Rückenwind für die Streikenden

Gewerkschafterin Mechthild Middeke über Solidarität mit den Amazon-Beschäftigten

Mechthild Middeke ist Gewerkschaftssekretärin bei ver.di-Nordhessen. Mit der Streikleiterin bei Amazon sprach Peter Nowak über Solidarität mit den Amazon-Beschäftigten.

nd: Warum hatte ver.di den Amazon-Streik am Sonntag ausgesetzt und dann die Fortsetzung bis zum 24. Dezember beschlossen?
Middecke: Die Fortsetzung des Streiks bis zum 24. Dezember wurde am Freitag beschlossen. Wir haben den Streik am Sonntag nicht ausgesetzt. Das wurde in den Medien teilweise falsch dargestellt. Der Sonntag ist kein regulärer Arbeitstag. Deshalb wurde an diesem Tag auch nicht gestreikt.

Wehrt sich Ihre Gewerkschaft aber nicht auch gegen die Einführung der Sonntagsarbeit bei Amazon?
Ver.di hat am Freitag vor den Verwaltungsgerichten Kassel und Leipzig Klage gegen die vom Regierungspräsidium Kassel und der Landesdirektion Sachsen für die Standorte Bad Hersfeld und Leipzig bewilligte Sonntagsarbeit am 21. Dezember eingereicht. Die eingereichte Klage entfaltet eigentlich umgehend aufschiebende Wirkung. Da die Klagen den zuständigen Behörden allerdings nicht rechtzeitig zugestellt wurden, konnte diese aufschiebende Wirkung nicht in Kraft treten.

Wie ist die Stimmung bei den Beschäftigten, nachdem der Streik bis Weihnachten fortgesetzt wird?
Die letzten Streiktage haben den Beschäftigten Rückenwind gegeben. Besonders erfreut reagiert haben die Beschäftigten, dass am Montag mit Koblenz ein weiterer Amazon-Standort in den Streik getreten ist. Zudem hat die Nachricht, dass auch bei drei Amazon-Standorten in Frankreich seit Montag bis zum 24. Dezember gestreikt wird, die Stimmung unserer Kollegen gehoben.

Geht es bei den Streiks in Frankreich um ähnliche Forderungen wie in Deutschland?
Es geht bei dem Streik in Frankreich um die Verbesserung der Löhne und um die Festanstellung der bisher prekär beschäftigten Arbeitskräfte sowie um die Erhöhung der Pausenzeiten und um einen besseren Gesundheitsschutz. Das sind Themen, die auch die Kollegen bei Amazon in Deutschland beschäftigen.

Wie wurden die verschiedenen Solidaritätsaktionen von außerparlamentarischen Initiativen für den Amazon-Streik in der letzten Woche von den Kollegen aufgenommen?
Wir stehen in Bad Hersfeld schon länger in Kontakt mit einem Kasseler Solidaritätsbündnis. Am letzten Mittwoch besuchte uns die Gewerkschaftsjugend aus Frankfurt am Main. Am Donnerstag waren zudem Mitglieder eines größeren außerparlamentarischen linken Bündnisses vor Ort. Diese Unterstützungsaktionen werden von den Kollegen überwiegend positiv gesehen. Es gab aber auch manche, die vor Instrumentalisierung durch Gruppen von Außen warnen.

Sind Auswirkungen der Streikaktionen auf den Versandhandel feststellbar?
Da die Bestellungen zentral erfolgen und Amazon auch Standorte in Polen hat, können wir die Folgen nicht genau benennen. Was wir aber feststellen, ist, dass Amazon viel Geld ausgibt, um die zeitnahe Erledigung der Aufträge trotz des Streiks zu ermöglichen.

Wird der Streik nach Weihnachten fortgesetzt?
Nein, am 24. Dezember ist definitiv der letzte Streiktag bei Amazon in diesem Jahr. Das ist auch wegen der Zulagen der Beschäftigten notwendig. Wie es mit dem Arbeitskampf weitergeht, werden wir gemeinsam mit den Beschäftigten im nächsten Jahr entscheiden. Davor werden wir ausführlich die aktuellen Streiks auswerten.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/956352.rueckenwind-fuer-die-streikenden.html

Interview: Peter Nowak

Strafgefangene verdienen eine Rente

LINKE erinnert mit Antrag an Ankündigung von 1976

»Wiedereingliederung fördern – Gefangene in Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einbeziehen«. So ist ein Antrag überschrieben, den die Fraktion der Linkspartei am 18. Dezember in den Bundestag einbringen will. »Bis heute unterliegen Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in der Bundesrepublik Deutschland einer gesetzlichen Arbeitspflicht. Ihre Arbeitstätigkeit wird aber nicht im gleichen Maße sozialrechtlich geschützt wie Arbeit außerhalb der Haft«, heißt es zur Begründung. Dabei wurde bereits in dem 1976 vom Bundestag beschlossenen Strafvollzugsgesetz die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung angekündigt. Als Bemessungsgröße waren 90 Prozent des Durchschnittslohnes aller Versicherten angegeben. Das versprochene Bundesgesetz wurde jedoch bis heute nicht erlassen.

Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie nennt die Verweigerungshaltung einen politischen Skandal. Das Komitee hatte 2011 eine Internetpetition mit der Forderung initiiert, die Einbeziehung der Gefangenen in die Rentenversicherung endlich umzusetzen. Über die Hälfte der 5770 Unterzeichner waren selbst Strafgefangene. Damit wurde deutlich, dass die Forderung in großen Teilen der Öffentlichkeit ignoriert wird, während es für die Betroffene eine große Dringlichkeit besitzt. »Viele vor allem Langzeitgefangene werden in die Altersarmut entlassen, auch wenn sie jahrelang im Gefängnis gearbeitet haben«, berichtet der Gefangenenbeauftragte des Grundrechtekomitees Christian Herrgesell. Viele Briefe, die das Komitee täglich aus den Knästen erreichen, drehen sich um dieses Thema. Mehrere Gefangene versuchten erfolglos, auf dem Klageweg ihre Einbeziehung in die Rentenversicherung zu erreichen. Die Gerichte wiesen die Klagen mit der Begründung ab, dass die 1976 formulierte Selbstverpflichtung nicht einklagbar sei.

»Ich werde doppelt bestraft«, sagt Joachim L. gegenüber nd. Er saß fast zehn Jahre in verschiedenen Gefängnissen und ist jetzt im Rentenalter. »Ich habe im Knast täglich acht Stunden gearbeitet. Doch für die Rentenversicherung spielt das keine Rolle. Jetzt musste ich Grundsicherung beantragen«. Dabei wollte der Gesetzgeber eine solche Doppelbestrafung 1976 ausschließen, als er die Rentenversicherung für Gefangene ankündigte. »Es ist nicht gerechtfertigt, neben den notwendigen Einschränkungen, die der Freiheitsentzug unvermeidbar mit sich bringt, weitere vermeidbare wirtschaftliche Einbußen zuzufügen«, hieß es damals. Oliver Rast, der Mitbegründer der im Mai 2014 gegründeten Gefangenengewerkschaft, hält die Einbeziehung der Häftlinge in die Rentenversicherung für überfällig, aber nicht für ausreichend. »Es muss auch der Mindestlohn für Gefangene her.« Rast verweist auf die zunehmenden Gewinne durch Gefangenenarbeit, die weitgehend ausgeblendet werden. Mit diesen Forderungen wurde die Gefangenengewerkschaft in den Knästen populär. Innerhalb weniger Wochen schlossen sich ihr bundesweit mehr als 350 Gefangene an.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/955907.strafgefangene-verdienen-eine-rente.html

Peter Nowak

Kollegen aus Lampedusa

Die Solidarität mit Flüchtlingen ist in DGB-Gewerkschaften nicht selbstverständlich. Linke Gewerkschafter wollen das ändern.

