Lisa Yashodhara Haller / Alicia Schlender (Hg.) 2021: Handbuch Feministische Perspektiven auf Elternschaft. Verlag Barbara Budrich, Leverkusen. ISBN: 978-3-8474-2367-6. 632 Seiten. 59,90 Euro.

Woher kommen die Eltern?

Das gesellschaftliche Idealbild von Müttern und Elternschaft verändert sich zwar im Wandel der Zeit, bleibt aber kapitalistisch vereinnahmt.

„Mama ist King von Beruf“ steht auf einem großen Transparent, das für einen neuen Song wirbt. Zu sehen war das Banner auf einer Häuserwand in Berlin-Kreuzberg. Die selbstbewusste junge Frau, die dort zu sehen war, hat auf den ersten Blick wenig gemein mit dem konservativen Bild einer Mutter, die sich nur um Küche und Kinder kümmert. Kein Zweifel, das klassische Bild über Mütter und Elternschaft hat sich in den Jahrzehnten in der Gesellschaft massiv gewandelt. Das stellt auch die feministische Theorie und Praxis vor neue Herausforderungen. So war es in den 1970er Jahren in feministischen Kreisen regelrecht verpönt, sich mit …

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Warum Rechte schon immer Autofans waren. Und weshalb Eva Herman zu Unrecht aus einer "Kerner"-Sendung im ZDF flog. Antworten liefert Kulturwissenschaftler Conrad Kunze.

Wie faschistisch sind die deutschen Autobahnen?

Kunze betont die wichtige Rolle der Nationalsozialisten bei der Popularisierung der Autobahnen in Deutschland. Denn noch in den 1930er-Jahren galten Autobahnen in weiten Teilen der Bevölkerung als unpopuläres Eliteprojekt. Nur wenige konnten sich Autos leisten. Dass die NSDAP 1933 die in den Schubladen der großen Konzerne liegenden Autobahnpläne aufgriff, sei auch ein Signal der NS-Führung an die Kapitalfraktionen gewesen, dass sie unter ihrer Regierung gut bedient würden, so Kunze.

„Aber Hitler hat die Autobahn gebaut“ – solche und ähnliche Sätze, die darauf angelegt waren, das verbrecherische NS-Regime zu relativieren, waren in der Bundesrepublik bis weit in die 1980er-Jahre zu hören. Als die ehemalige Fernsehmoderatorin Eva Herman 2007 in der ZDF Talkshow von Johannes B. Kerner unter anderem die provokante Behauptung aufstellte, dass wir heute alle auf Autobahnen fahren, die von den Nazis gebaut wurden, wurde sie aus der Sendung geworfen. Dabei habe Herman in der Sache Recht, erklärte der Kulturwissenschaftler Conrad Kunze. Er hat die Geschichte der Autobahnen in Deutschland erforscht und seine Ergebnisse in dem Buch …

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Mumia Abu-Jamal: Texte aus dem ­Todestrakt. Essays eines politischen Gefangenen in den USA Frankfurt am Main: Westend, 2023. 240 S., 25 Euro

Mumia Abu-Jamal: Texte aus dem ­Todestrakt. Essays eines politischen Gefangenen in den USA

Mumia war im Sommer 1982 aufgrund fragwürdiger Beweise wegen angeblichen Mordes an einem Polizisten zum Tode verurteilt worden. Eine weltweite Solidaritätsbewegung sorgte dafür, dass die Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde. Doch weil lebenslänglich in den USA bedeutet, dass die Verurteilten bis zum Lebensende das Gefängnis nicht verlassen können, war damit für Mumia und seine Unterstützer:innen der Kampf noch nicht beendet. Seitdem will die Solidaritätsbewegung erreichen, dass mit einem neuen Prozess Mumias Unschuld bewiesen werden kann.

Am 24.April wurde Mumia Abu-Jamal 69 Jahre alt. In vielen Städten gab es aus diesem Anlass Veranstaltungen mit dem neuen Buch, das unter dem Titel Texte aus dem Todestrakt kürzlich im Frankfurter Westend-Verlag erschienen ist. Darin sind größtenteils Texte von Mumia veröffentlicht, die bislang noch nicht auf deutsch erschienen waren. In den USA hat Richterin Lucretia Clemons vom Common Pleas Court in Philadelphia den Antrag des US-Journalisten auf einen neuen Prozess …

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Ausstellung »A 100 – Operation Beton« im Museum Neukölln, Alt-Britz 81, Berlin, tgl. 10-18 Uhr, Eintritt frei, bis 24. September. Infos: Schloss-gutshof-britz.de/museum-neukoelln/ausstellungen/A-100

Rennpisten und Naziideologie

In Berlin-Neukölln erinnerte der Autor Conrad Kunze unter anderem daran, dass der Bau der Rennpisten für den motorisierten Verkehr in der Nazizeit viele Opfer unter Zwangsarbeitern forderte.

