalition ihre  Forderungen vorzutragen. Das Spektrum der anwesenden Gruppen reichte von den Kreuzberger Stadtteilinitiativen Bizim Kiez,
Kotti & Co und Wem gehört Kreuzberg? über die Moabiter MieterInnengruppe Hansa-Ufer5, den Mieterprotest Koloniestraße
aus dem Wedding bis zur Initiative „Deutsche Wohnen Steglitz-Zehlendorf“. Moderiert vom Stadtsoziologen und  stadtpolitischen Aktivisten Andrej Holm trugen die Initiativen in knappen Statements ihre Probleme vor, woraus sich oft sehr konkrete Forderungen ergaben. Für bezahlbares generationsübergreifendes Wohnen machte sich etwa Eva Willig vom Verbund Berliner Wohnprojekte zur Miete stark. Bizim Kiez wiederum regte eine Berliner Bundesratsinitiative zur Eingliederung der
Mietenbremse in das Wirtschaftsstrafgesetz an. Wäre das erfolgreich, müssten Mietpreisüberhöhungen als Ordnungswidrigkeit
von Amts wegen geahndet werden.

Keine BittstellerInnen

Alle RednerInnen betonten, dass sie keine BittstellerInnen seien. Magnus Hengge von Bizim Kiez gab zu Beginn des Hearings
den selbstbewussten Ton vor. „Es gab in den letzten Jahrzehnten leider sehr viel amtierende Dummheit“, erklärte er unter Applaus. Hengge betonte, dass die SPD ein wichtiger Teil davon gewesen sei. Die Partei habe trotz Einladung keine VertreterInnen geschickt, kritisierte Hengge. Lediglich die beiden Zuhörer mit den Masken von Michael Müller und Andreas Geisel auf der Bühne schüttelten gelegentlich den Kopf. Katrin Schmidberger (Grüne), Katrin Lompscher und Katalin Gennburg (beide Linke), die in der ersten Reihe saßen, schrieben die Forderungen der MieterInnen hingegen eifrig mit.

Weiteres Treffen geplant

Kurt Jotter vom „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“, der zu den Organisatoren des Abends gehörte, stellte am Ende einen
Dreistufenplan der Berliner MieterInnenvernetzung vor. Die müssen sich „zusammenreißen, zusammentun und zusammenschließen“. Am 5. Dezember will sich das MieterInnenbündnis erneut treffen. Dann soll auch über Aktionen geredet werden, wenn der neue rot-rot-grüne Senat ihre Forderungen ignorieren oder auf die lange Bank schieben sollte.

aus Taz Berlin, 4.11.2016

Peter Nowak

Hearing fordert Wende in Berliner Wohnungspolitik

„Miete essen Seele auf“  stand auf den Plakaten, die am Mittwochabend am Eingang des Nachbarschaftshauses  Centrum in der  Cuvrystraße 13 hingen. Viele der mehr als 150  BesucherInnen haben den Kampf gegen hohe Mieten, gegen energetische Sanierung, Verdrängung und Vertreibung aufgenommen. Sie haben sich in Stadtteil- und Mieterinitiativen organisiert. Am 2. November haben sie sich zum stadtpolitischen Hearing versammelt, um den  PolitikerInnen der vorbereiteten  rot-rot-grünen Koalition ihre Forderungen zu übermitteln. Gekommen waren Katrin Schmidberger (Grüne), Katrin Lompscher und  Katalin Gennburg von den Linken. Von der SPD war trotz Einladung niemand gekommen. Der regierende Bürgermeister Michael Müller und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel wurden von Aktivisten gedoubelt und verfolgten die kurzen Statements der 25 Mieterinitiativen, die in knapp zwei Stunden ihre Forderungen vortrugen mit Belustigung, Kopfschütteln und nur gelegentlich mit Zustimmung. Vertreten waren unter Anderem die Stadtteilinitiativen Bizim Kiez, Wrangel21, Hansa Ufer 5, Deutsche Wohnung Steglitz-Zehlendorf, Otto-Suhr-Siedlung  und das Kiezbündnis am Kreuzberg/Kreuzberger Horn. So wurde deutlich, wie flächendeckend in Berlin die MieterInnen mittlerweile organisiert sind und wie dringlich sie schnelle Maßnahmen von der Politik einfordern. So forderte Bizim Kiez  von der künftigen Berliner Regierung eine  Bundesratsinitiative zur Einführung einer Mietenbremse in das Wirtschaftsstrafgesetz. Zahlreiche solcher sehr konkreten Forderungen waren an diesem Abend zu hören. Hoch war auch der Anteil an SeniorInnen, die ihre Anliegen vortrugen. Dazu gehörten die MieterInnen vom Hansa Ufer 5 in Moabit, aber auch die Initiative  „Verbund Berliner Wohnprojekte zur Miete“, die sich für bezahlbares generationsübergreifendes Wohnen einsetzt.