»Refugees welcome« stand auf ihren T-Shirts und Plakaten. So bekundeten junge Gewerkschaftsmitglieder Anfang Dezember auf dem Jugendforum der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen ihre Meinung. Dass diese auch in den DGB-Gewerkschaften nicht überall geteilt wird, hatten Geflüchtete Anfang Oktober selbst erfahren. »Wir haben die Zentrale des DGB-Landesbezirks Berlin-Brandenburg besetzt, weil wir Solidarität erwarteten. Doch wir wurden geräumt. Zahlreiche unserer Freunde wurden dabei verletzt. Wir saßen stundenlang in Polizeihaft und jetzt erwarten uns Anklagen wegen Hausfriedensbruchs.«

So schilderte ein Mitglied der Besetzergruppe auf einer Veranstaltung in Berlin Anfang Dezember die Erfahrungen mit der DGB-Bürokratie. Diese sei gar nicht träge gewesen, als es darum ging, mit den Vorständen sämtlicher Einzelgewerkschaften den Räumungsbeschluss abzustimmen. Die Forderung der Geflüchteten, den Kontakt mit den Einzelgewerkschaften herzustellen, um sich deren Unterstützung zu versichern, sei angeblich aus organisatorischen Gründen nicht zu erfüllen gewesen. Dass der Geflüchtete aus der Besetzergruppe seine Erfahrungen im großen Saal der Berliner IG Metall vortragen konnte, zeigt allerdings auch, dass nach der Räumung in den DGB-Gewerkschaften die Auseinandersetzungen über die Flüchtlingspolitik zugenommen haben.

In Berlin hatte sich im September auf Initiative des an der Basis arbeitenden Zusammenschlusses »Verdi aktiv« eine Gruppe linker Gewerkschafter für die stärkere Unterstützung der Kämpfe von Geflüchteten eingesetzt. Doch erst nach der Räumung der DGB-Zentrale bekam die Initiative größeren Zuspruch. Die Veranstaltung Anfang Dezember war ihr erster öffentlicher Auftritt.

»Ich bin Flüchtling und Verdi-Mitglied«, sagte auch der zweite Redner der Veranstaltung. Asuquo Udo ist in Nigeria geboren und hat jahrelang in Libyen den Lebensunterhalt für sich und seine Familie verdient. »Der Nato-Krieg hat mich zur Flucht gezwungen«, fügt er hinzu. Über Italien kam er nach Hamburg, wo er sich in der Flüchtlingsselbstorganisation »Lampedusa Hamburg« engagierte. »Wir haben deutlich gemacht, dass wir Teil der Gesellschaft sind«, so Udo. Daher waren er und seine Mitstreiter erfreut, dass der Hamburger Verdi-Sekretär Peter Bremme den Flüchtlingen die Mitgliedschaft auch gegen den Widerstand des Verdi-Vorstands anbot. Auf der Website von »Lampedusa-Hamburg« ist neben den Mitgliedern der Beruf vermerkt, den sie vor der Flucht ausgeübt haben. Für Udo ist das sehr wichtig. »Es zeigte uns nicht als hilfsbedürftige Flüchtlinge, sondern als Kollegen.«

Für die Initiatoren der Berliner Veranstaltung hat die Forderung nach einer Gewerkschaftsmitgliedschaft von Geflüchteten eine antirassistische Komponente. Anna Basten vom Arbeitskreis »Undokumentierte Arbeit«, der Menschen ohne Papiere bei der Durchsetzung ihrer Arbeitsrechte unterstützt, sagt, dass Anträge für den Verdi-Bundeskongress im nächsten Jahr vorbereitet werden, die eine Gewerkschaft von Geflüchteten fordern. Wie die Gewerkschaftsvorstände reagieren werden, ist nicht absehbar. Der Berliner Veranstaltung blieben sie fern. Roland Tremper vom Berliner Verdi-Vorstand hatte zugesagt, nachdem der Termin eigens seinem Kalender angepasst worden war, kam aber trotzdem nicht.

Vielleicht diskutieren manche Verdi-Mitglieder ohnehin lieber über andere Dinge, wenn es um Migration geht. Im Verdi-Bildungszentrum Haus Brannenburg wird ein Seminar mit dem Titel »Der europäische Traum zwischen Migration, Integration und Wertekonsens« angeboten. Der Ankündigung zufolge soll über »Zuwanderungsformen, die Akzeptanzprobleme sowie soziale und kulturelle Verwerfungen« diskutiert werden.

http://jungle-world.com/artikel/2014/50/51080.html

Peter Nowak

„Così non va“

Viktor Agartz

Kalenderblatt

Nach seinem Tod war er recht bald vergessen. Erst in den letzten Jahren setzten sich gewerkschaftliche Initiativen für seine Rehabilitierung ein. Von einer Rückkehr des Viktor Agartz, wie der Titel einer Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung lautete, kann allerdings nicht geredet werden. Am 9. Dezember jährte sich zum 50. Mal sein Todestag.

Der 1887 in Remscheid geborene marxistische Nationalökonom war während der NS-Zeit in die innere Immigration abgetaucht; er arbeitete als Wirtschaftsprüfer bei der Rheinisch Westfälischen Treuhand AG. Seine große Stunde schlug 1945. Er wurde SPD-Mitglied und im Mai 1946 Generalsekretär des Wirtschaftsrates der britischen Zone. Bereits im Frühjahr 1947 gab er das Amt aus angeblich gesundheitlichen Gründen wieder ab. Sein Nachfolger Ludwig Erhardt nutzte den Posten für seinen Einstieg in die Politik. Die beiden Männer wurden auf wirtschafts- und gesellschaftspolitischem Gebiet erbitterte Kontrahenten. Während Erhardt den Kapitalismus unter dem Label soziale Marktwirtschaft restaurieren wollte, wurde Agartz zu einem wichtigen Theoretiker des linken Gewerkschaftsflügels. Als Leiter des vom DGB gegründeten Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts (WWI) avancierte er zum Exponenten einer sozialistischen Wirtschaftsdemokratie. Mitbestimmungskonzepte wie sie der rechte Flügel von DGB und SPD favorisierte, lehnte Agartz als Mitverwaltung des Kapitalismus ab.

