Bauarbeiter klagen Lohn ein

JUSTIZ Radikale Gewerkschaft unterstützt geprellte Bauarbeiter des Einkaufstempels Mall of Berlin

Der Arbeitskampf um die Fertigstellung des Einkaufszentrums Mall of Berlin wird nun die Gerichte beschäftigten. Insgesamt zehn Klagen hat der Anwalt der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) in der vergangenen Woche beim Berliner Arbeitsgericht eingereicht. Sie richten sich gegen zwei Subunternehmen. Kläger sind Bauarbeiter aus Rumänien, die über die beiden Leiharbeitsfirmen auf der Baustelle der Mall of Berlin beschäftigt und nach eigenen Angaben um einen Großteil ihres Lohns geprellt worden waren.

Gemeinsam mit der FAU hatten die Bauarbeiter in den vergangenen Monaten zahlreiche Protestaktionen rund um das höherpreisige Einkaufszentrum organisiert (taz berichtete). Im Zentrum der Kritik stand dabei auch der mittlerweile insolvente Generalübernehmer und der Bauherr Harald Huth. Zudem hat die FAU einen offenen Brief an die Senatorin für Arbeit, Dilek Kolat (SPD), verfasst. Darin will sie von der Senatorin wissen, warum die Landesgesetze zulassen, dass in Berlin Unternehmen aktiv sind, die nicht gewährleisten könnten, „dass die von ihnen oder ihren Subkontraktoren beschäftigten ArbeiterInnen ordentlich behandelt und entlohnt werden“. Die FAU moniert zudem, dass die um ihre Löhne geprellten Bauarbeiter keinerlei Unterstützung vom Senat erhalten habe.

Monatelang mittellos

Die Gewerkschaft betont, dass auch der Rechtsweg für die Betroffenen oft keine Lösung ist. „Wer von ihnen kann es bewältigen, hier monatelang mittellos auszuharren, rechtliche Verfahren einzuleiten und möglicherweise durch verschiedene Instanzen zu gehen?“ Allein diese Hürde sorge dafür, dass die Bauunternehmer mit ihren „dubiosen Praktiken“ davonkommen könnten, heißt es in dem Brief. Ein Sprecher der Senatorin sagte der taz, bisher habe man das Schreiben nicht erhalten.

Auch die Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Linksfraktion im Bundestag, Azize Tank, sieht die Berliner Politik in der Verantwortung. „Der Senat muss dafür sorgen, dass die Finanzkontrolle eingeschaltet wird, um auf die Missstände endlich zu reagieren“, sagte sie der taz.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2015%2F03%2F31%2Fa0142&cHash=749ad5fa222354dc7ec71e9bb0ddc110

Peter Nowak

Shopping-Schande

Maulkorb für den FAU-Protest gegen die „Mall of Shame“

Seit Ende November unterstützt die Basisgewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) rumänische Bauarbeiter, die über eine Leiharbeitsfirma beim Bau des Einkaufszentrums Mall of Berlin beschäftigt waren und um einen Großteil ihres Lohns geprellt wurden. Bei Kundgebungen wurde von den ehemaligen Beschäftigten immer wieder auch auf die Verantwortung des ehemaligen Generalunternehmens der Mall of Berlin, die Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, hingewiesen. Das versucht deren Inhaber Andreas Fettchenhauer jetzt, juristisch zu verhindern. In einer einstweiligen Verfügung, die der FAU Mitte Januar zuging, wurde der Gewerkschaft die Aussage verboten, sie befinde sich mit Andreas Fettchenhauer in einem Arbeitskampf. Ebenfalls untersagt wurde ihr die Behauptung, Fettchenhauer habe im Zusammenhang mit dem Arbeitskonflikt „eine große negative Öffentlichkeit“ erhalten. Auch dass die Firma Fettchenhauer für „massive Schwarzarbeit“ und die „Nichtabführung von Beiträgen an die Versicherungsträger“ verantwortlich sei, darf die FAU nicht mehr behaupten. Bei einer Zuwiderhandlung droht der Gewerkschaft ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro und den verantwortlichen Sekretären eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.