Wie die Forderungen  durchsetzen?

Eine Frage blieb an dem Abend offen.  Was tun, wenn der neue Senat, was absehbar ist, die alte Politik vielleicht etwas modifiziert fortsetzt und die Forderungen der MieterInnen ignoriert? In vielen Beiträgen klang die Befürchtung durch, von der Politik wie so oft über den Tisch gezogen werden. „Glauben sie nicht, dass wir es auf einen Kuschelkurs anlegt haben. Wir haben nicht vergessen, dass gerade die SPD Jahrzehntelang schon in Regierungsverantwortung war, und dass die jetzige Situation auch das Ergebnis der SPD-Politik ist“, betonte Magnus Hengge von der Initiative Bizim Kiez gleich zu Beginn des Hearings. Allerdings erwähnte er nicht, dass auch die beiden anderen Parteien des künftigen Senats bereits mehr oder weniger lang in Berlin mitregiert hatten.  „Wir können unsere Forderungen nur durchsetzen, wenn wir berlinweit der Vereinzelung entkommen, beschwor Kurt Jotter vom Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ die MieterInnen zur weiteren Kooperation. Am 5. Dezember wollen sie sich am Nachbarschaftshaus Wrangelkiez in der Cuvrystraße 13 erneut treffen, um die Möglichkeiten einer mietenpolitischen Vernetzung zu erörtern.

MieterEcho online 03.11.2016

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/wohnungspolitisches-hearing.html

Peter Nowak

Luxusneubauten verhindern

GENTRIFIZIERUNG Stadtteilinitiativen protestieren gegen Pläne des Bauunternehmens CG-Group

„Vom jungen Bauunternehmer zum kapitalmarktfähigen Projektentwickler, und er hat große Pläne für Berlin.“ So beschrieb der Tagesspiegel Anfang April die Karriere des Bauunternehmers Christoph Gröner, dessen CG-Group seine Initialen trägt. Jetzt haben GentrifizierungsgegnerInnen das Unternehmen entdeckt. Unter dem Motto „CGLuxusneubauten verhindern“ laden Stadtteilinitiativen aus Friedrichshain am 6. November um 17 Uhr in den Jugendclub L9 in der Liebigstraße 19 ein. Schon seit Monaten protestieren im Friedrichshainer Nordkiez AnwohnerInnen gegen das Wohnquartier „Carree Sama Riga“, das die CG-Group auf dem Gelände der Rigaer Straße 71–73 errichten will (taz berichtete). Doch auf der Veranstaltung soll es nicht um Kiezpolitik gehen. Eingeladen sind stadt- und mietenpolitische Gruppen aus ganz Berlin. „Wir schlagen vor, den Widerstand gegen die Projekte der CG-Group auch auf andere Stadtteile auszuweiten und so einen Akteur der Verdrängung einkommensschwacher MieterInnen in den Fokus zu rücken“, heißt es in der Einladung mit Verweis auf einige lukrative
Bauprojekte des Unternehmens

Vertical-Village-Konzept

So soll auf dem Areal der ehemaligen Postbank am Halleschen Ufer 60–80 das „XBerg Quartier“ entstehen. Den ehemaligen
Steglitzer Kreisel in der Schlossstraße 70–80 will die CGGroup in „einen lichtdurchfluteten City Tower mit hochwertigen Eigentumswohnungen“ umwandeln. Sozial- oder Familienwohnungen böten sich an dem Standort aber eher nicht an, erklärte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen, nachdem die CG-Group im Juni 2016 das Gelände gekauft hat. Die in dem Unternehmen für die Projektentwicklung zuständige Heike Lentfer erklärte in einer Firmenbroschüre: „Unser Vertical-Village-Konzept richtet sich an leistungsorientierte Menschen. Also an Freiberufler, Manager oder Fachkräfte, die nur für einen begrenzten Zeitraum in einer Stadt arbeiten.“