Auf dem DGB-Kongress im Oktober 1954 wurde sein Grundsatzreferat, in dem er sich scharf gegen restaurative Tendenzen in der Bundesrepublik wandte, mit stürmischem Applaus bedacht. Seine klare linke Position war jedoch bei der SPD-Führung, die sich bereits auf den Weg nach Godesberg machte, nicht mehr gefragt, ebenso wenig beim DGB-Vorstand. Agartz verlor sein Amt, auch weil er im tiefsten Kalten Krieg nicht bereit war, die Kontakte zum ostdeutschen FDGB abzubrechen. Trotz starker Kritik an der autoritären DDR sah er FDGB und SED als Teil der deutschen Arbeiterbewegung an, mit der eine Kooperation möglich und notwendig sei. Im März 1957 wurde er wegen landesverräterischer Kontakte zur DDR angeklagt. Obwohl aus Mangel an Beweisen freigesprochen, blieb er für die bundesdeutsche Öffentlichkeit stigmatisiert. Agartz engagierte sich hernach in der kleinen linkssozialistischen Opposition der Bundesrepublik, zog sich aber dann, als jegliche Erfolge ausblieben, enttäuscht aus der Politik zurück.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/955345.viktor-agartz.html

Peter Nowak

Arbeitsministerium sind geprellte Arbeiter egal

Rumänische Bauarbeiter der Mall of Berlin, die um ihren Lohn betrogen wurden, warten auf Antwort

Niemand will für die ausstehenden Löhne der Bauarbeiter verantwortlich sein. Weder die Firmen noch die Bundesregierung. Die verweist auf einen Rechtsweg, der den Rumänen kaum helfen wird.

»Das besondere Einkaufserlebnis« – damit wirbt die kürzlich eröffnete Mall of Berlin mit 270 Geschäften am Leipziger Platz um zahlungskräftige Kunden. Bogdan Droma ist nicht gemeint. Er gehört zu einer Gruppe von neun rumänischen Bauarbeitern, die um ihren Lohn betrogen wurden. 3000 Euro wurden ihnen vorenthalten. Die für den Bau zuständigen Unternehmen schieben sich die Verantwortung für die ausstehenden Löhne gegenseitig zu. Generalunternehmer Fettchenhauer Controlling & Logistic, mittlerweile insolvent, verweist auf die Subunternehmen Metatec-Fundus und openmallmaster. Beide Unternehmen lassen Presseanfragen unbeantwortet.

»Die Leidtragenden der mafiösen Strukturen, die das Ausbeutungssystem Mall of Berlin auszeichnen, sollen wieder einmal die Arbeiter sein«, kritisiert die kleine linke Basisgewerkschaft FAU. Sie fordert Investor Harald Huth zur Zahlung der Löhne auf. Auch die Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte beim DGB Berlin-Brandenburg und die Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation unterstützen die rumänischen Arbeiter.

Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Azize Tank sieht auch die Politik in der Verantwortung. »Anstatt sich ihrer Verantwortung zu stellen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um Arbeitsausbeutung zu verhindern, wiegt sich die Bundesregierung in Unwissenheit und entzieht sich ihrer Verpflichtung«, moniert Tank. Die Abgeordnete hatte die Bundesregierung schriftlich gefragt, wie sie die Forderungen der rumänischen Bauarbeiter unterstützt. Doch die weiß nichts von Missständen bei den Arbeitsverhältnissen auf der Mall of Berlin, wie das Bundesarbeitsministerium mitteilt und verweist auf den Rechtsweg, der den geprellten Arbeitern offen stehe.

Für Tank zeugt diese Antwort von Ignoranz. »Die Bundesregierung will wiedermal von Missständen mit Leiharbeitsfirmen nichts wissen, dabei ist sie hierfür selbst verantwortlich.« Sie sieht in dem unter Rot-Grün gezielt geförderten Billiglohnbereich und der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse die Grundlage für Lohndrückerei, die nicht nur bei der Mall of Berlin Schlagzeilen macht. Unter Verletzung der Bestimmungen über den Mindestlohn seien die Bauarbeiter der Mall zu ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen gedrängt worden. Die Männer arbeiteten ohne Arbeitsvertrag.

Ein Mitarbeiter der ver.di-Geschäftsstelle in Berlin betonte gegenüber »nd«, dass ein Urteil des Bundesgerichtshofs im letzten Jahr die Durchsetzung der Rechte der Beschäftigen erschwert habe. Es hatte entschieden, dass Beschäftigte, die sich auf Schwarzarbeit einlassen, ihren Lohn nicht einklagen können. Hier würden unter dem Vorwand des Kampfs gegen Schwarzarbeit die Rechte von ausländischen Arbeitern erschwert, kritisiert die FAU. Eine Lohnarbeit ohne Arbeitsvertrag werde als Schwarzarbeit bewertet, ohne zu berücksichtigen, dass den Beschäftigten, die das deutsche Rechtssystem nicht kennen, der Vertrag von den Unternehmen verweigert wurde.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/955270.arbeitsministerium-sind-geprellte-arbeiter-egal.html

Peter Nowak

Fies feuern

»Stop Union Busting« lautete das Motto einer Kundgebung, zu der gewerkschaftliche Gruppen am 5. Dezember vor dem Adrema-Hotel in Berlin-Moabit aufgerufen hatten. Etwa 20 Personen protestierten gegen ein von der Anwaltskanzlei Schreiner & Partner organisiertes Seminar, das dort unter dem unverfänglichen Titel »Erfolgsstrategien im Kündigungsrecht für 2015« angekündigt worden war. Dem Seminarplan zufolge sollten die Teilnehmer über »kreative Kündigungsgründe« und »die richtige Reaktion auf Arbeitnehmersünden« informiert werden. Dass auch über juristische Strategien gegen aktive Gewerkschafter beraten wurde, machten Seminarthemen wie »So weisen Sie den Betriebsrat in die Schranken« deutlich. Für Lisa Trauth vom Klassenkämpferischen Block Berlin, einem linken Bündnis, das die Kundgebung vorbereitet hatte, handelt es sich bei den Seminaren um Grundkurse in der Praxis des Union Busting. »Dort bringen Juristen Personalleitern bei, wie sie am effektivsten gegen Gewerkschafter vorgehen und Arbeitnehmerrechte aushebeln können«, sagt sie der Jungle World. Die Initiative für »Demokratie in Wirtschaft & Betrieb«, die den Widerstand gegen das Union Busting bündelt, bezeichnet solche Methoden gegen engagierte Gewerkschafter als Begleiterscheinung einer neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, in der eine kämpferische gewerkschaftliche Interessenvertretung als Störfaktor gilt. Lange Zeit fanden solche Seminare unter Ausschluss einer kritischen Öffentlichkeit statt. Das hat sich mittlerweile geändert. Protestkundgebungen gab es bisher in Stuttgart, Hamburg und nun in Berlin. Auf der Homepage von Schreiner & Partner werden weitere Seminare in Dresden, München, Hannover und Düsseldorf angekündigt. Die Organisatoren rechnen wohl mit weiterem Widerstand und schotten sich ab. Presseanfragen bleiben unbeantwortet und während der Kundgebung in Berlin ließ sich kein Seminarteilnehmer vor dem Hotel blicken.

http://jungle-world.com/artikel/2014/50/51091.html

Peter Nowak

Lohn? Welcher Lohn?