Aber Hitler hat doch die Autobahn gebaut. Diesen Spruch, der das verbrecherische NS-Regime relativieren sollte, hörte man bis in die 1980er Jahre in der BRD sehr oft. Als die ehemalige TV-Moderation Eva Herman 2007 in einer ARD-Talkshow behauptete, wir führen heute alle auf von den Nazis gebauten Autobahnen, wurde sie der Sendung verwiesen. Dabei hatte Herman in der Sache recht, sagt der Kulturwissenschaftler Conrad Kunze. Er hat über die Geschichte der Schnellstraßen in Deutschland geforscht und seine Ergebnisse in dem Buch »Deutschland als Autobahn« (Transcript-Verlag) veröffentlicht. Am Donnerstagabend stellte er seine Thesen in Berlin zur Diskussion. Während der Veranstaltung, die zum Begleitprogramm der aktuellen Ausstellung »A 100 – Operation Beton« im Museum Neukölln gehört, erläuterte er, dass der Autobahnbau in den 1930er Jahren in großen Teilen der Bevölkerung …

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In Friedrichshain erinnern Aktivist*innen an das »Artwashing« von Immobilieninvestoren

Investoren in Berlin: Mit Kunst das Image polieren

Eine zentrale Rolle spielt der Investor Pandion, dessen Firmenlogo unübersehbar auf den großen Kränen zu lesen ist, die hoch über der Wiese schweben. Ein Mietrebell aus dem Laskerkiez freut sich über die Organisierung der Anwohner*innen. »Sie bleibt auch bestehen, wenn wir den Pandion-Bau wohl nicht verhindern können.«

Bei hochsommerlichen Temperaturen haben sich am Samstagnachmittag Künstler*innen und Stadtteilaktivist*innen auf der Laskerwiese im Süden von Friedrichshain im Schatten der Großbaustelle Ostkreuz-Campus versammelt, um über Immobilieneigentum in Berlin zu reden. Eine zentrale Rolle spielt der Investor Pandion, dessen Firmenlogo unübersehbar auf den großen Kränen zu lesen ist, die hoch über der Wiese schweben. Die Stadtteilinitiative »Wem gehört der Laskerkiez?« gründete sich, …

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Berlin Busters Social Club, Mega Unerhört: Adbusting mit Polizei und Militär, 190 Seiten, 15,­ Euro, Bestell­ adresse: bbsc@riseup.net

Mega Unerhört! Adbusting mit Polizei und Militär

Adbusting gegen Hitler? Viele Antifaschist*innen werden über diesen Titel irritiert sein. Es ist ei- ne Kapitelüberschrift in einer vor einigen Monaten veröffentlichten Broschüre des Berlin Busters Social Club (BBSC), der die satirische Ver- fremdung von Plakaten – das soge- nannte Adbusting – unterstützt und verbreitet

Genau das haben auch die NS-Widerstandskämpfer*innen der Roten Kapelle getan, die hierzulande lange Zeit als sowjetische Spion*innen bezeichnet wurden. Dabei wird allerdings die NS-Propaganda auch in der Nachkriegszeit übernommen, meist verbreitet von dem Personal, das nach 1945 auch in der BRD schnell weitermachen konnte bei der Verfolgung von Linken. „„Mittlerweile gibt es einen differen­ zierteren Blick auf die Rote Kapelle, bei der es sich um ein sehr großes …

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Der Inlandsgeheimdienst hat nicht nur "Putin-Freunde" im Visier. In Berlin eckte sogar eine Gruppe mit einer Aktion gegen Gazprom an. Das sind die Hintergründe.

Berliner Verfassungsschutz im Kampfmodus: Extrem ist, gegen Krieg zu sein

Auch die Monatszeitschrift Graswurzelrevolution, die seit über 50 Jahren für eine gewaltfreie und herrschaftslose Gesellschaft streitet, taucht immer wieder in Verfassungsschutzberichten auf. Im neuen, bundesweiten Verfassungsschutzbericht wird auch eine Podiumsdiskussion zum Thema Pazifismus und gewaltfreier Widerstand in Zeiten des Krieges aufgeführt, die von derGraswurzelrevolution auf der anarchistischen Buchmesse in Mannheim 2022 zum 50, Jubiläum der Zeitschrift organisiert wurde.