Der Pressesekretär der Berliner FAU, Stefan Kuhnt, sieht in der einstweiligen Verfügung einen Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit. Die FAU Berlin musste inzwischen mehrere Texte auf ihrer Homepage ändern. „Einstweilige Verfügungen sind ein gängiges Mittel gegen Gewerkschaften“, erklärt die FAU-Sekretärin Nina Matzek. Die FAU  hat  rechtliche Schritte dagegen eingeleitet,  die allerdings mit zusätzlichen Kosten verbunden sind, die die Gewerkschaft lieber in den Arbeitskampf investieren würde. Im Falle eines Widerspruchs könnte sie auf das kritische Pressecho zur Mall of Berlin ebenso wie auf die aktuelle Rechtslage hinweisen. „Die rechtliche Situation sieht vor, dass die Auftraggeber für die ausstehenden Löhne haften, wenn ein Subunternehmer nicht bezahlt“, erklärt Kuhnt.

Um den Lohn betrogen

Mit der einstweiligen Verfügung reagiert Fettchenhauer nun darauf, dass nicht nur der Subunternehmer, sondern auch seine Firma im Dezember durchaus in der Medienöffentlichkeit stand. Zahlreiche Zeitungen berichteten über den Arbeitskampf, auch im Deutschlandfunk gab es zwei Beiträge. Die Mall of Berlin ist ein Einkaufszentrum für die gehobenen Ansprüche in der Nähe des Potsdamer Platzes. Anfang Dezember begann eine Gruppe von acht rumänischen Bauarbeitern, unterstützt von der FAU, vor dem Eingang der Mall ihren Protest. Die Rumänen hatten auf der Baustelle der Mall gearbeitet und waren um einen Teil ihres Lohnes betrogen worden. Insgesamt 3000 Euro wurden ihnen vorenthalten. Die für den Bau der Mall of Berlin zuständigen Unternehmen schoben sich die Verantwortung für die nicht bezahlten Löhne wechselseitig zu. Die Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, die der Generalunternehmer auf der Baustelle war und mittlerweile Insolvenz angemeldet hat, verwies auf die Subunternehmen Metatec-Fundus GmbH & Co. KG aus Berlin sowie openmallmaster GmbH aus Frankfurt/Main. Beide Unternehmen lassen Presseanfragen unbeantwortet

Nachdem der Kampf um die vorenthaltenen Löhne auch die Öffentlichkeit erreicht hatte, fragten mehrere Zeitungen, wo denn der DGB in dem Konflikt bleibe. Tatsächlich hatten die Bauarbeiter sich Ende Oktober zunächst an den DGB-Berlin Brandenburg gewandt und nach Unterstützung gefragt. Das im dortigen Gewerkschaftshaus angesiedelte „Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte“ nahm Kontakt mit den Unternehmen auf und schrieb Geltendmachungen. Außer Abschlagszahlungen, die nur einen Bruchteil des vorenthaltenen Lohnes ausmachten, konnten die Bauarbeiter auf diesem Weg allerdings nichts erreichen. Sie hatten weder Arbeitsverträge noch Gewerbescheine – das macht die Durchsetzung ihrer Ansprüche schwierig. Einige nahmen die Abschlagszahlungen und unterzeichneten zudem eine vom Unternehmen vorbereitete Erklärung, nach der sie auf weitere rechtliche Schritte verzichten sollten. Andere beharrten darauf, ihren vollen Lohn zu erhalten und wollten weiter gehen.

Eine politische Kampagne hatte der DGB jedoch nicht geplant. Erst nachdem sich die verbliebenen Bauarbeiter an die FAU wandten, begann die wochenlange Öffentlichkeitsarbeit, die nun mit der einstweiligen Verfügung beantwortet wird. Die FAU betont, dass sie die Kollegen weiterhin im Kampf um die vorenthaltenen Löhne unterstützen wird, u.a. durch Klagen gegen die Subunternehmen vor dem Arbeitsgericht. Zudem erinnert die FAU mit gezielten Aktionen immer wieder an die Verantwortung des Generalunternehmens Fettchenhauer. Dafür bekamen sie jetzt Unterstützung von unerwarteter Seite.

