Landkreis mahnte Arbeitskreis und Grundrechtekomitee ab

Sanktionen gegen Abschiebungskritiker

Das Grundrechtekomitee hatte den inkriminierten Bericht auf seiner Webseite an einer Stelle ergänzt, danach aber keine weitere Rückmeldung der Kreisverwaltung Unna erhalten. Britta Rabe vom Komitee für Grundrecht fordert eine öffentliche Entschuldigung des Landrates und die Rücknahme der Abmahnung. »Ehrenamtlich Aktive und Bürgerrechtsorganisationen, die Kritik an der rigiden Abschiebungspraxis äußern, dürfen nicht an der freien Meinungsäußerung gehindert werden.

Weil sie in einer Pressemitteilung die inhumane Abschiebung einer Familie angeprangert hatten, bekamen das Komitee für Grundrechte und Demokratie und der Arbeitskreis Asyl Schwerte Post vom Anwalt. Was war geschehen? Der Kreis hatte am 18. Januar 2022 eine Familie nachts nach Bangladesch abgeschoben. Sie lebte seit 2016 in Deutschland und hätte von dem von der neuen Bundesregierung geplanten »Chancen-Aufenthaltsrecht« profitiert. Es sieht für Menschen, die am 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben und ohne Vorstrafen sind, ein Bleiberecht vor. Dies ist aber noch nicht umgesetzt. Die Familie wurde vom Arbeitskreis (AK) Asyl Schwerte unterstützt. Umso größer war die Empörung über …

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Dem Ernst der Lage mit kühlem Kopf zu begegnen und die Pandemie als gesellschaftliches Problem zu analysieren, wäre Aufgabe einer gesellschaftlichen Linken

Mit Panik in einen neuen Lockdown?

Die Aufgabe einer linken Bewegung bestünde darin, mit ihren Instrumentarien, wie der Politikwissenschaftler Joachim Hirsch betont, in die Corona-Debatte einzugreifen. In diesem Fall müsste sie eine aktualisierte Kapitalismuskritik aus ihren Instrumentenkasten holen. Michèle Winkler vom Komitee für Grundrechte plädiert in einem Kommentar für das Neue Deutschland für eine linke Corona-Kritik. Die müsste im Kern darin bestehen, Corona und die Folgen wieder von einem individuellen zu einem gesellschaftlichen Problem zu machen.

Noch vor wenigen Wochen haben die meisten verantwortlichen Politiker definitiv ausgeschlossen, dass es wieder zu Lockdowns und Schulschließungen wegen der Corona-Pandemie kommen könnte. Nun tasten sich immer mehr Politiker auch in Deutschland an einen neuen Lockdown heran – und auch Schulschließungen sind längst nicht mehr tabu. In Brandenburg soll …

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Aktivist von Initiative Bürger*innenasyl stand vor Gericht

Flüchtlingshelfer ohne Strafe

Deshalb rufe ich dazu auf, lokale Initiativen zu unterstützen, die von Abschiebung bedrohten Menschen Bürger*innenasyl gewähren und sie auch notfalls in ihren Wohnungen verstecken. Ich werde mich selbst, nach meinen Möglichkeiten, an Initiativen des zivilen Ungehorsams gegen die ethisch nicht vertretbare Abschiebepolitik beteiligen.« Diese Passagen brachten Hagen Kopp vor Gericht.

Flüchtlingsschutz ist kein Verbrechen. Das musste Mitte Juli auch das Amtsgericht im bayerischen Alzenau bestätigen. Die Behörde sprach zu diesem Zeitpunkt ….

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Antifaschisten waren während Demos in Chemnitz festgehalten worden

Klage wegen Einkesselung

Juliane Nagels Anfragen an die Landesregierung haben ergeben, dass es im Zusammenhang mit dem Kessel lediglich zwei Ermittlungsverfahren gegeben habe. »Und dafür wurden 350 Menschen über Stunden festgesetzt und ihrer Grundrechte beraubt«, moniert Nagel. Si

Fast ein Jahr ist es her, dass Aufmärsche von AfD, Pegida und Co in Chemnitz für Schlagzeilen sorgten. Viel Kritik gab es auch daran, dass Polizisten am 1. September 2018, als Tausende Rechte aufmarschiert waren, rund 350 Antifaschist*innen über Stunden einkesselten. In einer Pressemitteilung hatte die Polizei die Maßnahme damit begründet, dass die Festgehaltenen zuvor versucht hätten, zur Versammlung des AfD-Landesverbandes vorzudringen. Unter denen, die vier Stunden lang im Polizeikessel ausharren mussten, war auch ….

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Endlich auf dem Weg

Peter Nowak über einen Beschluss der Justizminister zur Rente für arbeitende Gefangene

Es sind nur zwei Sätze, die vielleicht verhindern könnten, dass Tausende Menschen im Alter in Armut leben müssen. »Auf Initiative von Berlin hat die Justizministerkonferenz am 07.06.2018 beschlossen, dass die Einbeziehung von Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in die gesetzliche Rentenversicherung sinnvoll ist«, heißt es in einer Mitteilung des Berliner Justizsenats. Die Nachricht ging unter, dabei enthält sie eine kleine Sensation: Immerhin bekunden die Länderminister damit die Absicht, ein seit 41 Jahren verschlepptes Vorhaben umzusetzen. Seit 1977 steht zu Recht im Strafvollzugsgesetz die Forderung, arbeitende Gefangene in das Rentenversicherungssystem zu integrieren. Die Angleichung der Lebensverhältnisse »hinter Mauern« mit denen »draußen« gehört zum Kern des Resozialisierungsprinzips

Das Argument für den Ausschluss war bislang das fehlende Geld. Doch der eigentliche Grund liegt darin, dass Gefangene keine Lobby haben. So wurde von der Politik akzeptiert, dass sie in Altersarmut leben müssen, auch wenn sie im Gefängnis jahrelang zu Niedriglöhnen gearbeitet haben. Einen Mindestlohn bekommen sie bis heute nicht. Auch das Recht auf eine gewerkschaftliche Organisierung wird ihnen abgesprochen. Deswegen wird die 2014 gegründete Gefangenengewerkschaft bis heute nicht anerkannt. Sie hat neben dem Mindestlohn auch den Einbezug in die Rentenversicherung wieder auf die Tagesordnung gesetzt.

»Wo bleibt die Koalitionsfreiheit?«, fragt der Sprecher der Solidaritätsgruppen, Marco Bras dos Santos

Viele Organisationen der Straffälligenhilfe unterstützen diese Forderungen seit Jahrzehnten. »Wo bleibt die Koalitionsfreiheit?«, fragt der Sprecher der Solidaritätsgruppen, Marco Bras dos Santos,
die der Gefangenengewerkschaft zur Seite stehen. Dann könnten die arbeitenden Gefangenen notfalls mit einem Arbeitskampf dafür sorgen, dass die Absichtserklärung zu für sie akzeptablen Bedingungen umgesetzt wird. Denn noch sind weder die Rentenhöhe noch der Termin für die Einbeziehung der arbeitenden Gefangenen in die Rentenversicherung klar. Das kritisiert auch Britta Rabe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie, das sich seit Jahren für dieses Anliegen einsetzt. Die Bundesregierung sei jetzt gefordert, schnellstmöglich das entsprechende Gesetz zu erlassen.
Rabe fordert, dass der Mindestlohn als Bemessungsgrundlage für die Rentenhöhe herangezogen werden müsse. Das zeigt auch, wie notwendig weiterhin eine solidarische Öffentlichkeit ist. Und warum sollten nicht auch die Gefangenen entschädigt werden, die in Altersarmut leben müssen, weil die Politik ein Gesetz seit vier Jahrzehnten verschleppt hat, das genau dies verhindern sollte? Es gibt einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Warum soll es nicht auch einen Rechtsanspruch für Gefangene auf Mindestlohn und Rente für ihre Arbeit geben?

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1091213.endlich-auf-dem-weg.html?

Peter Nowak

G20: Die Eskalation begann mit der Ernennung von Dudde zum Polizeichef

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie im Nachtrag zu den Auseinandersetzungen in Hamburg

In der ersten Hälfte des Juli schien es in Deutschland nur ein Thema zu geben. Die linke Militanz bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg wurde von einer ganz großen Koalition zu einer Generalabrechnung mit allen gemacht, die es wagten, noch daran zu erinnern, dass es Gewalt nicht nur bei einem Teil der Protestierer gibt. Nicht nur linke Zentren wie die Rote Flora waren zum Abschuss freigeben, auch das politisch sehr gemäßigte Gängeviertel in Hamburg geriet in den Fokus, weil es sich mit der Roten Flora solidarisiert hat.