TAGESZEITUNG, MONTAG, 31. OKTOBER 2016

Peter Nowak

MietaktivistInnen wollen politisches Gehör finden

EINFLUSS Ein Hearing soll der künftigen Koalition Mieterforderungen näherbringen

„Neues Regieren braucht ein gutes Hearing!“, lautet das Motto eines Anfang November geplanten Workshops von Berliner Stadtteil- und MietaktivistInnen. Dort wollen sie PolitikerInnen der anvisierten Berliner Koalition aus SPD, Grünen und Linken ihre Forderungen vorlegen. Ein Rederecht haben sie dort allerdings nicht. Wohnungspolitische Initiativen haben maximal drei Minuten Zeit, ihre wichtigsten Probleme zu benennen und ihre Forderungen vorzutragen. Angestoßen wurde die Initiative von Thilo Trinks vom Bündnis Pankower Mietenprotest und Kurt Jotter, der in den 1980er Jahren in Westberlin die außerparlamentarische Politikkunstgruppe „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ mitbegründet hat. Der ironische Ton ist auch im Aufruf zum Hearing zu erkennen. Man biete den PolitikerInnen ein „unwiderstehliches Hearing als öffentliche Bestandsaufnahme von Fehlern und Chancen berlinweit – hoch besinnlich wie zur Vorweihnachtszeit und inspirierend, wie es
nach einer Wahl sein muss“. An den Vorbereitungstreffen haben unter anderem VertreterInnen der Stadtteilinitiativen Kotti & Co. und Bizim Kiez teilgenommen. Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ war beobachtend dabei. „Wir setzen auf außerparlamentarischen Druck und halten Abstand zu allen Parteien, würden uns aber freuen, wenn unsere Forderungen vom Senat aufgegriffen werden“, betont Bündnismitglied David Schuster gegenüber der taz. Manche MieterInnenorganisation verfolgen die Hearing-Bemühen skeptisch. „Die Initiative zeigt, wie prekär die Situation für viele MieterInnen in Berlin zurzeit ist und wie sehr sie auf eine Änderung der Politik hoffen. Ob die Forderungen dieser Menschen mit diesem Hearing umgesetzt
werden, muss ich aber außerordentlich bezweifeln“, meint Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft gegenüber der taz. Auch der Regisseur des Film „Mietrebellen“ und stadtpolitische Aktivist Matthias Coers, der die Hearing-Initiative begrüßt, betont im Gespräch mit der taz, sie könne nur erfolgreich sein, wenn der außerparlamentarische Druck einer starken
MieterInnenbewegung aufrecht erhalten werde. Am 31. Oktober findet um 19 Uhr im Nachbarschaftshaus in der Cuvrystaße 13 das nächste Vorbereitungstreffen des Hearings statt. Dann werden auch endgültig Termin und Ort bekannt gegeben.

Taz vom 26.1o.2016

Peter Nowak

Wohnungen auf der Cuvrybrache nicht vorgesehen

„Niemand will das! Wo sind die Wohnungen?“ und „ Niemand will das! Wo ist die Mischung?“ Plakate mit diesen Fragen sind in zurzeit in Kreuzberg zu finden. Hergestellt wurden sie von der Arbeitsgruppe Cuvry Spree der Kreuzberger Stadtteilinitiative Bizim Kiez. Seit in der letzten Woche bekannt  wurde, dass der Investor Arthur Süßkind  mit dem Bau eines Gewerbezentrums beginnen wird, hat die Stadtteilinitiative ein neues Betätigungsfeld gefunden. Schließlich gibt es seit fast 20 Jahren Streit über die Nutzung der Branche am Spreeufer. Im Frühsommer 2012 sorgte sie sogar international für Schlagzeilen, als nach Protesten das auf dem Areal geplante temporäre Guggenheim Lab einen anderen Standort musste. Während sämtliche im Abgeordnetenhaus und der BVV Kreuzberg vertretenen Parteien. einschließlich der Grünen und der Linken. den Rückzug des Guggenheim Labs bedauerten, reklamierten die Stadtteilinitiativen einen Erfolg für sich. Danach wurde die Cuvrybrache in den Medien wahlweise zur Berliner Favela oder zum Sehnsuchtsort von Aussteigern erklärt.

