Sachsen: Mehr Sozialpolitik statt Repression!

Der Widerstand gegen Demokratieabbau und das neue sächsische Polizeigesetz wächst

In den letzten Jahren wurde rund um das Connewitzer Kreuz an Silvester in Leipzig die Demokratie massiv eingeschränkt. Die Stadt Leipzig hat für die Jahreswechsel 2015/16, 2016/17 und 2017/18 per Allgemeinverfügungen Versammlungsverbote am Connewitzer Kreuz erlassen.

Wie aus den Akten hervorging, geschah dies auf Drängen der Polizei. Seit Jahren beschäftigt die Leipziger Politik und auch die Medien die angebliche Randale zu Silvester rund um das Connewitzer Kreuz. Dabei machen auch die Polizeiberichte der Jahre 2017 und 2018 deutlich, dass die reale Lage mit der dramatisierenden Berichterstattung wenig zu tun hat.

Die Initiative für Versammlungsfreiheit hat gegen die Verfügungen Klage eingereicht und konnte damit aktuell vor dem Verwaltungsgericht Erfolg erzielen. Begleitet wurde die Verhandlung u. a. durch die linksliberalen Medien Leipziger Internet Zeitung und Stadtmagazin Kreuzer sowie der Landtagsabgeordneten Juliane Nagel (Die Linke).

„Es bedarf konkreter und nachvollziehbarer Anhaltspunkte für eine Gefahr der öffentlichen Sicherheit, um ein Versammlungsverbot via Allgemeinverfügung einzurichten. Irgendwelche Internetseiten reichen da nicht, (…) die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut“, begründete die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ihre Entscheidung.

Die Initiative für die Versammlungsfreiheit begrüßt den Richterspruch, macht aber auch in der Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass damit die demokratieeinschränkende Praxis in der „rechten Ordnungszelle Sachsen“ kaum aufzuhalten sein wird.

Mit der Einrichtung von Kontrollbereichen, Gefahrengebieten und Waffenverbotszonen hat die Polizei bereits genug Werkzeuge. Zudem ist das rechtssichere Auftreten, dank fehlender Kennzeichnung und unabhängiger Beschwerdestelle, in Sachsen nicht sichergestellt. BeamtInnen setzen sich bei Versammlungen und Demonstrationen regelmäßig über geltendes Recht oder aktuelle Urteile hinweg.

Neben dem Einsatz von Gummigeschossen rund um die G20 Proteste, durch sächsische PolizistInnen, sei hier an die rechtswidrige Räumung des Camps in Entenwerder oder die Eskalationsstrategie bei der „Welcome to Hell“-Demo erinnert.

Initiative für Versammlungsfreiheit

Widerstand gegen das sächsische Polizeigesetz

So macht die bürgerrechtliche Initiative deutlich, dass sie jetzt ihren Fokus auf das geplante neue sächsische Polizeigesetz legen will.

Bis zum nächsten Jahreswechsel gilt es den Widerstand gegen die Reform des Polizeigesetzes nach bayrischem Vorbild zu unterstützen.

Initiative für Versammlungsfreiheit

Bisher sind nur erste Überlegungen für die Verschärfungen des sächsischen Polizeigesetzes bekannt, die sich am bayerischen Gesetz orientieren. Noch werden zwischen den sächsischen Regierungsparteien SPD und CDU die Details ausgehandelt. Doch die Entwürfe zeigen, dass der Law-and-Orderkurs in Sachsen fortgesetzt werden soll.

Zur Straftatenverhütung wird ein ganzes Bündel neuer oder erweiterter Befugnisse geschaffen. Hierzu gehören breitere Observationsmöglichkeiten, neue Durchsuchungsbefugnisse sowie strafbewehrte Aufenthaltsanordnungen und Kontaktverbote. Ebenso ist eine Norm für die elektronische Aufenthaltsüberwachung von „Gefährdern“ mittels Fußfessel enthalten.

