Besorgte Bürger bleiben unter sich

MIETER In Schöneberg diskutieren Anwohner über den Umgang mit den neuen rumänischen Nachbarn

Als „Horrorhaus von Schöneberg“ geistert das denkmalgeschützte Gebäude in der Grunewaldstraße 87 durch die Medien. Die G 87 Grundbesitz GmbH, die seit 2012 Eigentümerin des Hauses ist, vermietet an Rumänen und Bulgaren, die in Berlin ein besseres Leben suchen. In dem Haus finden sie es kaum: Zu viele Menschen wohnen auf engem Raum. Sie klagen über katastrophale hygienische Zustände und kaputte Fenster. Trotzdem müssen sie fast 12 Euro pro Quadratmeter bezahlen.

Es gäbe also viele Gründe, sich über die Zustände aufzuregen. Doch darum ging es den rund 30 Leuten aus dem Kiez, die sich am Donnerstagabend in einer Pizzeria trafen, zunächst nicht. Man wollte sich über den Umgang „mit den Problemanwohnern“ verständigen – ohne in allzu rechte Fahrwasser zu geraten: Die Initiatoren schlossen in der Einladung die Beteiligung von Rassisten aus.

Gefühlte Angst

Anfangs war in den Wortmeldungen viel von „uns Mietern und denen aus der Grunewaldstraße 87, die sich nicht an unsere Lebensweise anpassen“, die Rede. Offenbar aus Sorge vor Einbrüchen verteilte ein Anwohner Telefonnummern der Polizei und riet, sie zu rufen, wenn einem etwas komisch vorkomme. Immer wieder sprachen Teilnehmer von der „gefühlten Angst“ vor den Neumietern.

Mitglieder eines Stadtteilvereins sowie eine Mitarbeiterin der Stadträtin für Soziales, Sibyll Klotz (Grüne), mahnten zur Differenzierung. Sie wiesen darauf hin, dass sich die Bewohner der Grunewaldstraße 87 überwiegend legal in Deutschland aufhielten und gültige Mietverträge hätten. „Die Probleme entstehen auch, weil die Neumieter oft aus armen Verhältnisse kommen, die mit ihren Lebensgewohnheiten in dem gutbürgerlichen Stadtteil auffallen“, sagte die Frau von der Stadtteilgruppe.

Der Bezirk habe gemeinsam mit der Initiative Amaro Foro, die sich für die Selbstorganisation von Roma einsetzt, Kita- und Schulplätze gesucht, sagte die Bezirksamtsmitarbeiterin. Während ein Anwohner auf diese „Gutmenschenallüren“ schimpfte, betonten andere, dass sich die katastrophalen Wohnsituation ändern müsse.

Mit den Betroffenen selbst sprach am Donnerstag niemand. Dabei saßen einige von ihnen auf der anderen Straßenseite auf einer Bank.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F05%2F23%2Fa0230&cHash=8aec5de053901e8152750cd8b41a7b9d

Peter Nowak

Zwangsräumung ausgesetzt

Aktivisten besetzten zuvor Zentrale der landeseigenen Immobiliengesellschaft Berlinovo

Ausgesetzt ins Nichts – so laufen viele Zwangsräumungen in der Hauptstadt. Aber manchmal werden die Räumungen zum Glück der Mieter selber ausgesetzt.

Eigentlich sollte Nils S. am Montag seine Wohnung im Berliner Stadtteil Hellersdorf verlieren. Für 10 Uhr hatte sich der Gerichtsvollzieher angekündigt. Doch in letzter Minute wurde der Räumungstermin ausgesetzt. 25 Mitglieder des Berliner Bündnisses »Zwangsräumungen verhindern« hatten am vergangenen Donnerstag das Foyer der Berlinovo Immobilien AG-Zentrale besetzt. Der Firma gehört das Haus, in dem S. wohnt. Sie hatte dem schwer kranken Mieter gekündigt und sich damit juristisch durchgesetzt. Hintergrund war ein Streit zwischen S. und einigen Nachbarn. Nach Gesprächen mit den Besetzern teilte ein Jurist der Berlinovo mit, dass die Räumung ausgesetzt werde.

Der Räumungstitel bleibt allerdings weiterhin gültig. Für das Bündnis gegen Zwangsräumungen ist die Auseinandersetzung daher auch noch längst nicht beendet. Inwieweit die Berlinovo bereit ist, das Mietverhältnis generell fortzusetzen, werden Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und dem Mieter zeigen. Trotzdem sehen die Aktivisten die Aussetzung der Zwangsräumung als einen Erfolg: »Ohne die Aktion sowie der Solidarität und Hartnäckigkeit der Beteiligten wäre es am 4. Mai zu einer Zwangsräumung inklusive deren Folgen gekommen«, meinte Bündnisaktivistin Sarah Walter gegenüber »nd«. Die Aktivisten haben Gesprächspartner der Berlinovo darauf aufmerksam gemacht, dass eine Räumung für S. eine existenzielle Gefahr bedeute. »Der Mieter ist schon gesundheitlich angeschlagen. Wenn er auf die Straße gesetzt wird oder in einem Obdachlosenheim leben muss, kann sich sein Zustand schnell verschlechtern«, redete ein Aktivist den Mitgliedern des Vorstands der Berlinovo ins Gewissen. Doch bei der Aussetzung der Räumung dürfte vor allem die Präsenz von Medienvertreten bei der Aktion eine Rolle gespielt haben.

Schließlich kann die Firma schlechte Nachrichten kaum gebrauchen, ist sie doch ein Überbleibsel einer der kostspieligsten Berliner Politaffären der letzten Jahrzehnte. In der Berlinovo sind die ursprünglich von der Bankgesellschaft Berlin AG aufgelegten Immobilienfonds zusammengefasst, die im Jahr 2001 ein Grund für den Berliner Bankenskandal waren. In den letzten Jahren hat sie einiges für ihre Imagepflege getan. So wirbt die Berlinovo mit dem Label »Fair-mieter« und verspricht auf ihrer Homepage »Gemeinsam Zukunft gestalten« zu wollen. Für Mieter S. haben sich die Zukunftsaussichten nach der Aussetzung der Zwangsräumung zunächst einmal etwas verbessert.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/970070.zwangsraeumung-ausgesetzt.html

Peter Nowak

Berlinovo hat Zwangsräumung eines schwerkranken Mieters ausgesetzt

Die für den 4. Mai angesetzte Räumung eines Mieters in Marzahn-Hellersdorf wird vorerst ausgesetzt. Das ist das Ergebnis eines Go-In von ca. 30 Personen in die Zentral der landeseigenen Berlinnovo Immobilien Gesellschaft am Halleschen Ufer. Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ hatte zu der Aktion am Donnerstagnachmittag aufgerufen, nachdem es relativ kurzfristig von der anstehenden Zwangsräumung des schwerkranken Mieters der Berlinnovo erfahren hatte. Zunächst sah es nicht so aus, als wäre das Unternehmen verhandlungsbereit. Ein Jurist erklärte, er hätte kein Verhandlungsmandat und forderte die Unterstützer des Mieters zum sofortigen Verlassen des Gebäudes auf. Die Räumung wollte er auf keinen Fall zurücknahmen, weil den anderen MieterInnen sei ein Zusammenleben mit dem Mieter nicht zuzumuten sei. Dem widersprachen die Aktivist/innen heftig. Sie hätten sich mehrmals mit den Nachbarn unterhalten. Sie hatten bestätigt, dass es in der Vergangenheit Probleme gegeben hatte. Eine Zwangsräumung des Mieters hätten sie aber vehement abgelehnt. Zunächst alles nach einer Konfrontation aus. Erst als ein Mitglied des Berlinnovo-Vorstands erschien, begannen die Verhandlungen. Nach einer knappen Stunde wurde das Ergebnis verkündet. Die Räumung wird vorerst ausgesetzt. In den nächsten Wochensoll es eitere Verhandlungen mit den Mieter geben, um eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ betonte, dass der Aufschub ein großer Erfolg sei, weil es jetzt Raum für andere Lösungen gebe. Allerdings sei die Räumung nur ausgesetzt. Zu einer Erklärung, dass auf die Räumung des Mieters verzichtet wird, hat sich die Berlinnova nicht bereit erklärt. Vor dem Hintergrund des weiterhin gültigen Räumungsurteil ist der Mieter also immer noch von der Verlaust der Wohnung bedroht. Hier könnte auch ein Druckmittel liegen, um ihn zu für ihn ungünstigen Zugeständnissen zu nötigen. Auch in der Vergangenheit hat es bereits Gespräche zwischen den Mieter/innen und der Berlinovo gegeben.
„Der Mieter war zu einer Mediation bereit. Doch die Berlinovo hatte die Gespräche abgebrochen und auf den Räumungstermin bestanden“, erklärte  ein Mitglieds des Bündnisses Zwangsräumung verhindern.

