Wowereit widerspricht dem Bild der Steuergerechtigkeitspartei SPD und wird von der Partei unterstützt
Wenn es nach der Berliner SPD geht, hat es nie eine Krise um den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit gegeben. „Einstimmige Unterstützung für Klaus Wowereit“ heißt es in der Pressemeldung. Der Landesvorsitzende Jan Stöß, der in den letzten Tagen in den Medien schon mal in einer gewissen Distanz zu Wowereit gerückt und sogar als potentieller Nachfolger ins Gespräch gebracht wurde, erklärte dann öffentlich, der Landesvorstand der SPD habe Wowereit einstimmig den Rücken gestärkt.
Für die SPD ist diese Verteidigungshaltung nicht ungefährlich. Die jüngste Kritik entzündete sich an Wowereit an dessen Umgang mit dem langjährigen Kulturstaatssekretär und Multifunktionär Andre Schmitz. Schmitz hatte eine größere Geldsumme auf einen Schweizer Konto angelegt und nicht versteuert. Deswegen musste er zurücktreten. Wowereit geriet schnell mit in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass er über die Steuerhinterziehung seines Parteifreundes seit 2012 unterrichtet war und darin keinen Rücktrittsgrund gesehen hatte.
Ein Regierender Bürgermeister und führender SPD-Politiker, der so nonchalant mit Steuersäumigen umgeht, passt eigentlich nicht zum Image der Steuergerechtigkeitspartei, das sich die SPD schon seit Längerem geben will. So hat sie sich vehement gegen ein Abkommen mit der Schweiz gewehrt, das die vorherige Bundesregierung plante, weil es Steuerhinterzieher schone. Die SPD-regierten Länder ließen denn auch dieses Abkommen im Bundesrat scheitern. Da stellt sich natürlich die Frage, warum dann solche Milde praktiziert wird, wenn ein SPD-Politiker unter den Steuersäumigen ist.
„Ich stehe zu meiner Entscheidung“
Wowereit macht es seinen parteiinternen Kritikern nicht leicht. Denn er denkt gar nicht daran, sein Festhalten an Schmitz als Fehler zu bezeichnen. In einer Erklärung im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus bekräftigte er am Montag noch einmal, dass er zu der Entscheidung steht und darin eine Frage der Loyalität sieht.
Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass das „außerdienstliche Verhalten“ von Schmitz zu einer Verletzung der dienstlichen Pflichten geführt habe, sagte nun Wowereit. Er hätte ihn deshalb „nie und nimmer“ entlassen können. In der SPD hat Wowereit die Vorstandsmitglieder auf seiner Seite, was aber nicht viel heißt. Jeder potentielle Nachfolger wird alles vermeiden, sich gegen Wowereit zu positionieren, weil das in der Berliner SPD als nicht karrierefördernd gilt.
Was hier als Geschlossenheit vermittelt wird, ist denn auch eher das Ergebnis von Wowereits langer Regierungszeit. Eine Opposition konnte sich parteiintern nie aufbauen. Die SPD wird den Regierenden Bürgermeister mangels Alternative stützen. Ein gegenwärtiger Rücktritt Wowereits wäre ein Desaster für die SPD, die CDU würde profitieren. Daher schart sich die Partei hinter ihren Vorsitzenden, der bei Teilen der Bevölkerung noch immer Unterstützung findet.
Sympathiewerte bröckeln
Die Hauptstadtpresse schreibt schon seit einigen Jahren das Ende Wowereits herbei. Das hat Wowereit bislang wenig gestört. Doch im letzten Jahr hat sich der Unmut gesteigert. Dazu haben die Verzögerungen bei der Flughafeneröffnung wesentlich beigetragen. Als sich Wowereit dann erneut zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Berlin-Brandenburgischen Fluggesellschaft wählen ließ, wurde als Arroganz der Macht gewertet.
Dass Wowereit die Medien nicht mehr auf seiner Seite hat, wurde in den letzten Tagen deutlich, als sich die Kritik vor allem daran festmachte, dass er seinen Skiurlaub nach dem Rücktritt von Schmitz nicht vorzeitig abbrach. Dabei geht es allerdings eher um Formalia als um Inhalte. Auch die Ankündigung eines Volksbegehrens, mit dem einige Berliner vorzeitige Neuwahlen durchsetzen wollen, dürfte den Regierenden Bürgermeister wenig Kopfzerbrechen bereiten. Zunächst muss sich zeigen, ob das Vorhaben über die vollmundige Ankündigung hinausgeht. Selbst wenn die erste Phase gelingt, dürfte es mangels Interesse bald wie schon einige Abwahlversuche zuvor scheitern. Schließlich ist es viel schwieriger, Menschen zu Neuwahlen zu motivieren als zu einer konkreten politischen Entscheidung.
Die CDU könnte auf Revanche sinnen
Auch wenn Wowereit vorerst im Amt bleibt, ist er damit noch lange nicht aus der Kritik. Sollte sich in Berlin die öffentliche Stimmung gegen ihn wenden, und Teile der Hauptstadtpresse werden alles tun, um eine solche Stimmung zu befördern, könnte auch die CDU aktiver werden. Die hat sich als Koalitionspartner der SPD in den aktuellen Diskussionen sehr zurück gehalten. Doch das muss nicht so bleiben.
Unvergessen ist, wie Wowereit vor mehr als einem Jahrzehnt durch eine Koalition mit der damaligen PDS und dann mit den Grünen die CDU in die Opposition schickte. Dafür könnte sich die CDU revanchieren, in dem sie irgendwann die Koalition platzen lässt und ein Bündnis mit den Grünen eingeht. Dann wäre die Ära Wowereit doch bald zu Ende.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155840
Peter Nowak
Links
[1]
http://www.klaus-wowereit.de/
[2]
https://www.spd-berlin.de/aktuell/news/februar-2014/spd-landesvorstand-einstimmige-unterstuetzung-fuer-klaus-wowereit/
[3]
http://www.heise.de/tp/artikel/37/37699/1.html
[4]
http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/02/wowereit-schmitz-entscheidung-umstritten.html
[5]
http://www.tagesspiegel.de/meinung/zeitenwende-in-berlin-das-ende-der-coolness-die-stadt-nach-dem-hype/6760966.html
[6]
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153487
[7]
http://www.berlin-airport.de/de/unternehmen/
[8]
http://www.rbb-online.de/politik/thema/Flughafen-BER/BER-Aktuelles/akteure_aktuell/Berlin-Brandenburg-Flughafen-BER-Aufsichtsrat-Sitzung-Wahl-Wowereit.html
[9]
http://bb.mehr-demokratie.de/berlin-land-abwahlbegehren.html