„Ein Generalunternehmen haftet gegenüber Arbeiterinnen und Arbeitern nachgeordneter Unternehmer und Subunternehmer, wenn diese ihren Arbeitgeberverpflichtungen nicht nachkommen“, stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Ministerin Andrea Nahles (SPD) fest. So geht es aus einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Azize Tank (parteilos, für DIE LINKE) hervor. Die Sprecherin für Soziale Menschenrechte hatte nach der aktuellen Rechtslage gefragt. „Nach Paragraf 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, wie ein Bürge“, heißt es in der Antwort des Ministeriums. Damit referiert das Ministerium die seit 2002 geltende Rechtslage. Angesichts der Insolvenz des Generalunternehmens Fettchenhauer ist es trotzdem schwierig, die Forderungen durchzusetzen. Die FAU führt zunächst Klage gegen die Subunternehmen, behält sich aber auch eine Klage gegen den Generalunternehmer vor. Fettchenhauer arbeitet nach der Pleite seines vormaligen Unternehmens nun unter dem Firmennamen Fettchenhauer Construction weiter. Interessanterweise pflegt er auch zu dem Investor der Mall of Berlin, Harald Huth, weiterhin geschäftliche Beziehungen – Huth hatte nach Bekanntwerden des Skandals in der Berliner Zeitung vom 11.12. 2014 behauptet, dass die Geschäftsbeziehungen zu Fettchenhauer beendet worden seien.  „So wollen wir nicht mehr weiter- machen. Die Zusammenarbeit ist im Nachhinein sicher ein Fehler gewesen“, wird Huth in dem Blatt zitiert.

Die FAU braucht für die Fortführung des Arbeitskampfs Unterstützung und Spenden. Spenden können für den Arbeitskampf können auf folgendes Konto  überwiesen werden

Konto-Inh.: Allgemeines Syndikat Berlin
IBAN: DE45 1605 0000 3703 0017 11
BIC: WELA DE D1 PMB
Verwendungszweck: Spende

aus:

express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 2/2015

http://www.labournet.de/express/

Peter Nowak

Um Löhne geprellte Bauarbeiter

Mall of Berlin – ausbeuterisch errichtet

Seit mehreren Wochen unterstützt die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter-Union (FAU) rumänische Bauarbeiter, die bei der Mall of Berlin beschäftigt waren und um einen Großteil ihres Lohns geprellt wurden. Auf Kundgebungen hatten die ehemaligen Beschäftigten auch auf die Verantwortung des ehemaligen Generalunternehmens der Mall of Berlin, der Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, hingewiesen.

Der Inhaber der Firma, Andreas Fettchenhauer, geht jetzt mit juristischen Mitteln gegen die Vorwüfe der Bauarbeiter vor. In einer einstweiligen Verfügung, die der FAU Mitte Januar zuging, wurde der Gewerkschaft die Aussage verboten, sie befinde sich mit Andreas Fettchenhauer in einem Arbeitskampf. Ebenfalls untersagt wurde ihr die Behauptung, Fettchenhauer habe im Zusammenhang mit dem Arbeitskonflikt «eine große negative Öffentlichkeit» erhalten. Auch dass gegen die Firma Fettchenhauer der Vorwurf der «massiven Schwarzarbeit» und der «Nichtabführung von Beiträgen an die Versicherungsträger» erhoben worden sei, darf die FAU nicht mehr behaupten. Bei Zuwiderhandlung droht ihr ein Ordnungsgeld von 250000 Euro und den verantwortlichen Sekretären eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.

Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit

Der Pressesekretär der Berliner FAU, Stefan Kuhnt, sieht in der einstweiligen Verfügung einen Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit. Die FAU Berlin musste inzwischen mehrere Texte auf ihrer Homepage ändern. «Einstweilige Verfügungen sind ein gängiges Mittel gegen Gewerkschaften», erklärt die FAU-Sekretärin Nina Matzek. Sie kritisiert, dass ein Richter die einstweilige Verfügung erlassen hat, ohne der Gewerkschaft Gelegenheit zu geben sich zu äußern. Dann hätte sie auf das kritische Pressecho zur Mall of Berlin in den letzten Wochen ebenso hinweisen können wie auf die aktuelle Rechtslage. «Die rechtliche Situation sieht vor, dass wenn ein Subunternehmen nicht bezahlt, die Auftraggeber für die ausstehenden Löhne haften», erklärt Kuhnt.