Heftige Kritik übt Jan Hansen an dem Ende Juni veröffentlichten Berliner Verfassungsschutzbericht. „Der Berliner Verfassungsschutz beobachtet ausgerechnet eine der wenigen Organisationen aus der Friedensbewegung, die sich vom Beginn der russischen Invasion an gegen den verbrecherischen Angriffskrieg stellt“, moniert der Aktivist der Antimilitaristischen Aktion Berlin (Amab) gegenüber der Tageszeitung Neues Deutschland. Die Gruppe junger Antimilitaristen und Pazifisten hat wenige Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine unter dem Motto …

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Ernst Lohoff, Norbert Trenkle (Hg.): Shutdown. Klima, Corona und der notwendige Ausstieg aus dem Kapitalismus;Unrast-Verlag, Münster 2022, 200 Seiten, 14 Euro

Die Illusion eines grünen Kapitalismus

. Die Mehrheit der Menschen lebe nicht über ihren Verhältnissen, sondern unter ihren Möglichkeiten, so die Autoren. Im Schlusskapitel werden auch konkrete Beispiele für radikale Reformen benannt. So plädieren Lohoff und Bergmann für eine grundlegende Arbeitszeitverkürzung. Zudem fordern die beiden, dass wichtige menschliche Grundbedürfnisse wie Wohnen und Öffentlicher Nahverkehr nicht mehr dem Profitzwang unterworfen sein sollten. Die Autoren betonen, dass solche Forderungen nur durch eine starke außerparlamentarische Opposition erkämpft werden können.

Ist ein effektiver Schutz von Umwelt und Klima unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen überhaupt möglich? In dem im Unrast-Verlag veröffentlichten Buch »Shutdown -Klima, Corona und der notwendige Ausstieg aus dem Kapitalismus« geben sechs Autoren. der Krisis-Gruppe, die die Marxsche Theorie durch die Brille der Wertkritik betrachtet, eine klare Antwort: Der Kapitalismus basiere auf …

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In der CDU wird gestritten, ob Grüne oder AfD der Hauptgegner sind. Die Linke scheint enttäuschte Linksgrüne nicht anzuziehen. Wären ein Landrat und ein Bürgermeister der AfD sonst furchterregend?

Kleine AfD-Erfolge, ein Umfrage-Hoch und hilfloser Antifaschismus

Je mehr sich in Zukunft Wahlen zu angeblichen Lagerkämpfen zwischen wahlweise AfD oder CDU versus Grüne entwickeln, desto mehr leidet darunter Die Linke, die dann noch weniger wahrgenommen wird. Das wird schon bei den Diskussionen nach den beiden kleinen Wahlerfolgen der AfD deutlich. Dabei regiert doch in Thüringen noch immer ein Ministerpräsident dieser Partei. Genau in dem Bundesland gibt es schon heute eine faktische Allparteienkonstellation gegen die AfD und jetzt fürchten manche, nach der nächsten Landtagswahl könnte es selbst dazu nicht mehr reichen.

Sonneberg, Raguhn-Jeßnitz? Wer hat die Namen diese ostdeutschen Ortsnamen bisher gekannt? Jetzt sind sie kurzzeitig in den Nachrichten, weil dort die AfD den ersten Landrat und den ersten Bürgermeister stellt. Das sorgt momentan für einige Tage für große Aufregung. Das zeigte sich in den letzten Tagen und sorgte angesichts des…

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Jule Ehms: Revolutionärer Syndikalismus in der Praxis. Die Betriebsarbeit der Freien Arbeiter-Union Deutschlands von 1918 bis 1933. Westfälisches Dampfboot, 372 S., br., 40 €.

Weder Sektierer noch unbedeutend

Doch nicht nur Arbeitskämpfe fochten die Syndikalist*innen aus. Die FAUD wandte sich von Anfang gegen Militarismus und Nationalismus, weshalb sie 1923 massive Probleme erfuhr, als mit der Besetzung des Ruhrgebiets durch französische Truppen eine nationalistische Welle durch Deutschland rollte, von der auch Teile der Arbeiter*innen erfasst wurden. Die FAUD und ihr Umfeld machten keine Konzessionen.