Auch in Frankfurt wurde die Schließung von linken Zentren gefordert, weil die sich ebenfalls mit den Hamburger Floristen solidarisiert haben. Da die meisten dieser Zentren rechtsgültige Verträge haben, konnte die Politik des kurzen Prozesses nicht umgesetzt werden. Doch die Kampagne hat durchaus politische Folgen, die AfD sieht sich bestätigt, wenn ihre Parolen gegen die Linke von einer ganz großen Koalition vor- oder nachgebetet werden. Nun macht die Rechtspartei Wahlwerbung mit der Parole: „Den linken Terror stoppen.“

Auch wer in den Tagen nach dem Hamburger Gipfel auf die Polizeigewalt und die Einschränkung der Grundrechte verwies, musste sich schon vorwerfen lassen, linke Militanz zu verteidigen. Das zeigte sich besonders deutlich, als der CDU-Rechtsaußen Wolfgang Bosbach eine Talkshow verlies, weil die linke Publizistin Jutta Ditfurth es wagte, über Polizeigewalt zu reden und dabei eigene Beobachtungen zur Grundlage machte. Bosbach sah damit die Polizei beleidigt, die er mit seinem Abgang ausdrücklich unterstützen wollte. Doch auch der Hamburger SPD-Bürgermeister hat nach dem G20-Gipfel mehrmals jegliche Polizeigewalt rundweg abgestritten.

Nicht die Riots, sondern die ganzen Proteste im Blick

Nun hat das Komitee für Grundrechte[1] eine Bilanz[2] der Gipfeltage in Hamburg vorgelegt. Grundlage sind die Beobachtungen der eigenen 43, oft juristisch geschulten Protestbeobachter. Sie haben anders als die meisten Medien ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Riots, sondern das gesamte Protestgeschehen gelenkt. Im Vorwort der Bilanz schreibt das Grundrechtekomitee:

Anders als in der ersten medialen Berichterstattung waren unsere Blicke auf die angekündigten Versammlungen gerichtet und nicht auf die Riots, die Randale oder den Aufstand, der die Freitagnacht im Schanzenviertel prägte. Damit hatten wir vor allem die polizeiliche Gewalt im Blick, die Zumutungen vom Ignorieren des Gerichtsbeschlusses auf das Recht, ein Camp in Entenwerder zu errichten (Sonntag, 2. Juli 2017), über die gewaltsame Auflösung der friedlichen „Welcome to hell“-Demo bis zur teilweise rücksichtslosen Gewalt gegen Gruppen und Einzelne am Tag des Zivilen Ungehorsams. Und auch noch bei der Großdemonstration am Samstag konnten wir feststellen, dass der Schutz des Versammlungsrechts missachtet wurde.

Komitee für Grundrechte
Laut Beobachtungen der Grundrechtler beginnen die Probleme mit der Ernennung von Hartmut Dudde zum leitenden Polizeidirektor für die Gipfelproteste. Dudde, der dem längst vergessenen Rechtspopulisten Ronald Schill seine Karriere verdankt, war bekannt dafür, dass er die Beachtung von Grund- und Menschenrechten nicht zu den primären Aufgaben des Polizeihandelns zählte. So urteilt das Komitee für Grundrechte:

Mit der Ernennung hatte der rot-grüne Senat von vorneherein eine Entscheidung gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit getroffen.

Komitee für Grundrechte
Die Personalie gab die Richtung vor. Die Gipfelgegner mussten sich ihr Recht, in Hamburg Camps zum Schlafen aufzubauen, gerichtlich erkämpfen und selbst dann wurden ihre Zelte oft noch verhindert. Menschen, die aus anderen Städten und Ländern nach Hamburg anreisten, mussten ihre Daten abgeben.

Doch die Polizeiwillkür führte bei einem Großteil der Hamburger Bevölkerung nicht zu Resignation, sondern zu einer Solidaritätswelle, wie dem „Cornern“ gegen den G20. Menschen setzten sich zum Picknicken auf die Straße und forderten so ihr Recht auf Stadt ein. Über die Polizeireaktion schreiben die Menschenrechtler:

Um 21:00 Uhr erfolgt die dritte Durchsage, dass notfalls mit Gewalt eingegriffen werde. Die Personalien würden aufgenommen. Die Polizisten setzen die Helme auf und nach einer Minute wieder ab. Die Polizei marschiert in Kette auf den Platz und vertreibt ziemlich rüpelhaft schubsend die Leute von der Wiese Richtung Thadenstraße. Ein Polizist wird von einem Kollegen aufgefordert, das Rüpeln nicht zu übertreiben. Die Zelte werden entfernt, die Menschen können danach wieder in den Park, da sich die Polizei zurückzieht.

Komitee für Grundrechte

Vor der Militanz begann der Angriff der Polizei

Ausführlich setzen sich die Beobachter mit der polizeilichen Auflösung der „Welcome to Hell“-Demo am 6. Juli 2017 auseinander. Dabei wird festgestellt, dass es dort erst zu militanten Aktionen kam, als die Polizei mit massiver Gewalt gegen die Demonstration vorging:

Solange die Demonstration nur gestoppt war, gab es keine Angriffe gegen die Polizei. Die Aufforderung der Polizei, die Vermummung abzulegen, wurde über den Lausprecherwagen der Demonstrierenden weitergegeben. Viele folgten dieser Aufforderung. Seit dem Angriff werden aber aus vielen Richtungen Flaschen geworfen – scheinbar mehr noch von den Seiten, als aus dem „schwarzen Block“. Vereinzelt wird auch beobachtet, dass Leute abgeführt werden. Der Gesamteinsatz vermittelt den Eindruck, dass es nicht um Festnahmen geht, sondern darum, die Leute zu schlagen und auseinanderzutreiben. Allerdings gibt es keine aufgezeigten Fluchtwege, ganz im Gegenteil: der ganze Bereich wurde zur Falle!

Komitee für Grundrechte

Ein bisher wenig beachtetes Beispiel von Polizeigewalt

In dem Bericht kommen auch Opfer der Polizeigewalt zu Wort, darunter eine Gruppe der verdi-Jugend aus NRW[3]. Sie schreiben[4]: „Fast der gesamte Jugendvorstand der ver.di Jugend NRW-Süd, mehrere weitere ver.di-KollegInnen und weitere Bonner MitstreiterInnen wurden beim G20-Gipfel Opfer von politischer Verfolgung, von tagelanger Freiheitsberaubung und massiver Aushebelung der demokratischen Grundrechte durch Polizei und Staatsanwaltschaft.“

Nils Jansen, Mitglied im Jugendvorstand der ver.di Jugend NRW-Süd meint[5]: „Ein solches Ausmaß von Polizeigewalt habe ich noch nicht erlebt. Das war keine Festnahme, sondern ein regelrechter Überfall der Polizei auf unsere Demonstration.“

Die Süddeutsche Zeitung berichtete[6] am 4. August 2017 ausführlich über einen besonders brisanten Fall von Polizeigewalt in einem Hamburger Industriegebiet am 7.7.2017: Dort wurden 73 Demonstranten unter der Beschuldigung festgenommen, die Polizei mit Steinen und Flaschen angegriffen haben. „Was man in dem Video nicht sieht: ein einziger Steinwurf. Oder eine einzige Flasche. Unmittelbar angegriffen wurde – zumindest vor dem Sturm der Polizei – kein Beamter. Man würde es sehen“, heißt es in der Süddeutschen Zeitung.

Doch der Polizeieinsatz in dem Hamburger Industriegebiet hatte noch weitere Folgen. Augenzeugen beschrieben in einem Telepolis vorliegenden Bericht die Situation nach dem Polizeikessel so:

„Über ein Geländer zu einem Parkplatz, der etwa 2,5 Meter unter der Straße lag, konnten einige dem Angriff entgehen. Nachdem die Polizei Aktivisten gegen das Geländer prügelten und darauf eintraten, brach dessen Verankerung aus der Betonmauer. Das Geländer fiel den Abgrund hinab auf gestürzte Aktivisten, andere fielen von oben nach. 10 Krankenwagen kamen, um die teils Schwerverletzten zu behandeln. Es kam zu schweren Prellungen, diversen Platzwunden und Brüchen. Mehrere Menschen müssen stationär behandelt und operiert werden …“

Diesen Vorfall haben auch zahlreiche Demosanitäter beobachtet, die berichteten, dass die Polizei durch die Tritte gegen das Gerüst, auf das sich viele Menschen geflüchtet hatten, deren Verletzungen willentlich in Kauf genommen haben. Es sei fast ein Wunder gewesen, dass es dabei keine Toten gegeben hat, erklärten die Augenzeugen.

Unabhängiger Untersuchungsausschuss gefordert

Dieser Vorfall sollte auf jeden Fall vor dem unabhängigen Untersuchungsausschuss untersucht werden, den das Grundrechtekomitee gefordert hat. Dort müssten auch der Einsatz von Gummigeschossen durch die Polizei in Hamburg, den der Initiativkreis gegen Polizeigewalt Berlin[7] bereits Ende Juli kritisierte, geklärt werden. Auf der Internetseite finden sich zahlreiche Dokumente, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können.

Untersucht werden müsste dort auch, ob besonders Menschen aus dem europäischen Ausland von der Polizei festgenommen wurden. In Italien und im Baskenland gab es mittlerweile Solidaritätsdemonstrationen mit den über 30 nach dem G20-Gipfel Verhafteten, die in Hamburger Untersuchungsgefängnissen auf ihren Prozess warten müssen.

Wie schnell man in diesen Tagen festgenommen werden konnte, wenn man italienisch sprach, dokumentiert die Gruppe Migrantstrikers, die sich der gewerkschaftlichen Organisierung prekär Beschäftigter aus Italien widmet[8]. Wäre mit ihnen nicht eine linke Europaabgeordnete aus Italien festgenommen worden, könnte es sein, dass sie immer noch in Untersuchungshaft verbringen mussten.