Unterstützung bekommt die Gewerkschaft von der Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Bundestagsfraktion Die LINKE, Azize Tank: «Es ist doch kein Geheimnis, dass seit Wochen ein Arbeitskampf der um ihre Löhne geprellten rumänischen Bauarbeiter der Mall of Berlin geführt wird. Nach meinem Kenntnisstand wurden auch auf der Baustelle offenbar sozialversicherungsrechtliche Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt. Ich werde mich weiterhin parlamentarisch für eine Aufklärung bemühen», erklärte die Bundestagsabgeordnete in einer Pressemitteilung.

Um den Lohn betrogen

Mit der Einstweiligen Verfügung reagiert Fettchenhauer nun darauf, dass seine Firma im Dezember in der Medienöffentlichkeit stand. Zahlreiche Zeitungen berichteten über den Arbeitskampf, im Deutschlandfunk gab es zwei Beiträge dazu.

Die Mall of Berlin ist ein Einkaufszentrum für gehobene Ansprüche in der Nähe des Potsdamer Platzes. Anfang Dezember begann eine Gruppe von acht rumänischen Bauarbeitern vor dem Eingang der Mall zu protestieren und wurde dabei von der FAU unterstützt. Die Arbeiter hatten auf der Baustelle der Mall of Berlin gearbeitet und wurden um ihren Lohn betrogen. Insgesamt hat man ihnen 3000 Euro vorenthalten.

Die für den Bau der Mall of Berlin zuständigen Unternehmen schoben sich die Verantwortung für die nicht bezahlten Löhne gegenseitig zu. Die Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, Generalunternehmer auf der Mall of Berlin, die mittlerweile Insolvenz angemeldet hat, verwies auf die Subunternehmen Metatec-Fundus GmbH & Co. KG aus Berlin sowie die openmallmaster GmbH aus Frankfurt am Main. Beide Unternehmen beantworten keine Presseanfragen.

Politik nicht zuständig

In einer schriftlichen Anfrage wollte die Abgeordnete Azize Tank von der Bundesregierung wissen, wie sie die Forderungen der rumänischen Bauarbeiter unterstützt. In der Antwort erklärte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, der Bundesregierung lägen keine Erkenntnisse über Missstände bei den Arbeitsverhältnissen auf der Mall vor. Sie verwies auf den Rechtsweg, der den geprellten Arbeitern offenstehe. Für Tank zeugt diese Antwort von Ignoranz für die realen Probleme: «Die Bundesregierung will wieder mal von Missständen mit Leiharbeitsfirmen nichts wissen, dabei ist sie hierfür selbst verantwortlich.»

Sie sieht in dem bereits unter Rot-Grün geschaffenen Billiglohnbereich und der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse die Grundlagen für eine Praxis der Lohndrückerei, die nicht nur bei der Mall of Berlin Schlagzeilen macht. Die Bauarbeiter seien gezielt unter Verletzung der Bestimmungen über den Mindestlohn zu ausbeuterischer Arbeit gedrängt worden. «Hier ist die Bundesregierung durch den von ihr unterzeichneten UN-Sozialpakt in der Pflicht, die rechtliche Grundlage zu schaffen, dass die Beschäftigten zu ihrem Recht kommen.» Die FAU setzt auch nach der einstweiligen Verfügung gemeinsam mit den Bauarbeitern den Kampf um ihren Lohn fort.

aus: Soz Nr. 02/2015 |


von Peter Nowak

Hoffnung für »Mall of Berlin«-Arbeiter

Bundesarbeitsministerium: Generalunternehmer sind bei Lohnprellerei in der Pflicht

Seit Wochen kämpfen Rumänen für Löhne, die ihnen beim Bau der »Mall of Berlin« vorenthalten wurden. Eine Einschätzung des Bundesarbeitsministeriums stärkt den Bauarbeitern den Rücken.