»Wild, politisch ziellos und gewalttätig« – mit diesen Adjektiven belegte die Historikerin Petra Weber den syndikalistischen Flügel der Arbeiter*innenbewegung in der Weimarer Republik. Sie stand damit nicht allein. Auch viele andere Historiker*innen heften den Syndikalist*innen Etikette an, die jene als unbedeutende linke Splittergruppen abstempeln, die nur Unruhe gestiftet und keine gesellschaftliche Relevanz gehabt hätten. Jule Ehms vermutet hinter dieser Abwertung eine politische Agenda. »Die Strömungen der Arbeiter*innenbewegung, die den Funktionswandel der Gewerkschaften von einer reinen Interessenvertretung hin zu einer stärker systemstützenden Organisation nicht vollziehen und stattdessen an einem revolutionären Programm festhalten, wurden und werden als politische Akteur*innen auszuschließen versucht«, schreibt die junge promovierte Historikerin, die an der Martin-Luther-Universität Halle, an der Wiener Alma Mater und der University of Notre Dame (USA) Geschichte studiert hat. Sie hat eine beachtenswerte Publikation über die Arbeit der syndikalistischen Freien Arbeiter-Union in Deutschland in Betrieben zur Zeit der Weimarer Republik verfasst, die das immer wieder kolportierte falsche Bild zerfetzt. Vielmehr hatten syndikalistische Gewerkschaften nach der Revolution von 1918 …

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Thaden Matthias, Migration und Innere Sicherheit, Kroatische Exilgruppen in der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, De Gruyter Verlag, ISBN: 978-3-11-077400-9

Ethnisierter Nationalismus« − Peter Nowak* rezensiert Matthias Thadens Buch über exilkroatischen Rechtsextremismus

Mit Verweis auf das Antifaschistische Infoblatt erwähnt Thaden, dass in den 1990er Jahren Neonazis aus Deutschland auf Seiten Kroatiens gegen die jugoslawische Armee kämpften.Damals wurden mit der von Deutschland vorangetriebenen Politik der Zerschlagung Jugoslawiens ein zentrales Ziel der rechten Exilkroat*innen doch noch erreicht: ein eigener Staat, der sich in der Gedenkpolitik positiv auch auf Gestalten aus dem Ustascha-Regime bezieht.

Sie warfen die Sprengkörper in die jugoslawische Handelsmission. Dann übergossen sie Möbel, Teppiche und Akten mit Benzin, so dass binnen weniger Minuten alles in Flammen stand. Der Hausmeister der Handelsmission wurde im Beisein seines 12jährigen Sohnes durch einen Lungenschuss getötet. Dieser Anschlag ereignete sich am 29. November 1962 in Mehlem bei Bonn und war der Höhepunkt der Terrorwelle von rechten exilkroatischen Gruppen. Heute ist er vergessen. In den 1960er und 1970er Jahren waren die Boulevardmeiden voll von oft reißerischen Berichten über Gewalt von Kroatien. Sie wurde entpolitisiert und ethnisiert. Nicht von rechten Terror war dann die Rede. Dafür wurde die Gewalt als „Ausländerkriminalität ethnisiert. Bisher ist über die rechten Strukturen der Exilkroat*innen wenig geforscht worden. Da hat der Historiker Matthias Thaden mit seinen Buch …

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Gata Preta (Hrsg.): Ich vermisse euch wie Sau. Eine Auseinandersetzung mit Flucht, Exil und Illegalität. Immergrün-Verlag 2022, br., 224 S., 12 €.

Unsicherer Herkunftsstaat BRD

Die Herausgeber*innen sind Freund*innen und Genoss*innen von Ricardo, die Jahre nach seinem Tod mit der Herausgabe des Buches auch ihre Trauer über den bis heute nicht geklärten Tod ihres Freundes verarbeiten. Zugleich wollen sie eine Auseinandersetzung über die auch in der Linken in Deutschland tabuisierten Themen Flucht, Exil und Illegalität anstoßen.

Wenn es um Flucht und Asyl aus politischen Gründen geht, denkt kaum jemand, dass die Geflüchteten aus Deutschland kommen. Dabei gab – und gibt – es immer wieder linke Aktivist*innen, die sich einer drohenden langen Haftstrafe durch Flucht entzogen und sich für das Exil im Ausland entschieden. Einer von diesen Menschen war Ricardo. Er wurde 1986 in Dresden geboren und war jahrelang …

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Sind Fluchthelfer Kriminelle oder Helden? – Mal liegen Jahrzehnte zwischen zwei Lesarten, mal sind es nur 100 Kilometer. Was auf einer ungewöhnlichen Gala in Berlin dazu gesagt wurde.

Flucht und Migration: Lob der Schlepper und Schmuggler

In ihrer Abschlussrede riefen Valerie Hänsel und Kerem Schamberger von Medico International zur verstärkten Solidarität mit den Tausenden Menschen auf, die allein in Griechenland unter dem Vorwurf der Fluchthilfe im Gefängnis sitzen. Es geht darum, ein solidarisches Umfeld zu schaffen, wie es Lisa Fittko in ihrer Biographie "Mein Weg über die Pyrenäen" sehr anschaulich beschrieben hat. Dazu gehörte der sozialistische Bürgermeister des Ortes ebenso wie zwei Gendarmen, die sogar Tipps gaben, wie die Menschen auf der Flucht sich möglich unauffällig verhalten könnten, um der Polizei nicht aufzufallen.