Das Erbe des Berliner Bankenskandals

Durch die drohende Räumung kam mit der Berlinnovo eine Immobilienfirma in den Focus, die bisher wenig bekannt ist. Ihre Geschichte reicht in die 1990er Jahre zurück. In der Berlinnov sind die ursprünglich von der Bankgesellschaft Berlin AG aufgelegten Immobilienfonds zusammengefasst, die im Jahr 2001 ein Grund für den „Berliner Bankenskandal“ waren. Die Berlinovo hält diese Fondsbestände heute als landeseigenes Nachfolgeunternehmen der Berliner Immobilien Holding (BIH) bzw. der Immobilien und Baumanagement der Bankgesellschaft Berlin GmbH (IBG). Für die Fondszeichner/innen wurden seinerzeit langjährige Gewinngarantien ausgestellt, die vom Land Berlin gedeckt wurden und bis heute gültig sind. Um diese Gewinngarantien zu bedienen, verfolgt die Berlinovo eine eindeutig renditeorientierte Unternehmenspraxis.. Die Aussetzung der Zwangsräumung war der Angst vor einem Imageverlust geschuldet. Schließlich war ein RBB-Team während des Go-Ins vor Ort. Nur wenn der Druck nicht nachlässt, kann der Mieter hoffen, dass die Räumung nicht nur vorübergehend ausgesetzt wird.

aus: MieterEcho online 01.05.2015

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/berlinovo-zwangsraeumung.html

Peter Nowak

Pro Soluta

Konfliktlösung im Sinne des Vermieters

„Vor vier Jahren erhielten wir die ersten Briefe zum Verkauf unseres Hauses und Einladungen der angeblichen Mieterberatung Pro Soluta. Ein Vermesser kündigte sich auch an, erschien dann aber nur bei wenigen Mietern. Relativ schnell wurde uns klar, dass nun auch dieses Haus im spekulativen Verwertungs-Roulette gelandet ist. “ Die Erfahrungen der Bewohner/innen der Willibald-Alexis-Straße 34 in Kreuzberg teilen viele Mieter/innen in Berlin. Wenn ein Brief von Pro Soluta kommt, zeigt sich bald, dass die Eigentümer die Mieter/innen möglichst schnell loswerden wollen.

Die Briefe sind in der Regel in einem sehr moderaten Ton verfasst. Man wünsche einen Termin für ein Gespräch, welches dem „einvernehmlichen Miteinander“ und „der Vermittlung zwischen Mietern und Eigentümern“ dienen solle, teilt Pro Soluta mit und vergisst nicht zu erwähnen, dass eine Vollmacht des Eigentümers auf Verlangen vorgezeigt werden kann. Auch auf der Homepage von Pro Soluta hat man zunächst den Eindruck, man hätte es mit einem leicht esoterisch angehauchten Verein von Sozialarbeiterinnen zu tun: „Kommunikation ist ein universelles Phänomen, das in alle Bereiche individuellen wie sozialen Lebens hineinreicht. Gesellschaft ist ohne Kommunikation nicht denkbar, das Individuum ist ohne Kommunikation nicht lebensfähig“, heißt es dort. Gleich darunter findet sich ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers: „Dass wir miteinander reden, macht uns zum Menschen.“ Wenn Mieter/innen aber ihr Recht gebrauchen, die Bitte um einen Gesprächstermin abzulehnen oder zu ignorieren, wird der Druck auf sie erhöht. Immer wieder berichten Betroffene, dass sie mit ständigen Anrufen konfrontiert werden. Insbesondere ältere Mieter/innen fühlen sich häufig von Pro Soluta zum schnellen Auszug gedrängt, weil sie sich später die Wohnung doch nicht mehr leisten könnten.

Profiling von Mieter/innen

Gegründet wurde Pro Soluta von Birgit Schreiber, die sich auf der Firmenhomepage als Immobilienfachwirtin und Wirtschaftsmediatorin vorstellt. Ihr Unternehmen verdient Geld, indem es versucht, mögliche Mietkonflikte im Sinne der Hauseigentümer zu lösen. Mit der frühzeitigen Ansprache durch Pro Soluta sollen die Mieter/innen vereinzelt werden, um ein gemeinsames Handeln zu erschweren. Daneben dient die Kontaktaufnahme von Pro Soluta auch dem Profiling. Durch die Gespräche erhält Pro Soluta Informationen über Alter, Familienstruktur, Zeit und Ort der Erreichbarkeit sowie häufig auch über die wirtschaftliche Situation der Mieter/innen. Mit solchen Informationen können Vermieter leichter das Verhalten der Mieter/innen beeinflussen und diese einfacher – beispielsweise durch sehr geringe Abfindungen – zum Auszug bewegen. Mieter/innen sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie Schreiben und Gesprächswünsche von Pro Soluta ignorieren können, ohne dass ihnen dadurch rechtliche Nachteile entstehen. Die Berliner MieterGemeinschaft empfiehlt, dass sich die betroffenen Mieter/innen untereinander austauschen, um den scheinbar sanften Entmietern von Pro Soluta nicht einzeln gegenüberzustehen.

Aufruf an Betroffene von Pro Soluta

Erfahrungsaustausch und Vernetzung von Mieter/innen

Die Firma Pro Soluta tritt seit einigen Jahren vermehrt in Erscheinung. Offiziell handelt es bei ihr um einen Dienstleister für „Mediation“ , der zwischen Mieter- und Vermieterseite bei Eigentümerwechseln vermittelt. Häufig entpuppte sich Pro Soluta jedoch als Entmietungsspezialist, der von den Hauseigentümern zu diesem Zweck beauftragt wurde. Das Unterbreiten fragwürdiger Abfindungsangebote sowie das Streuen falscher Informationen und das Drohen mit juristischen Auseinandersetzungen kennzeichnen laut Berichten von Betroffenen die mieterfeindlichen Praktiken dieser Firma.

Infolge der wiederholten Berichterstattung des MieterEchos (zuletzt Mieter-Echo Nr. 371/ Dezember 2014) erreichten die Redaktion mehrere Zuschriften von Mieter/innen verschiedener Häuser und Bezirke, die einen Erfahrungsaustausch und eine Vernetzung mit anderen Betroffenen anregten. Dieses Anliegen ist sehr zu begrüßen, denn solch ein Austausch kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Strategien von Pro Soluta sowie ähnlicher Unternehmen offenzulegen und geeignete Formen der Gegenwehr zu entwickeln.

Alle Mieter/innen, die Erfahrungen mit Pro Soluta gemacht haben und Interesse an einem Austausch und einer Vernetzung mit anderen Betroffenen haben, sind herzlich dazu aufgerufen, mit der Redaktion des MieterEchos in Kontakt zu treten. Schicken Sie dazu bitte eine E-Mail mit dem Betreff „Pro Soluta“ an die Redaktionsadresse me@bmgev.de.

Teilen Sie uns bitte auch die Adresse Ihres Hauses und in knappen Sätzen Ihre bisherigen Erfahrungen mit der Firma Pro Soluta mit. Die Redaktion wird anschließend die Weitervermittlung der Kontakte in die Wege leiten.

http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2015/me-single/article/pro-soluta.html

Peter Nowak

Kein Recht auf Platz

AKTION Gericht untersagt Open-Air-Kino auf dem „Leo“ – weil der teilweise der Kirche gehört

Ein Open-Air-Kino gegen Verdrängung hatte die Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ für Sonntagabend auf dem Weddinger Leopoldplatz geplant. Der Film „Buy, Buy St. Pauli“ über Gentrifizierung in Hamburg sollte gezeigt und anschließend mit den FilmemacherInnen diskutiert werden. Doch dann musste sich die Stadtteilinitiative mit der eigenen Verdrängung auseinandersetzen.