Der Bericht des Grundrechtekomitees macht noch einmal deutlich, dass die Ereignisse von Hamburg einer unabhängigen Aufarbeitung bedürfen und zeigen, wie fatal es ist, im Angesicht einer medialen Hetze gegen angebliche linke Chaoten wegzuschauen, wenn es um die Gewalt und um Grundrechtseinschränkungen von Polizei und Staat geht.

Peter Nowak
https://www.heise.de/tp/features/G20-Die-Eskalation-begann-mit-der-Ernennung-von-Dudde-zum-Polizeichef-3804738.html

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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.grundrechtekomitee.de
[2] http://www.grundrechtekomitee.de/sites/default/files/G20_Protest.pdf
[3] https://jugend-nrw.verdi.de/
[4] https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=601669610020437&id=349385135248887
[5] http://ratsblatt.de/bonner-buendnis-fordert-freiheit-fuer-g20-aktivistinnen-und-erhebt-schwere-vorwuerfe-gegen-polizei-justiz-und-bundesregierung#more-7164
[6] http://www.sueddeutsche.de/politik/g-gipfel-drei-bengalos-reichten-fuer-die-polizei-attacke-1.3616947
[7] http://ikgpg.blogsport.de
[8] https://de-de.facebook.com/berlinmigrantstrikers/?fref=mentions

Nicht nur Straftäter wollen ihr Gesicht verbergen

Der Polizeieinsatz bei einer Hamburger G20-Demo bringt das Thema Vermummung wieder auf die Tagesordnung

Nach den G20-Protesten wollen Politiker verschiedener Couleur linker Gewalt zu Leibe rücken, vor allem Politiker der Union, aber auch Polizeigewerkschafter überbieten sich mit markigen Law-and-Order-Parolen.

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Großdemonstrationen im Zeitalter der Riots

Während ein Bündnis aus Mob und rechten Medien nach den Hamburger Protesten den Law-and-Orderkurs verschärfen will, muss sich auch die außerparlamentarische Linke Fragen stellen – Ein Kommentar

Auch die Nacht nach dem G20-Gifpel blieb in Hamburg unruhig. Am frühen Morgen des 9. Juli räumte die Polizei Teile des Schanzenviertels mit Wasserwerfer[1]. Zuvor waren Tausende von G20-Gegnern in den Stadtteil gekommen. Für Empörung sorgten polizeiliche Sondereinsatzkommandos, die betont provokativ dort mit ihren Fahrzeugen auftraten.

Auch an anderen Stellen in Hamburg hielt der Protest an. In der Umgebung der Hafenstraße machten Neonazis Jagd auf Linke. Das scheint auch eine Folge der medialen Medienhetze gegen die G20-Gegner in Teilen der Hamburger Medien. Besonders nach den auch in der außerparlamentarischen Linken umstrittenen militanten Aktionen vom Freitagabend nahm die Kampagne zu.

Die Großdemonstration[2] am Samstag, an dem sämtliche Spektren[3] der globalisierungskritischen Szene beteiligt waren, machte noch einmal deutlich, dass sie sich auf einen gemeinsamen Konsens einigen können, der dann auch eingehalten wird. Vor allem autonome und postautonome Gruppen bemühten sich in ihrem Auftreten, mögliche Befürchtungen zu zerstreuen, dass auch dort Militanz dominieren würde. So tragen Anhänger der postautonomen Gruppen Interventionistische Linke[4] und des undogmatisch kommunistischen Ums Ganze Bündnis[5] mit roten T-Shirts auf und unterliefen damit das Klischee vom Schwarzen Block.

Festival der Grundrechtsverletzungen

Die gelöste Stimmung wurde zu Beginn der Auftaktkundgebung angespannt, als Polizeieinheiten in die Menge stürmten und einzelne Demonstranten festnahmen. Das dürfte erst der Auftakt einer Ermittlungswelle sein, mit denen die Polizei vor allem die Beteiligten der Riots im Schanzenviertel sucht.

Auf der Pressekonferenz im Alternativen Medienzentrum im Hamburger Millerntorstadion fragten sich Journalisten, warum es in Hamburg im Vergleich zu anderen Gipfel wie vor 10 Jahren in Heiligendamm relativ wenige Festnahmen gab. Diese Behauptung wurde von der Rechtsanwältin Gabriele Heinecke[7] insofern relativiert, als sie von 200 Festnahmen berichtete. Diese saßen oft über die gesamten Gipfeltage in Gewahrsam, weil die Justizbehörden teilweise absurde Haftgründe vorbrachten. So wurde angeführt, dass ein Festgenommener mit einen „Straftäter“ in einer Wohngemeinschaft lebt. Es wurde letztlich dem Antrag auf den Erlass eines Haftbefehls nicht entsprochen, aber die Prüfung der Haftgründe dauerte so lange, dass die Beschuldigten während der Gipfeltage in Untersuchungshaft blieben und ihnen so ihr Grundrecht auf Demonstration und Protest verwehrt wurde.

Das betraf aber auch viele andere Menschen, so dass der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein[8] die Hamburger Gipfeltrage auch als „Festival der Grundrechtsverletzungen[9] bezeichnete. Dazu zählen sie die Campverbote ebenso wie die polizeiliche Zerschlagung der Anti-G20-Demonstration am Donnerstagabend. Auch das Komitee für Grundrechte[10], das eigene Beobachter nach Hamburg entsandt hat, kritisierte[11]:

Wir haben beobachtet, in welchem Maße die Polizei in diesen Tagen die Macht über das Geschehen in der Stadt übernommen hat. Sie hat eskaliert, Bürger- und Menschenrechte ignoriert, sie informierte die Öffentlichkeit falsch und ging mit großer Gewalt gegen die Menschen vor. Schon seit Monaten warnen wir vor dem Ausnahmezustand, der anlässlich des G20 in Hamburg produziert wird. Das, was wir in dieser Woche vorgefunden haben, geht sogar über das, was wir befürchtet haben, noch hinaus. Nicht nur wurden die Grund- und Menschenrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch die Allgemeinverfügung außer Kraft gesetzt. Die Polizei hat, gedeckt von der Hamburgischen Regierung und vermutlich auch im Sinne der Interessen der/des Innminister/-senators und der Sicherheitsbehörden den Ausnahmezustand geprobt.
Komitee für Grundrechte

Vermummungsverbot ist für LINKE in Berlin verzichtbar

Elke Steven vom Grundrechtekomitee bezeichnet das Vermummungsverbot als ein Mittel der Grundrechtseinschränkung[12]. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit steht über der Durchsetzung des Vermummungsverbots ist auch die Ansicht des Juristen Udo Vetter[13]. Im Taz-Interview[14] präzisierte er:

Die Polizei hat am Donnerstagabend offenbar eine große, friedliche Demonstration mit der bloßen Begründung verhindert, dass einige Leute vermummt waren. Wenn das rechtens wäre, müsste man jeden Samstag in jedem deutschen Fußballstadion das Spiel absagen und das Stadion räumen. Und wenn die Polizei bei jeder Demo sagen würde, da laufen ein paar Vermummte mit, deshalb dürfen die restlichen 12.000 Leute auch nicht mehr demonstrieren – dann wäre die Konsequenz, dass es in Deutschland künftig keine Demos mehr gibt.
Udo Vetter

Es wird sich zeigen, ob die Konsequenz eine Aufhebung des Vermummungsverbots ist, wie es in Berlin zumindest Politiker der LINKEN in einem neuen Versammlungsgesetz festschreiben[15] wollen.

Die Riots und die Folgen

Es wäre tatsächlich ein Erfolg, wenn nach Hamburg das Vermummungsverbot als Mittel der Grundrechtseinschränkung und des Demoverbots in den Fokus der Kritik geriete. Aber davon kann keine Rede für die Mehrheit der Medien sein. Schon ist das Geschehen im Wahlkampf angekommen und die Union fordert[16] im Bündnis mit konservativen Medien Rücktritte in Hamburg.

Dabei bedienen sich die Initiatoren offen rechtspopulistischer Parolen, wenn es heißt: „Olaf, du hast Hamburg dem Mob ausgeliefert“[17]. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, wenn einige Neonazis als vermeintliche Vollstrecker des „Volkswillens“ Samstagnacht Linke angriffen.

Statt diesem Bündnis von Mob, rechten Boulevard und Elite entgegenzutreten, werden sich jetzt alle politischen Parteien in Distanzierung üben. Hamburgs Bürgermeister Scholz fordert harte Strafen für die am Riot Beteiligten, obwohl das nach der bürgerlichen Gewaltenteilung gar nicht in seiner Kompetenz liegt. Ein Großteil der Presse unterstützt diesen Law-and-Order-Kurs und die außerparlamentarische Linke übt sich in den Versuch, sich nicht zu distanzieren, aber die Ereignisse um die Schanze auch nicht gut zu finden.