Die Videotechnologie erhält neue Einsatzgebiete, so auf Verkehrsrouten, die der grenzüberschreitenden Kriminalität zur Verschiebung von Diebesgut oder als Tatorte beispielsweise des Menschenhandels dienen. Die automatisierte Auswertung der Daten etwa mittels Gesichtserkennung eröffnet neue Maßnahmenkonzepte.

Der Widerstand gegen das sächsische Polizeigesetz wächst. Kürzlich hat sich die Initiative PolizeistaatSachsen / #SachsensDemokratie gegründet. Sie moniert, dass die Debatte über das neue Polizeigesetz bisher nicht öffentlich geführt wurde. Grundsätzlich setzt sie auf mehr Sozialpolitik statt auf Repression.

Es gibt tatsächlich viele Probleme in unserer Gesellschaft – Armut, Wohnungsnot und ein miserables Bildungssystem. Unsere sozialen Probleme sollten wir allerdings nicht mit ordnungspolitischen Maßnahmen lösen, sondern sozialpolitische Diskussionen führen.

PolizeistaatSachsen / #SachsensDemokratie

Eine solche Orientierung wäre auch für den anstehenden sächsischen Landtagswahlkampf interessant. Aktuell wird viel darüber diskutiert, dass die AFD dort stärkste Partei werden könnte. Dabei wird in Sachsen schon seit 1989 rechte Politik gemacht.

Mit dem Schreckgespenst der AfD kann die CDU noch weiter nach rechts rücken und die SPD rückt hinterher. Mit der Orientierung auf Sozialpolitik statt Repression könnte eine Debatte angeregt werden, die realpolitisch grundiert ist, sich aber weigert, aus Angst vor einem weiteren Erstarken der AfD deren Politik zu übernehmen.

https://www.heise.de/tp/features/Sachsen-Mehr-Sozialpolitik-statt-Repression-4029141.html

Peter Nowak

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http://www.heise.de/-4029141

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2018/01/Schwerverletzte-und-Diskussionen-nach-Polizeieinsatz-am-Connewitzer-Kreuz-202138
[2] https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2017_46956.htm
[3] https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2017_54271.htm
[4] https://vsfreiheit.blogspot.de/
[5] https://vsfreiheit.blogspot.de/2018/04/verwaltungsgericht-urteilt.html
[6] http://vsfreiheit.blogspot.de
[7] https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/21731
[8] https://www.sz-online.de/sachsen/ein-halbes-neues-polizeigesetz-3920318.html
[9] https://and.notraces.net/de/2018/04/21/die-in-der-presse-diskutierte-angedachte-verschaerfung-des-neuen-saechsischen-polg-ruft-zivilgesellschaftliche-kritik-hervor/

Kontroverse bei Amazon

Leipzig. Bei Amazon in Leipzig geben Mitarbeiter der Stammbelegschaft an, in den letzten Wochen verstärkt zur Kündigung gedrängt worden zu sein. »Beschäftigte wurden wegen zu vieler krankheitsbedingter Fehlzeiten zu Gesprächen zitiert, um auf sie Druck abbauen«, erklärte ein gewerkschaftlich aktiver Amazon-Beschäftigter, der in den letzten Jahren als Streikführer in Leipzig am Arbeitskampf für einen Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzelhandels beteiligt war. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. Der für Amazon zuständige Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Thomas Schneider bestätigte gegenüber »nd« die Angaben des Beschäftigten. Der Druck auf die Coreteam genannte Stammbelegschaft habe in der letzten Zeit zugenommen.

Viele Kollegen seien verunsichert und haben angebotene Abfindungen angenommen. Allerdings gibt es auch eine Anzahl von Kollegen, die mit Unterstützung von ver.di gegen die Kündigung klagen. Der Betriebsrat habe in der Regel die Zustimmung zu den Entlassungen verweigert, betont Schneider. »Das Geld, das Amazon für die Abfindungen von Kollegen ausgibt, damit sie den Betrieb verlassen, wäre viel besser in einem Tarifvertrag angelegt, wie ihn die Beschäftigten seit Jahren fordern«, kritisiert Schneider.