Diesen Jahrestag dürfte kaum jemand in Erinnerung behalten haben. Am 25. Juni 1986 zeichnete der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker Lisa Fittko mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse aus. Verliehen wurde es ihr für vorbildliche Leistungen auf wirtschaftlichen, politischen oder kulturellen Gebiet. Die Leistung von Lisa und Hans Fittko war wirklich beispielhaft. Sie hatten hunderten Verfolgten des Naziregimes in den Jahren 1940/41 bei der Flucht von Südfrankreich über die spanische Grenze geholfen. „Getragen von tief verwurzelten humanistischen Überzeugungen retteten die Fittkos vor den Nazis Geflohene, ohne nach deren sozialer Herkunft, Parteizugehörigkeit oder weltanschaulicher Position zu fragen“, heißt es in einem Gedenkartikel. 37 Jahre nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Lisa Fittko erinnerte die Organisation Borderline Europe mit …

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Thorsten Fuchshuber: Rackets. Kritische Theorie der Bandenherrschaft. ça ira Verlag, Freiburg 2019. 674 Seiten. 42.00 SFr. ISBN: 978-3-86259-145-9.

Rekonstruktion der Racket-Theorie

Fuchshuber zeichnet die Entwicklung Russlands nach dem Zerfall der von Adorno und Horkheimer definierten Kriterien für einen Racketstaat zu finden sind. „Was von der Sowjetunion übrig blieb, drohte also tatsächlich im Gerangel um die Beute konkurrierender Machtfraktionen unterzugehen (S. 552). Mit dieser Situation war Putin bei seinen Machtantritt konfrontiert. Die Kämpfe mit den verschiedenen Oligarchen wären dann als Kennzeichen des Racketstaats zu erklären. Mit den Niederlagen der russischen Kriegsstrategie in der Ukraine könnten die Kämpfe wieder aufleben. Dann wäre der kurze Aufstand der Wagner-Rackets nur der Anfang einer instabilen Entwicklung in Russland.

Aber im Atomstaat Russland hätten viele Beobachter*innen den Kampf unterschiedlicher Machtzentren nicht vermutet. Da lohnt es sich, Thorsten Fuchshubers gründliche Beschäftigung mit der Racket-Theorie zur Hand zu nehmen, die bereits 2019 im Ca Ira-Verlag erschienen ist.  Die Leser*innen sollen sich von dem Umfang des Werkes nicht abschrecken lassen. Denn Fuchshuber versteht es, die doch recht trockene Materie verständlich zu vermitteln. Vor allem ist die hervorragende Gliederung zu loben, die den Leser*innen nachvollziehen lässt, warum die Theoretiker der Frankfurter Schule Adorno und Horkheimer die Racket-Theorie vor dem Hintergrund …

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Hannes Hofbauer/ Stefan Kraft (Hg.): Kriegsfolgen. Wie der Kampf um die Ukraine die Welt verändert. Verlag Promedia, 256 S., br., 23 €.

Autoritäre Populismen

Zu den Autor*innen gehören unter anderem der langjährige Attac-Aktivist Peter Wahl, der Politikwissenschaftler Eberhard Crome, der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Andrej Hunko und der Theologe Eugen Drewermann. Mit Olga Baysha aus Charkiw kommt eine ukrainische Stimme zu Wort, die nicht in den Chor derer einstimmt, die den Kampf um westliche Freiheit kontra russische Tyrannei beschwören. Der in Moskau lebende russische Soziologe Boris Kagarlitsky wiederum kritisiert scharf die innenpolitischen Zustände in Russland. Das System Putin sei nicht reformierbar, ist der bereits in der Sowjetunion inhaftierte linker Kritiker überzeugt

Wer es in Deutschland ablehnt, der Lieferung von immer mehr Waffen in die Ukraine zuzustimmen, wird politisch schnell als Putin-Versteher*in verleumdet. Aus eben diesem Grund hat der österreichische Autor und Verleger Hannes Hofbauer gleich zu Beginn der Vorstellung seines neuen Buches in Berlin mehrmals betont, dass er und seine Mitautor*innen keineswegs das derzeitige Präsidialregime in Moskau und dessen Krieg in der Ukraine verteidigen. In dem von ihm und Stefan Kraft herausgegebenen Buch geht es denn auch nicht primär um Putin, sondern um …

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