So ist „Rebellisches Berlin“ erfreulicherweise kein Standardwerk der linken Berliner Geschichte geworden, sondern ebenso mit Mängeln und Widersprüchen behaftet wie die Bewegungen, die dort beschrieben werden. Das ist durchaus als Kompliment zu verstehen.
Rebellisches Berlin beschreibt die Berliner Stadtgeschichte von unten – von der Seite der Kämpfe, der versuchten kaum geglückten sozialen Revolution(en).“ (S. 13) So beschreiben die Herausgeber*innen ihr Buch, das im Covertext den Anspruch formuliert, „eine einzigartige Mischung aus Reiseführer und Geschichtsbuch“ und gleichzeitig ein „Standardwerk der linken widerständigen Geschichte Berlins“ zu sein. Die Autor*innen des mit über 800 Seiten voluminösen Werks müssen daran scheitern. Eine linksradikale Gegengeschichte braucht schließlich kein Standardwerk. Steht dieser Anspruch nicht auch im Widerspruch zum subjektivistischen Blick viele Autor*innen auf die Geschichte, wie sie vor allem in den ersten neun der 13 Kapitel deutlich wird? Das Buch beginnt mit einem Aufruf zur …
Im Rahmen des Festivals sind sie, mit fantasievollen Namen versehen, temporär geöffnet. Da gibt es in der Alten Seilerei das »Amt für persönliche Zugewandtheit«, in dem für das Wochenende der Stadtvorleser residiert. Im »Amt für Psychogeographie« direkt gegenüber dem Rathaus sind während des Festivals Zeichnungen und künstlerische Installationen zu sehen. Am Abend gibt es dort Konzerte. Verantwortlich ist dafür der Berliner Musiker Marc Weiser, einer der Organisator*innen der Rathausspiele. Weiser ist Produzent experimenteller Musik
Rote Stoffbahnen hängen aus den Fenstern des alten Rathauses in der Brandenburger Kleinstadt Oderberg im Landkreis Barnim. Auf dem Rathausplatz stehen Stühle und Bänke, die sich langsam mit Besucher*innen füllen. Plötzlich erschallt lautes Glockengeläute über dem Rathaus, eine Frau stimmt aus einem der oberen Fenster des alten Gebäudes einen Gesang an. Die Szene ist Teil der Rathausspiele, mit denen Künstler*innen aus …
Brym skizziert die Bedingungen einer antagonistischen Linken in einer Zeit, die heute als erste deutsche Demokratie heroisiert und verklärt wird. Bei der Zerschlagung der Räterepubliken spielten auch führende bayerische Sozialdemokrat*innen eine unrühmliche Rolle. »Es ist daher kein Wunder, dass die verhängnisvolle Sozialfaschismustheorie bei den bayerischen Kommunisten sogar weitgehend auf Zustimmung stieß«, bemerkt Brym und hebt sich damit wohltuend ab von vielen Historiker*innen, die in dieser lediglich ein Diktat Stalins sehen und dabei vergessen, dass viele Arbeiter*innen in den Jahren 1919 bis 1923 die Erfahrung machen mussten, von durch Sozialdemokraten befehligte Polizei und Freikorps gejagt und verhaftet zu werden.
Bayern ist als Ort der Reaktion schon in der Weimarer Republik bekannt. In München begann der Aufstieg der NSDAP. Nürnberg wurde zum Inbegriff der Reichsparteitage der Nazis. Viel weniger ist über den linken Widerstand in Bayern bekannt. Vielleicht ist einigen gerade noch die Münchner Räterepublik im Gedächtnis. Umso verdienstvoller, dass Max Brym eine kleine Geschichte des antifaschistischen Widerstands in Südbayern vorgelegt hat. Der 1957 in Altötting geborene Historiker ist im Freistaat seit Jahrzehnten in der linken Bewegung aktiv und hat zur Geschichte der Linken schon einige Bücher verfasst. In seiner neuen Publikation beginnt Brym ebenfalls mit den verschiedenen Räterepubliken in Bayern 1919. Denn nicht nur in München, sondern in vielen kleineren Städten …
Besonders, weil sich die Herausgeberin Marie Rotkopf kluge Gedanken über Durkheims Schrift gemacht hat, ist das Buch mit Gewinn zu lesen. Dabei geht sie auch auf den neuen deutschen Militarismus ein, der sich in der unkritischen Parteinahme für „unsere Ukraine“ ausdrückt. Vor 30 Jahren wäre der schmale Band bei deutschlandkritischen Linken ein Beststeller geworden. Viele von ihnen haben heute die Parole „Nie wieder Deutschland“ durch „Nie wieder Russland“ getauscht und so verspätet doch noch Anschluss an die deutsche Volksgemeinschaft gefunden.