Wohnungsbau wurde ausdrücklich untersagt

Vergessen wurde bisher immer, dass es für das Areal seit 2001 eine Baugenehmigung für einen Architektenentwurf gibt, der sich architektonisch an der klassischen Speicherarchitektur orientiert und den Namen „Cuvry-Campus“ tragen soll. Zwei 30 Meter hohe Gebäudeflügel öffnen sich keilförmig zur Spree.  Der den von der Initiative „Media Spree versenken“ geforderte und durch im Volksbegehren mehrheitlich von der Bevölkerung unterstützte 50 Meter breite Uferstreifen zur Spree findet in dem Entwurf keine Berücksichtigung. Die Baugenehmigung wurde bereits lange vor dem Volksbegehren erteilt und ist daher nicht bindend, was für zahlreiche  Bauprojekte am Spreeufer zutrifft. Doch wesentlich gravierender ist die Nutzung des geplanten Cuvry-Campus. Dort sollen ausschließlich Gewerbeflächen wie Büros, Restaurants und ein Supermarkt aber keine Wohnungen entstehen. In dem genehmigten Entwurf sind Wohnungen für das Areal sogar ausdrücklich ausgeschlossen.  Der Berliner Senat und der Bezirk Kreuzberg versuchten in Verhandlungen mit dem Investor zu erreichen, dass doch noch ein Teil der Fläche für Wohnzwecke genutzt werden kann. Süßkind war schließlich zum Bau von 250 Wohnungen bereit. Die Verhandlungen scheiterten aber schließlich, weil Süßkind nicht bereit war, ein Viertel davon als Sozialwohnungen zu vermieten. Dann wurde es ruhig um die Brache und einige Politiker hatten bereits die Hoffnung, dass das über die Nutzung des Grundstücks ganz neu verhandelt werden könnte. Die 15 Jahre alte Baugenehmigung wär schließlich Anfang November 2016 ausgelaufen. Nun aber hat Süßkind kurz vor dem Ablaufen der Frist seine Baupläne bekannt gegeben. Der Curry-Campus soll wie in dem genehmigten Entwurf ganz ohne Wohnungen entstehen. Diese Pläne sorgen in einer Zeit für Empörung. Schließlich ist allgemein bewusst, dass in Berlin Wohnungen dringend gebraucht werden. An Büros, Restaurants und Supermärkten hingegen besteht in Berlin kein Mangel. „Wir fordern ein komplett neues Planungsverfahren. Nur damit wäre es möglich, dass doch noch Wohnungen auf dem Areal gebaut werden können“, meint Magnus Hengge von  der Initiative Bizim Kiez“.  Er hält es für unbegreiflich, dass auf dem Areal Wohnungen ausdrücklich ausgeschlossen wurden. Am 11. November will Bizim Kiez mit einem Lichterumzug zum Cuvry Areal für diese Forderung auf die Straße gehen. Dann wird sich auch zeigen, wie groß der Anteil der Menschen in Kreuzberg ist, die nicht akzeptieren wollen, dass auf der Cuyrybranche ein neues Investorenprojekt ganz ohne Wohnungen entsteht.

MieterEcho online 25.10.2016

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/cuvry-brache.html
Peter Nowak

Initiativen von Mietern wollen sich einbringen

Aktivisten mischen sich in Koalitionsgespräche ein

Nach öffentlicher Anhörung sollen Forderungen an den neuen rot-rot-grünen Senat übermittelt werden.

Die Koalitionsgespräche des geplanten rot-rot-grünen Senats in Berlin laufen hinter verschlossenen Türen ab. Doch Aktivisten der Berliner Mieterbewegung wollen sich einmischen und die Verhandlungspartner mit ihren Forderungen konfrontieren. Unter dem Motto »›Neues Regieren‹ braucht ein gutes Hearing!« wollen sie unterschiedliche Mieterinitiativen an einen Tisch bringen. Zu den Organisatoren des Vorhabens gehören Thilo Trinks vom Bündnis »Pankower Mieterprotest« und Kurt Jotter, der in den 1980er Jahren in Westberlin die außerparlamentarische Politikkulturgruppe »Büro für ungewöhnliche Maßnahmen« mitbegründete.

»Mit einem selbstorganisierten Hearing wollen wir Politikern und den Medien unsere Forderungen direkt vortragen«, sagt Jotter. Es gehe ihm dabei nicht nur um eine einmalige Veranstaltung, sondern um einen berlinweiten Zusammenschluss von Mietern. Damit sei es möglich, die Politik des neuen Senats besser zu kontrollieren. An der Initiative beteiligen sich bisher die Kreuzberger Stadtteilinitiativen »Kotti & Co« und »Bizim Kiez«. Das Bündnis »Zwangsräumungen verhindern« nimmt mit beobachtenden Status teil. »Wir setzen auf außerparlamentarischen Druck und halten Abstand zu allen Parteien, würden uns aber freuen, wenn unsere Forderungen vom Senat aufgegriffen werden«, sagt David Schuster vom Bündnis. Auch der Regisseur des Films »Mietrebellen« und stadtpolitische Aktivist Matthias Coers verweist darauf, dass das Hearing nur erfolgreich sein kann, wenn der außerparlamentarische Druck aufrechterhalten wird. In Barcelona sei seit zwei Jahren eine langjährige Aktivistin der Bewegung gegen Zwangsräumungen Bürgermeisterin: Ada Colau werde bei ihrer Arbeit von einem Großteil der dortigen Aktivisten weiter kritisch begleitet, so Coers.

