Debatten auf dem Chemnitzer Festival »Kantine Sabot«

Was kann Anarchismus?

Das Chemnitzer Zentrum Sabotnik stellte vom 31. Juli bis 6. August den Anarchismus ins Zentrum. Insbesondere Wohnungskämpfe nehmen darauf Bezug.

In der DDR diente das Gebäude am Rande des Chemnitzer Innenstadt als Schulkantine. Seit vielen Jahren hat dort das soziokulturelle Zentrum Sabotnik sein Domizil. Und hier fand in der vergangenen Woche die »Kantine Sabot« statt, ein Bildungsfestival mit Workshops, Diskussionen, Lesungen und Filmen zur Geschichte des Anarchismus. »Es ist ein Festival, das so nur in Chemnitz stattfinden kann«, erzählt Julian, der von Anfang an dabei war.Entstanden ist es 2018, als …

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Was sagen uns die Notizbücher des Anarcho-Kommunisten Erich Mühsam?

Erich Mühsam: Bündnisfälle

Mühsam, der in der Festungshaft einige Wochen lang KPD-Mitglied war, machte aus seiner Ablehnung der bürgerlichen Demokratie ebenso wenig ein Geheimnis wie aus seiner Kritik am zunehmend autoritären Kurs gegen linke Oppositionelle in der SU. Aber diese Kritik hinderte ihn nicht an einer Zusammenarbeit mit Kommunist*innen in Deutschland und eben auch mit der Roten Hilfe – das Honorar, das Mühsam wie alle Redner*innen der Roten Hilfe für seine Arbeit erhielt, war dafür sicher nicht ausschlaggebend.

Noch fast 90 Jahre nach der Ermordung von Erich Mühsam im Konzentrationslager Oranienburg erscheinen neue Schriften des bekannten Anarchisten. So hat die Berliner Gustav Landauer Initiative vor einigen Wochen in zwei Broschüren die Notizbücher Mühsams veröffentlicht. Der erste Band enthält seine Notizen aus den …

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Der hessische Ministerpräsident hat den Rüstungskonzern Rheinmetall in Kassel besucht

Rheinmetall: Probesitzen mit Protest

Einen Redebeitrag hielt auch ein Vertreter des bundesweiten antimilitaristischen Bündnisses »Rheinmetall entwaffnen«, das im letzten Jahr ein mehrtägiges antimilitaristisches Camp in Kassel organisiert hatte. In diesem Rahmen kam es im September 2022 auch zu einer Blockade vor dem Rheinmetall-Konzern, die von der Polizei aufgelöst wurde.

Für Rheinmetall läuft es derzeit bestens. Im März wurde der Düsseldorfer Konzern in den Dax der Frankfurter Wertpapierbörse aufgenommen und kann sich dort gut behaupten. Die Rüstungsschmiede profitiert besonders vom Ukraine-Krieg und den milliardenschweren Waffenpaketen der Bundesregierung für die Regierung in Kiew. Zuletzt vermeldete Rheinmetall, mit der Auslieferung frischer Munition für den deutschen Flakpanzer »Gepard« beginnen zu wollen. Bis Jahresende sollten 40 000 Granaten für die Ukraine produziert werden, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger der »Bild am Sonntag«. Das gesamte Auftragsvolumen soll sich auf 300 000 Schuss belaufen. Damit werden die rund 40 Flugabwehrpanzer munitioniert, die Deutschland der Ukraine bislang geliefert hat. Weitere sollen bis Jahresende folgen, damit steigt auch der Munitionshunger der Panzer. Am Dienstag hat der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) den Rüstungskonzern in Kassel besucht. Dort produziert Rheinmetall unter anderem die Panzer »Fuchs«, »Marder« und »Boxer« sowie die gepanzerten »Survivor« und »Caracal«, die weltweit an Polizeibehörden und Militärs verkauft werden. Solche Besuche sind nach der militärpolitischen »Zeitenwende«, die in Deutschland nach dem Einmarsch der russischen Armee von Bundeskanzler Scholz ausgerufen wurde, an der Tagesordnung. Doch am Dienstag musste Rhein den Hintereingang nehmen, um Papperger die Hand zu drücken. Der Grund war eine antimilitaristische Kundgebung, zu der ein Bündnis unter dem Motto »Krieg und Militarismus haben ein Gesicht« vor das Werk in Kassel aufgerufen hatten. Rund 40 Menschen haben sich daran beteiligt. Der Rheinmetall-Chef war auch auf der Protestaktion präsent, allerdings als …

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gata preta: Ich vermisse euch wie Sau. Eine Auseinandersetzung mit Flucht, Exil und Illegalität. Immergrün Verlag, Berlin 2022. 224 Seiten, 12 EUR

Buch über linke politische Flucht

Das Buch «Ich vermisse euch wie Sau. Eine Auseinandersetzung mit Flucht, Exil und Illegalität» ist eine Aufarbeitung von Freund:innen mit der Flucht und dem anschliessenden Exil ihres Freundes Ricardo. Ergänzt wird das Buch durch Interviews mit ehemaligen Exilant:innen aus der RAF und der ETA.