Dabei zeigen Umfragen, dass die Ablehnung der Militanz nicht so einheitlich ist, wie es die Medien suggerieren[18]. Vor allem aber fällt auf, dass die Öffentlichkeit von der Eigenlogik von Riots, von urbanen Aufständen, wenig Ahnung hat. Die werden eben nicht von irgendwelchen Drahtziehern aus politischen Gruppen initiiert, wie gerne vermutet wird. Großereignisse wie der G20 bieten den Rahmen, aber es sind die prekarisierten Unterklassen in vielen Städten der Welt, für die der Aufstand ihre Form ist, sich einiges von den bunten Warenmarkt anzueignen, den der Kapitalismus verspricht, der ihnen aber mangels finanzieller Möglichkeiten verschlossen geblieben ist. Die Medien und die Öffentlichkeit in Großbritannien, den USA und Frankreich konnten sich in den letzten Jahren schon häufiger mit der Eigengesetzlichkeit dieser urbanen Aufstände vertraut machen.

In dem Buch “ „Riot. Strike. Riot: The New Era of Uprisings“[19] bezeichnet der linke Theoretiker Joshua Clover[20] Riots und Aufstände als wichtige Aktionsformen der vergangenen Jahre, weil durch den Wegfall der großen Industrie der Streik an Bedeutung verloren habe. Im Interview[21] sprach Clover auch vom Zeitalter der Riots.

„Der Streik ist eine kollektive Aktion, die sich um den Preis der Arbeitskraft und bessere Arbeitsbedingungen dreht, in der sich Arbeiter in der Position des Arbeiters befinden, und die im Kontext der kapitalistischen Produktion stattfindet, während der Aufstand den Kampf um die Preise und die Erhältlichkeit von Marktgütern inkludiert, seine Teilnehmer enteignet sind, und er im Kontext der Konsumtion bzw. der Zirkulation stattfindet“, fasst[22] der Blogger Achim Szepanski, die im Buch vertretenen Thesen zusammen.

Diese Thesen kritisch zu diskutieren und sich zu fragen, ob Clover nicht tatsächlich unterschätzt, welche Bedeutung Lohnarbeit und der Widerstand dagegenauch heute noch für Menschen in aller Welt hat, wäre eine Aufgabe der außerparlamentarischen Linken. Auch um dem Bündnis von rechten Medien und Neonazis nach den Riots von Hamburg mehr entgegen setzen zu können als das Bekenntnis, dass sich die Interventionistische Linke dazu erst noch eine Meinung bilden muss.

https://www.heise.de/tp/features/Grossdemonstrationen-im-Zeitalter-der-Riots-3767665.html

Peter Nowak
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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Liveblog-Letzte-Grossdemo-beendet-Bleibt-es-ruhig,liveticker542.html
[2] http://g20-demo.de/de/demoroute/
[3] http://www.attac.de/kampagnen/g20-in-hamburg/demonstration-8-juli/
[4] http://www.interventionistische-linke.org/kategorie/beitraege
[5] http://umsganze.org/
[6] https://twitter.com/Emmilog/status/883694484764205062
[7] http://www.gabrieleheinecke.de/
[8] http://www.rav.de/start/
[9] http://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/anwaltlicher-notdienst-zum-g20-gipfel-in-hamburg-pressemitteilungen-528/
[10] http://www.grundrechtekomitee.de
[11] http://www.grundrechtekomitee.de/node/873
[12] http://www.taz.de/!5423677/
[13] https://www.lawblog.de/
[14] https://m.taz.de/!5427952;m/
[15] http://www.taz.de/!5427985/
[16] http://www.focus.de/politik/deutschland/buergermeister-unter-druck-in-nur-zwei-naechten-haben-viele-hamburger-das-vertrauen-in-scholz-verloren_id_7333357.html
[17] https://www.shz.de/regionales/hamburg/g20-gipfel/olaf-du-hast-hh-dem-mob-ausgeliefert-kritik-an-buergermeister-scholz-id17253441.html
[18] http://www.welt.de/politik/deutschland/article166429487/Linke-Anhaenger-halten-die-G-20-Aufstaende-fuer-legitim.html
[19] http://www.versobooks.com/books/2084-riot-strike-riot
[20] http://english.ucdavis.edu/people/jclover
[21] http://jungle-world.com/artikel/2016/43/55082.html
[22] http://non.copyriot.com/joshua-clovers-riot-strike-riot-theorie-und-praxis-der-sozialen-aktion/

Braucht die Polizei mehr Schutz …

… oder vielleicht manche von deren Opfern?

Am Freitag hat der Bundesrat mehreren Gesetzen zugestimmt, die nach Meinung von Menschenrechtsorganisationen die Freiheitsrechte der Bürger einschränken. Doch in Deutschland wurde das kaum wahrgenommen und es gab in den letzten Wochen dagegen nur kleine Proteste. Dazu gehörte auch eine Gesetzesverschärfung[1], die Angriffe auf Polizisten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute schärfer bestraft.

Sie trägt den Titel „Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften“. Bis zu fünf Jahre Haft drohen. Ein vielleicht sogar unbeabsichtigter Schubser oder ein ungeschicktes Hantieren mit einer Fahnenstange,was bei unübersichtlichen Situationen auf einer Demonstration schon mal vorkommen kann, könnte dann Gefängnis bedeuten.

Das ist kein theoretisches Beispiel. So saß 2012 ein junger Antifaschist mehrere Wochen in Untersuchungshaft[2]. Zunächst wurde ihm versuchter Totschlag vorgeworfen, weil er mit einer Fahnenstange einen Polizisten geschlagen haben soll. Seine Verteidigung verneinte einen Vorsatz.

Kein Sonderrecht für die Polizei

Ende April, als das Gesetz im Bundestag behandelt und verabschiedet wurde, gab es eine Protestaktion von mehreren Bürgerrechtsorganisationen[3], die ein Sonderrecht der Polizei ablehnten. Dazu gehört das Komitee für Grundrechte[4]. Die Argumentation ist schlüssig:

Eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit, eine einfache Körperverletzung, ist gemäß § 223 StGB sanktioniert; weitere Paragraphen regeln den Umgang mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung. In diesen Regelungen des Strafgesetzbuches sind alle Menschen gleichgestellt. Richter können jedoch die besonderen Funktionen des Opfers strafverschärfend berücksichtigen. Ein Sonderrecht für „Amtsträger“ stellt diese dagegen über die normalen Bürger*innen und verletzt die Gleichheit vor dem Gesetz. Es macht die Staatsdiener zu besser geschützten Menschen. Auch Lehrer*innen oder Arbeitskräfte im Sozial- oder Arbeitsamt können von tätlichen Angriffen betroffen sein. Für diese gilt jedoch kein Sonderrecht. Sanktionsmöglichkeiten gibt es jedenfalls auch ohne die Schaffung eines neuen Straftatbestandes.
Grundrechtekomitee[5]

Das Grundrechtekomitee setzt sich auch kritisch mit der immer wieder behaupteten Häufung der Gewalt gegen Polizisten auseinander[6]. Es stellt demgegenüber fest: „Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt (haben) im Vergleich zu 2008 nicht zu-, sondern abgenommen“ und verweist auf die ARD-Monitorsendung vom 09.03. dieses Jahres[7]:

Es wird berichtet, dass in der Statistik vorrangig Bagatelldelikte erfasst werden, bei mehr als zwei Drittel der erfassten Taten ging es um Widerstandshandlungen oder Bedrohungen. Angriffe auf Polizeibeamt*innen werden häufig in alkoholisiertem Zustand ausgeübt. Gilt schon allgemein, dass ein gesetzlich vorgesehenes Strafmaß kaum Auswirkungen auf die Begehung von Straftaten hat, so gilt dies erst recht bei Menschen unter Alkoholeinfluss.
Grundrechtekomitee[8]

Das zeigte sich auch beim diesjährigen 1. Mai in Berlin-Kreuzberg. Bei dem gemeldeten 32 verletzten Polizisten[9] ging es überwiegend um Gehörstörungen durch Böller und andere Vorkommnisse, die wahrscheinlich vor 10 Jahren noch gar nicht in der Statistik aufgetaucht wären.

Unter dem #Maaslosübertrieben[10] wandte sich auch eine Onlinepetition gegen dieses Sonderrecht. Doch die bisher knapp 5.861 Unterschriften zeigen zumindest an, dass es hier um kein Thema geht, das die Massen bewegt. Was auch daran liegen kann, dass dort auch behauptet wird, das Gesetz sei verfassungswidrig, was ja erst das Ergebnis eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts sein kann.

Ein solches Urteil liegt aber noch nicht vor und es ist durchaus denkbar, dass die Richter zu einem anderen Schluss kommen. Es stellt sich hier die Frage, warum denn Kritiker von solchen Gesetzesverschärfungen immer mit juristischen Begriffen wie verfassungswidrig operieren. Reicht es nicht, wenn Gruppen und Einzelpersonen das Gesetz als undemokratisch, freiheitseinschränkend etc. bezeichnen, ganz unabhängig von einem möglichen juristischen Urteil?