»Mall of Shame, zahl mir meinen Lohn!« ruft Bogdan Droma. Der Mann steht vor einem Eingang der »Mall of Berlin«, einem kürzlich eröffneten Einkaufszentrum für gehobene Ansprüche in Berlin-Mitte. Über seinen Anorak hat er eine gelbe Weste mit der Aufschrift »FAU im Arbeitskampf« gezogen. Das gleiche Kleidungsstück tragen weitere Menschen, die in einer Gruppe zusammenstehen. Die Freie Arbeiter-Union (FAU) unterstützt 20 rumänische Bauarbeiter, die monatelang auf der Baustelle der Mall geschuftet haben, aber nicht bezahlt wurden. Dabei waren die vereinbarten Löhne mit sechs Euro in der Stunde schon extrem niedrig. Die ausstehende Summe beläuft sich insgesamt auf knapp 30 000 Euro. Für den Bauherrn, die Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH, wäre es ein Betrag aus der Portokasse. Die Bauarbeiter brauchen das Geld dringend für sich und ihre Familien. Doch bisher zeigt sich niemand für die ausstehenden Löhne verantwortlich. Der Bauherr will das Geld an die Subunternehmen Metatec-Fundus GmbH & Co. KG aus Berlin-Kreuzberg und Openmallmaster GmbH aus Frankfurt am Main überwiesen haben. Im Internet wird ein Rechtsanwaltsgebäude in Frankfurt als Kontaktadresse für die Openmallmaster GmbH angegeben. Doch die in dem Gebäude arbeitenden Rechtsanwälte wollen den Namen des Unternehmens noch nie gehört haben. »Der Bauherr Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH trägt durch die Vergabe der Subverträge an diese Firmen eine Mitverantwortung. Er soll die ausstehenden Löhne zahlen«, sagt Stefan Kuhnt, der Pressesekretär der FAU. Unter change.org kann dieser Forderung mit der Unterschrift unter eine Petition Nachdruck verliehen werden. Sollte sich das Unternehmen weigern, werden die Proteste weitergehen. »Die Kollegen sind sehr motiviert«, betont Kuhnt. So könnten konsumfreudige Passanten in der Vorweihnachtszeit einen Einblick in die angewandte kapitalistische Ausbeutung erhalten.

http://jungle-world.com/artikel/2014/49/51043.html

Peter Nowak

Fortbildung im Mobbing von Betriebsräten

Protest gegen Seminar für Arbeitgeber in Berlin

Gewerkschaftliche Gruppen haben am Donnerstag in Berlin gegen ein Seminar protestiert, das Arbeitgebern Kniffe vermitteln will, wie sie unerwünschte Beschäftigte mit fragwürdigen Mitteln loswerden können. Die Schulung mit dem unverfänglichen Titel »Erfolgsstrategien im Kündigungsrecht für 2015« wird von der umstrittenen Anwaltskanzlei Schreiner & Partner bundesweit in verschiedenen Städten angeboten. Sie richtet sich speziell an Personalleiter und Arbeitgeber. Dort soll ihnen in Vorträgen und Workshops beigebracht werden, wie sie gegen Betriebsräte und Gewerkschafter vorgehen und die Rechte ihrer Beschäftigten aushebeln können. So lernen die Teilnehmer »kreative Kündigungsgründe« und »die richtige Reaktion auf Arbeitnehmersünden« kennen, geht aus dem Seminarprogramm hervor. Sie erfahren, wie krankheitsbedingte Kündigungen erfolgreich sein können und beraten über Strategien gegen aktive Gewerkschafter. Das machen Tagesordnungspunkte wie »So weisen Sie den Betriebsrat in die Schranken« deutlich. Doch in der letzten Zeit regt sich Widerstand gegen die Seminare. Wie in Berlin organisierten Gewerkschafter bereits in Stuttgart und Hamburg Kundgebungen vor Hotels, in denen solche Veranstaltungen angekündigt waren. Auf der Homepage von Schreiner & Partner sind im Januar weitere Seminare in Dresden, München, Hannover und Düsseldorf angekündigt. Aus Sicht der linken Aktivisten, die die Kundgebung vor dem Adrema-Hotel in Berlin-Moabit vorbereitet haben, betreiben die Seminare »Union Busting«, was so viel bedeutet wie Gewerkschaftssprengung oder Gewerkschaftsprügel.

Die aus den USA kommende Praxis hat sich in den letzten Jahren in Deutschland zu einer lukrativen Branche entwickelt. »Bei den Seminaren bringen Juristen Personalleitern bei, wie sie am effektivsten gegen Gewerkschafter vorgehen und Arbeitnehmerrechte aushebeln können«, erklärte Lisa Trauth vom Klassenkämpferischen Block gegenüber »nd«. Eine Fallstudie der Otto Brenner Stiftung verdeutlicht, dass deutsche Unternehmen durch aggressives Verhalten immer öfter die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften erschweren. Selbst gesetzlich geschützte Betriebsratswahlen werden massiv behindert, etwa durch die Kündigung von Kandidaten für die Interessenvertretung oder den Wahlvorstand.

Unter dem Titel »Die Fertigmacher: Arbeitsunrecht und professionelle Gewerkschaftsbekämpfer« haben die Publizisten Werner Rügemer und Elmar Wiegand kürzlich ein Buch veröffentlicht, in dem sie diese Methoden detailliert untersuchen. Sie haben auch die Initiative für Demokratie in Wirtschaft & Betrieb gegründet, die Widerstand gegen das Union Busting bündeln will. In einer Grußadresse an die Berliner Kundgebung erklärt die Initiative: »Aufklärungsarbeit und Proteste sind wichtig, um vom Mobbing Betroffene aus der Isolation zu holen und zu unterstützen.« Die Methoden gegen engagierte Gewerkschafter am Rande der Legalität seien eine Begleiterscheinung einer neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, in der eine kämpferische gewerkschaftliche Interessenvertretung als Störfaktor gilt, der möglichst ausgeschaltet werden soll.

Die Organisatoren gehen auf Tauchstation. Auf Presseanfragen gibt es keine Antwort und während der Kundgebung ließ sich kein Seminarteilnehmer vor dem Hotel sehen.

Peter Nowak

Holt sie rein

Linke Gewerkschafter wollen erreichen, dass sich der DGB stärker für Flüchtlinge einsetzt

In Berlin ließ der DGB Flüchtlinge von der Polizei räumen, in Hamburg bot ver.di Flüchtlingen die Mitgliedschaft an. Eine Initiative setzt sich dafür ein, dass das Beispiel Hamburg Schule macht.