Am 24. April hatte das Amtsgericht Wedding der evangelischen Nazarethkirchengemeinde recht gegeben und die Veranstaltung auf dem Areal untersagt. Es gebe genügend Platz auf dem nichtprivaten Teil des Platzes, so die Begründung der Richterin. Sie zog zudem den politischen Charakter der Veranstaltung in Zweifel.

Zuvor hatte die Stadtteilinitiative noch eine einstweilige Verfügung erwirken können. Weil die als Kundgebung angemeldete Filmvorführung unter den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit falle, sei die Gemeinde zur Duldung der Aktion verpflichtet, so die Begründung.

Enttäuscht von dem Urteil ist Martin Steinberg von der Stadtteilinitiative. „Erschreckend“ sei es, „mit welchem Nachdruck die Nazarethkirchengemeinde versucht, eine politische Meinungsäußerung auf Teilen des Platzes zu verhindern“, sagte er zur taz. Er verwies darauf, dass das Areal mit öffentlichen Mitteln saniert wurde, bevor es 2006 in den Besitz der Gemeinde überging.

Für Steinberg ist mit dem Urteil der Konflikt nicht beendet. Er wird auch Thema der Aktionstage sein, die noch bis zum 30. April an verschiedenen Orten in Wedding stattfinden. Am 28. April um 20 Uhr wird Robert Maruschke im „Ex-Rotaprint“ in der Gottschedstraße 4 über Stadtteilorganisierung in den USA berichten.

Am 30. April ab 18.30 Uhr wird der ganze Leopoldplatz zum Ort der politischen Auseinandersetzung. Dann beginnt dort eine Stadtteildemo unter dem Motto „Organize! Gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung!“, die durch den Wedding zieht.

Anders als in den vergangenen Jahren haben die OrganisatorInnen auf den Zusatz „Walpurgisnacht“ verzichtet. „Damit wollten wir betonen, dass es uns um eine antikapitalistische Demonstration geht, und auch Menschen im Stadtteil ansprechen, die mit dem Bezug zur Walpurgisnacht nichts anfangen können“, begründete Steinberg diese Entscheidung.

Programm der Aktionswoche „Hände weg vom Wedding“:

haendewegvomwedding.blogsport.eu


http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F04%2F27%2Fa0099&cHash=801051ea40e79a52a20cfdd079ce761e

Peter Nowak

Wenn die Renditechancen steigen, wird schneller geräumt

Zwangsräumungen waren bisher kein Thema der Wissenschaft. Das hat sich nun geändert. Am 23.April wurde eine vom Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldtuniversität erarbeitete Studie mit dem Titel „Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie kann unter  https://www.sowi.hu-berlin.de/lehrbereiche/stadtsoz/forschung/projekte/studie-zr-web.pdf heruntergeladen werden.
Für die Untersuchung wurden sämtliche öffentliche Daten zwischen 2009 und 2013 ausgewertet. Zudem führten die WissenschaftlerInnen Interviews mit Betroffenen, MitarbeiterInnen in Jobcentern, Freien Trägern und VertreterInnen von Wohnungsbaugesellschaften.
Die Berliner Fallstudie belegt die Kritik von GegnerInnen der Zwangsräumungen an vielen Punkten. So wird in dort nachgewiesen, dass die Aufwertung der Berliner Stadtteile einen unmittelbaren Einfluss auf die Zwangsräumungen in Berlin und die Überlastung des wohnungsbezogenen Hilfesystems hat. Insbesondere die Entstehung von Mietschulden, die Klagebereitschaft von EigentümerInnen und die Unterbringungsschwierigkeiten sind eng mit Mietsteigerungen im Bestand, Ertragserwartungen von EigentümerInnen und den Preisentwicklungen von Wohnungsangeboten verbunden, weist die Studie nach . Dort wird anschaulich beschrieben, wie WohnungseigentümerInnen von einem Mieterwechsel profitieren und wie der dann auch forciert wird.
Aus einer ökonomischen Perspektive verwandeln sich BewohnerInnen, die schon sehr lange im Haus wohnen und günstige Bestandsmieten zahlen in „unrentable MieterIinnen“. Galten Mietrückstände noch vor ein paar Jahren vor allem als ärgerlicher Einnahmeverlust, sehen viele EigentümerIinnen in Mietrückständen inzwischen eine Chance, durch eine Räumungsklage den MieterInnenwechsel zu forcieren. Diese Entwicklung haben die StadtforscherInnen nicht nur in einigen angesagten Szenestadtteilen sondern in ganz Berlin festgestellt. Die Zahl der Zwangsräumungen war denn auch nicht in Kreuzberg oder Neukölln sondern in dem Stadtteil Marzahn im Osten Berlins besonders hoch.   Belegt wird in der Studie auch, dass Jobcenter mit die Bedingungen für Zwangsräumungen schaffen.
„Jobcenter und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften sind Teil einer staatlichen Koproduktion von Zwangsräumungen und erzwungenen Umzügen. Mit ihrer konsequenten Orientierung an Kostensenkungsverfahren und der repressiven Hartz-IV-Gesetzgebung sind die Jobcenter an der Entstehung von Mietrückständen oft beteiligt,“ heißt es in der Studie, in der nachgewiesen wird, dass etwa 20 Prozent der Räumungen in Berlin von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die eigentlich preiswerten Wohnraum sorgen müssten, verantwortet wird.

Ein Hilfesystem, das den Betroffenen nicht hilft

In der Studie werden auch die verschiedenen Instrumentarien untersucht, mit denen der Verlust der Wohnung von einkommensschwachen MieterInnen verhindern werden soll. Die Schlussfolgerungen sind wenig ermutigend:
„Unter den aktuellen wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen erscheinen die Mietschuldenübernahme und die Unterbringung als klassische Instrumente der Sozialen Wohnhilfe völlig ungeeignet, um eine Vermeidung von Wohnungslosigkeit tatsächlich durchzusetzen.“
Ausführlich wird an vielen Beispielen belegt, wie die Hilfesysteme selbst dem  Zwang  unterworfen sind, rentabel zu arbeiten und dadurch Ausgrenzungsmechanismen gegen einkommensschwache Mieter entwickeln. „Durch Sparzwang und fehlende Ressourcen entwickelt sich eine Logik des Hilfesystems, die die eigentliche Logik von Auffangsystemen ins Gegenteil verkehrt.“ Statt davon auszugehen, dass unterstützungsbedürftige Menschen grundsätzlich immer Hilfe gewährt wird, gelte die Devise: „Es ist nichts zum Verteilen da, Ausnahmen von dieser Regel sind allerdings möglich.“
Im Fazit betont das Forschertrio noch einmal, dass mit den Instrumenten des Hilfesystems Zwangsräumungen und erzwungene Umzüge nicht verhindert werden können.  Organisierter Widerstand gegen Zwangsräumungen, wie er in Spanien in den letzten Jahren massenhaft praktiziert  und in Deutschland in einigen Städten durchaus ein Faktor wurde, könnte die Interessen    einkommensschwacher MieterInnen besser vertreten.
Bestätigt in seiner Kritik und Praxis sieht sich das Berliner Bündnis „Zwangsräumung verhindern“. „Das Problem sind nicht die Mieter. Seit dieser Studie wissen wir es ganz genau“, heißt es in ihrer Presseerklärung.
http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/studie-zu-zwangsraeumungen.html
Peter Nowak

Forscher empfehlen Widerstand

WOHNEN Die Zahl der Zwangsräumungen nimmt weiter zu. Das besagt die neue Studie „Zwangsräumungen und die Krise des Hilfesystems“ von Soziologen der HU

Zwangsräumungen sind in Berlin und anderen Städten spätestens zu einem politischen Thema geworden, seitdem sich MieterInnen dagegen wehren. Gerade hat sich auch die Wissenschaft dem Thema angenommen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Humboldt-Universität haben die StadtforscherInnen Laura Berner, Inga Jensen und Andrej Holm die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt und die Funktionsweise der bestehenden Hilfsmöglichkeiten für Menschen, denen eine Zwangsräumung droht, untersucht. Die ForscherInnen stützten sich in der 186-seitigen Studie insbesondere auf die durch die Fraktion der Piratenpartei im Abgeordnetenhaus gesammelten Daten aus den Jahren 2007 bis 2013. Daneben befragten sie zahlreiche BehördenmitarbeiterInnen und Betroffene.