Wenn es um Flucht und Exil aus politischen Gründen in der Gegenwart geht, denken auch die meisten Linken nicht in erster Linie an Deutschland. Dabei gibt es auch in der BRD Linke, die sich langjährigen Haftstrafen durch Flucht ins Ausland entzogen haben. So wie Ricardo, der seit Ende der 1990er-Jahre in der ausserparlamentarischen Linken und der Graffiti-Szene in Dresden aktiv war. Ab 2006 produzierte er monatlich eine Livesendung beim Freien Radio Coloradio in Dresden. Im Jahr 2007 war er an der Organisierung der Proteste gegen den G8-Gipfel in Rostock beteiligt. Grossen Wert legte er auf …

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Kriegsdienstverweigerer werden in Russland zu ausländischen Agenten erklärt. Der deutsche Connection e. V. will sie über Telegram unterstützen.

Zerbrochene Gewehre

Dass solche Informationen gelesen werden, zeigte sich für Rudi Friedrich im letzten Jahr. „Insbesondere in den ersten Wochen nach der Erklärung der Teilmobilmachung in Russland im September 2022 haben wir viele Anfragen erhalten. Damals meldeten sich bei uns und bei der Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl, mit der wir eng zusammenarbeiten, mehr als 1.000 Personen“, sagt der Pazifist.

„Connection e. V. auf Russisch“ steht in kyrillischen Buchstaben neben dem zerbrochenen Gewehr vor einer Weltkugel. Es handelt sich um das Symbol des Netzwerkes Connection e. V., das sich für die Rechte von Kriegs- und Mi­li­tär­ver­wei­ge­re­r*in­nen in aller Welt einsetzt. Mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine haben sich verstärkt Menschen an die pazifistische Organisation gewandt, die nicht bereit sind, eine Waffe in die Hand zu nehmen und deswegen mit Repressalien konfrontiert sind. Von ihnen komme auch der Impuls, den russischsprachigen Telegramkanal aufzubauen, erklärt Rudi Friedrich von Connection e. V. der taz. „Durch unsere Arbeit zu Kriegsdienstverweigerung und Desertion in Russland, Belarus und der Ukraine bekamen wir …

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Der Inlandsgeheimdienst hat nicht nur "Putin-Freunde" im Visier. In Berlin eckte sogar eine Gruppe mit einer Aktion gegen Gazprom an. Das sind die Hintergründe.

Berliner Verfassungsschutz im Kampfmodus: Extrem ist, gegen Krieg zu sein

Auch die Monatszeitschrift Graswurzelrevolution, die seit über 50 Jahren für eine gewaltfreie und herrschaftslose Gesellschaft streitet, taucht immer wieder in Verfassungsschutzberichten auf. Im neuen, bundesweiten Verfassungsschutzbericht wird auch eine Podiumsdiskussion zum Thema Pazifismus und gewaltfreier Widerstand in Zeiten des Krieges aufgeführt, die von derGraswurzelrevolution auf der anarchistischen Buchmesse in Mannheim 2022 zum 50, Jubiläum der Zeitschrift organisiert wurde.

Heftige Kritik übt Jan Hansen an dem Ende Juni veröffentlichten Berliner Verfassungsschutzbericht. „Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich vom Beginn der russischen Invasion an gegen den verbrecherischen Angriffskrieg stellt“, moniert der Aktivist der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab) gegenüber der Tageszeitung Neues Deutschland. Die Gruppe junger Antimilitaristen und Pazifisten hat wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine unter dem Motto …

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Viele Jahre gab es Streit darum, ob mit einer Tafel auf das Todesurteil für den christlichen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter aufmerksam gemacht werden soll. Pazifist*innen erinnern daran.

Der Kampf um Erinnerung

Noch 1946 schrieb der damalige Bischof von Linz in einer Kirchenzeitung: »Ich halte jene idealen katholischen Jungen und Theologen und Priester und Väter für die größeren Helden, die in heroischer Pflichterfüllung gekämpft haben und gefallen sind.« Erst mit dem Film »Ein verborgenes Leben« wurde der Pazifist Jägerstätter einer größeren Öffentlichkeit bekannt.