Selbst, wenn das Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung kommt, das Gesetz verletze die Verfassung nicht, gäbe es keinen Grund, für die Kritiker ihre Proteste aufzugeben. Man kann auch Freiheitsrechte einfach deshalb verteidigen, weil man sie nutzen will, ohne immer den Eindruck zu hinterlassen, man sei das wandelnde Grundgesetz. Dass hingegen liberale Juristen, wenn sie sich mit dem Gesetz befassen[11] in ihrer Stellungnahme mit Rechtsnormen argumentieren, ist verständlich, verpflichtet aber nicht alle Gegner des Gesetzes zu einer juristischen Argumentation.


Aufklärung von Polizeigewalt erschwert

Kritiker des Gesetzes[12] verweisen darauf, dass die Verschärfungen die Aufklärung von Polizeigewalt erschweren.

Seit Jahren weisen Bürgerrechtsorganisationen auf das Problem häufig folgenlos bleibender rechtswidriger Polizeigewalt hin. Die geringe Anzeigequote gegen rechtswidrig agierende Polizist*innen beruht unter anderem darauf, dass Opfer regelmäßig mit einer Gegenanzeige wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte überzogen werden. Die Strafrechtsverschärfung für dieses Delikt, trägt nun die Gefahr in sich, dass Opfer von Polizeigewalt künftig noch häufiger von Anzeigen absehen werden.
Stellungnahme der Gesetzeskritiker

Nun hat es sich zufällig so ergeben, dass zeitglich mit der Bundesratsentscheidung, die Verschärfung passieren zu lassen, die Taz einen Aufmacher zum Anstieg der Polizeigewalt in Deutschland[13] brachte. Nach Recherchen der taz starben in Deutschland seit 1990 mindestens 269 Menschen durch Polizeischüsse[14].

2016 erreichte die Zahl der Todesfälle laut Zeitung „den höchsten Stand seit 1999: 13 Menschen kamen ums Leben. 2017 scheint sich dieser Trend noch zu verstärken. Fast alle Opfer sind Männer, nur selten haben sie selbst eine Schusswaffe. Und immer häufiger trifft es[15] Menschen mit psychischen Erkrankungen. Der Kriminologe Thomas Feltes forderte in einem Interview eine besondere Schulung der Polizei über den Umgang Menschen in außergewöhnlichen psychischen Situationen.

Wie wäre es aber, wenn ein Gesetz zur Stärkung der Rechte der Bürger vor Polizeigewalt verabschiedet würde und Menschen in psychischen Ausnahmesituationen noch einmal besonders stark geschützt werden? Das wäre eine Initiative, die der Staatsmacht Grenzen setzen würde und die Rechte der Bürger ausweiten. Wäre angesichts steigender Fälle von Polizeigewalt eine solche Initiative nicht dringend notwendig?
Peter Nowak

https://www.heise.de/tp/features/Braucht-die-Polizei-mehr-Schutz-3713406.html
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Links in diesem Artikel:
[1] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811161.pdf
[2] https://linksunten.indymedia.org/de/node/58892
[3] http://www.rav.de/fileadmin/user_upload/rav/pressemitteilungen/250417_PM-KundgebungPolizeischutz.pdf
[4] http://www.grundrechtekomitee.de/node/841
[5] http://www.grundrechtekomitee.de/node/841
[6] http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gewalt-gegen-polizisten-102.html
[7] http://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gewalt-gegen-polizisten-102.html
[8] http://www.grundrechtekomitee.de/node/841
[9] https://www.morgenpost.de/1-mai-berlin/article210438947/72-Festnahmen-32-verletzte-Polizisten-am-1-Mai-in-Berlin.html
[10] https://weact.campact.de/petitions/nein-zum-polizeistaat-stoppt-die-anderungen-der-ss113-und-ss114stgb-2?source=twitter-share-email-button&time=1490858106
[11] http://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/gemeinsame-stellungnahme-zum-gesetzentwurf-drs-1811161-520/
[12] http://www.humanistische-union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/back/aktuelles/article/protest-gegen-geplante-strafrechtsverschaerfung-zum-schutz-von-polizistinnen/
[13] https://taz.atavist.com/polizeitote#chapter-1957584
[14] https://taz.atavist.com/polizeitote#chapter-1957447
[15] https://taz.atavist.com/polizeitote#chapter-2274951

G20-Gegner: Globalisierungskritik ohne Nationalismus

Die Abgrenzung von Attac gegen rechte Globalisierungskritiker setzt einen klaren Akzent, ansonsten dominieren die alten Event-Rezepte

Nun können die Kritiker und Gegner des G20-Gipfels[1], der im Juli nächsten Jahres in Hamburg stattfinden soll, doch noch in den Räumen der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg tagen. Das Hochschulpräsidium wollte zuvor die Räume für die Globalisierungskritiker kündigen, war aber juristisch damit gescheitert[2].

Schon werden von Attac Szenarien vorgestellt, nach denen Demonstranten am 8.Juli die Hamburger Innenstadt füllen sollen. Dabei müssen an diesem Wochenende erst einmal die Widersprüche innerhalb der Protestszene ausgeräumt werden. An einem Punkt dürfte es zumindest keinen Dissens geben. Avancen von rechts werden auch bei den G20-Protesten nicht auf Gegenliebe stoßen.

Kürzlich hat Attac eine Erklärung[3] verabschiedet, in der einer Globalisierungskritik ohne Nationalismus das Wort geredet wird. Die Klarstellung war auch deshalb notwendig geworden, weil rechte und rechtspopulistische Kräfte Auftrieb bekommen, die mit einem Standortnationalismus gegen den Freihandel mobilisieren. Die Wahl von Trump war ein Menetekel.

Wenn er nun tatsächlich Verträge wie TTIP verhindert, ist das Wasser auf die Mühlen nationalistischer Globalisierungskritiker. Mag auch der Kreis der Protestorganisatoren gegen rechte Avancen immun sein, so gilt das längst nicht für alle, die sich in den letzten Jahren an den von ihnen organisierten Protesten beteiligt hatten. So haben die Protestorganisatoren ein Problem, das auch die Linkspartei kennt.

Sie bzw. ihre Vorgängerpartei wurden auch von Menschen gewählt, die sie als Protestpartei wahrnahmen und eben mangels Alternative ihr Kreuz bei den Linksreformisten machten. Das erklärt, warum so viele von ihnen jetzt die AfD wählen. So beteiligten sich auch viele Freihandelsgegner an den von Linken organisierten Demonstrationen, weil es eben keine anderen wahrnehmbaren Akteure auf diesen Gebiet gab.

Das könnte sich mit dem Aufstieg rechter Bewegungen ändern, die noch darauf verweisen können, dass nicht die Linken, sondern Trump TTIP verhindert hätte, wenn er denn in dieser Frage seine Versprechungen einhält.

Interessant könnte es werden, wenn nun die Globalisierungskritiker Anfang Juli die wahrscheinliche Teilnahme von Trump dazu nutzen, um die Massen auf die Straße zu kriegen. Dann soll ausgerechnet jener Politiker, der für eine rechte Globalisierungskritik steht, den linken Globalisierungskritikern als Zugpferd für ihre Proteste dienen. Dabei stellt sich die Frage, welchen Stellenwert dann noch die Globalisierungskritik bei der Mobilisierung hat oder ob es nicht doch eher eine Antifa-Mobilisierung mit etwas globalisierungskritischen Touch sein wird.

Zumal sich ja neben Trump unter den im Juli anreisenden Politikern weitere Personen finden dürften, die sich für eine Antifa-Mobilisierung eignen. Zudem wird es im Juli 2017 Wahlen in Holland gegeben haben, die auch mit einem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Wilders enden könnten, der noch im letzten Jahr als Redner bei Pegida-Kundgebungen aufgetreten ist[4].

Auch in Frankreich finden die Präsidentenwahlen kurz vor dem G20-Gipfel statt. Mit einem Sieg von Le Pen würden die Weichen für die Proteste endgültig auf die Antifa-Schiene geschoben. Doch das Wahlergebnis ist für die Protestbewegung auch dann fatal, wenn Le Pen verliert. Denn ihr Gegenkandidat würde nach den aktuellen Umfragen kein Sozialdemokrat und nicht einmal ein liberaler Konservativer.

Mit Fillon stünde ein ultrakonservativer Traditionalist und Thatcher-Freund in der Stichwahl gegen Le Pen, der bereits angekündigt hat, die Zumutungen gegen die Lohnabhängigen enorm zu verschärfen, damit Frankreich im EU-Rahmen mit Deutschland ökonomisch konkurrieren kann. Er will die von Deutschland ausgehende Austeritätspolitik verschärft umsetzen, gegen die in Frankreich erst vor wenigen Monaten Zugtausende auf die Straßen gingen und gegen die es massive Streiks gab.

Dass ein solcher Kandidat dann von Gewerkschaftern und sozialen Aktivisten gewählt würde, nur um eine sich sozialprotektionistisch gebende Le Pen zu verhindern, glaubt niemand. Käme es zu dieser Konstellation, würde ein Großteil der Menschen sich der Wahl enthalten. Aber auch Le Pen, hätte mit ihrer nationalsozialen Rhetorik gute Chancen. Ein solches Szenario müsste eigentlich ein Weckruf für eine Linke sein, die mit ihren G20-Protesten dabei ist, die viel kritisierte Eventpolitik vergangener Jahrzehnte zu wiederholen.