David Johns vom Amazon-Solidaritäts-Bündnis, das von außerhalb den Kampf um einen Tarifvertrag unterstützt, befürchtet, dass die Verringerung des Kernteams vor allem auf streikerfahrene Kollegen zielt und so Arbeitskämpfe erschweren soll. Hat das Unternehmen damit Erfolg, könnten auch andere Amazon-Standorte von der Ausdünnung der Stammbelegschaft betroffen sein, befürchtet Johns.

Anette Nachbar von der Kommunikationsabteilung von Amazon Deutschland bestreitet gegenüber »nd« eine Strategie der zunehmenden Entlassung der Stammbelegschaft in Leipzig und verweist darauf, dass ihr Unternehmen 2017 2000 neue Vollzeitstellen in Deutschland plane.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1046619.kontroverse-bei-amazon.html


Hinweis auf Labournet Germany:

http://www.labournet.de/politik/alltag/gesundheit/jagd_auf_kranke/krankenstand/leipzig-kontroverse-bei-amazon/
Peter Nowak

Dein Streik, mein Streik

Weihnachtszeit, Streikzeit. Doch für einen erfolgreichen Arbeitskampf bedürfen die Beschäftigten der Unterstützung. Wie diese aussehen könnte, wird in der Linken diskutiert.

Der Textildiscounter Kik wird seit Jahren kritisiert, weil er seine Kleidung unter verheerenden Arbeitsbedingungen in Ländern wie Bangladesh und Indien produzieren lässt. Mitte November wurde bekannt, dass es auch mit den Arbeitsbedingungen in den hiesigen Filialen des Unternehmens keineswegs zum Besten steht. Das derzeitige Geschäftsmodell von Kik basiere auf »Lohndumping und niedrigen Sozialstandards«, kritisierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie hatte Mitte November zum ersten Streik vor einer Niederlassung des Textildiscounters in Deutschland aufgerufen. Etwa 500 Beschäftigte des Zentrallagers im nordrhein-westfälischen Bönen legten am 17. November von vier bis 24 Uhr die Arbeit nieder. Da von dem Lager alle Kik-Filialen in Deutschland beliefert werden, waren die Folgen schnell spürbar.

Die Gewerkschaft will mit dem Streik die Anerkennung aller Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen für die Beschäftigten in der Logistik von Kik durchsetzen. Nach Angaben von Verdi bekommt ein Lagerarbeiter nach dem nordrhein-westfälischen Einzelhandelstarifvertrag 2 106 Euro brutto Monatslohn. Bei Kik erhält er jedoch nur 1 650 Euro brutto. Sollte die Geschäftsführung weiterhin nicht nachgeben, könnten die Beschäftigten in den nächsten Wochen erneut in den Streik treten. Schließlich ist die Vorweihnachtszeit, in der mehr gekauft wird, besonders gut dafür geeignet, einen Arbeitskampf zu führen, der der anderen Seite wirklich wehtut.

Auch die Beschäftigten einiger Standorte des Versandhandels Amazon könnten bald wieder ihre Streikwesten anziehen. Der Konzern bereite sich schon auf neue Arbeitskämpfe vor, berichteten Beschäftigte in den vergangenen Wochen. Auch in diesen Auseinandersetzungen geht es um die Frage, ob die Beschäftigten nach dem Tarifvertrag des Versand- oder des Einzelhandels bezahlt werden. Letzteres fordern Verdi und viele Beschäftigte. Der Vorstand von Amazon will es hingegen bei der bisherigen Regelung belassen, nach der die Beschäftigten nach dem Tarifvertrag der Logistikbranche bezahlt werden – und dadurch einen niedrigeren Lohn erhalten.