„Bald wird es nicht mehr die Rote Armee sein, die Auschwitz befreit hat, sondern das Asow-Bataillon
Diesen klugen Satz hat die deutsch-französische Schriftstellerin Marie Rotkopf in der von ihr neu herausgegebenen und kommentierten Schrift „Deutschland über alles“ geschrieben. Verfasst hatte den Text der französische Soziologe …
Während die Organisator*innen der Buchnacht die Entscheidung nicht kommentierten, kam Zustimmung von Mietaktivist:innen aus Friedrichshain. Als eine „wirkliche tolle Aktion und starkes Zeichen“ kommentierte Tim Steinke von der Stadteilinitiativen „Wem gehört der Laskerkiez?“ die Absage des Vereins. Die Initiative engagiert sich gegen das Bauprojekt Pandion Ostkreuz Campus in ihrem Kiez.
Im Vorfeld der 24. Langen Buchnacht in der Oranienstraße sagt der Kunstverein Neue Gesellschaft für bildende Kunst (nGbK) seine Beteiligung ab. Der Grund: Bei dem Literaturfestival, bei dem Buchläden und Kunstvereine im Kreuzberger Kiez Lesungen veranstalten, wirkt in diesem Jahr auch der Kölner Immobilieninvestor Pandion mit. In einem ehemaligen Autohaus in der Prinzessinnenstraße betreibt Pandion seit einigen Jahren einen Kulturstandort im Rahmen einer befristeten Zwischennutzung. Während der Buchnacht bespielt Pandion den Ort mit einem hochkarätigen Programm mit internationalen Autor:innen. Pandion erhoffe sich durch die kurzfristige kulturelle Nutzung eine …
In dem Buch »Ich vermisse euch wie Sau« erinnern sich Genoss*innen an ihren Freund Ricardo aus der Antifaszene. Besonders beeindruckend sind die auf rund 35 Seiten dokumentierten Mails, die Ricardo in unregelmäßigen Abständen aus dem Exil an seine Genoss*innen schrieb. Aus ihnen lässt sich seine Stimmung ablesen, die zwischen Hoffnung und Verzweiflung schwankt.
Wenn es um Flucht und Exil aus politischen Gründen geht, denken die meisten Linken nicht in erster Linie an Deutschland. Dabei gibt es auch hierzulande Linke, die sich langjährigen Haftstrafen durch Flucht ins Ausland entzogen haben. So wie Ricardo, der seit Ende der 1990er Jahre in der außerparlamentarischen Linken und der Graffiti-Szene in Dresden aktiv war. Im Jahr 2007 war er etwa an der Organisierung der Proteste gegen den G8-Gipfel in Rostock beteiligt. Großen Wert legte er auf die Vernetzungsarbeit mit linken Projekten in kleineren Städten in Südbrandenburg. So war er am Aufbau eines Infoladens und Spätshop in Finsterwalde beteiligt. Zudem produzierte er ab 2006 monatlich eine Livesendung beim Freien Radio Coloradio in Dresden. Im Jahr 2007 war er an der …
Der Einsatz von Maria Mies gegen Militarismus sowie für Emanzipation und Solidarität mit den ausgebeuteten und unterdrückten
Wir schreiben unsere Geschichte, indem wir sie machen», lautete der Leitspruch von Maria Mies, die am 15. Mai im Alter von 92 Jahren gestorben ist. Sie selbst hat als Feministin und Antimilitaristin Geschichte geschrieben. In den 1980er Jahren spielte sie als Ökonomistin eine wichtige Rolle in der Frauenbewegung der Bundesrepublik. Sie und ihre Mitstreiterinnen füllten damals Hörsäle, ihre Schriften waren weitverbreitet.Politisiert hatte sich Maria Mies, die 1931 in einer kinderreichen Familie in einem Eifeldorf 1931 geboren worden ist, schon lange vor Bildung der Apo, der Außerparlamentarischen Opposition. Sie musste und wusste sich früh gegen patriarchale Traditionen durchzusetzen. Für Maria Mies war bereits in den 1950er Jahren klar, …
Auch soziale Gründe sprechen für ihn dafür, sich gegen die Abrisspolitik zu wenden, da bestehende Wohngebäude mit teilweise noch recht günstigen Mieten durch hochpreisigen Neubau ersetzt werden, was unweigerlich zu Verdrängung von Menschen mit geringeren Einkommen führe, so Delon.