Wie zu Zeiten von Heiligendamm im Jahr 2007 setzt man 10 Jahre später wieder darauf, Massen zu einem Treffen zu bringen, das für die Mehrheit der Menschen eigentlich völlig irrelevant ist. Die Mehrheit der prekär Beschäftigten und der Erwerbslosen werden die Proteste, wenn überhaupt, über die sozialen Netzwerke mitbekommen. Ihre Lebens- und Arbeitssituation verändert sich mit diesem Gipfel genauso wenig, wie es die Treffen in Heiligendamm, Göteburg, Genua und andere Gipfelorte taten.

Eine Linke, die wieder Relevanz bekommen will, müsste die Proteste und ersten Kämpfe in den neuen prekären Beschäftigungsverhältnissen zur Grundlage ihrer Arbeit machen. Dass sich in Italien Foodora-Beschäftigte in einem Arbeitskampf[5] befinden, kann man in den sozialen Netzwerken[6] erfahren, wird aber viel weniger bekanntgemacht als die neuesten Infos rund um G20.

Dabei ist Foodora auch in Deutschland ein Pionier für prekäre Arbeitsverhältnisse. Dass in der norditalienischen Logistikindustrie migrantische Arbeitskämpfe seit Jahren Arbeitskämpfe auch erfolgreich für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen kämpfen[7], wurde selbst dann in Deutschland nicht bekannter, als am 15. September der Streikposten Abd Elsalam Ahmed Eldanf[8] tödlich verletzt wurde.

Angestoßen durch die Blockupy-Proteste[9] der letzten Jahre gründete sich eine Plattform[10], die sich der Verallgemeinerung solcher transnationalen Arbeitskämpfe widmete. Es ist zu befürchten, dass diese Arbeit in den Mühen der Ebenen durch die Konzentration relevanter Teile der Linken auf den Hamburger Event zu kurz kommt.

Das Blockupy-Netzwerk hat mittlerweile beschlossen, seine Arbeit vorerst einzustellen und alle Kräfte auf den G20-Gipfel zu konzentrieren. Dazu hat sicher auch die geringe Beteiligung an den Berliner Blockupy-Protesten Anfang September beigetragen. Doch da müsste die Frage gestellt werden, ob die Erfolge gewerkschaftlicher und betrieblicher Basisarbeit nicht eher durch Streiks und andere Protestformen am Arbeitsplatz als durch Beteiligung an Demonstrationen gemessen werden.

Mit der Konzentration auf die Proteste in Hamburg hat man sich aber wieder auf die Logik der Massenaufmärsche als Kraftmesser des Erfolgs eingelassen.


Dabei wird es auch zu der Hamburger Mobilisierung wieder zwei völlig konträre Protestlogiken geben. Attac und Co. wollen die Protestszene stärken, um sich dadurch als Vermittler und Verhandler für die Staatsseite besser in Szene setzen zu können.

Je mehr Menschen auf die Straße gehen, desto besser können sie vermitteln, dass es sich hier um relevante Probleme geht, die Instanzen brauchen, die verhandeln und regulieren. Sie bieten sich dann natürlich gleich selber an. Dann gibt es auch noch andere Gruppen im Bündnis, die mit der Logik der Repräsentanz und Verhandlung brechen und die Proteste für Ansätze von Gegenmacht nutzen wollen.

In den Vorbereitungskonferenzen wird dann ausgehandelt, ob und wie diese beiden Logiken zusammengehen und wo die Grenzen sein werden. Dabei werden solche Fragen wie der Termin für die Großdemonstration relevant. Im Vorfeld des G20-Gipfels, wie es Attac und Co präferieren oder während des Gipfels, wie es die Teile des Protestspektrums, die mehr für Konfrontation stehen, vorziehen.

Auch die Kooperation mit dem Staat ist ein alter Streitpunkt bei solchen Konferenzen. Während Attac und viele NGO längst ihren Platz in der Protestecke des G20-Gipfels haben, lehnen andere Gruppen eine solche Form der Lobbyarbeit ab. Es sind auch biographische Fragen dabei zu berücksichtigen.

Viele jüngere Freunde des konfrontativen Protests wechseln mit Abschluss ihrer Ausbildung oder ihres Studiums so ganz langsam in die NGO-Landschaft über, bei der es auch verschiedene Abstufungen der Kritik und des Co-Managements gibt.

Natürlich sind die Staatsapparate dabei keine neutralen Beobachter. Schon mehr als 6 Monate vor Beginn des G20-Gipfels gibt es Streit um das Demonstrationsrecht. Das Komitee für Grundrechte hatte kürzlich in einer Erklärung bedauert[11], dass der rot-grüne Senat sich für eine repressive Linie entschieden hat. Das machen die Menschenrechtler an der Personalie des neuen Polizeipräsidenten fest:

Hartmut Dudde, der unter dem Rechtspopulisten und früheren Innenminister Ronald Schill Karriere gemacht hat, hat in seiner Zeit in der Gesamteinsatzleitung der Bereitschaftspolizei mehrfach Rechtsbrüche begangen. Rechtswidrige Einkesselungen von Versammlungsteilnehmer*innen – so z.B der Kessel in Harlingen beim Castortransport 2010, Verbot von Transparenten aufgrund der Länge, Ingewahrsamnahmen, Auflösung von Versammlungen – immer wieder mussten Gerichte feststellen, dass die Polizei Hamburg unter Leitung von Hartmut Dudde gegen das Versammlungsrecht und die Grundrechte der Bürger*innen verstoßen hat[12].

Komitee für Grundrechte

Als weitere Zeichen für eine Eskalation gegenüber den nicht konsensorientierten Teil der G20-Protestbewegung bewertet das Komitee für Grundrechte die Aufrüstung der Polizei und den Ausbau der Untersuchungsgefängnisse. Doch, wenn es um die Einschränkung von Grundrechten gegen radikale Teile der Protestbewegung geht, braucht man gar nicht bis zum G20-Gipfel zu warten.

In der kommenden Woche plant ein kleines antiimperialistisches Protestbündnis eine Demonstration gegen das in Hamburg tagende OSZE-Treffen. Das Hamburger Abendblatt sieht die Einkaufsfreiheit in Gefahr[13] und stellte sich auf die Seite der um das Weihnachtsgeschäft besorgten Händler.

Dass das Blatt noch Angaben über die politische Vita und den Wohnort des Demoanmelders bekannt gab, ist ein eindeutiger Verstoß gegen den Datenschutz und eine Einschüchterung von potentiellen Teilnehmern und Anmeldern solcher Demonstrationen.

https://www.heise.de/tp/features/G20-Gegner-Globalisierungskritik-ohne-Nationalismus-3549554.html

Peter Nowak


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Links in diesem Artikel:
[1] https://www.g20hamburg.org/de/node
[2] http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/hamburger-senat-muss-raum-fuer-g20-aktionskonferenz-zur-verfuegung-stellen/
[3] http://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/-0f177611f2/
[4] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-geert-wilders-bei-kundgebung-in-dresden-a-1028335.html
[5] https://strugglesinitaly.wordpress.com/2016/10/30/foodora-strikes-in-italy-the-dark-side-of-the-sharing-economy/
[6] https://www.facebook.com/notes/deliverance-project/international-news-release-an-extensive-call-to-all-riders-of-europe/1301332033220753
[7] http://de.labournet.tv/die-angst-wegschmeissen
[8] http://de.labournet.tv/node/7064
[9] https://blockupy.org
[10] http://www.transnational-strike.info/
[11] http://www.grundrechtekomitee.de/node/824
[12] https://kleineanfragen.de/hamburg/21/62-eskalationen-und-rechtsver
[13] http://www.abendblatt.de/hamburg/article208735847/OSZE-Gipfel-in-Hamburg-Haendler-in-Sorge-um-ihre-Laeden.html

Keine Rente für Knackis

Strafgefangene in Deutschland müssen hinter Gittern arbeiten. Einen Rentenversicherungsanspruch erhalten sie dadurch jedoch nicht. Eine Gefangenengewerkschaft will das ändern.

Angesichts von Niedriglöhnen und prekären Arbeitsverhältnissen droht vielen Menschen die Altersarmut. In einer Gesellschaft, in der viele Menschen von der Lohnarbeit nicht mehr leben können, reicht auch die Rente allerhöchstens zum Sterben. Tausenden Menschen, die oft über Jahre gearbeitet haben, ist schon heute die Altersarmut sicher. Es handelt sich um Strafgefangene. Sie werden noch immer nicht in die Rentenversicherung einbezogen. Dabei sah das 1977 von der damaligen sozialliberalen Koalition beschlossene Strafvollzugsgesetz genau das ausdrücklich vor. Doch bis heute wurde dieses Gesetz nicht erlassen. Die Bundesregierung hat bereits 2011 die Gründe klar benannt: »Die aufgeschobene Inkraftsetzung der Regelungen im Strafvollzugsgesetz beruht im Wesentlichen auf finanziellen Vorbehalten der Bundesländer, welche die Beiträge zur Sozialversicherung übernehmen müssten. Die Vorbehalte bestehen unverändert.«

Das zeigte sich erneut, als sich vor zwei Wochen die Justizminister der Länder zu ihrer turnusmäßigen Herbstkonferenz in Berlin trafen. Mit einer Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung befassten sich die Minister nicht. »Es ist skandalös, wie schleppend das grundrechtliche Anliegen der arbeitenden Strafgefangenen, in das Rentensystem einbezogen zu werden, behandelt wird«, so Martin Singe von der »Arbeitsgruppe Strafvollzug« im »Komitee für Grundrechte und Demokratie«. Die Organisation setzt sich seit Jahren für die Rechte von Gefangenen ein.