»In diesem Gebäude wurde der österreichische Bauer Franz Jägerstätter vom ehemaligen Reichskriegsgericht wegen seiner Gewissensentscheidung gegen eine Kriegsteilnahme am 6. Juli 1943 zum Tode verurteilt.« Mit diesem Satz auf einer Bronzetafel vor dem Berliner Kammergericht in Berlin-Charlottenburg wird einem christlichen Pazifisten gedacht, der lange Zeit vergessen war. Der gläubige Katholik Jägerstätter war vor 80 Jahren …

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Jule Ehms: Revolutionärer Syndikalismus in der Praxis. Die Betriebsarbeit der Freien Arbeiter-Union Deutschlands von 1918 bis 1933. Westfälisches Dampfboot, 372 S., br., 40 €.

Weder Sektierer noch unbedeutend

Doch nicht nur Arbeitskämpfe fochten die Syndikalist*innen aus. Die FAUD wandte sich von Anfang gegen Militarismus und Nationalismus, weshalb sie 1923 massive Probleme erfuhr, als mit der Besetzung des Ruhrgebiets durch französische Truppen eine nationalistische Welle durch Deutschland rollte, von der auch Teile der Arbeiter*innen erfasst wurden. Die FAUD und ihr Umfeld machten keine Konzessionen.

»Wild, politisch ziellos und gewalttätig« – mit diesen Adjektiven belegte die Historikerin Petra Weber den syndikalistischen Flügel der Arbeiter*innenbewegung in der Weimarer Republik. Sie stand damit nicht allein. Auch viele andere Historiker*innen heften den Syndikalist*innen Etikette an, die jene als unbedeutende linke Splittergruppen abstempeln, die nur Unruhe gestiftet und keine gesellschaftliche Relevanz gehabt hätten. Jule Ehms vermutet hinter dieser Abwertung eine politische Agenda. »Die Strömungen der Arbeiter*innenbewegung, die den Funktionswandel der Gewerkschaften von einer reinen Interessenvertretung hin zu einer stärker systemstützenden Organisation nicht vollziehen und stattdessen an einem revolutionären Programm festhalten, wurden und werden als politische Akteur*innen auszuschließen versucht«, schreibt die junge promovierte Historikerin, die an der Martin-Luther-Universität Halle, an der Wiener Alma Mater und der University of Notre Dame (USA) Geschichte studiert hat. Sie hat eine beachtenswerte Publikation über die Arbeit der syndikalistischen Freien Arbeiter-Union in Deutschland in Betrieben zur Zeit der Weimarer Republik verfasst, die das immer wieder kolportierte falsche Bild zerfetzt. Vielmehr hatten syndikalistische Gewerkschaften nach der Revolution von 1918 …

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Berliner Verfassungsschutz bezeichnet Aktionen von Putin-Kritikern als »linksextremistisch« Der Berliner Verfassungsschutzbericht erwähnt antimilitaristische Aktionen gegen russische Unternehmen. Eine namentlich zwar nicht erwähnte, aber leicht zu erkennnde Gruppe fühlt sich diskreditiert.

Kriminalisierter Pazifismus

Niklas Schrader sieht dabei die Gefahr, dass linke politische Aktivist*innen durch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht diskreditiert werden. Das betreffe die lediglich indirekt benannte Amab. Vor allem aber auch die namentlich erwähnten Akteur*innen. So wird im Verfassungsschutzbericht auch aufgeführt, dass die Interventionistische Linke (IL) auf ihrer Homepage »den Aufbau einer lebendigen und internationalistischen Bewegung gegen Militarismus und Krieg« gefordert habe und feststelle, dass der Aufrüstungstaumel »von den dringend notwendigen Kämpfen gegen Klimakrise, Rassismus, Pflegenotstand oder Mietenwahnsinn ablenkt«

Heftige Kritik an dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Berliner Verfassungsschutzbericht: »Der Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich von Beginn der russischen Invasion an gegen den verbrecherischen Angriffskrieg stellt«, sagt Jan Hansen zu »nd«.Hansen engagiert sich bei der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab). Die Gruppe junger Antimilitarist*innen und Pazifist*innen hatte 2022 wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in Russland unter dem Motto »Gaz-Off« eine Protestaktion vor der Gazprom-Dependance in Kreuzberg organisiert. Sie forderten die Schließung der damals noch funktionierenden Erdgas-Pipeline Nordstream 1 und den Stopp aller russischen Gaslieferungen als Alternative zu Waffenlieferungen.»Statt weiter aufzurüsten, müssen wir die Geldströme nach Russland stoppen, weil damit der Krieg in der Ukraine finanziert wird«, hieß es seinerzeit im Amab-Aufruf. Stattdessen sollen erneuerbare Energien ausgebaut und die Wirtschaft unabhängig von Öl und Gas werden. Töne, die man auch von der Bundesregierung hört. Trotzdem ist die Protestaktion im aktuellen Verfassungsschutzbericht unter der Rubrik …