Deutlich wird das auf einer der Stationen der Anti-Abriss-Tour in der beträchtlich aufgewerteten Kurfürstenstraße in Schöneberg. In diesem Gebiet leben fast ein Drittel der Anwohner von Transferleistungen. Das Bündnis gegen Abriss fordert den Erhalt beziehungsweise den Umbau zu Wohnzwecken von fünf Gebäuden entlang der Kurfürstenstraße.
Rund 60 Menschen, darunter viele Aktivist/innen der Mieter/innenbewegung, trafen sich am 2. April an der Baustelle des Hauses der Statistik in Berlin-Mitte zu einer Bustour. In den nächsten vier Stunden ging es kreuz und quer durch Berlin zu Orten, an denen …
Je mehr der globale Westen über die Zerstörung der regelbasierten Weltordnung klagt, desto schwächer wird er. Doch die Frage sollte sein: Wann ändert die Mehrheit der Menschen diese Weltordnung?
Der auf China spezialisierte Sozialaktivist Ralf Ruckus betont ganz klar, dass man bei der Kritik am chinesischen Regime nicht vergessen sollte, dass es nicht nur eine Spielart des Kapitalismus geht, das längst auch in den globalen Kapitalismus verwoben ist. Das bedeutet aber nicht, sich auf die Seite westlicher Regierungen zu stellen, die eben aktuell nicht mehr die Regeln dieser Weltordnung bestimmen. Dafür ist Ernst Lohoff ein negatives Beispiel, der es als langjähriges Mitglied der wertkritischen Krisis-Gruppe auch schon mal besser gewusst hat.
Weil er ein Onlineportal erstellte, auf dem der Militärgeheimdienst vermeintlich zur Mithilfe bei der Suche nach gestohlenen Waffen aufrief, geht die Staatsanwaltschaft gegen Philipp Ruch vor.
Der Ton des Aufrufs des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), der im Oktober 2020 durchs Internet geisterte, offenbarte eigentlich deutlich, dass es sich um Satire handelte. Unter dem Titel »Wo sind unsere Waffen?« versprach der vermeintliche Geheimdienst der Bundeswehr Personen, die sich an der Suche nach von der Truppe vermisstem Kriegsgerät beteiligen wollen: »Jetzt mitmachen und 1000 Euro für jeden Hinweis absahnen!« In einem Video wird selbstkritisch eingeräumt: »Seit Jahren klauen …
Suchaktion des "Zentrums für politische Schönheit" hat Nachspiel. Es ging um rechte Netzwerke beim Militär. Mit diesem scheint sich der Leiter der Gruppe stark zu identifizieren – Amtsanmaßung?
Witz abhandengekommen ist. Das Sterben der Geflüchteten an der EU-Außengrenze geht weiter; das ZPS sieht aber keinen Widerspruch darin, dass Staaten, denen es einst vorwarf, deren Blut an den Händen zu haben, mit militärischen Mitteln Weltpolizei spielen sollen, um "politische Schönheit" durchzusetzen.
Auf den ersten Blick handelte es sich um eine neue Werbemasche der Bundeswehr, die es sich schon länger erlaubt, Zivilbürger auf diese Weise von der Seite anzuquatschen: „Der MAD braucht Deine Hilfe, jetzt mitmachen und 1.000 Euro für jeden Hinweis absahnen.“ Doch die Aufforderung kam im Oktober 2020 von der …
Wer sie liest, spürt Mumias Leidenschaft, für eine Welt zu kämpfen, in der Menschen nicht mehr hinter Gefängnismauern eingesperrt werden, weil sie arm sind oder die falsche Hautfarbe haben.