»Wir kämpfen um unsere Würde. Unterstützen Sie uns dabei«, mahnt Bogan Droma eindringlich. Der Mann aus Rumänien arbeitete mit zehn Kollegen auf der Baustelle des jüngst eröffneten Nobel-Einkaufszentrums Mall of Berlin und wurde um den Lohn geprellt. Jeden Tag stehen sie vor der Mall und fordern ihr Geld ein. Dromas Rede bildete den Auftakt einer Veranstaltung im Berliner IG-Metall-Haus am Mittwochabend unter dem Motto: »Auch Geflüchtete sind Kolleginnen und Kollegen: Holt sie in die Gewerkschaft rein«. Bogdan Droma unterstützt diese Forderung. »Viele Menschen aus Rumänien und anderen Ländern werden um ihre Löhne betrogen und brauchen Solidarität.«

Bereits Mitglied in einer deutschen Gewerkschaft ist Asuquo Udo. In Nigeria geboren verdiente er jahrelang in Libyen den Lebensunterhalt für seine Familie. »Der NATO-Krieg hat mich zur Flucht gezwungen«, erklärt Udo bei der Veranstaltung. Über Italien kam er nach Hamburg, wo er in der Flüchtlingsorganisation »Lampedusa Hamburg« aktiv war. »Wir haben deutlich gemacht, dass wir Teil der Gesellschaft sind.« Daher waren er und seine Mitstreiter erfreut, dass der ver.di-Gewerkschaftssekretär Peter Bremme den Lampedusa-Flüchtlingen eine Mitgliedschaft anbot. Auf einer Webseite ist neben einem Foto ihr früherer Beruf vermerkt. Handwerker, Arbeiter und Intellektuelle sind darunter. Für Udo war dieses Bild sehr wichtig. »Es zeigte uns nicht als hilfsbedürftige Flüchtlinge, sondern als Kollegen«, sagt er. Er verschweigt aber auch nicht, dass es in der ver.di-Zentrale Widerstand gegen die Aufnahme der 300 Flüchtlinge gab. Sie verstoße gegen die Satzung, hieß die Begründung.

Für Anna Basten ist diese Erklärung unverständlich. Sie arbeitet ehrenamtlich beim Arbeitskreis »Undokumentiertes Arbeiten«, der beim DGB angedockt ist. Dieser unterstützt Menschen ohne Papiere beim Kampf um ihre Arbeitsrechte. »Der ver.di-Vorsitzende Bsirske hat uns dazu ermutigt, den Menschen, die wir beraten, auch die Gewerkschaftsmitgliedschaft anzubieten«, berichtet Basten in Berlin. Mehr als 50 Neumitglieder hätten sie dadurch gewonnen. Wenn sich Teile der Gewerkschaft gegen die Aufnahme der Geflüchteten aussprechen, sei das ein Rückschritt.

Auch der Sprecher des Landesmigrationsausschusses von ver.di Berlin, Erdogan Kaya, beklagt, dass sich die Gewerkschaften vor einigen Jahrzehnten noch vernehmlicher für die Rechte von Migranten eingesetzt haben. »Als die Geflüchteten in Berlin und anderen Städten in den letzten Monaten für ihre Rechte eintraten, gab es im DGB ein großes Schweigen«, beklagt Kaya.

Um diesen Zustand zu ändern, hat sich ein neues Bündnis »Gewerkschaftsrechte auch für Flüchtlinge« in Berlin gegründet. Die Initiative ging von der Basisgruppe »ver.di aktiv« aus. »Anfangs war unser Kreis überschaubar«, sagt Gewerkschafter Rolf Linder gegenüber »nd«. Doch am 2. Oktober ließ der Berliner DGB-Vorstand ihre von Flüchtlingen besetzte Zentrale durch die Polizei räumen. »Statt solidarischer Unterstützung gab es Anzeigen und Ausgrenzung. Das hat viele Gewerkschaftsmitglieder empört«, berichtet Linder. Kurz nach der Räumung habe sich die Zahl der Teilnehmer bei dem Treffen des gewerkschaftlichen Bündnisses erhöht. Schnell sei man sich darüber einig gewesen, dass es nicht reicht, die Räumung durch den DGB-Vorstand zu verurteilen. »Wir wollten zeigen, wie es auch anders geht«, so Linder. Die Veranstaltung im IG-Metall-Haus mit rund 80 Teilnehmern sieht er als Auftakt für eine innergewerkschaftliche Diskussion über Gewerkschaftsrechte für Geflüchtete. Enttäuscht hat ihn jedoch, dass kein einziger Vorstandsvertreter einer Gewerkschaft vorbeigeschaut hat.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/954609.holt-sie-rein.html

Peter Nowak

Dein Streik, mein Streik

Weihnachtszeit, Streikzeit. Doch für einen erfolgreichen Arbeitskampf bedürfen die Beschäftigten der Unterstützung. Wie diese aussehen könnte, wird in der Linken diskutiert.

Der Textildiscounter Kik wird seit Jahren kritisiert, weil er seine Kleidung unter verheerenden Arbeitsbedingungen in Ländern wie Bangladesh und Indien produzieren lässt. Mitte November wurde bekannt, dass es auch mit den Arbeitsbedingungen in den hiesigen Filialen des Unternehmens keineswegs zum Besten steht. Das derzeitige Geschäftsmodell von Kik basiere auf »Lohndumping und niedrigen Sozialstandards«, kritisierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie hatte Mitte November zum ersten Streik vor einer Niederlassung des Textildiscounters in Deutschland aufgerufen. Etwa 500 Beschäftigte des Zentrallagers im nordrhein-westfälischen Bönen legten am 17. November von vier bis 24 Uhr die Arbeit nieder. Da von dem Lager alle Kik-Filialen in Deutschland beliefert werden, waren die Folgen schnell spürbar.

Die Gewerkschaft will mit dem Streik die Anerkennung aller Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen für die Beschäftigten in der Logistik von Kik durchsetzen. Nach Angaben von Verdi bekommt ein Lagerarbeiter nach dem nordrhein-westfälischen Einzelhandelstarifvertrag 2 106 Euro brutto Monatslohn. Bei Kik erhält er jedoch nur 1 650 Euro brutto. Sollte die Geschäftsführung weiterhin nicht nachgeben, könnten die Beschäftigten in den nächsten Wochen erneut in den Streik treten. Schließlich ist die Vorweihnachtszeit, in der mehr gekauft wird, besonders gut dafür geeignet, einen Arbeitskampf zu führen, der der anderen Seite wirklich wehtut.

Auch die Beschäftigten einiger Standorte des Versandhandels Amazon könnten bald wieder ihre Streikwesten anziehen. Der Konzern bereite sich schon auf neue Arbeitskämpfe vor, berichteten Beschäftigte in den vergangenen Wochen. Auch in diesen Auseinandersetzungen geht es um die Frage, ob die Beschäftigten nach dem Tarifvertrag des Versand- oder des Einzelhandels bezahlt werden. Letzteres fordern Verdi und viele Beschäftigte. Der Vorstand von Amazon will es hingegen bei der bisherigen Regelung belassen, nach der die Beschäftigten nach dem Tarifvertrag der Logistikbranche bezahlt werden – und dadurch einen niedrigeren Lohn erhalten.