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Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich von Beginn an gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine stellt

Ohne polizeiliche Auflagen

Heute sind in der ehemaligen Gazprom-Dependance in der Markgrafenstraße alle Firmeninsignien verschwunden. Das Inventar steht aber noch in den Räumen.

Gaz Off“ lautete das Motto einer Aktion, mit der knapp eine Woche nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine vor der Antimilitarist*innen und Pazifist*innen vor der Berliner Gazprom-Filiale in Kreuzberg protestierten. Jetzt ist sie im kürzlich erschienenen Berliner Verfassungsschutzbericht aufgeführt. Dort heißt es dort unter der Rubrik Linksextremismus: „Vereinzelt kam es zu Protestaktionen vor und zu Sachbeschädigungen an russischen Einrich- tungen bzw. Unternehmen. So wurde im Februar die Konzernzentrale von Gazprom wiederholt angegriffen.“ „Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich …

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Nötig wäre ein aufklärerischer Journalismus, der auch mal provokativ Profiteure benennt. Wie stattdessen ein Modebegriff unhinterfragt übernommen wird.

Müssen wir konstruktiv über Krieg oder Klimakrise berichten?

Doch da müsste sich sofort die Frage stellen ob es denn primäre Aufgabe des Journalismus ist, Zukunftsperspektiven zu benennen und die Vermeidung von Problemen zu diskutieren, wenn das nichts mit der Realität zu tun hat. Davor müsste doch die Frage stehen, was denn mit lösungsorientierten Journalismus überhaupt gemeint ist? Schließlich gibt es in der Regel nicht die eine Lösung für ein Problem, sondern es gibt unterschiedliche gesellschaftliche Positionen und politische Interessen – und daher dann auch unterschiedliche Vorschläge für Lösungen.

„Schreiben für die Gesundheit“ ist in der Printausgabe der taz vom 30. Juni ein Beitrag überschrieben, der mit zartrosa Farbe auch optisch hervorsticht. Im Text wird auch die Farbwahl schnell klar. Es geht um Menschen mit unterschiedlichen Krankheiten, bei denen dem Schreiben heilende Wirkung nachgesagt wird. Tatsächlich ist seit Langem bekannt, dass das Schreiben von Tagebüchern eine heilsame Wirkung haben kann – vor allem bei psychischen Problemen. Interessant ist auch, wenn die Autorin des Artikels, Stefanie Uhrig, bezugnehmend auf eine Studie aus dem Jahr 2022 zum Thema „Schreiben als Therapie“ zitiert: …

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In Berlin trafen sich Mitte Mai Pazifist:innen aus Russland, der Ukraine und Weissrussland. Die zarten Pflänzchen der Opposition gegen den Krieg müssen geschützt werden, auch wenn die Bewegung theoretische Schwächen aufweist.

«Wir ziehen nicht in eure Kriege»

Die Podiumsdiskussion der drei Pazi­fist:in-n­­­­­­­­­­en am 15.Mai, dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweiger, ist Teil einer Kampagne, die von den pazifistischen Netzwerk War Resisters International vorangetrieben wird. «Ein echter Schutz für alle Menschen, die sich dem Krieg verweigern, ist schon lange überfällig», betont Rudi Friedrich vom Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection e.V. Friedrich, das am Vormittag des 15.Mai dem Büro der Europäischen Kommission in Berlin knapp 50000 Unterschriften überreichte. Sie wurden von den Kriegsgegner:innen in den letzten Wochen unter einen Aufruf gesammelt, der den bedingungslosen Schutz der Kriegs- und Militärdienstverweiger:innen aller Länder fordert.

«Ich habe drei Kinder, drei Hunde und sieben Hamster», so bescheiden stellte sich Olga Karach in Berlin vor. Doch die freundliche Frau wird von den belorussischen Geheimdiensten und den Minsker Machthaber Lukaschenko als Terroristin bezeichnet. Ihre Heimat musste sie verlassen. Sie lebt mittlerweile in Vilnius, der Hauptstadt Litauens.  Denn Olga Karach ist aktiv in der zivilgesellschaftlichen belorussischen Organisation Nash Dom (Unser Haus). Unter der Parole «Keine zweite Front» ruft sie die Wehrpflichtigen im Land auf, alles zu tun, damit …

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Hannes Hofbauer/ Stefan Kraft (Hg.): Kriegsfolgen. Wie der Kampf um die Ukraine die Welt verändert. Verlag Promedia, 256 S., br., 23 €.