»Es wäre ein Signal über Berlin hinaus, wenn die Forderung nach einem Zwangsräumungsmoratorium während der Wintermonate auf der Agenda einen zentralen Stellenwert bekommen würde«, sagt Coers. Wer mit offenen Augen durch Berlin gehe und auch bei sinkenden Temperaturen sehe, wie in allen Stadtteilen Menschen draußen übernachten müssen, kenne die Dringlichkeit eines Zwangsräumungsstopps. Auch darüber dürfte beim nächsten Treffen für das Hearing gesprochen werden.

neues deutschland, Berlin-Ausgabe,vom Samstag, dem 22.10.2016

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1029621.initiativen-von-mietern-wollen-sich-einbringen.html
Von Peter Nowak

Aufschub für Neuköllner Kiezladen

Gerichtsverhandlung endet mit Vergleich: Nun wollen Nutzer des Kiezladens F54 in der Friedelstraße diskutieren, wie sie mit der Entscheidung umgehen.

Bis Ende März muss der Kiezladen F54 in der Neuköllner Friedelstraße 54 keine Räumung befürchten. Das sieht ein Vergleich vor, den das Amtsgericht Neukölln am Donnerstag im Räumungsprozess gegen den Laden vorgeschlagen hat. Die AnwältInnen des luxemburgischen Eigentümers Pinehall s.a.r.l. und des Vereins der LadenbetreiberInnen Akazie haben ihm bereits zugestimmt.

Allerdings kann der Vergleich innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. „Dann verkündet das Gericht das Urteil, und das wäre bei einem Gewerbemietvertrag die sofortige Räumung“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Benjamin Hersch, der den Verein vertritt, der taz. Dass die Pinehall s.a.r.l. nicht einmal einen Briefkasten besitze und auch noch nicht als Eigentümerin der Friedelstraße 54 im Grundbuch eingetragen sei, sei kein Hinderungsgrund für eine Räumung, betonte der Jurist. Die Firma habe sich die Räumungstitel gegen den Laden vom Vorbesitzer Citec übertragen lassen.

„Wir werden intensiv diskutieren, wie wir mit dem Vergleich umgehen“, erklärt Vereinsmitglied Martin Sander. Doch selbst wenn die mehr als 15 Initiativen und zahlreichen Einzelpersonen, die den Nachbarschaftsladen betreiben, dem Vergleich zustimmen, ist für Sander die Zwangsräumung nur aufgeschoben. „Über eine Räumung wird nicht in den Gerichtssälen, sondern in den Stadtteilen entschieden“, gibt er sich selbstbewusst.

Sander verweist darauf, dass in der Vergangenheit solidarische NachbarInnen Räumungen verhindert hatten. Etwa 60 UnterstützerInnen hatten sich auch am Donnerstagmorgen vor dem Amtsgericht für Kiezladen demonstriert. Darunter war auch Hans Georg Lindenau, dessen „Gemischtwaren mit Revolutionsbedarf M99“ in Kreuzberg ebenfalls räumungsbedroht ist. Lindenau verwies darauf, dass auch ihm weiter die kalte Vertreibung drohe, weil ihm von Eigentümer verbiete, eine Gastherme zum Heizen im Laden anzubringen.

„Die Unterstützung an einen regnerischen Herbstmorgen unter der Woche hat uns Mut gemacht“, sagte Sander. Auf einem UnterstützerInnentreffen am 25. Oktober soll über weitere Aktionen beraten. Im Mittelpunkt steht die für den 19. November geplante Kiezdemo. „Wir müssen wieder die Eigentumsfrage stellen. Es kann nicht sein, dass Firmen, die nicht einmal einen Briefkasten haben, entscheiden, wo wir leben“, so Sander.

https://www.taz.de/Raeumung-nicht-vor-Ende-Maerz/!5347535/

Peter Nowak