Die von vielen MieterInnenorganisationen geäußerten Befürchtungen, dass die Zahl der Zwangsräumungen mit den Renditechancen der WohnungseigentümerInnen steigt, werden bestätigt, heißt es in der Studie. „Galten Mietrückstände noch vor ein paar Jahren vor allem als ärgerlicher Einnahmeverlust, sehen viele EigentümerInnen in Mietrückständen inzwischen eine Chance, durch eine Räumungsklage den MieterInnenwechsel zu forcieren“, schreiben die StadtforscherInnen. Und diese Entwicklung wird in ganz Berlin festgestellt. Mit neun Räumungen auf 1.000 Haushalte finden in Marzahn die meisten Zwangsräumungen statt. An zweiter Stelle steht Spandau.

Die Studie belegt auch, dass oft die Jobcenter Zwangsräumungen verursachen. „Mit ihrer konsequenten Orientierung an Kostensenkungsverfahren und der repressiven Hartz-IV-Gesetzgebung sind die Jobcenter an der Entstehung von Mietrückständen oft beteiligt“, so die ForscherInnen. Auch die Analyse der Hilfesysteme ist alles andere als ermutigend für die Betroffenen: „Unter den aktuellen wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen erscheint die Mietschuldenübernahme als klassisches Instrument der sozialen Wohnhilfe völlig ungeeignet, um eine Vermeidung von Wohnungslosigkeit durchzusetzen.“

Hoffnung setzten die ForscherInnen dagegen auf zunehmende MieterInnenproteste: „Angesichts der sich stetig verschärfenden Wohnungsmarktsituation und der zunehmenden Verarmung von immer mehr Menschen sind Widerstand und Protest notwendiger Motor und Voraussetzung für Veränderung“, heißt es am Schluss der Studie.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F04%2F20%2Fa0122&cHash=aa3e364021b9501c03f54573b925759c

ab 23.4. ist die Studie online zu finden unter:
https://www.sowi.hu-berlin.de/lehrbereiche/stadtsoz/forschung/projekte/studie-zr-web.pdf h


Peter Nowak

Instrument zur Entmietung

Pankower Mieter wehren sich gegen ausufernde energetische Sanierung

Immer mehr Berliner Mieter machen gegen die energetische Sanierung ihrer Häuser mobil. Sie ist oft nicht ökologisch und treibt zudem die Mieten hoch.

Wenn der Begriff energetische Sanierung fällt, bekommen viele Mieter Angstzustände. Denn sie verbinden mit dem Begriff keineswegs umweltfreundlicheres Wohnen, sondern massive Mietpreissteigerungen und Vermieterschikanen. Das wurde am Mittwochabend beim 2. Pankower Mieterforum deutlich. Es stand unter dem Motto »Prima Klima mit der Miete«. Über 100 Mieter aus Pankow, aber auch Betroffene aus anderen Stadtteilen beteiligten sich an dem über vierstündigen Informationsaustausch im Veranstaltungsort Wabe, der selber von Investoreninteressen bedroht ist.

Sven Fischer aus der Kopenhagener Straße 46 in Prenzlauer Berg berichtete, dass vor zwei Jahren noch 60 Mietparteien in dem Haus gewohnt hätten. Nach der Ankündigung der energetischen Modernisierung und der darauffolgenden Vermieterschikanen seien viele von ihnen in eine Schockstarre gefallen. »Rentner bekamen Herzattacken und junge Mütter wollten nur noch ausziehen«, berichtete Fischer. Er gehört zu der kleinen Gruppe, die bis heute in dem Haus geblieben ist. In der Auseinandersetzung habe er sich zum Experten für energetische Sanierung entwickelt. Dabei sei ihm klar geworden, dass es hier nur um einen Türöffner für Mietpreistreiberei gehe, erklärte er unter Applaus.

Der Stadtsoziologe Andrej Holm bezeichnete die energetische Sanierung denn auch als ein Instrument zur Entmietung. »Es geht den Eigentümern nicht um die Umwelt, sondern um Rendite«, betonte er. Holm würdigte ausdrücklich die Mieter, die sich trotz Schikanen nicht aus ihren Wohnungen vertreiben lassen und auf Baustellen ausharren. »Sie sind ein Hindernis für die Renditeerwartungen der Eigentümer.«

Eine Möglichkeit, ohne große Mietsteigerungen ökologisch zu sanieren, stellte der Architekt Bernhard Hummel am Beispiel des Häuserblocks Magdalenenstraße 19 vor. Das Lichtenberger Gebäude, das vor 1989 zum Komplex der Staatssicherheit gehörte, wird heute von 60 Mietern aller Altersgruppen bewohnt. Das Haus gehört allerdings keiner privaten Wohnungsbaufirma, sondern dem Mietshäusersyndikat. Ein bundesweites Netzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, Wohnraum dem Profitinteresse zu entziehen.

Der Moderator des Mieterforums, Matthias Coers, betonte, dass solche Beispiele zeigten, dass es Alternativen auf dem Wohnungsmarkt gibt. Allerdings könne damit nicht die große Masse der Wohnungssuchenden in Berlin mit bezahlbaren Wohnungen versorgt werden.

Denen kann vielleicht eine Initiative der Mieteranwältin Carola Handwerg Hoffnung machen. Sie versucht auf juristischem Wege dagegen vorzugehen, dass die energetische Modernisierung zum Schrecken der Mieter wird. Dabei bezieht sich Handwerg auf eine Klausel im Gesetz, der Wohnungseigentümern die Möglichkeit gibt, die energetische Modernisierung aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Handwerg hat ein erstinstanzliches Urteil erstritten, das auch den Mietern diese Verweigerung einräumt. Nun muss sich zeigen, ob das Urteil auch in den höheren Instanzen Bestand hat, sagte Handwerg und warnte vor verfrühtem Optimismus.

Am Ende waren sich die Teilnehmer einig, dass nur die unterschiedlichen Formen von Widerstand kombiniert mit juristischen Mitteln zum Erfolg führen.

Peter Nowak

Prima Klima, aber teure Mieten

VERDRÄNGUNG Bei einem Pankower Mieterforum im Kulturzentrum Wabe berichteten Mieter über Entmietungsstrategien unter dem Vorwand energetischer Sanierung. Es ging auch um Alternativen

Fast vier Stunden haben sich am Mittwochabend BewohnerInnen aus den Stadtteilen Pankow und Prenzlauer Berg zum Pankower MieterInnenforum im Kulturzentrum Wabe in Prenzlauer Berg getroffen. Es ging unter dem Motto „Prima Klima mit der Miete“ um die „Energetische Modernisierung“ von Altbauten. In den zahlreichen Beiträgen der anwesenden MieterInnen wurde deutlich, dass der Begriff hier keineswegs mit Umweltschutz, sondern mit Mietpreistreiberei und massiven Schikanen der EigentümerInnen in Verbindung gebracht wird.

Sven Fischer aus der Kopenhagener Straße 46 etwa berichtete, dass vor zwei Jahren noch 60 Mietparteien in seinem Haus wohnten. Nachdem sie die Ankündigung der energetischen Modernisierung im Briefkasten fanden, seien viele seiner NachbarInnen in Schockstarre verfallen. Heute gehört Fischer zu einer sehr kleinen Gruppe der MieterInnen, die noch in dem Haus leben. In den letzten zwei Jahren, berichtet er, sei er regelrecht zu einem Experten in Sachen energetische Sanierung geworden.

Doch auf dem Forum wurden auch die unterschiedlichen Strategien vorgestellt, mit der Betroffene auf die energetische Sanierung reagieren. So gründeten MieterInnen der Kavalierstraße 18-19 einen „Verein zur Bewahrung historisch-wohnkulturell bedeutender Gebäude in der Kavalierstraße, Berlin Pankow“. Sie wollen damit die historische Fassade des Gebäudes erhalten.

Über juristische Strategien im Kampf gegen die energetische Sanierung berichtete die MieterInnenanwältin Carola Handwerg. Dabei bezieht sie sich auf eine Klausel im Gesetz, der WohnungseigentümerInnen die Möglichkeit gibt, die energetische Modernisierung aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen. Handwerg hat ein erstinstanzliches Urteil erstritten, das auch den MieterInnen diese Möglichkeit einräumt.