Autoritäre Populismen

Zu den Autor*innen gehören unter anderem der langjährige Attac-Aktivist Peter Wahl, der Politikwissenschaftler Eberhard Crome, der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Andrej Hunko und der Theologe Eugen Drewermann. Mit Olga Baysha aus Charkiw kommt eine ukrainische Stimme zu Wort, die nicht in den Chor derer einstimmt, die den Kampf um westliche Freiheit kontra russische Tyrannei beschwören. Der in Moskau lebende russische Soziologe Boris Kagarlitsky wiederum kritisiert scharf die innenpolitischen Zustände in Russland. Das System Putin sei nicht reformierbar, ist der bereits in der Sowjetunion inhaftierte linker Kritiker überzeugt

Wer es in Deutschland ablehnt, der Lieferung von immer mehr Waffen in die Ukraine zuzustimmen, wird politisch schnell als Putin-Versteher*in verleumdet. Aus eben diesem Grund hat der österreichische Autor und Verleger Hannes Hofbauer gleich zu Beginn der Vorstellung seines neuen Buches in Berlin mehrmals betont, dass er und seine Mitautor*innen keineswegs das derzeitige Präsidialregime in Moskau und dessen Krieg in der Ukraine verteidigen. In dem von ihm und Stefan Kraft herausgegebenen Buch geht es denn auch nicht primär um Putin, sondern um …

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Max Brym: Skizzen – Arbeiterwiderstand in Südbayern. Die Buchmacherei, 83 S., br., 6,50 €.

Rotes Bayern

Brym skizziert die Bedingungen einer antagonistischen Linken in einer Zeit, die heute als erste deutsche Demokratie heroisiert und verklärt wird. Bei der Zerschlagung der Räterepubliken spielten auch führende bayerische Sozialdemokrat*innen eine unrühmliche Rolle. »Es ist daher kein Wunder, dass die verhängnisvolle Sozialfaschismustheorie bei den bayerischen Kommunisten sogar weitgehend auf Zustimmung stieß«, bemerkt Brym und hebt sich damit wohltuend ab von vielen Historiker*innen, die in dieser lediglich ein Diktat Stalins sehen und dabei vergessen, dass viele Arbeiter*innen in den Jahren 1919 bis 1923 die Erfahrung machen mussten, von durch Sozialdemokraten befehligte Polizei und Freikorps gejagt und verhaftet zu werden.

Bayern ist als Ort der Reaktion schon in der Weimarer Republik bekannt. In München begann der Aufstieg der NSDAP. Nürnberg wurde zum Inbegriff der Reichsparteitage der Nazis. Viel weniger ist über den linken Widerstand in Bayern bekannt. Vielleicht ist einigen gerade noch die Münchner Räterepublik im Gedächtnis. Umso verdienstvoller, dass Max Brym eine kleine Geschichte des antifaschistischen Widerstands in Südbayern vorgelegt hat. Der 1957 in Altötting geborene Historiker ist im Freistaat seit Jahrzehnten in der linken Bewegung aktiv und hat zur Geschichte der Linken schon einige Bücher verfasst. In seiner neuen Publikation beginnt Brym ebenfalls mit den verschiedenen Räterepubliken in Bayern 1919. Denn nicht nur in München, sondern in vielen kleineren Städten …

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Kraft, Stefan / Hofbauer, Hannes (Hg.): Kriegsfolgen. Wie der Kampf um die Ukraine die Welt verändert Promedia 2023. 256 Seiten, ISBN: 978-3-85371-511-6.

Kriegsfolgen: Warum so viel von Putin und so wenig vom Kapitalismus die Rede ist

In einem Nebensatz bei Peter Wahl findet man den hilfreichen Hinweis, dass linke Imperialismus-Theoretiker wie Hilferding. Lenin und Luxemburg "den Fokus auf die systematischen Ursachen des Krieges, auf die Expansionsdynamik der kapitalistischen Akkumulation und nicht auf die moralische Verurteilung einzelner Länder" richteten. Ein solches kapitalismuskritisches Denken ist heute nur noch in Schwundstufen vorhanden – das ist auch der Grund, warum in der aktuellen Debatte um den Ukraine-Konflikt so wenig vom Kapitalismus und so viel von Putin die Rede ist.

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