Die rechtliche Einschätzung könnte den rumänischen Bauarbeitern von der »Mall of Berlin« helfen. »Ein Generalunternehmen haftet gegenüber Arbeiterinnen und Arbeitern nachgeordneter Unternehmer und Subunternehmer, wenn diese ihren Arbeitgeberverpflichtungen nicht nachkommen«, stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von Ministerin Andrea Nahles (SPD) fest. So geht es aus einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Azize Tank (parteilos, für LINKE) hervor. Die Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Sozialisten hatte nach der aktuellen Rechtslage gefragt. »Nach Paragraf 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, wie ein Bürge«, heißt es in der »nd« vorliegenden Antwort weiter.

Damit wird auch die Position der Freien Arbeiter Union (FAU) bestätigt, die sich für die rumänischen Bauarbeiter stark macht. Die Basisgewerkschaft hatte in der Vergangenheit in Pressemitteilungen immer wieder auf eine Verantwortung des Generalunternehmers Andreas Fettchenhauer hingewiesen. Der hatte die Verantwortung für die Zahlung der Löhne stets zurückgewiesen. Mit einer einstweiligen Verfügung, die Anfang Januar erlassen wurde, hatte er der FAU die Behauptung verbieten lassen, dass sie sich mit ihm in einem Arbeitskampf befindet. Der Generalunternehmer hat immer darauf verwiesen, dass die Rumänen bei Subunternehmern beschäftigt waren.

»Fettchenhauer steht als Generalunternehmer bzw. Bauherr für die Zahlung des ausstehenden Lohns mit in der Verantwortung«, betonte dagegen Azize Tank. Das gehe aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums hervor. Es erscheine in diesem Falle unerheblich, ob es schriftliche Arbeitsverträge oder nur mündliche Absprachen zur Verrichtung der Arbeit gab. »Die Arbeit wurde verrichtet und nun müssen endlich die Löhne gezahlt werden«, fordert Tank. Jetzt gehe es darum, dass die Ansprüche rechtlich eingeklagt werden.

Bereits seit  Wochen wurden diese Klagen vorbereitet, erklärt ein Sprecher der FAU. Tank will nun weitere Anfragen stellen. Sie will wissen, ob es Informationen über die Zahl der um Löhne betrogenen Arbeitnehmer gibt und wie viele Betroffene sich wehren.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/960578.hoffnung-fuer-mall-of-berlin-arbeiter.html

Peter Nowak

Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit

ARBEIT Die Freie Arbeiter Union (FAU) setzt sich für rumänische Bauarbeiter ein. Nun bekommt sie Ärger

Seit mehreren Wochen unterstützt die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) 20 rumänische Bauarbeiter, die über eine Leiharbeitsfirma bei der Mall of Berlin beschäftigt waren und um einen Großteil ihres Lohns geprellt wurden. Bei Kundgebungen wurde von den ehemaligen Beschäftigten auch auf die Verantwortung des ehemaligen Generalunternehmens der Mall of Berlin, der Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, hingewiesen.

Jetzt hat deren Inhaber Andreas Fettchenhauer in einer der taz vorliegenden Einstweiligen Verfügung der FAU verboten zu behaupten, dass sie sich mit seiner Firma in einem Arbeitskampf befindet. Ebenfalls untersagt wurde ihr, den Eindruck zu erwecken, Fettchenhauer habe im Zusammenhang mit dem Arbeitskonflikt „eine große negative Öffentlichkeit erhalten“. Bei einer Zuwiderhandlung droht der Gewerkschaft ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro und den Verantwortlichen eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Die FAU Berlin musste Texte auf ihrer Homepage ändern.