Wie ökologische Sanierung auch ohne massive Mietsteigerungen möglich ist, zeigte der Berliner Architekt Bernhard Hummel am Beispiel des Wohnblocks Magdalenenstraße 19 in Berlin-Lichtenberg. Das Haus gehört zum Berliner Mietshäusersyndikat, das sich zum Ziel gesetzt hat, Wohnraum dem Profitinteresse zu entziehen. Für den Stadtsoziologen Andrej Holm liegt hierin das zentrale Problem. „Bei der energetischen Modernisierung geht es nicht um die Umwelt, sondern um die Renditeerwartungen der EigentümerInnen. Daher müssen wir wieder die Eigentumsfrage stellen, erklärte er.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F04%2F17%2Fa0132&cHash=5f5b3940de5e397786bff3e98783e35b

Peter Nowak

Wenn die Renditechancen steigen, wird schneller geräumt

Berlin: Der sozialstaatlich-immobilienwirtschaftliche Komplex und die Frage, ob Hausbesetzungen eine geeignete Aktionsform zur Schaffung von Wohnraum sind

Zwangsräumungen sind in Berlin und anderen Städten zu einem politischen Thema geworden, seit sich Mieter dagegen zu wehren begonnen haben. Dass sind längst nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen aus der linken Ecke. Senioren die in der Stillen Straße in Berlin-Pankow eine Begegnungsstätte besetzen [1], die aus finanziellen Gründen geschlossen werden soll, die Mieter der Palisadenstraß [2]e, die erfolgreich eine Mieterhöhung in ihrer Seniorenanlage verhindert haben, wurden über Berlin hinaus bekannt- Auch die 67 jährige schwer kranke Rentnerin Rosemarie F [3]., die am 11. April 2013 zwei Tage nach ihrer Zwangsräumung gestorben ist, wurde bundesweit zu einen Symbol für eine unbarmherzige Wohnungspolitik.

Einblicke in den sozialstaatlich-immoblienwirtschaftlichen Komplex“

Zum zweiten Todestag hat Margit Englert in dem in der Edition Assemblage erschienenen Buch Rosemarie F. kein Skandal [4] die Umstände untersucht, die zum Tod der Rentnerin führten. Dazu wertete Englert zahlreiche Dokumente aus, die die Rentnerin dem Berliner Bündnis „Zwangsräumungen gemeinsam verhindern“ [5] überlassen hatte. Bei der Initiative suchte sie Unterstützung gegen ihre Zwangsräumung.

In dem Buch werden auch zahlreiche Briefe veröffentlicht, mit denen sich F. gegen ihre Räumung wehrte. Doch sie hatte gegen den „sozialstaatlich-immoblienwirtschaftlichen Komplex“ keine Chance, wie Englert das Konglomerat aus Eigentumswohnungsbesitzer und ihrer Lobbygruppen, Politik und eines Hilfesystem, das vor allem darauf abzielt, Zwangsräumungen möglichst geräuschlos zu bewältigen, bezeichnet. Darüber gibt sie im Buch einen guten Überblick.

Sie zitiert auch die Kommentare einiger Nachbarn in den Eigentumswohnungen des Wohnblocks, in dem F. wohnte. Die Rentnerin hätte nicht in das Haus gepasst. Schließlich bezog sie Grundsicherung, sammelte zur Aufbesserung ihrer geringen Rente Flaschen und war damit niemand, die nicht gut verwertbar. Englerts Anliegen war es, den Fall er Rentnerin nicht als Ausnahme hinzustellen, wie es viele Medien nach dem Tod der Rentnerin praktizierten. Englert erklärt gegenüber Telepolis:

Wenn der Tod Rosemaries zum Skandal erhoben wird, lässt es sich leicht zurücklehnen und zur Tagesordnung übergehen. Und auf der Tagesordnung steht halt, Gewinne mit Immobilien zu machen, oder sich mit gutem Einkommen in Berlin eine der freiwerdenden Wohnungen zu nehmen, oder sich vorbildlich um die eigene Altersversorgung zu kümmern, durch Investition in Immobilien.

Langzeitmieter sind eine Gewinnbremse

Was Englert am Beispiel von Rosemarie F. ausführte, haben Stadtforscher der Berliner Humboldtuniversität in einer noch nicht veröffentlichten Fallstudie mit dem Titel „Zwangsräumungen und Krise des Hilfesystems“ gut belegt. In der von Laura Berner, Andrej Holm und Inga Jensen verfassten Fallstudie, die Telepolis vorliegt, heißt es:

Der Berliner Wohnungsmarkt ist in den letzten Jahren durch eine fast flächendeckende Mietsteigerungsdynamik geprägt und innerhalb des S-Bahn-Ringes hat sich Gentrification zu einem Mainstream-Phänomen entwickelt. Diese Entwicklungen haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Zwangsräumungen in Berlin und die Überlastung des wohnungsbezogenen Hilfesystems. Insbesondere die Entstehung von Mietschulden, die Klagebereitschaft von Eigentümer*innen und die Unterbringungsschwierigkeiten sind eng mit Mietsteigerungen im Bestand, Ertragserwartungen von Eigentümer*innen und den Preisentwicklungen von Wohnungsangeboten verbunden.

Dort wird anschaulich beschrieben, wie die Wohnungseigentümer von einem Mieterwechsel profitieren und wie der dann auch forciert wird. Aus einer ökonomischen Perspektive verwandeln sich Bewohner, die schon sehr lange im Haus wohnen und günstige Bestandsmieten zahlen in „unrentable Mieter“. Galten Mietrückstände noch vor ein paar Jahren vor allem als ärgerlicher Einnahmeverlust, sehen viele Eigentümer in Mietrückständen inzwischen eine Chance, durch eine Räumungsklage den Mieterwechsel zu forcieren.

Diese Entwicklung haben die Stadtforscher nicht nur in einigen angesagten Szenestadtteilen sondern in ganz Berlin festgestellt. Die Zahl der Zwangsräumungen war denn auch nicht in Kreuzberg oder Neukölln sondern in dem Stadtteil Marzahn im Osten Berlins besonders hoch. Belegt wird in der Studie auch, dass Jobcenter mit ihrem Handeln die Bedingungen für Zwangsräumungen schaffen:

Jobcenter und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften sind Teil einer staatlichen Koproduktion von Zwangsräumungen und erzwungenen Umzügen. Mit ihrer konsequenten Orientierung an Kostensenkungsverfahren und der repressiven Hartz-IV-Gesetzgebung sind die Jobcenter an der Entstehung von Mietrückständen oft beteiligt.

Ein Hilfesystem, das den Betroffenen nicht hilft

In der Studie werden auch die verschiedenen Instrumentarien untersucht, mit denen der Verlust der Wohnung von einkommensschwachen Mietern verhindern werden soll. Ihre Schlussfolgerungen sind wenig ermutigend:

Unter den aktuellen wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen erscheinen die Mietschuldenübernahme und die Unterbringung als klassische Instrumente der Sozialen Wohnhilfe völlig ungeeignet, um eine Vermeidung von Wohnungslosigkeit tatsächlich durchzusetzen.

Ausführlich wird an vielen Beispielen belegt, wie die Hilfesysteme selbst dem Zwang unterworfen sind, rentabel zu arbeiten und dadurch Ausgrenzungsmechanismen gegen einkommensschwache Mieter entwickeln.

Durch Sparzwang und fehlende Ressourcen entwickelt sich eine Logik des Hilfesystems, die die eigentliche Logik von Auffangsystemen ins Gegenteil verkehrt. Statt davon auszugehen, dass unterstützungsbedürftige Menschen grundsätzlich immer Hilfe gewährt wird, gilt die Devise: „Es ist nichts zum Verteilen da, Ausnahmen von dieser Regel sind allerdings möglich.“

Im Fazit betont das Forschertrio noch einmal, dass mit den Instrumenten des Hilfesystems Zwangsräumungen und erzwungene Umzüge nicht verhindert werden können. Organisierter Widerstand gegen Zwangsräumungen, wie er in Spanien in den letzten Jahren massenhaft praktiziert und in Deutschland in einigen Städten durchaus ein Faktor wurde, könnte die Interessen für einkommensschwacher Mieter besser vertreten.

In Berlin wurde unter dem Motto „Besetzen statt Räumen“ [6] diskutiert, ob Häuserbesetzungen nicht zur Etablierung einer Subkultur, sondern zur Schaffung von Wohnraum für von Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit bedrohten Menschen eine Aktionsform sind. Im Vorfeld des in Berlin noch immer unruhigen 1. Mai ergehen sich manche Medien in Spekulationen [7], ob diese Aktionsform an diesen Tag etwa ausprobiert werden soll.