Sollten sich die Beschäftigten in der Vorweihnachtszeit für den Arbeitskampf entscheiden, können sie an mehreren Standorten mit der Unterstützung linker Gruppen rechnen. Bereits im vergangenen Jahr hat sich in Leipzig das Bündnis »Streiksoli« gegründet, das vor allem von Studierenden getragen wird. »Wir sind alle Amazon« lautete das Motto des Bündnisses, das ein Vorbild auch für andere Städte war. Nach einem ersten bundesweiten Treffen im Frühsommer in Leipzig erörterten Mitte November in Frankfurt am Main etwa 30 Personen, wie eine bestmögliche Unterstützung von Arbeitskämpfen aussehen könnte. Es nahmen auch Beschäftigte von Amazon aus der Filiale im osthessischen Bad Hersfeld teil, die in der jüngsten Zeit zu einem Zentrum des Arbeitskampfs geworden ist. Über die Bedeutung der Streiksolidarität für eine weitere Zusammenarbeit von Studierenden und Beschäftigten schrieben Jana Werner und John Lütten in einem in der Reihe »Standpunkte« der Rosa-Luxemburg-Stiftung herausgegebenen Text: »Die Perspektive eines gemeinsamen Kampfes gegen prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen bleibt unvermindert relevant.«

Darin waren sich alle Teilnehmer des Treffens in Frankfurt am Main einig. Im Detail gab es aber durchaus Differenzen. Soll lediglich ein bundesweites Netzwerk der Streiksolidarität aufgebaut werden, wie es vor allem das Bündnis »Streiksoli« favorisiert? Oder soll sich das Bündnis auch ein kurzes Selbstverständnis geben? Hinter den Kontroversen in organisatorischen Fragen stehen auch politische Differenzen. Wie eng sollen Gruppen in der Streiksolidarität mit den DGB-Gewerkschaften kooperieren? Wie sollen sie reagieren, wenn die Gewerkschaftsvorstände, wie so oft in der Vergangenheit, einen Arbeitskampf gegen den Willen einer Mehrheit der Beschäftigten zu beenden versuchen und dabei Zugeständnisse an die Arbeitgeber machen, die von vielen Beschäftigten abgelehnt werden? Solche Konflikte zwischen einer durch den Arbeitskampf politisierten Belegschaft und den Verhandlungsführern der Gewerkschaft sind vor allem nach längeren Arbeitskämpfen häufig zu verzeichnen. Der Frage des Umgangs damit zieht sich durch die Geschichte der jüngeren außerbetrieblichen Streiksolidarität, die sich kaum auf Vorbilder in der Vergangenheit beziehen kann. An die wenigen erinnerte Jan Ole Arps in seinem 2011 im Verlag Assoziation A erschienenen Buch »Frühschicht«.

In den siebziger Jahren waren vor allem die verschiedenen kommunistischen Parteien und linke operaistische Gruppen für die Streiksolidarität verantwortlich. Sie waren allerdings in der Regel darum bemüht, eigene Betriebszellen zu gründen. Das Verhältnis zu den verschiedenen DGB-Führungen war überwiegend sehr angespannt. Gewerkschaftsvorstände verabschiedeten Unvereinbarkeitsbeschlüsse, kämpferische Kollegen waren schnell mit Gewerkschaftsausschlüssen konfrontiert. Vor einigen Wochen dokumentierte der Verlag »Die Buchmacherei« unter dem Titel »Macht und Recht im Betrieb« die exemplarische Auseinandersetzung bei BMW in Berlin zwischen 1984 und 1987. Auch damals fürchteten die Gewerkschaftsvorstände, dass politische Gruppen in den Streik eingreifen und die betrieblichen Auseinandersetzungen politisieren könnten.