Sollten sich die Beschäftigten in der Vorweihnachtszeit für den Arbeitskampf entscheiden, können sie an mehreren Standorten mit der Unterstützung linker Gruppen rechnen. Bereits im vergangenen Jahr hat sich in Leipzig das Bündnis »Streiksoli« gegründet, das vor allem von Studierenden getragen wird. »Wir sind alle Amazon« lautete das Motto des Bündnisses, das ein Vorbild auch für andere Städte war. Nach einem ersten bundesweiten Treffen im Frühsommer in Leipzig erörterten Mitte November in Frankfurt am Main etwa 30 Personen, wie eine bestmögliche Unterstützung von Arbeitskämpfen aussehen könnte. Es nahmen auch Beschäftigte von Amazon aus der Filiale im osthessischen Bad Hersfeld teil, die in der jüngsten Zeit zu einem Zentrum des Arbeitskampfs geworden ist. Über die Bedeutung der Streiksolidarität für eine weitere Zusammenarbeit von Studierenden und Beschäftigten schrieben Jana Werner und John Lütten in einem in der Reihe »Standpunkte« der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebenen Text: »Die Perspektive eines gemeinsamen Kampfes gegen prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen bleibt unvermindert relevant.«

Darin waren sich alle Teilnehmer des Treffens in Frankfurt am Main einig. Im Detail gab es aber durchaus Differenzen. Soll lediglich ein bundesweites Netzwerk der Streiksolidarität aufgebaut werden, wie es vor allem das Bündnis »Streiksoli« favorisiert? Oder soll sich das Bündnis auch ein kurzes Selbstverständnis geben? Hinter den Kontroversen in organisatorischen Fragen stehen auch politische Differenzen. Wie eng sollen Gruppen in der Streiksolidarität mit den DGB-Gewerkschaften kooperieren? Wie sollen sie reagieren, wenn die Gewerkschaftsvorstände, wie so oft in der Vergangenheit, einen Arbeitskampf gegen den Willen einer Mehrheit der Beschäftigten zu beenden versuchen und dabei Zugeständnisse an die Arbeitgeber machen, die von vielen Beschäftigten abgelehnt werden? Solche Konflikte zwischen einer durch den Arbeitskampf politisierten Belegschaft und den Verhandlungsführern der Gewerkschaft sind vor allem nach längeren Arbeitskämpfen häufig zu verzeichnen. Der Frage des Umgangs damit zieht sich durch die Geschichte der jüngeren außerbetrieblichen Streiksolidarität, die sich kaum auf Vorbilder in der Vergangenheit beziehen kann. An die wenigen erinnerte Jan Ole Arps in seinem 2011 im Verlag Assoziation A erschienenen Buch »Frühschicht«.

In den siebziger Jahren waren vor allem die verschiedenen kommunistischen Parteien und linke operaistische Gruppen für die Streiksolidarität verantwortlich. Sie waren allerdings in der Regel darum bemüht, eigene Betriebszellen zu gründen. Das Verhältnis zu den verschiedenen DGB-Führungen war überwiegend sehr angespannt. Gewerkschaftsvorstände verabschiedeten Unvereinbarkeitsbeschlüsse, kämpferische Kollegen waren schnell mit Gewerkschaftsausschlüssen konfrontiert. Vor einigen Wochen dokumentierte der Verlag »Die Buchmacherei« unter dem Titel »Macht und Recht im Betrieb« die exemplarische Auseinandersetzung bei BMW in Berlin zwischen 1984 und 1987. Auch damals fürchteten die Gewerkschaftsvorstände, dass politische Gruppen in den Streik eingreifen und die betrieblichen Auseinandersetzungen politisieren könnten.

Mit dem Niedergang der kommunistischen Parteien und der operaistischen Streiksolidarität schien zeitweilig auch die Politisierung von Streiks der Vergangenheit anzugehören. Doch auch die Gewerkschaften selbst gerieten in den vergangenen Jahrzehnten in die Krise. In vielen Branchen gelang es ihnen kaum noch, Tarifverträge durchzusetzen, weil der Organisationsgrad der Belegschaften zu gering war. Gewerkschaftstheoretiker erkannten, dass ohne gesellschaftliche Unterstützung in vielen Branchen Arbeitskämpfe kaum noch zu gewinnen waren, und suchten nach Bündnispartnern. Dabei trafen sie nicht auf kommunistische Kader, sondern auf außerparlamentarische Linke, die sich wieder verstärkt mit Kämpfen in der Arbeitswelt beschäftigten.

Bereits 2008 wurde der damalige Einzelhandelsstreik in Berlin von eigenständigen Solidaritätsbekundungen linker Gruppen begleitet. Die Initiative ging vom Bündnis »Euro-Mayday« aus, das mehrere Jahre lang am 1. Mai Demonstrationen von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen veranstaltete. Höhepunkt der damaligen Solidaritätsarbeit war die Aktion »Dichtmachen«, bei der im Juni 2008 eine Berliner Supermarktfiliale für mehrere Stunden blockiert wurde. Im Film »Ende der Vertretung« wurde die durchaus nicht konfliktfreie Kooperation der außerparlamentarischen Unterstützer mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi thematisiert. In Nordrhein-Westfalen unterstützten linke Gruppen bereits 2007 monatelang den Streik von Beschäftigten der Catering-Firma Gate Gourmet, der von der DGB-Gewerkschaft NGG und auch Basisgewerkschaften wie den Wobblies geführt wurde. Vielleicht ergibt sich in der Vorweihnachtszeit Gelegenheit zu ähnlichen Solidaritätsbekundungen.

http://jungle-world.com/artikel/2014/48/51003.html

Peter Nowak

Arbeiterkampf an der »Mall of Shame«

Bauarbeiter aus Rumänien fordern vor dem neu eröffneten Shoppingcenter »Mall of Berlin« ausstehende Löhne ein

Arbeiter demonstrieren vor dem neu eröffneten Shoppingcenter »Mall of Berlin« für ihre ausstehenden Löhne.

»Mall of Shame. Erbaut auf Ausbeutung«, steht auf einem großen Transparent vor dem neuen Einkaufstempel »Mall of Berlin«. Passanten bleiben stehen, lesen aufmerksam das Banner, einige nehmen Flugblätter entgegen, die von einer Gruppe Menschen verteilt wird. »FAU im Arbeitskampf« steht auf einer gelben Weste, die Bogdan Droma über seinen Anorak gezogen hat. Seit einer Woche steht er hier jeden Tag sechs Stunden in der Kälte und protestiert. Zusammen mit weiteren Protestanten und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU), die 20 rumänische Bauarbeiter bei ihrem Protest unterstützt, will Droma seinen ausstehenden Lohn einfordern. Er und die anderen Arbeiter haben monatelang auf der Baustelle geschuftet, wurden aber um einen Teil ihres Lohns betrogen.

Bis September 2014 hätten sie auf der Baustelle gearbeitet, sechs Euro die Stunde sei ihnen zugesichert worden. Doch auf den größten Teils des Betrags warten die Bauarbeiter bis heute. »Wir haben manchmal kleinere Beträge ausgezahlt bekommen. Immer wenn wir den vollständigen Lohn einforderten, wurde uns gesagt, wir sollten uns gedulden. In den nächsten Tagen käme das Geld«, berichtet einer der Arbeiter.

Am 25. September wurde die Mall bereits mit großem Brimborium eingeweiht, die Löhne stehen noch immer aus. Insgesamt betragen die ausstehenden Lohnkosten rund 30 000 Euro. Für den Bauherrn der Mall, die »Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH« wäre das eher ein Betrag aus der Portokasse; für die rumänischen Bauarbeiter ist es Geld, das sie dringend für sich und ihre Familien in der Heimat brauchen. »Wir sind teilweise obdachlos und haben Hunger«, erklärt einer der Betroffenen.