In »Texte aus dem Todestrakt« werden in Deutschland bisher weitgehend unbekannte Texte von Mumia Abu-Jamal veröffentlicht. Der Herausgeber Michael Schiffmann war bereits in den 1990er Jahren in der Solidaritätsbewegung für Mumia aktiv. Der afroamerikanische Radiojournalist war 1982 wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilt worden. In den 1990er Jahren erreichte eine weltweite Solidaritätsbewegung …
Marie Rotkopf: Deutschland über alles. Die deutsche Mentalität und der Krieg. Verlag Matthes & Seitz 2023. 155 Seiten. ca. SFr. 24,00. ISBN: 978-3-7518-0381-6
Die kleine Schrift von Durkheim und Rotkopf ist so wie eine Flaschenpost aus einer Zeit, wo es undenkbar schien, dass kritische Linke einen Staat bedingungslos unterstützen, in dem NS-kollaborateure und Antisemiten wie Stepan Bandera Denkmäler gesetzt werden.
„Bald wird es nicht mehr die Rote Armee sein, die Auschwitz befreit hat, sondern das Asow-Bataillon“. Marie Rotkopf hat den klugen Satz in der von ihr neu herausgegebenen und kommentierten Schrift „Deutschland über alles“ geschrieben. Verfasst hatte den Text der französische Soziologe Emile Durkheim 1915 während des 1. Weltkriegs angesichts der …
»Geboren in Auschwitz«, bis 26. April, Mo. bis Fr. 10 – 17 Uhr, Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, Berlin; am 13. April stellt dort Alwin Meyer sein Buch »Vergiss meinen Namen nicht – die Kinder von Auschwitz« vor (19 Uhr), am 14. April liest Eva Umlauf aus ihren Lebenserinnerungen »Die Nummer auf Deinem Unterarm ist so blau wie Deine Augen« (ebenfalls 19 Uhr)
Mehrmals in der Geschichte des Vernichtungslagers schoben SS-Männer eine endlose Reihe von Kinderwagen die Straße entlang, die zum Bahnhof von Auschwitz führte … Eine kurze Zeit vorher hatten die schon einmal die Straße passiert, in entgegengesetzte Richtung«, berichtete der Illustrator Franz Reisz nach der Befreiung aus dem NS-Vernichtungslager im deuetsch-okkupierrten Polen. Er erinnert daran, dass etwa 232 000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren von den Nazis nach Auschwitz verschleppt worden sind. Nur wenige überlebten. Im Foyer des Haus der Demokratie in Berlin informiert derzeit die Ausstellung …
Der schwarze Journalist Mumia Abu-Jamal ist seit über 40 Jahren als angeblicher Polizistenmörder inhaftiert. Eine Solidaritätsbewegung verhinderte seine Hinrichtung. Nun geht es um die Freilassung.
Mumia ist vor allem bei den schwarzen Menschen ein Symbol für ungebrochenen Widerstand, den er jahrelang sogar aus dem Todestrakt leistete. "Texte aus dem Todestrakt"heißt denn auch das kürzlich im Westend-Verlag herausgegebene Buch, in dem bisher größtenteils in Deutschland unbekannte Texte von Abu-Jamal veröffentlicht sind. Herausgegeben wurde es von Michael Schiffmann, der schon in den 1990er-Jahren in der Solidaritätsbewegung aktiv war.
In den USA hat Richterin Lucretia Clemons vom Common Pleas Court in Philadelphia den Antrag des Journalisten Mumia Abu-Jamal auf einen neuen Prozess abgelehnt. Damit haben sich Hoffnungen auf seine Freilassung in absehbarer Zeit zerschlagen. Unterstützer sprechen von Rechtsbeugung, verweisen aber auch auf eine 40-jährige Solidaritätsbewegung, die verhindert hat, dass Abu-Jamal hingerichtet wurde Überraschend kommt die Ablehnung nicht – sie hatte sich durch Entscheidungen in den Vorinstanzen schon abgezeichnet. Trotzdem sprechen Aktivisten des weltweiten Solidaritätsnetzwerkes für Mumia Abu-Jamal von einem herben Rückschlag. Der heute knapp 69-Jährige war im Sommer 1982 …