Mit dem Niedergang der kommunistischen Parteien und der operaistischen Streiksolidarität schien zeitweilig auch die Politisierung von Streiks der Vergangenheit anzugehören. Doch auch die Gewerkschaften selbst gerieten in den vergangenen Jahrzehnten in die Krise. In vielen Branchen gelang es ihnen kaum noch, Tarifverträge durchzusetzen, weil der Organisationsgrad der Belegschaften zu gering war. Gewerkschaftstheoretiker erkannten, dass ohne gesellschaftliche Unterstützung in vielen Branchen Arbeitskämpfe kaum noch zu gewinnen waren, und suchten nach Bündnispartnern. Dabei trafen sie nicht auf kommunistische Kader, sondern auf außerparlamentarische Linke, die sich wieder verstärkt mit Kämpfen in der Arbeitswelt beschäftigten.

Bereits 2008 wurde der damalige Einzelhandelsstreik in Berlin von eigenständigen Solidaritätsbekundungen linker Gruppen begleitet. Die Initiative ging vom Bündnis »Euro-Mayday« aus, das mehrere Jahre lang am 1. Mai Demonstrationen von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen veranstaltete. Höhepunkt der damaligen Solidaritätsarbeit war die Aktion »Dichtmachen«, bei der im Juni 2008 eine Berliner Supermarktfiliale für mehrere Stunden blockiert wurde. Im Film »Ende der Vertretung« wurde die durchaus nicht konfliktfreie Kooperation der außerparlamentarischen Unterstützer mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi thematisiert. In Nordrhein-Westfalen unterstützten linke Gruppen bereits 2007 monatelang den Streik von Beschäftigten der Catering-Firma Gate Gourmet, der von der DGB-Gewerkschaft NGG und auch Basisgewerkschaften wie den Wobblies geführt wurde. Vielleicht ergibt sich in der Vorweihnachtszeit Gelegenheit zu ähnlichen Solidaritätsbekundungen.

http://jungle-world.com/artikel/2014/48/51003.html

Peter Nowak

Kampf gegen die Fußball-WM

BEWEGUNG Linke Aktivisten diskutieren in Leipzig über Flüchtlings- und Stadtpolitik. Gäste aus Venezuela und Brasilien berichten über ihre Heimat

BERLIN taz | „Wir sind eine der ältesten noch bestehenden Solidaritätsstrukturen in Deutschland“, betont Buko-Aktivistin Martina Meister. Sie gehört zur Bundeskoordination Internationalismus, die am Wochenende in Leipzig getagt hat. Mehr als 300 Interessierte waren gekommen. Ihnen wurde eine große Palette von Diskussionsveranstaltungen und Workshops geboten.

Gegen Profitlogik

Die zwei thematischen Schwerpunkte der Buko waren in diesem Jahr die Flüchtlingspolitik und das Recht auf Stadtbewegung. Dabei wurde der Blick über den Tellerrand ernst genommen. So waren unter anderem AktivistInnen aus Venezuela und Brasilien angereist, um über die Kämpfe um das Recht auf Stadt in ihren Ländern zu berichten. Die Bedingungen sind denkbar unterschiedlich.

Die AktivistInnen aus Venezuela berichten, dass sie durch das Landgesetz zahlreiche Rechte erhalten haben. Carla Hirt von der brasilianischen Bewegung gegen die Fußballweltmeisterschaft betonte auf der Konferenz, die Menschen in Leipzig und Rio de Janeiro würden gegen die Folgen der kapitalistischen Profitlogik kämpfen. Die transnationale Kooperation beschäftigt den Buko seit seiner Gründung vor 36 Jahren. Er wurde als loser Dachverband von Solidaritätsgruppen, Erste-Welt-Läden und entwicklungspolitischen Organisationen bereits 1977 gegründet und hat die Flaute der linken Bewegung bisher überlebt. „Der Buko ist immer ein Spiegelbild des Standes der außerparlamentarischen Linken“, betonte Buko-Aktivistin Martina Meister. Die Flüchtlingskämpfe und der Widerstand gegen Zwangsräumungen waren im letzten Jahr zentrale Kampffelder der außerparlamentarischen Linken geworden. Dass es keinen Kontakt zu den Leipziger Amazon-Beschäftigten gab, die seit Wochen für einen besseren Arbeitsvertrag streiken, bedauert Martina Meister. In diesem Jahr waren viele FlüchtlingsaktivistInnen auf der Konferenz vertreten. Sie machten sich am Sonntag von dort aus auf den Weg zu ihrem „Marsch für die Freiheit“ durch mehrere europäische Länder.