Tatsächlich steht die Organsierung von sozialer Gegenwehr in diesem Jahr auch um den 1. Mai verstärkt im Mittelpunkt. So wird auch am Vorabend des 1. Mai nicht mehr unter dem politisch missverständlichen Motto Walpurgisnacht [8], um den Schwerpunkt deutlicher auf den Widerstand sozialen Widerstand zu legen.

Wenn selbst im Tagespiegel bestätigt [9]wird, dass die Politik an der Bereitstellung von billigem Wohnraum gescheitert ist, dürften solche Bestrebungen der außerparlamentarischen Initiativen auf Unterstützung stoßen.

http://www.heise.de/tp/news/Wenn-die-Renditechancen-steigen-wird-schneller-geraeumt-2599807.html

Peter Nowak

Links:

[1]

http://stillestrasse10bleibt.blogsport.eu/

[2]

http://palisaden-panther.blogspot.de/

[3]

http://petitionen24.de/events/gedenktag-rosemarie-fliess-protestmarsch-berlin/

[4]

http://www.edition-assemblage.de/rosemarie-f-kein-skandal/

[5]

http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/

[6]

http://besetzenstattraeumen.blogsport.de/

[7]

http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/1-mai-in-berlin-hausbesetzung-statt-steinhagel/11596958.html

[8]

http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/

[9] http://www.tagesspiegel.de/berlin/steigende-mieten-in-berlin-politik-schei

Räumung ins Nichts

Auch nach dem Tod einer Rentnerin darf weiter zwangsgeräumt werden

Vor zwei Jahren starb die Berliner Rentnerin Rosemarie Fließ. Sie war zwei Tage zuvor aus ihrer Wohnung geworfen worden. Ihr Tod sorgte für Empörung, aber nur kurz. Politische Konsequenzen blieben aus. Selbst ein von den Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus vorgeschlagenes Räumungsmoratorium für Rentner und schwer kranke Menschen wurde nie realisiert. Die Zwangsräumungen von einkommensschwachen Menschen gehen täglich weiter. Notiz wird von ihnen nur genommen, wenn sich die Betroffenen wehren, wie es die 67-jährige Rosemarie Fließ getan hatte. Zum zweiten Jahrestag ihres Todes hat die Sozialwissenschaftlerin Margit Englert unter dem Titel »Rosemarie F. kein Skandal« ein Buch herausgebracht, das die im Untertitel versprochenen »Einblicke in den sozialstaatlich-immobilienwirtschaftlichen Komplex« überzeugend einlöst.

Englert lernte Rosemarie Fließ im Berliner Bündnis »Zwangsräumung verhindern!« kennen, wo die Rentnerin Unterstützung suchte. Zu den Treffen brachte sie die Unterlagen und amtlichen Dokumente mit, die nun Grundlage des Buches geworden sind. Sensibel geht Englert mit den persönlichen Daten um. Bereits im Vorwort macht sie deutlich, dass es in dem Buch nicht um das Leben der Rentnerin, sondern um die Verhältnisse gehen soll, die zu ihrem Tod führten. Anders als ein Großteil der Medien, die die Ursachen im Verhalten der Frau suchten, richtet Englert den Fokus auf die kapitalistischen Verwertungsbedingungen, die Wohnraum zu einer Ware machen, auf Profiteure und Verlierer. Sie beschreibt die Geschichte der Siedlung in Reinickendorf, in der Fließ gewohnt hat, und geht dabei bis in ihre Anfangsjahre in der Weimarer Republik zurück. Schon damals konnten sich die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung die Wohnungen dort nicht leisten. Detailliert schildert die Wissenschaftlerin, wie diese Wohnanlage in den letzten beiden Jahrzehnten zur »Kapitalanlage in beschleunigter B-Lage« geworden ist. Aus Miet- wurden Eigentumswohnungen. Die Wohnung von Rosemarie Fließ wurde von der Geschäftsfrau Birgit Hartig erworben, die gemeinsam mit ihrem Ehemann jeden Kompromiss zur Abwendung der Räumung verweigerte. Englert schildert auch die fragwürdige Rolle des Jobcenters. »Der (Neo)liberalismus nutzt Sozialbehörden, die immer noch vorgeben, ärmere Menschen vor dem Verlust der Wohnung schützen zu wollen, als Instrument der Entmietung«, lautet ihr Resümee. Das harte Urteil wird auf den 130 Seiten exemplarisch belegt.

Am zweiten Todestag von Rosemarie Fließ stellt Margit Englert ihr Buch im Café am Schäfersee in Berlin-Reinickendorf vor. Dort hatte das Bündnis »Zwangsräumung verhindern!« zusammen mit Rosemarie Fließ wenige Tage vor ihrem Tod eine Nachbarschaftsveranstaltung zu Verhinderung der Räumung organisiert (10. April, 19 Uhr, Residenzstraße 43).

Margit Englert: Rosemarie F. kein Skandal, Edition Assemblage, 134 Seiten, 7,80 Euro.

Peter Nowak

Hoch die Hände für Allmende

»Hier wird verdrängt«, war auf Plakaten zu lesen, die zwei Frauen in die Höhe hielten. Die Umstehenden skandierten »Hoch die Hände für Allmende«. Rund 300 Menschen versammelten sich in Berlin-Kreuzberg vor dem Kottbuser Damm 25/26, um ihre Solidarität mit dem migrationspolitischen Verein »Allmende« auszudrücken. Für neun Uhr am Freitagmorgen hatte sich der Gerichtsvollzieher angekündigt, der die Schlösser austauschen und die Räume dem Eigentümer übergeben sollte. Für den Vorabend der Räumung hatte »Allmende« zu einer Abschiedsparty eingeladen. Doch überraschend – auch für den Verein – hatte die Polizei bereits die Zugänge zum Haus abgeriegelt. Zahlreiche Menschen trafen sich noch am Abend in der Nähe zu einer Spontandemonstration. Der Eigentümer hatte den Ende 2013 ausgelaufenen Mietvertrag mit dem Verein nicht verlängert und Ende 2014 gerichtlich die Räumung erwirkt. Seitdem hatte »Allmende« gemeinsam mit weiteren betroffenen Mietern für den Tag der Räumung zu Protesten aufgerufen. Die fielen jedoch überschaubar aus. Die Räumung fand an der Schnittstelle zwischen den Stadtteilen Kreuzberg und Neukölln statt. »Allmende« beteiligt sich seit Jahren an Bündnissen gegen Nazis und wendet sich gegen einen Sozialchauvinismus à la Sarrazin. In der Nachbarschaft warnten Banner vor weiterer Verdrängung. Die Angst ist groß, dass Menschen mit geringen Einkommen und nichtkommerzielle Projekte sich Kreuzkölln bald nicht mehr leisten können. Ein Mitglied des Berliner Bündnisses gegen Zwangsräumungen zog gegenüber der Jungle World eine gemischte Bilanz der Proteste. Die Räumung habe zwar nur mit einem großen Polizeiaufgebot durchgesetzt werden können, aber darauf habe sich die Polizei mittlerweile auch eingestellt. Vor einigen Jahren gab es noch Bilder von Gerichtsvollziehern, die angesichts zahlreicher Zwangsräumungsgegner unverrichteter Dinge abziehen mussten. Das soll nun wohl vermieden werden.

http://jungle-world.com/artikel/2015/14/51721.html

Peter Nowak

Allmende wurde geräumt

Alternatives Kulturzentrum mit Unterstützung der Polizei an Eigentümer übergeben

Ein weiterer Stadtaktivst muss sich geschlagen geben. Am Freitagmittag war die Räumung des Vereins Allmende abgeschlossen. Bis zuletzt hatte sich das Kulturzentrum gegen die Verdrängung gewehrt.
„Hier wird verdrängt«, steht auf den Plakaten, die eine Frau mit langen dunklen Haaren und eine andere mit Kopftuch in die Höhe halten. Umstehende Menschen skandieren immer wieder die Parole »Hoch die Hände für Allmende«. Rund 300 Menschen versammelten sich am Freitagvormittag in Kreuzberg vor dem Kottbuser Damm 25/26, um ihre Solidarität mit dem migrationspolitischen Verein Allmende auszudrücken. Für neun Uhr am Freitagmorgen hatte sich der Gerichtsvollzieher angekündigt, der die Schlösser austauschen und die Räume den Eigentümern übergeben sollte.