Bereits vor einigen Monaten richtete das Komitee an sämtliche Länderjustizminister ein Schreiben, in der die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung angemahnt wird. Aus den Antwortbriefen wird deutlich, dass es sowohl bei CDU und CSU als auch bei der SPD noch immer entschiedene Gegner dieser sozialen Gleichbehandlung gibt. Zu denen gehört auch die Justizministerin von Schleswig-Holstein, Anke Spoorendonk. Die Politikerin des Südschleswigschen Wählerverbands (SSW), der Partei der dänischen Minderheit, die gemeinsam mit SPD und Grünen in dem Bundesland regiert, behauptet in dem Schreiben an das Grundrechtekomitee, eine Einbeziehung in die Rentenversicherung würde für die meisten Gefangenen keine Auswirkungen auf die Reintegration in die Gesellschaft haben. Wenn es doch welche gäbe, seien die Gefangenen selber schuld, so die Logik der Ministerin. Soweit es tatsächlich zu finanziellen Auswirkungen durch die Nichteinbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung komme, handle es sich »um eine Folge einer vorangegangenen eigenverantwortlichen – wenn auch strafrechtlich sanktionierten – Lebensführung der Strafgefangenen«, welche dem Betroffenen und nicht dem Staat zuzurechnen sei, schrieb Spoorendonk.

Auch das von SPD und Grünen regierte Rheinland-Pfalz gehört weiterhin zu den Gegnern einer Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung. Dabei verschweigt das zuständige Ministerium die Gründe nicht, mit denen die Altersarmut von Tausenden von Menschen in Kauf genommen wird. »Nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Justiz würde eine solche Rentenversicherungspflicht nicht zu einer wirkungsvollen Verbesserung der sozialen Absicherung führen. Im Gegenzug würde das Land Rheinland-Pfalz jedoch zur Finanzierung der Rentenversicherungsbeiträge mit entsprechenden Kosten belastet werden.«

Eine solch ignorante Haltung können sich die Politiker auch deshalb leisten, weil es bis auf das Grundrechtekomitee kaum Gruppen gibt, die sich für gleiche soziale Rechte für Gefangene einsetzen. Das war in den siebziger Jahren noch anders. Damals galt auch unter Juristen und Kriminologen die Devise »Resozialisierung statt Strafe«, auf breiter Front wurden soziale Rechte für Strafgefangene gefordert. Im Jahr 1975 gab es in Bielefeld eine Tagung unter dem Titel »Die Gewerkschaften und die soziale und ökonomische Situation der Strafgefangenen und Entlassenen«. Die auf der Konferenz gehaltenen Reden finden sich in dem von Klaus Lüdersen, Karl F. Schumann und Manfred Weis im Suhrkamp-Verlag herausgegebenen Band »Gewerkschaften und Strafvollzug«, der nur noch antiquarisch erhältlich ist.

40 Jahre nach der Tagung hat sich eine Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation (GG/BO) gegründet, deren zentrale Forderungen die Einbeziehung der Strafgefangenen in die Rentenversicherung und in den Mindestlohn sind (Jungle World 2/2015 und 21/2015). Diese Forderungen artikulierte die GG/BO auch am Rande der Justizministerkonferenz vor zwei Wochen. Es müsse endlich Schluss sein mit den »vorwilhelminischen Arbeitsverhältnissen« mitten in Deutschland, erklärte GG/BO-Sprecher Oliver Rast.

Die Umsetzung einer bereits vor 38 Jahren im Bundestag beschlossenen Regelung wird auch von dem Engagement der Betroffenen abhängen. Die GG/BO wächst schnell, sie hat bereits über 800 Mitglieder. Dabei beschränken sich die Kollegen hinter Gittern nicht auf die Mitgliedschaft. In der JVA Butzbach haben Gewerkschaftsmitglieder eine Petition unter dem Motto »Volle Gewerkschaftsfreiheit hinter Gittern« verfasst. Neben der Einbeziehung in die Rentenversicherung und dem Mindestlohn fordern sie die Abschaffung des Arbeitszwangs im Gefängnis. Sollte die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bis zum 1. Dezember nicht zu Verhandlungen bereit sein, wollen mehrere Gewerkschaftsmitglieder in der JVA Butzbach für diese Forderung in den Hungerstreik treten.

http://jungle-world.com/artikel/2015/48/53061.html

Peter Nowak

Strafgefangene verdienen eine Rente

LINKE erinnert mit Antrag an Ankündigung von 1976

»Wiedereingliederung fördern – Gefangene in Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einbeziehen«. So ist ein Antrag überschrieben, den die Fraktion der Linkspartei am 18. Dezember in den Bundestag einbringen will. »Bis heute unterliegen Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in der Bundesrepublik Deutschland einer gesetzlichen Arbeitspflicht. Ihre Arbeitstätigkeit wird aber nicht im gleichen Maße sozialrechtlich geschützt wie Arbeit außerhalb der Haft«, heißt es zur Begründung. Dabei wurde bereits in dem 1976 vom Bundestag beschlossenen Strafvollzugsgesetz die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung angekündigt. Als Bemessungsgröße waren 90 Prozent des Durchschnittslohnes aller Versicherten angegeben. Das versprochene Bundesgesetz wurde jedoch bis heute nicht erlassen.

Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie nennt die Verweigerungshaltung einen politischen Skandal. Das Komitee hatte 2011 eine Internetpetition mit der Forderung initiiert, die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung endlich umzusetzen. Über die Hälfte der 5770 Unterzeichner waren selbst Strafgefangene. Damit wurde deutlich, dass die Forderung in großen Teilen der Öffentlichkeit ignoriert wird, während es für die Betroffene eine große Dringlichkeit besitzt. »Viele vor allem Langzeitgefangene werden in die Altersarmut entlassen, auch wenn sie jahrelang im Gefängnis gearbeitet haben«, berichtet der Gefangenenbeauftragte des Grundrechtekomitees Christian Herrgesell. Viele Briefe, die das Komitee täglich aus den Knästen erreichen, drehen sich um dieses Thema. Mehrere Gefangene versuchten erfolglos, auf dem Klageweg ihre Einbeziehung in die Rentenversicherung zu erreichen. Die Gerichte wiesen die Klagen mit der Begründung ab, dass die 1976 formulierte Selbstverpflichtung nicht einklagbar sei.

»Ich werde doppelt bestraft«, sagt Joachim L. gegenüber nd. Er saß fast zehn Jahre in verschiedenen Gefängnissen und ist jetzt im Rentenalter. »Ich habe im Knast täglich acht Stunden gearbeitet. Doch für die Rentenversicherung spielt das keine Rolle. Jetzt musste ich Grundsicherung beantragen«. Dabei wollte der Gesetzgeber eine solche Doppelbestrafung 1976 ausschließen, als er die Rentenversicherung für Gefangene ankündigte. »Es ist nicht gerechtfertigt, neben den notwendigen Einschränkungen, die der Freiheitsentzug unvermeidbar mit sich bringt, weitere vermeidbare wirtschaftliche Einbußen zuzufügen«, hieß es damals. Oliver Rast, der Mitbegründer der im Mai 2014 gegründeten Gefangenengewerkschaft, hält die Einbeziehung der Häftlinge in die Rentenversicherung für überfällig, aber nicht für ausreichend. »Es muss auch der Mindestlohn für Gefangene her.« Rast verweist auf die zunehmenden Gewinne durch Gefangenenarbeit, die weitgehend ausgeblendet werden. Mit diesen Forderungen wurde die Gefangenengewerkschaft in den Knästen populär. Innerhalb weniger Wochen schlossen sich ihr bundesweit mehr als 350 Gefangene an.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/955907.strafgefangene-verdienen-eine-rente.html

Peter Nowak

Gewerkschaft hinter Gittern

In der Berliner JVA Tegel begann eine Organisierung von Gefangenen – weitere Haftanstalten werden folgen

Arbeitsbedingungen, Löhne und die Rente sind auch im Knast ein Thema. Gefangene beginnen nun, sich gewerkschaftlich zu organisieren, um sich Gehör zu verschaffen.

Eine Initiative, die Schule macht: Vor knapp zwei Monaten haben Häftlinge in der Berliner JVA Tegel eine Gefangenengewerkschaft gegründet. Ein Mindestlohn und die Einbeziehung der Häftlinge in die Rentenversicherung sind die beiden zentralen Forderungen. Innerhalb weniger Tage hatten mehr als 150 Häftlinge in der JVA Tegel die Gründungserklärung unterschrieben. Nun laufen in den Haftanstalten Plötzensee, Willich und Aschaffenburg ebenfalls Vorbereitungen für eine Gewerkschaftsgründung. »Wir gehen davon aus, dass in weiteren Knästen eine unabhängige Inhaftiertenorganisierung im Rahmen der Gefangengewerkschaft möglich ist«, erklärt Gewerkschaftsmitbegründer Oliver Rast. Er ist von den Reaktionen positiv überrascht: »Es übersteigt unsere Erwartungen, dass es in so kurzer Zeit gelungen ist, unsere kleine Projektidee einer Gefangenengewerkschaft über die JVA Tegel hinaus auszudehnen«, betonte er.