Von Leipzig fuhren sie mit dem Bus ins luxemburgische Schengen, um gegen die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit zu protestieren. „Das war ebenso ein gelungenes Beispiel für eine transnationale Solidarität wie der Auftritt der brasilianischen Aktivistin auf der Demo zum Erhalt eines Wagenplatzes in Leipzig“, meinte Marina Meister.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=in&dig=2014%2F06%2F02%2Fa0034&cHash=35b28b416c5bd1cc01445046bfce063e

Peter Nowak

Solidarität von der Pleiße bis an die Copa Cabana

In Leipzig kam die Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) zu ihrem 36. Kongress zusammen

Mietenkämpfe, Fußball-WM, Flüchtlingshilfe und Wagenplätze – die Themenpalette beim 36. BUKO-Kongress war breit gefächert.

Leipzig hat seit dem 24. Mai einen neuen Wagenplatz. Die Bewohner des Trailerparks wollen eine Brache im Osten der Stadt zu ihren Lebensmittelpunkt machen. Doch nun droht die Räumung. Am vergangenen Samstag gingen die Wagenplatzbewohner in Leipzig mit internationaler Unterstützung auf die Straße. In einem Redebeitrag erklärte Carla Hirt von der brasilianischen Bewegung gegen die Fußballweltmeisterschaft, in Leipzig wie in Rio de Janeiro kämpfen die Menschen gegen ein kapitalistisches System, dass den Profit zur einzigen Maxime erhoben habe. Eingeladen wurde Hirt von der Bundeskoordinierung Internationalismus (BUKO), der vom 29. Mai bis 1. Juni in der Leipziger tagte. »Wir sind eine der ältesten noch bestehenden Solidaritätsstrukturen«, betont BUKO-Aktivistin Martina Meister. Tatsächlich wurde der Dachverband von Solidaritätsgruppen, Eine-Welt-Läden und entwicklungspolitischen Organisationen bereits 1977 gegründet und hat die Flaute der linken Bewegung bisher überlebt. »Dabei sah die Perspektive des BUKO schon öfter schlecht aus«, betont Meister.

Als die Koordination 2008 für das 30. Jubiläum zum ersten Mal nach Leipzig eingeladen hatte, hätte kaum jemand darauf gewettet, dass sie sechs Jahre später erneut in der Stadt tagen wird. »Ohne viel unbezahltes Engagement wäre diese enorme Arbeit nicht zu leisten«, meint auch Joachim Kleist, der ebenfalls im ehrenamtlichen BUKO-Vorbereitungskreis tätig ist.

In diesem Jahr gab es auf dem Kongress zwei Themenkomplexe. Der eine kreiste um die Flüchtlingspolitik, der andere um die Mietenkämpfe, die auch unter dem Oberthema Recht auf Stadt diskutiert wurden. Wie ist es möglich, diese Bewegungen zusammenzuführen, lautete eine zentrale Frage auf verschiedenen Podiumsdiskussionen und Workshops. Die Notwendigkeit einer besseren Kooperation hat niemand bestritten. So betonte eine Aktivistin der Bewegung gegen Zwangsräumungen, dass der Grund für Mietschulden in dem wachsenden Niedriglohnsektor in Deutschland und der Sanktionspolitik der Jobcenter liege. Daher wäre der Kampf für höhere Löhne und die Abschaffung der Sanktionen für Hartz IV-Empfänger auch ein Beitrag dazu, dass es gar nicht erst zu Räumungsklagen kommt.