Doch bisher will niemand für die ausstehenden Gelder verantwortlich sein. Der Bauherr erklärt, er habe die Gelder an die Subunternehmen »Metatec-Fundus GmbH & Co. KG« aus Kreuzberg, sowie »Openmallmaster GmbH« aus Frankfurt am Main gezahlt. Doch dort ist niemand erreichbar. Im Internet wird eine »Law-Factory« in Frankfurt/Main als Kontaktadresse für die »Openmallmaster GmbH« verwiesen, doch die in dem Gebäude befindlichen Rechtsanwälte wollen den Namen des Subunternehmens noch nie gehört haben.

Der FAU-Pressesekretär Stefan Kuhnt betont, dass der Kompetenzstreit nicht auf dem Rücken der geprellten Beschäftigten ausgetragen werden kann. »Der Bauherr «Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH» trägt durch die Vergabe der Subverträge an diese Firmen eine Mitverantwortung. Er soll die ausstehenden Löhne bezahlen«, so Kuhnt. Unter change.org kann diese Forderung durch eine Petition unterstützt werden. Sollte sich das Unternehmen taub stellen, werden die Proteste weitergehen, kündigten die Arbeiter an. »Die Kollegen sind sehr motiviert«, betont Kuhnt. Neben den Protesten vor der »Mall of Berlin« wollen die Arbeiter die gesamte Woche vor dem Büro des Bauherren Andreas Fettchenhauer und ebenso vor dem des Investors Harald Huth protestieren, gab die FAU bekannt.

»Wir sind bereit, den Protest fortzuführen. Ich bezweifle, dass die bemüht weiße Weste des Investors mit nur ein paar Flecken davonkommt, wenn er nicht dafür sorgt, dass die Mall-Arbeiter ihr Geld erhalten«, so Nina Matzek, Sekretärin der FAU Berlin. Dann werden die Kunden bei ihrem Weihnachtseinkauf weiter darüber informiert werden, dass den rumänischen Bauarbeitern, die sowieso schon geringen Löhne verweigert werden.

Für Samstag ruft die FAU Berlin zu einer Demonstration um 14 Uhr am Leipziger Platz auf. Mit der Demonstration wollen sie einerseits das Anliegen der Arbeiter artikulieren, die Löhne zu bezahlen und sich andererseits auch gegen die generelle Ausbeutung migrantischer Arbeiter einsetzen

http://www.neues-deutschland.de/artikel/954243.arbeiterkampf-an-der-mall-of-shame.html

Peter Nowak

Restriktionen und Protest

SexarbeiterInnen brauchen gewerkschaftliche Solidarität

SexarbeiterInnen sollen sich nach den Plänen von Bundesfamilienministerin Schwesig (SPD) künftig bei jeder Kommune an- und abmelden müssen. Angeblich soll diese Maßnahme ihrem Schutz dienen. „Die Anmeldepflicht macht sie zu Objekten weiterer Einschränkung ihrer bürgerlichen Rechte. Es geht um Überwachung, nicht um Schutz“, heißt es in einem Aufruf, der von SexarbeiterInnen aus verschiedenen Ländern sowie zahlreichen Einzelpersonen unterzeichnet und Anfang November in verschiedenen Tageszeitungen, unter anderem in der taz veröffentlicht wurde. Unter den unterzeichnenden Organisationen findet man etwa die Sexworker aus Österreich und das Kollektiv zur Verteidigung der Rechte der SexarbeiterInnen aus Spanien. Aus Deutschland haben ebenso die Rote Hilfe Nürnberg, verschiedene Datenschutzorganisationen, der Bundessprecherrat der Linksjugend Solid und der Bundesvorstand der Piratenpartei den Aufruf unterschrieben. Gewerkschaftliche Gruppierungen hingegen sucht man dort vergeblich.

Verbot statt Solidarität?

Liegt der Grund vielleicht darin, dass in Teilen der feministischen Bewegung und auch in gemischten linken Zusammenhängen noch immer das Prostitutionsverbot diskutiert wird? Dabei wird gern immer wieder betont, dass nicht die SexarbeiterInnen sondern die Freier bestraft werden sollen. Dass ihnen damit allerdings die Ausübung ihres Berufes verunmöglicht werden soll, wird dabei in Kauf genommen. „Wenn es um käuflichen Sex geht, geraten auch Linke gern mal aus der Fassung“, kommentiert der Publizist Markus Liske diese Debatten um in der Zeitung Nolo, dem „Magazin für freiwillige Selbstentgrenzung“, der zum 80 Jahrestag der Ermordung von Erich Mühsam erschienen ist.

Arbeitskampf der SexarbeiterInnen

Dabei gäbe es vor allem für gewerkschaftlich organisierte Linke genügend Möglichkeiten, sich mit den SexarbeiterInnen und ihren Forderungen zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen, nicht nur theoretisch zu solidarisieren. Kaum öffentlich wahrgenommen war der Arbeitskampf beim großen deutschsprachigen Portal für sexuelle Dienstleistungen mit dem bezeichnenden Namen Kaufmich.com im Sommer 2014. Die Auseinandersetzung entzündete sich an Neuregelungen des Portals, die für die SexarbeiterInnen mit großen Umsatzeinbußen verbunden waren. Danach sollten nicht angemeldeten BesucherInnen der Webseite die Telefonnummer einer, angemeldeten Besuchenden die Nummern von drei SexarbeiterInnen täglich angezeigt werden. Bei kostenpflichtigen Premium-Mitgliedern der Webseite sollten die Nummern auf 15 täglich beschränkt werden.

Kurz nach der Einführung dieser neuen Regelung begann der Protest der SexarbeiterInnen, weil sich massive Umsatzeinbußen ergaben. Als Gegenmaßnahmen haben einige SexarbeiterInnen ihre Telefonnummern an verschiedenen Stellen ihres Profils online gestellt und damit eine bewusste Regelverletzung vollzogen. Aus Solidarität beteiligten sich daran auch KollegInnen, die selber gar ihre KundInnen nicht über das Internet akquirieren. Daraufhin wurden die Profile der Protestierenden versteckt. Sie wurden bei Suchanfragen von KundInnen nicht mehr berücksichtigt. Auch ihre Blogartikel und Kommentare tauchten auf der Webseite nicht mehr auf. Obwohl die Auseinandersetzung zwischen SexarbeiterInnen und Portalbetreibenden von Kaufmich alle Merkmale eines Arbeitskampfs trug, gab es aus linken und gewerkschaftlichen Zusammenhängen kaum Reaktionen. Trotzdem hatten die protestierenden KollegInnen Erfolg. Die Portalbetreibenden erhöhten die Zahl der Kontakte für die nicht angemeldeten NutzerInnen wieder. Das Portal sexarbeiterinnenprotest.blogsport.eu informiert über diese und andere Arbeitskämpfe in der SexarbeiterInnenbranche. Es wird Zeit, dass es gewerkschaftliche Solidarität auch von außerhalb gibt.

aus: Direkte Aktion 226/2014

Peter Nowak

Steigt auf die Fahrräder!