Für den Gefangenbeauftragten des Komitees für Grundrechte und Demokratie Christian Herrgesell ist dieses große Interesse an einer Interessenvertretung im Gefängnis keine Überraschung. »Ich erhalte häufig Briefe von Gefangenen, die über schlechte Arbeitsbedingungen, miese Löhne sowie die fehlende Einbeziehung in die Rentenversicherung klagen«, betont der Gefangenenbeauftragte. »Der Rentenanspruch von Menschen, die mehrere Jahre in Haft waren, verringert sich drastisch, nach acht bis zehn Jahren gibt es in der Regel kaum noch Hoffnung für ein Auskommen über Hartz-IV-Niveau. Vor allem bei der Entlassung älterer Menschen ist das ein immenses Problem«, betont Herrgesell.

Davon sind auch Menschen betroffen, die in DDR-Gefängnissen inhaftiert waren. Dort waren Gefangene in das Rentensystem integriert. Seit dem BRD-Anschluss wird auch ihnen die Zahlung der Rente verweigert. Dabei gibt es auch in der BRD seit 1976 die gesetzliche Grundlage für die Einbeziehung von Häftlingen in die Rentenversicherung. Doch passiert ist bisher nichts. Eine vom Komitee für Grundrechte initiierte Petition, die von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützt wird, ist in die parlamentarische Ausschüsse verwiesen worden.

Eine Gefangenengewerkschaft könnte sowohl beim Mindestlohn als auch beim Thema Rentenversicherung Druck machen. Daher gibt es mittlerweile starken Widerspruch gegen diese Initiative. So erklärte ein Beauftragter des Berliner Justizsenats als Antwort auf eine Kleine Anfrage von Klaus Lederer, der für die Linkspartei im Abgeordnetenhaus sitzt: »Der Senat beabsichtigt nicht, Insassen der Justizvollzugsanstalten entsprechend einem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.« Die Arbeit und Entlohnung sei nicht mit der Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt vergleichbar, lautet die Begründung. Als Antwort auf eine Kleine Anfrage des Mitglieds des Berliner Abgeordnetenhauses Dirk Behrendt (Grüne) bestreitet der Sprecher des Berliner Justizsenats den Gefangenen auch die Gewerkschaftsfreiheit, weil kein Arbeitnehmerverhältnis bestehe. In Köln wurde eine Radiosendung zum Thema Gefangenengewerkschaft in dem Webprojekt »Radio Köln« mit der Begründung abgesetzt, es müsse geprüft werden, ob in dem Beitrag gegen Gesetze verstoßen werde.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/938673.gewerkschaft-hinter-gittern.html

Peter Nowak

Das Demonstrationsrecht beginnt auf der Straße

Die Pflicht zur Anmeldung einer Demonstration kennt das Grundgesetz nicht
Linke Demonstrationen sind in Berlin-Kreuzberg Alltag. Doch der Aufzug von rund 1000 Menschen, der am vergangenen Sonnabend an den vor zehn Jahren in Genua von der italienischen Polizei erschossenen Globalisierungskritiker Carlo Giuliani erinnern sollte, fiel aus dem Rahmen. Er war bei der Polizei nicht angemeldet worden. Man werde nicht diejenigen um Erlaubnis fragen, die direkt oder indirekt am Tod Giulianis verantwortlich sind, erklärten die anonymen Organisatoren der Demonstration via E-Mail.

Es war nicht das erste Mal in Berlin, frühere Versuche endeten allerdings schnell im Polizeikessel, etwa eine Demonstration nach der Räumung des linken Hausprojekt in der Liebigstraße im Februar. Von rund 150 Teilnehmern wurden die Personalien aufgenommen. Eine nicht angemeldete Solidaritätsdemo für die Proteste in Griechenland in Berlin fiel aus, nachdem sich kein Anmelder fand und die Polizei die Demonstration nicht laufen lassen wollte.

Wegen dieser Unwägbarkeiten ist die Regel, dass auch linksradikale Demonstrationen gegen Staat und Polizei bei eben jenen angemeldet werden. Dazu gehört auch die »Revolutionäre 1. Mai-Demo« in Kreuzberg, für die es oft nicht einfach ist, einen Anmelder zu finden. Nachdem in diesem Jahr der Name des Anmelders gegen den Willen der Veranstalter in der Presse auftauchte, trat er von der Funktion zurück. Darauf ließ das Demobündnis einige Tagen offen, ob ein neuer Anmelder benannt wird. Das tat es dann allerdings doch, und so war am 1. Mai 2011, wie bei allen vorherigen linksradikalen Mai-Demos, dem Versammlungsgesetz Genüge getan.

Das wird allerdings nicht überall so praktiziert. »Unangemeldete Demonstrationen der linken Szene – in Freiburg sind sie fast schon Normalität«, schrieb kürzlich die »Badische Zeitung«. Selbst ein Sprecher der Freiburger Polizei scheint sich damit abgefunden haben. »Überall in Deutschland werden Demonstrationen angemeldet, nur in Freiburg nicht«, erklärte er der Zeitung.

Damit liegt er allerdings falsch. Auch in Wuppertal meldet die linke Szene Demonstrationen oft bewusst nicht an. Hamburger Antifagruppen organisierten Mitte Juli eine unangemeldete Demonstration gegen Nazigewalt. In Göttingen wurde der Ordnungsbehörde statt einer Anmeldung viele Jahre lediglich ein Flugblatt mit den Demodaten zugestellt. Schließlich dient die Anmeldung vor allem dazu, dass sich die Polizei vorbereiten und beispielsweise den Verkehr umleiten kann.

Anders als die Berliner Demonstrationsaufrufer begründen die Freiburger Aktivisten die Nichtanmeldung bürgerrechtlich. Die Weigerung sei eine Reaktion darauf, dass die Verantwortlichen für Demonstrationen oft Repressalien der Polizei erfahren.

Dieses Argument kann Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie gut nachvollziehen. Sie beklagt die zunehmende Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Dazu gehören Auflagen, die Ablehnung von Anmeldern und die Verweigerung von Demorouten.

Die Verpflichtung zur Anmeldung einer Demonstration ist lediglich im Versammlungsrecht geregelt, im Grundgesetz steht davon kein Wort. »Auch unangemeldete Demonstrationen stehen unter dem Schutz des Versammlungsrechts und eine fehlende Anmeldung ist weder ein Auflösungsgrund, noch können Teilnehmer deswegen strafrechtlich belangt werden«, betont Steven gegenüber ND. Das Komitee für Grundrechte wird sich auf seiner Jahrestagung im September mit dem Thema befassen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/202453.das-demonstrationsrecht-beginnt-auf-der-strasse.html

Peter Nowak

Elektronische Gesundheitskarte durch die Hintertür?

Gegner der Gesundheitskarte fürchten, dass die Karte über das „Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“ eingeführt werden könnte
Das Komitee für Grundrechte schlägt Alarm. Es befürchtet, dass die gesetzlichen Regelungen für die umstrittene elektronische Gesundheitskarte klammheimlich verabschiedet werden. Seit mehreren Jahren ist die Einführung dieser Gesundheitskarte in der Diskussion. Schon im Herbst 2006 sollte es soweit sein. Doch vor allem der Unmut in der Bevölkerung sowie technische Probleme haben ihre Einführung bisher verhindert.

Der Widerstand ist in der letzten Zeit noch gewachsen. Neben datenrechtlichen Gründen argumentieren die Kritiker in letzter Zeit auch mit den hohen Kosten gegen die Gesundheitskarte. Auch der 113. Deutsche Ärztetag hat sich vor wenigen Wochen mehrheitlich dagegen positioniert. Jetzt befürchten die Gegner der Gesundheitskarte, dass das Objekt ihres Protestes durch einem Nebenantrag wieder in die Diskussion gebracht wird.

So heißt es in einem Offenen Brief der Kritiker vom 17.Juni:

„Noch in dieser Woche soll auf Antrag von CDU und FDP ein Gesetz erlassen werden, welches die Arzt- und Zahnarztpraxen in Außenstellen der Kassen verwandelt. Künftig sollen die Praxen die ‚Identitäten‘ der Patienten über ein zentrales Datennetz prüfen und nur nach erfolgter zeitintensiver Prüfung und Rückmeldung Patienten behandeln dürfen.“

Das Gesetz, das am 18. Juni im Bundestag behandelt wird, trägt den unverfänglichen Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften“. Bisher ist in dem Gesetz nicht vorgesehen, dass die „Stammdaten“ der Patienten beim Arztbesuch online mit den bei den Krankenkassen gespeicherten Daten abgeglichen werden. Durch einen Änderungsantrag, der nach Angaben des Komitees für Grundrechte erst am 16. Juni im Ausschuss für Gesundheit“ beraten wurde, soll eine neue Regelung zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in das Gesetz eingefügt werden.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147850

Peter Nowak