Ein Grund für die Schwierigkeiten, Gewerkschaften, Erwerbslosengruppen und Mieterinitiativen im Kampf gegen eine Zwangsräumung zusammenzubringen, sahen mehrere Konferenzteilnehmer in dem Fehlen einer linken Organisation, die in der Lage wäre, verschiedene Teilbereichskämpfe zu verbinden. Viele der ca. 300 BUKO-Teilnehmer sind an linken Organisationsprojekten wie der Interventionistischen Linken (IL) beteiligt. Andere wollen dezentrale Strukturen nicht zugunsten fester bundesweiter Organisationen ersetzen.

In der praktischen Kooperation war man sich einig. So machten Flüchtlinge auf ihrem Marsch für die Freiheit durch mehrere europäische Länder beim BUKO Zwischenstation. Von Leipzig fuhren sie mit dem Bus ins luxemburgische Schengen, um gegen die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit zu protestieren. »Das war ebenso ein gelungenes Beispiel für eine transnationale Solidarität wie der Auftritt der brasilianischen Aktivistin auf der Demo zum Erhalt eines Wagenplatzes in Leipzig«, meinte Martina Meister.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/934653.solidaritaet-von-der-pleisse-bis-an-die-copa-cabana.html

Peter Nowak

Schwierige Solidarität

Seit dem 04. Februar 2010 ist Tommy Tank in Haft.

Dem 24-Jährigen wurde vorgeworfen, Aktivist der „Militanten Gruppe Leipzig“ (MGL) und an mehreren ihrer Aktionen beteiligt gewesen zu sein. Ende August 2010 wurde er vor dem Leipziger Landgericht zu drei Jahren und sechs Monaten Haft wegen schwerer Brandstiftung, Störung des öffentlichen Friedens und versuchten Diebstahls verurteilt. Es gab nach seiner Festnahme und auch während des Verfahrens wenig Solidarität mit Tank. Selbst in linken Medien wurde kaum über diesen Fall berichtet. Teile der Leipziger Linken übertrugen ihre Ablehnung gegenüber der Leipziger Militanten Gruppe auf Tommy Tank, obwohl der von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und keine Angaben zu den Vorwürfen der Anklagebehörde machte, Mitglied der MGL zu sein. Er bekannte sich lediglich zu einem versuchten Einbruchsversuch in einen Computerladen, in dem er längere Zeit gearbeitet hatte. Erst als die Arge sein Beschäftigungsverhältnis nicht mehr finanzierte, musste er die Tätigkeit beenden. Deswegen sagte die Anwältin von Tank, Rita Belters, in ihrem Plädoyer in Bezug auf ihren Mandaten: „Wenn überhaupt, dann hätte er schon die Arge anzünden müssen, denn die hat seine Existenz zerstört.“ Weil sie noch ergänzte, dass er für eine solche Aktion wahrscheinlich Zustimmung in der Bevölkerung bekommen hätte, erntete sie wütende Reaktionen von Seiten der Arge und der Leipziger Lokalpresse. Streit um den

Status als politischer Gefangener

 Auch in linken Kreisen gab es viele Stimmen, die Tommy Tank den Status als politischer Gefangenen absprachen. Mit Verweis auf seine problematische Kindheit wurde erklärt, dass der Mann psychische Probleme habe. Auch auf Seiten der Justiz gab es ähnliche Überlegungen. Wie die örtliche Leipziger Presse während des Prozesses gegen Tank meldete, bestand durchaus die Gefahr, dass er nach einem Schuldspruch in eine geschlossene psychiatrische Klinik eingewiesen wird. Ein Gutachter beobachtete den nach Presseangaben „hochintelligenten Angeklagten“, um festzustellen, ob sich eine früher diagnostizierte Persönlichkeitsstörung verschlimmert habe. Gleichzeitig verneinte auch die Justiz einen politischen Hintergrund der Tank vorgeworfenen Anklagepunkte. So erklärte der in dem Verfahren zuständige Richter Jens Kaden: „Linke Ideen sind ihm völlig egal, er kümmert sich nur um sich.“ Auch spiele es keine Rolle, ob es die Militante Gruppe gebe, ob der Angeklagte dazugehöre oder ein Trittbrettfahrer sei.