Bereits am frühen Donnerstagabend hatten Polizeikräfte den Eingang zum Gebäude abgesperrt. Etwa 100 Unterstützer des Projekts versammelten sich an den Absperrgittern am Hauseingang. Die Stimmung war entspannt, es wurde getanzt, einzelne Personen saßen auf dem Boden. Polizisten sollen den Bereich ohne vorausgegangene Aufforderung geräumt haben, wodurch es zu Rangeleien kam. Für den Vorabend der Räumung hatte Allmende Freunde und Unterstützer zu einer Abschiedsparty in die Vereinsräume eingeladen. Doch überraschend – auch für den Verein – hatte die Polizei bereits am Donnerstagabend die Zugänge zu dem Haus abgeriegelt. Weil in Aufrufen zur Party auch zum Mitbringen von Schlafsäcken aufgefordert wurde, ging die Polizei von einem Besetzungsversuch aus. Zahlreiche Menschen versammelten sich noch am Donnerstagabend in der Nähe des Hauses und organisierten eine Spontandemonstration.

Der Eigentümer hatte den Ende 2013 ausgelaufenen Mietvertrag mit dem migrationspolitischen Verein nicht verlängert und gerichtlich die Räumung erwirkt. Seit das Berliner Landgericht im Dezember des vergangenen Jahres entschied, dass die Kündigung rechtens ist, hatte Allmende gemeinsam mit weiteren betroffenen Mietern und Projekten in der Nachbarschaft für den Tag der Räumung zu Protesten mobilisiert.
Auch am Freitagvormittag wurden die Personalien von Menschen kontrolliert, die im letzten Jahr an Protesten gegen Zwangsräumungen beteiligt waren. »Die Bewegung gegen Zwangsräumung hat eine gewisse Kontinuität in Berlin bekommen. Da wird schon genau beobachtet, wer regelmäßig dort aktiv ist«, erklärte eine Aktivistin des Berliner Bündnisses »Zwangsräumung verhindern«. Es unterstützte Allmende und stellt die Räumung in den Kontext der Berliner Wohnungspolitik. »Die steigenden Mieten sind auch eine Gefahr für die soziale Infrastruktur in den Kiezen«, erklärt Sarah Walter vom Bündnis. Neben Mietern seien auch Kitas, Vereine und eben soziale Zentren wie Allmende von der Verdrängung betroffen.

Das sieht auch Allmende-Vorstandsmitglied Ahmed Beyazkaya so. Durch die steigenden Mieten in Kreuzberg sei es für nichtkommerzielle Vereine immer schwieriger, in diesem Stadtteil Räume zu finden. Allmende kann seine migrations- und sozialpolitische Arbeit in der nächsten Zeit eingeschränkt weiterbetreiben. Für die nächsten drei Monate hat das Projekt bei einem befreundeten Verein am Kreuzberger Heinrichplatz Asyl bekommen. Doch wie es danach weitergeht, ist noch völlig offen. Die Suche nach Räumen, die für den Verein erschwinglich wären, ist bisher ergebnislos verlaufen. Seit Monaten habe der Eigentümer des Hauses am Kottbusser Damm alles daran gesetzt, den Verein Allmende aus seinem Haus zu verdrängen und jegliche Versuche einer Einigung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses ausgeschlagen, sagte Pascal Meiser, Bezirksvorsitzender der Linkspartei Friedrichshain-Kreuzberg. »Jetzt wird wieder die Polizei von einem Hauseigentümer dazu benutzt, Mieterhöhungen durchzusetzen und unliebsame Mieter rauszuwerfen und das alles auf Kosten der Steuerzahler.«Um 11.35 Uhr am Freitag war die Räumung abgeschlossen, das Haus an den Gerichtsvollzieher übergeben. In der Nachbarschaft des geräumten Vereins geht die Angst vor weiterer Verdrängung um. Aus einigen Fenstern ringsum hängen Transparente: »Keine Vertreibung« und »Milieuschutz jetzt«.

Der Eigentümer hatte den Ende 2013 ausgelaufenen Mietvertrag mit dem migrationspolitischen Verein nicht verlängert und gerichtlich die Räumung erwirkt. Seit das Berliner Landgericht im Dezember des vergangenen Jahres entschied, dass die Kündigung rechtens ist, hatte Allmende gemeinsam mit weiteren betroffenen Mietern und Projekten in der Nachbarschaft für den Tag der Räumung zu Protesten mobilisiert.

Auch am Freitagvormittag wurden die Personalien von Menschen kontrolliert, die im letzten Jahr an Protesten gegen Zwangsräumungen beteiligt waren. »Die Bewegung gegen Zwangsräumung hat eine gewisse Kontinuität in Berlin bekommen. Da wird schon genau beobachtet, wer regelmäßig dort aktiv ist«, erklärte eine Aktivistin des Berliner Bündnisses »Zwangsräumung verhindern«. Es unterstützte Allmende und stellt die Räumung in den Kontext der Berliner Wohnungspolitik. »Die steigenden Mieten sind auch eine Gefahr für die soziale Infrastruktur in den Kiezen«, erklärt Sarah Walter vom Bündnis. Neben Mietern seien auch Kitas, Vereine und eben soziale Zentren wie Allmende von der Verdrängung betroffen.

Das sieht auch Allmende-Vorstandsmitglied Ahmed Beyazkaya so. Durch die steigenden Mieten in Kreuzberg sei es für nichtkommerzielle Vereine immer schwieriger, in diesem Stadtteil Räume zu finden. Allmende kann seine migrations- und sozialpolitische Arbeit in der nächsten Zeit eingeschränkt weiterbetreiben. Für die nächsten drei Monate hat das Projekt bei einem befreundeten Verein am Kreuzberger Heinrichplatz Asyl bekommen. Doch wie es danach weitergeht, ist noch völlig offen. Die Suche nach Räumen, die für den Verein erschwinglich wären, ist bisher ergebnislos verlaufen. Seit Monaten habe der Eigentümer des Hauses am Kottbusser Damm alles daran gesetzt, den Verein Allmende aus seinem Haus zu verdrängen und jegliche Versuche einer Einigung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses ausgeschlagen, sagte Pascal Meiser, Bezirksvorsitzender der Linkspartei Friedrichshain-Kreuzberg. »Jetzt wird wieder die Polizei von einem Hauseigentümer dazu benutzt, Mieterhöhungen durchzusetzen und unliebsame Mieter rauszuwerfen und das alles auf Kosten der Steuerzahler.«
Um 11.35 Uhr am Freitag war die Räumung abgeschlossen, das Haus an den Gerichtsvollzieher übergeben. In der Nachbarschaft des geräumten Vereins geht die Angst vor weiterer Verdrängung um. Aus einigen Fenstern ringsum hängen Transparente: »Keine Vertreibung« und »Milieuschutz jetzt«.

Das sieht auch Allmende-Vorstandsmitglied Ahmed Beyazkaya so. Durch die steigenden Mieten in Kreuzberg sei es für nichtkommerzielle Vereine immer schwieriger, in diesem Stadtteil Räume zu finden. Allmende kann seine migrations- und sozialpolitische Arbeit in der nächsten Zeit eingeschränkt weiterbetreiben. Für die nächsten drei Monate hat das Projekt bei einem befreundeten Verein am Kreuzberger Heinrichplatz Asyl bekommen. Doch wie es danach weitergeht, ist noch völlig offen. Die Suche nach Räumen, die für den Verein erschwinglich wären, ist bisher ergebnislos verlaufen. Seit Monaten habe der Eigentümer des Hauses am Kottbusser Damm alles daran gesetzt, den Verein Allmende aus seinem Haus zu verdrängen und jegliche Versuche einer Einigung über die Fortsetzung des Mietverhältnisses ausgeschlagen, sagte Pascal Meiser, Bezirksvorsitzender der Linkspartei Friedrichshain-Kreuzberg. »Jetzt wird wieder die Polizei von einem Hauseigentümer dazu benutzt, Mieterhöhungen durchzusetzen und unliebsame Mieter rauszuwerfen und das alles auf Kosten der Steuerzahler.«

Um 11.35 Uhr am Freitag war die Räumung abgeschlossen, das Haus an den Gerichtsvollzieher übergeben. In der Nachbarschaft des geräumten Vereins geht die Angst vor weiterer Verdrängung um. Aus einigen Fenstern ringsum hängen Transparente: »Keine Vertreibung« und »Milieuschutz jetzt«.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/966227.allmende-wurde-geraeumt.html

Peter Nowak

Genossenschafter/innen protestieren gegen geplanten Abriss in der Heidelberger Str.