„Einstweilige Verfügungen sind ein gängiges Mittel gegen Gewerkschaften“, erklärt die FAU-Sekretärin Nina Matzek und spricht von einem Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit. Sie kritisiert, dass ein Richter die Einstweilige Verfügung erlassen hat, ohne der Gewerkschaft Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Dann hätte sie auf das kritische Pressecho zur Mall of Berlin ebenso wie auf die aktuelle Rechtslage hinweisen können. „Die rechtliche Situation sieht vor, dass, wenn ein Subunternehmen nicht bezahlt, die Auftraggeber für die ausstehenden Löhne haften“, erklärt auch der Pressesekretär der FAU-Berlin, Stefan Kuhnt. Unterstützung bekommt die FAU von der Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Bundestagsfraktion, Azize Tank (Linke): „Es ist kein Geheimnis, dass seit Wochen ein Arbeitskampf der rumänischen Bauarbeiter geführt wird. Nach meinem Kenntnisstand wurden sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt. Ich werde mich weiterhin um Aufklärung bemühen.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F01%2F19%2Fa0094&cHash=8127f4f6fbd56442433cb6e5dcf4cf25

Peter Nowak

»Mall of Berlin« gegen die FAU

Unternehmer erwirkt Einstweilige Verfügung gegen Gewerkschaft

Die FAU, die sich nach eigenen Angaben für um den Lohn geprellte Arbeiter einsetzt, darf öffentlich keine Kritik mehr am Bauherren der »Mall of Berlin« üben.

Seit mehreren Wochen unterstützt die Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) acht rumänische Bauarbeiter, die über eine Leiharbeitsfirma bei der »Mall of Berlin« beschäftigt waren und um einen Großteil ihres Lohns geprellt wurden. Bei Kundgebungen wurde von den ehemaligen Beschäftigten auch auf die Verantwortung des ehemaligen Generalunternehmens der Mall of Berlin, die Firma Fettchenhauer Controlling & Logistic, hingewiesen. Jetzt hat deren Inhaber Andreas Fettchenhauer in einer »nd« vorliegenden Einstweilige Verfügung der FAU verboten, zu behaupten, dass sie sich mit seiner Firma in einen Arbeitskampf befindet. Ebenfalls untersagt wurde ihr, den Eindruck zu erwecken, Fettchenhauer habe im Zusammenhang mit dem Arbeitskonflikt »eine große negative Öffentlichkeit erhalten« Die FAU darf künftig auch nicht mehr behaupten, dass es gegen die Firma Fettchenhauer Vorwürfe der »massiven Schwarzarbeit« und der »Nichtabführung von Beiträgen an die Versicherungsträger« gegeben hat. Bei einer Zuwiderhandlung droht der Gewerkschaft ein Ordnungsgeld von 250 000 Euro und den verantwortlichen Sekretären eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Die FAU Berlin musste inzwischen mehrere Texte auf ihrer Homepage ändern.

»Einstweilige Verfügungen sind ein gängiges Mittel gegen Gewerkschaften«, sagt FAU-Sekretärin Nina Matzek und spricht von einem Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit. Sie kritisiert, dass ein Richter die Einstweilige Verfügung erlassen hat, ohne der Gewerkschaft Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Dann hätte sie auf das kritische Pressecho zur Mall of Berlin in den letzten Wochen ebenso wie auf die aktuelle Rechtslage hinweisen können. »Die rechtliche Situation sieht vor, dass wenn ein Subunternehmen nicht bezahlt, die Auftraggeber für die ausstehenden Löhne haften«, erklärt auch der Pressesekretär der FAU-Berlin, Stefan Kuhnt. Für ihn ist die Auseinandersetzung mit der Einstweiligen Verfügung nicht beendet. »Jetzt wird der Fall politisch.«

Unterstützung bekommt die FAU von der Sprecherin für Soziale Menschenrechte der Bundestagsfraktion der Linkspartei, Azize Tank. »Es ist doch kein Geheimnis, dass seit Wochen ein Arbeitskampf der um ihre Löhne geprellten rumänischen Bauarbeiter der Mall of Berlin geführt wird. Nach meinem Kenntnisstand, wurden auch auf der Baustelle sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt. Ich werde mich auch weiterhin parlamentarisch für eine Aufklärung bemühen. Ein perfides System der Ausbeutung von Wanderarbeitern darf es weder in Berlin noch anderswo geben«, erklärt die Bundestagsabgeordnete dem »nd«.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/958790.mall-of-berlin-gegen-die-fau.html

Peter Nowak

Arbeitsministerium sind geprellte Arbeiter egal

Rumänische Bauarbeiter der Mall of Berlin, die um ihren Lohn betrogen wurden, warten auf Antwort

Niemand will für die ausstehenden Löhne der Bauarbeiter verantwortlich sein. Weder die Firmen noch die Bundesregierung. Die verweist auf einen Rechtsweg, der den Rumänen kaum helfen wird.