Besondere Haftbedingungen

Trotz dieser Entpolitisierungsversuche ist Tank seit seiner Inhaftierung besonderen Haftbedingungen unterworfen, wie sie auch bei politischen Gefangenen bekannt sind. So wurden die Namen aller BesucherInnen seines Prozesses notiert, eine Beschwerde von Tanks Anwältin dagegen abgewiesen. Legale Publikationen, wie das Gefangenen Info (GI) und der Direct-Action-Kalender, wurden entweder schon bei der Zustellung zur Habe genommen oder bei der Zellendurchsuchung beschlagnahmt. Tank schrieb zur Beschlagnahme von drei Ausgaben des Gefangenen Infos im Sommer 2010: „Am 17.06. wurde ich gefragt durch einen Herrn Fuhrmann, auf welchem Weg mich die GI erreichten. Kurz danach rief er beim Sicherheitsbeamten der JVA an und teilte mir mit, dass der VS die GI angefordert habe und die Anstalt die drei Ausgaben dorthin schickte.“ Es ist sehr wahrscheinlich, dass durch die Beschlagnahme die Kommunikation zwischen Tank, anderen Gefangenen sowie UnterstützerInnen draußen erschwert werden soll. Hat er doch großes Interesse an politischer Auseinandersetzung gezeigt. So schreibt er in einem Brief über einen in Deutschland nach Paragraph 129b abgeurteilten türkischen Linken: „Noch mehr rührte mich die Situation Faruk Ererens. In einem Brief vom 7.11. schreibt er, sehr allein zu sein, dass ihm der Kontakt zu Menschen fehle und dass er versucht, sich mit Büchern und der Schreibmaschine zu beschäftigen. Faruk habe seit Monaten keinen Umschluss gehabt, weil die JVA niemanden finde, der mit ihm zusammengeschlossen werden könne. Darüber bin ich zutiefst gerührt. Diese Isolation ist sehr schädlich für die Menschen. Es dürfte nichts geben, was dieses Wegschließen rechtfertigt. Da geht man doch kaputt dran… Es darf nicht vergessen werden. dass es hier in Deutschland und in anderen Ländern diese „weiße Folter“ gibt. Eine schon zu RAF-Zeiten praktizierte Form, um die Leute zum Auspacken zu bringen. Lasst euch nicht brechen, das wünsche ich den Betroffenen.“ Es ist fraglich, ob diejenigen in der Linken, die Tank eine politische Motivation absprechen und seinen Status als politischer Gefangener in Zweifel ziehen, er in einem Brief über einen in Deutschland nach Paragraph 129b abgeurteilten türkischen Linken: „Noch mehr rührte mich die Situation Faruk Ererens. In einem Brief vom 7.11. schreibt er, sehr allein zu sein, dass ihm der Kontakt zu Menschen fehle und dass er versucht, sich mit Büchern und der Schreibmaschine zu beschäftigen. Faruk habe seit Monaten keinen Umschluss gehabt, weil die JVA niemanden finde, der mit ihm zusammengeschlossen werden könne. Darüber bin ich zutiefst gerührt. Diese Isolation ist sehr diese Briefe überhaupt gelesen haben. AktivistInnen des Netzwerks für politische Gefangene, des Gefangenen Infos, der Roten Hilfe Magdeburg und anderer linker Gruppen haben die Kommunikation mit Tank in Form von Besuchen und Briefen aufgenommen und organisieren Informationsveranstaltungen.

http://www.18maerz.de/web/media/files/rh-zeitung-180311_web.pdf

Peter Nowak

aus Sonderausgabe der roten hilfe, März 2011