Auf einem turbulenten Treffen  erfuhren die BewohnerInnen der Heidelberger Straße 15-18  vom geplanten Abriss der  Häuser
„Genossenschaftlich wohnen in guter Nachbarschaft“. Mit diesem  Spruch wirft die Genossenschaft „Wohnungsbau Verein Neukölln“ (WbV) auf ihrer Homepage.  Am Donnerstagabend  ging es  in der Geschäftsstelle des WbV weniger harmonisch  zu. Eingeladen waren die Bewohner/innen der im Besitz der Genossenschaft befindlichen Häuser  Heidelbergerstraße 15-18. Schon seit Monaten  befürchten sie,  dass die in den 60er Jahren errichteten Häuser abgerissen  und durch  komfortable  Lofts ersetzt werden sollen.  Bisher lautete die offizielle Linie des Genossenschaftsvorstands, es sei noch nicht entschieden, ob die Häuser saniert oder abgerissen werden sollen. Auf dem Treffen  wurden nun die Befürchtungen der Anwesenden bestätigt. Die Genossenschaft will die Häuser abreißen lassen. Bis zum 31. Dezember 2015 sollen die Genossenschfter/innen in Wohnungen der Genossenschaft umgesetzt werden. Die Genossenschaft habe vor der Entscheidung gestanden, ein kaputtes Auto  für viel Geld zu reparieren oder mit etwas mehr Geld ein neues zu kaufen“, versuchte der Vorstand die Entscheidung zu begründen.
Martin Jansen, Uwe Springer und Falko Rügler hatten es danach schwer, die aufgebrachten Genoss/innen zu beruhigen. Es sei klar, dass sie genügend Zeit für den Umzug  haben, Wenn der 31. Dezember verstrichen ist und noch nicht alle die passende Wohnung gefunden haben, werde man die Frist auch um einige Monate verlängern.
Die Genoss/innen  warfen der Wohnungsbaugesellschaft vor, die Häuser über Jahre nicht mehr instand gesetzt zu haben, um jetzt den schlechten Zustand der Gebäude als Grund für den Abriss zu haben. „Erst haben sie die Häuser heruntergewirtschaftet, obwohl wir ständig angerufen und Reparaturen angemahnt haben und jetzt werden wir rausgeschmissen“, rief eine Frau wütend und bekam viel Applaus.
Unter diesen Bedingungen ziehen wir nicht um
Kritik an der Wohnungsbaugesellschaft war in den letzten Wochen von verschiedenen Seiten laut geworden.   So kritisierten Mitglieder der Initiative „Genossenschaft von unte“  auf einen  Treffen im Januar, dass die Genoss/innen der Heidelberger Straße 15-18  stark verunsichert seien. Monatelang sei nicht klar gewesen, ob die Häuser abgerissen oder saniert werden.  Zudem seien die Bewohner/innen weder gefragt noch informiert werden. Seit mehreren Wochen treffen sich einige MieterInnen der Häuser  der Häuser  regelmäßig und beratschlagen, wie sie sich gegen den erzwungenen Umzug wehren können. Unterstützt werden sie dabei von der Treptower Stadtteilinitiative Karla Pappel, die Unterstützung anbot. In den nächsten Monaten wird sich zeigen,  wie wie stark der Protest in den Häusern ist.   Die Wohnungsbaugesellschaft zumindest wird nichts unversucht lassen, um den Anteil zu reduzieren. „Wir werden in den nächsten Wochen sicher   mit ihnen persönlich sprechen, um  ihnen bei den Problemen zu helfen“ .Mit diesen Worten  beendete der Vorstand nach einer knappen Stunde das Treffen. Viele der Anwesenden haben das wohl eher als eine Drohung als eine Unterstützung empfunden.

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/heidelberger-str-15-18.html
Peter Nowak

MieterInnen wehren sich gegen energetische Kahlschlagsanierung

„Es ist ein Beispiel moderner Reformarchitektur von außergewöhnlich hoher architektonischer und handwerklicher  Qualität“. So qualifiziert  der Verein „Denk mal an Berlin“ das 1903 errichtete Gebäude  Kavalierstraße 18/19 in Berlin-Pankow.  Die MieterInnen sehen das  Haus mit seiner über hundertjähriger Geschichte durch die energetische Modernisierung gefährdet, die von dem Eigentümer Gesobau angekündigt wurde. Nach deren Plänen  würde die historische Fassade so gravierend verändert, dass das Baudenkmal nicht mehr wiederzuerkennen ist, befürchten die Bewohner/innen und führten auf einer Pressekonferenz vor einigen Tagen einige Bespiele an. So würden die Stuckelemente hinter einen sechs Zentimeter dicken Dämmputz verschwinden, die Stuckdecken in den Zimmern verschwinden und der historische Dienstboteneingang einem Fahrstuhl weichen. Sofort nachdem die Gesobau die energetische Modernisierung ankündigte,  protestierten die MieterInnen dagegen, gründeten den „Verein zur Bewahrung historisch-wohnkulturell bedeutender Gebäude in der Kavalierstraße, Berlin Pankow“ und warben um UnterstützerInnen.
Behutsame energetische Sanierung die Alternative?


Diese Bemühungen waren erfolgreich, wie auf der Pressekonferenz  deutlich wurde. Das Vorstandsmitglied des Forschungsinstituts Empirica Harald Simons und der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Raumwesen und Raumordnung Florian Mausbach  solidarisierten sich dort  mit dem Anliegen der MieterInnen. So wie der Kahlschlagsanierung der 70er Jahre die behutsame Stadterneuerung folgte, müsse jetzt die notwendige energetische Sanierung in eine behutsame Sanierung umgewandelt werden“, forderte Mausbach. Mittlerweile hat sich auch eine Initiative „Gegen die Zerstörung historischer Fassaden durch die Wärmedämmung“ gegründet, die in ihrem Selbstverständnis  schreibt:  „Niemand in unserer Initiative hat etwas gegen energetische Sanierungen von Wohngebäuden einzuwenden, die nicht die Fassaden betreffen. Doch leider wird in den  derzeitigen Diskussionen ästhetischen, städtebaulichen und denkmalpflegerischen Belangen viel zu wenig Beachtung geschenkt,“ heißt es in ihrem Selbstverständnis.

Energetische Gentrifizierung ausgeklammert

Diese Engführung der Problematik auf dem ästhetischen Bereich  ist nicht ganz verständlich und erschwert größere Bündnisse, die auch die MieterInnen  einbezieht, die nicht im Baudenkmal wohnen und  sich gegen die energetische Gentrifizierung wenden.   Schließlich hat sich in den letzten Monaten gezeigt, dass unter dem Schlagwort der energetischen Sanierung  MieterInnenrechte ausgehebelt oder eingeschränkt und Mieterhöhungen0 einfacher durchgesetzt werden können. Das ist ein wichtiger Grund für den schlechten Ruf, den die energetische Sanierung bei  vielen Menschen mit wenig Einkommen bis heute hat.  Ein Unterstützer der Kavalierstraße bringt diesen Sachverhalt  in seinem Statement auf  dem Blog der HaubewohnerInnen  www.kavalierstrasse.de/  prägnant auf dem Punkt:   „Ich unterstütze Ihr Vorhaben, weil die Märchen vom Klimaschutz und ausgehenden Energien und dem darauf aufgebauten Energiesparzwang nur dem Ausbeuten und Verdrängen der sozial Schwächeren …. dienen und sonst niemandem“,  begründet Konrad Fischer sein Engagement.    Andere KritikerInnen der energetischen Modernisierung weisen auf die ungeklärten gesundheitlichen Folgen der verwendeten Materialen für die MieterInnen hin. Die Kritik der energetischen Sanierung aus ästhetischen Gründen ist also ein weiterer Aspekt.  Es wäre also sinnvoll, dass auch die Breite der Gründe für den Widerstand gegen die hierzulande praktizierte Methode der energetischen Sanierung deutlich wird.

MieterEcho online 22.03.2015

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/kavalierstr-1819.html

Peter Nowak