»Das besondere Einkaufserlebnis« – damit wirbt die kürzlich eröffnete Mall of Berlin mit 270 Geschäften am Leipziger Platz um zahlungskräftige Kunden. Bogdan Droma ist nicht gemeint. Er gehört zu einer Gruppe von neun rumänischen Bauarbeitern, die um ihren Lohn betrogen wurden. 3000 Euro wurden ihnen vorenthalten. Die für den Bau zuständigen Unternehmen schieben sich die Verantwortung für die ausstehenden Löhne gegenseitig zu. Generalunternehmer Fettchenhauer Controlling & Logistic, mittlerweile insolvent, verweist auf die Subunternehmen Metatec-Fundus und openmallmaster. Beide Unternehmen lassen Presseanfragen unbeantwortet.

»Die Leidtragenden der mafiösen Strukturen, die das Ausbeutungssystem Mall of Berlin auszeichnen, sollen wieder einmal die Arbeiter sein«, kritisiert die kleine linke Basisgewerkschaft FAU. Sie fordert Investor Harald Huth zur Zahlung der Löhne auf. Auch die Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte beim DGB Berlin-Brandenburg und die Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation unterstützen die rumänischen Arbeiter.

Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Azize Tank sieht auch die Politik in der Verantwortung. »Anstatt sich ihrer Verantwortung zu stellen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um Arbeitsausbeutung zu verhindern, wiegt sich die Bundesregierung in Unwissenheit und entzieht sich ihrer Verpflichtung«, moniert Tank. Die Abgeordnete hatte die Bundesregierung schriftlich gefragt, wie sie die Forderungen der rumänischen Bauarbeiter unterstützt. Doch die weiß nichts von Missständen bei den Arbeitsverhältnissen auf der Mall of Berlin, wie das Bundesarbeitsministerium mitteilt und verweist auf den Rechtsweg, der den geprellten Arbeitern offen stehe.

Für Tank zeugt diese Antwort von Ignoranz. »Die Bundesregierung will wiedermal von Missständen mit Leiharbeitsfirmen nichts wissen, dabei ist sie hierfür selbst verantwortlich.« Sie sieht in dem unter Rot-Grün gezielt geförderten Billiglohnbereich und der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse die Grundlage für Lohndrückerei, die nicht nur bei der Mall of Berlin Schlagzeilen macht. Unter Verletzung der Bestimmungen über den Mindestlohn seien die Bauarbeiter der Mall zu ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen gedrängt worden. Die Männer arbeiteten ohne Arbeitsvertrag.

Ein Mitarbeiter der ver.di-Geschäftsstelle in Berlin betonte gegenüber »nd«, dass ein Urteil des Bundesgerichtshofs im letzten Jahr die Durchsetzung der Rechte der Beschäftigen erschwert habe. Es hatte entschieden, dass Beschäftigte, die sich auf Schwarzarbeit einlassen, ihren Lohn nicht einklagen können. Hier würden unter dem Vorwand des Kampfs gegen Schwarzarbeit die Rechte von ausländischen Arbeitern erschwert, kritisiert die FAU. Eine Lohnarbeit ohne Arbeitsvertrag werde als Schwarzarbeit bewertet, ohne zu berücksichtigen, dass den Beschäftigten, die das deutsche Rechtssystem nicht kennen, der Vertrag von den Unternehmen verweigert wurde.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/955270.arbeitsministerium-sind-geprellte-arbeiter-egal.html

Peter Nowak

Es sind nur noch wenige Überlebende

Azize Tank über die längst überfällige Gesetzesnovelle zu den sogenannten Ghettorenten und diskriminierte Ghettobeschäftigte in Polen