REZENSION

Esst viel frisches Obst und Gemüse! Vermeide fetthaltige Nahrung und Süßigkeiten! Auf dem ersten Blick scheinen diese Ratschläge sehr vernünftig zu sein. Wer wollte bestreiten, dass ein frischer Apfel bekömmlicher ist als ein überzuckerter Powerdrink. Daher beginnt der Medizinjournalist Matthias Martin Becker sein Buch »Mythos Vorbeugung« ebenfalls mit einem Ratschlag: »Lieber nicht rauchen! Oder wenigstens weniger. Steigt auf Eure Fahrräder, es wird Euch nicht schaden! Wahrscheinlich«.

Becker begründet kenntnisreich, dass auch eine gesunde Ernährungs- und Lebensweise keine Garantie für ein Leben ohne Krankheiten ist. Dieser Eindruck werde aber bei vielen Kampagnen erzeugt. Krankheit wird so zum individuellen Versagen. Den Patienten wird vorgeworfen, die sozialen Sicherungssysteme durch ihre ungesunde Lebensweise zu belasten. Dabei zeigt Becker in seinem Buch immer wieder auf, dass Gesundheit und Krankheit durchaus eine Klassenfrage ist. Engagierte Mediziner und Sozialpolitiker wie der ehemalige Präsident der Berliner Ärztekammer Ellis Huber verwiesen bereits in den 80er Jahren auf den Zusammenhang von Armut und Gesundheit. »Wenn Sie sich in die U1 setzen und in Richtung Krumme Lanke fahren, dann sie verlieren sie an jeder Station zwei Monate Lebenserwartung«, zitiert Becker Huber über einen Streifzug durch das Westberlin der frühen 80er Jahre. Zwischenzeitlich hat sich die Linienführung der U-Bahn in Berlin geändert, nicht aber das Gesundheitsgefälle zwischen bürgerlichen und proletarischen Stadtteilen. Noch deutlicher ist die Differenz bei der Lebenserwartung in London. »In der britischen Hauptstadt beträgt der Unterschied zwischen den wohlhabenden und den ärmsten Bezirken 17 Jahre«, schreibt Becker.

Für die meisten gesundheitlichen Probleme in der Gesellschaft sei eher die Ungleichheit verantwortlich. Sie zu überwinden, sei demnach die beste Vorbeugung. Auch diese Erkenntnis ist keineswegs neu, wie Becker am Beispiel des Mediziners und Sozialpolitikers Rudolf Virchow zeigt. Als Teil einer Expertenkommission besuchte er 1848 das von einer schweren Epidemie betroffene Oberschlesien und fand dort Menschen in unbeschreiblicher Armut und katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Virchow merkte schnell, dass er sich mit sozialen Bestrebungen in der preußischen Feudalgesellschaft Feinde machte und konzentrierte sich ganz auf seine medizinische Arbeit. Becker zeigt auf, dass gerade im Zuge der Krise in Ländern wie Griechenland und Spanien Krankheiten, die bisher als beherrschbar galten, wieder eine tödliche Gefahr vor allem für arme Menschen werden. Sein gut lesbares, informatives Buch ist auch eine Streitschrift gegen die Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen.

Martin Matthias Becker: Mythos Vorbeugung, Wien 2014. Promedia Verlag, 224 Seiten, 17,90 €.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/953722.steigt-auf-die-fahrraeder.html

Peter Nowak

Verstärkung am Werktor

Immer mehr Soligruppen organisieren Unterstützung für Arbeitskämpfe in der Bundesrepublik

Am Wochenende trafen sich Streikkomitees aus verschiedenen Städten in Frankfurt am Main, um ihre Erfahrungen auszutauschen. Verabredet wurde, die Amazon-Beschäftigten weiter zu unterstützen.

Stell Dir vor, bei Amazon wird gestreikt und vor den Werktoren verhindern Unterstützer, dass Streikbrecher zum Einsatz kommen. Genau so könnte die nächste Streikwoche des Amazon-Versandhandels aussehen. Denn mittlerweile gibt es in mehreren Städten politische Gruppen, die Streikende von außen unterstützen. Am Wochenende trafen sich ca. 30 Personen in Frankfurt am Main zum zweiten bundesweiten Vernetzungstreffen.

Ende Juni hatte in Leipzig das erste bundesweite Treffen stattgefunden. In der Stadt gibt es seit einem Jahr eine hauptsächlich von Studierenden getragene Initiative, die den Beschäftigten des dortigen Amazon-Stützpunktes bei ihrem Arbeitskampf den Rücken stärkt.

Auch in anderen Auseinandersetzungen gründeten sich Soli-Komitees für Streiks. So führten beim Einzelhandelsstreik von 2013 Unterstützergruppen in Erfurt und Berlin Solidaritätsaktionen durch, ebenso an der Berliner Charité und beim Hamburger Verpackungshersteller Neupack.

Über das politische Ziel, prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen zu bekämpfen, waren sich die Teilnehmer beim Treffen in Frankfurt einig. Im Detail gab es aber durchaus Differenzen. Soll lediglich ein bundesweites Netzwerk der Streiksolidarität aufgebaut werden, wie es dem Bündnis »Streik-Soli-Leipzig«, das zu dem Treffen eingeladen hatte, vorschwebt? Oder soll sich das Bündnis auch ein Selbstverständnis geben, wie es die Gruppe »Kritik und Klassenkampf« aus Frankfurt am Main vorschlug? Für manche standen im ersten Teil des Treffens solche Organisationsfragen zu stark im Vordergrund. So rutschte der Erfahrungsaustausch der Streiksoligruppen in die späten Abendstunden.

Als es aber um die Unterstützung des Amazon-Streiks ging, waren sich die Teilnehmer einig. Auf Vorschlag eines Amazon-Beschäftigten soll das nächste Treffen der »Streiksolidarität« im Frühjahr am Werkstandort Bad Hersfeld stattfinden. Vielleicht werden aber manche den osthessischen Kurort bereits vorher durch Solidaritätsaktionen kennenlernen.

Auch im Reproduktionsbereich soll die Streiksolidarität ausgebaut werden. Der Studierendenverband der LINKEN, SDS.Die Linke, lädt für das kommende Wochenende nach Frankfurt ein, um die Unterstützung für den Kitastreik im nächsten Jahr vorzubereiten.

Über die Idee für eine Konferenz zur außerbetrieblichen Streiksolidarität wurde noch nicht entschieden. Eine solche Konferenz böte die Chance, sich eine Geschichte anzueignen, die nicht erst 2013 begonnen hat. Bereits 2008 war der damalige Einzelhandelsstreik in Berlin von eigenständigen Unterstützungsaktionen linker Gruppen begleitet. Die Initiative ging damals vom Euro-Mayday-Bündnis aus, das mehrere Jahre lang am 1. Mai versuchte, Demonstrationen von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen zu organisieren. Höhepunkt der damaligen Solidaritätsarbeit war die Aktion »Dichtmachen«, bei der im Juni 2008 eine Berliner Reichelt-Filiale für mehrere Stunden blockiert wurde. Im Film »Ende der Vertretung« wurde die durchaus nicht konfliktfreie Kooperation der Unterstützergruppen mit den DGB-Gewerkschaften thematisiert. Und in Nordrhein-Westfalen gab es eine monatelange Unterstützungsarbeit für den Streik von Beschäftigten der Cateringfirma Gate Gourmet, der von Basisgewerkschaften geführt wurde.

Peter Nowak