Der Bundesrat hat am letzten Freitag die Gesetzesnovelle zur rückwirkenden Zahlung von sogenannten Ghettorenten gebilligt. Bis dahin war es ein weiter Weg. Warum dauerte die Entscheidung so lange?
Ähnlich wie beim Kampf um die Entschädigungen für ZwangsarbeiterInnen gingen auch der Auszahlung von Ghettorenten zahlreiche Klagen und Gerichtsverfahren von Opferseite voraus. Über Jahre sind positive Entscheidungen für die Überlebenden von den Rentenversicherungsträgern verschleppt und verhindert worden. Damit sparen die Rentenversicherungsträger viel Geld, das ehemaligen jüdischen ArbeiterInnen in nationalsozialistischen Ghettos zusteht. Trotz zahlreicher Missstände und Hindernisse bei der Auszahlung, vor allem wegen der Blockadehaltung der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, kam es im Jahr 2002 dennoch endlich zur Verabschiedung des Gesetzes. Es dauerte weitere zwölf Jahre, bis die Bundesregierung, auch durch den Druck der Linksfraktion, einlenkte und bereit war, endlich die Ghettorenten rückwirkend ab 1997 auszuzahlen.

Was bleibt noch zu tun?
Ghettobeschäftigte mit Wohnsitz in Polen werden leider immer noch diskriminiert. Wir haben in den letzten Monaten intensiv für eine Lösung gekämpft. Wir fordern, dass es im September während der deutsch-polnischen Regierungskonsultationen endlich zum Abschluss eines Abkommens mit der Republik Polen kommt.

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Wir haben im Juni die Bundesregierung gefragt, welche Schlussfolgerungen sie nach einem Treffen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit dem Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik in Polen zieht bezüglich der Ghettorenten an bislang von den Zahlungen Ausgeschlossene. Sie räumt in der Antwort ein, dass das im Zusammenhang mit historischen Umständen zu sehen ist. Das deutsch-polnische Sozialabkommen bereinigte durch die Gebietsveränderungen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg entstandene Probleme, die die Bevölkerungsverschiebungen mit sich brachten. Das hat aber nichts mit Ghettorenten zu tun. Um die Diskriminierung der Ghettobeschäftigten mit Wohnsitz in Polen zu beenden, muss Deutschland abweichend von dem Abkommen von 1975 einen Vertrag mit Polen abschließen.

Wie viele Menschen beträfe das?
Von den 1000 im Jahre 2000 von der Jüdischen Kombattanten-Vereinigung gestellten Anträgen auf Rente leben heute nur noch rund 250 Personen.

Wie reagieren Organisationen der NS-Verfolgten in Polen und in Deutschland?
In Polen herrscht angesichts der jüngsten Entwicklungen verhaltener Optimismus. Neben den polnischen Juden sind nach wie vor vermutlich 15 000 bis 25 000 Überlebende weltweit von jeglichen Ghettorenten ausgeschlossen, insbesondere aus Gegenden wie Transnistrien und Ungarn. Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte ebenfalls eine zügige Beseitigung der Diskriminierung polnischer Juden. Auch das Internationale Auschwitz-Komitee und die Berliner VVN-BdA setzen sich für eine schnelle Übereinkunft ein.

Wie beurteilen Sie die Versuche, fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs den Kreis der berechtigten Ghettorenten-Empfänger weiter einzuschränken?
Das Problem ist, dass wegen der totalen Verweigerungshaltung der Rentenversicherung bis 2009 und mancher bis heute andauernder Blockaden über 25 000 eigentlich berechtigte Überlebende starben, ohne je eine Rente erhalten zu haben. Und das, obwohl sie einen Antrag gestellt hatten! Dank der Rückendeckung durch Politik und Justiz konnten die deutschen Rentenversicherer massenhaft Anträge ablehnen. Was wir bis heute sehen, ist die Kontinuität einer »Wiedergutmachung«, die immer nur dann stattfindet, wenn der politische Druck zu groß wird.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/939403.es-sind-nur-noch-wenige-ueberlebende.html

Interview: Peter Nowak