
Die Zeitschrift »Stichwort Bayer« feiert ihr 40-jähriges Jubiläum. Wie ist sie 1983 entstanden und wieso mit dem Schwerpunkt auf diesen Chemie- und Pharmakonzern? …
„»Aktionen alleine reichen nicht für Konzernkritik«“ weiterlesenZeitungsartikel des Journalisten Peter Nowak
Die Zeitschrift »Stichwort Bayer« feiert ihr 40-jähriges Jubiläum. Wie ist sie 1983 entstanden und wieso mit dem Schwerpunkt auf diesen Chemie- und Pharmakonzern? …
„»Aktionen alleine reichen nicht für Konzernkritik«“ weiterlesenKonzern-Widerstand in Gefahr“: So lautet die dramatische Überschrift, mit der die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) ihre Unterstützer*innen alarmierte. „Die Spenden und Förderbeiträge sind wie nie zuvor in der Geschichte der CBG eingebrochen“, erklärt Axel Köhler-Schnura, ehrenamtlicher Finanzvorstand der CBG. „Im Vorjahr hatten wir Ende Mai ein Drittel mehr Geld zur Verfügung als heute. Wir drohen auf das Niveau von vor 15 Jahren abzusinken.“ Beim CBG handelt es sich um ein Netzwerk für Umweltschutz und soziale Anliegen, das aus einer Bürgerinitiative in Deutschland hervorgegangen ist. Seit Anfang der 1980er Jahre
„Mehrkosten treffen Finanzloch“ weiterlesen»Konzern-Widerstand in Gefahr«, mit dieser dramatischen Überschrift alarmierte die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) in ihrem jüngsten Rundbrief Unterstützerinnen. Der Grund ist eine …
„Spendenbereitschaft in der Krise“ weiterlesenDie Hauptversammlung des Bayer-Konzerns war lange vor der Coronakrise auf den 28. April in Bonn terminiert. Das Datum bleibt, doch nun wird das Aktionärstreffen am Dienstag erstmals online durchgeführt. Eine Verschiebung hätte bedeutet, dass »die Aktionäre….
„Schwierige Zeiten für Konzernkritik“ weiterlesen„Die Tepco-Leute haben Hunderttausenden ihrer Landsleute Not und Elend gebracht, tragen für langwierige Gesundheitsschäden infolge der Verstrahlung Verantwortung, auch dafür, dass große Areale des Landes für lange Zeit unbewohnbar sein“. So begründete…
„Anstiftung zum Antikapitalismus“ weiterlesenWarum soll das Prinzip „im Zweifel für die Gesundheit“ nicht auch bei anderen Chemikalien, Medikamenten und auch beim Autoverkehr gelten?
Na also, die SPD kann sogar mal in die Politik eingreifen und deutlich machen, dass sie nicht immer als Merkels Bettvorleger landet. Weil die SPD-Minister allen Druck von Wirtschaftslobbyisten und Koalitionspartner widerstanden haben, musste sich Deutschland bei der Abstimmung in der EU über die erneute Zulassung des Pestizids Glyphosat enthalten. Wahrscheinlich wird es trotzdem nicht vom Markt genommen.
Jetzt muss erst einmal ein Vermittlungsausschuss einen Kompromiss finden. Kommt es nicht dazu, kann die EU-Kommission immer noch in eigener Regie die Zulassung genehmigen. Nur kann die SPD dann im Wahlkampf sagen, es liegt an der EU, wenn das Pestizid weiterhin Verwendung findet. Lob bekommt die SPD für ihre Haltung aus grünennahen Kreisen. So schrieb[1] der für die Landschaft zuständige Taz-Redakteur Jost Maurin:
Dieses Mal haben sie uns nicht verraten, die Sozialdemokraten. Dank ihres Vetos enthielt sich Deutschland am Montag bei der EU-Abstimmung über eine neue Zulassung für das unter Krebsverdacht stehende Pestizid Glyphosat. Da nicht die nötige Mehrheit für den Unkrautvernichter zustande kam, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Erlaubnis Ende Juni ausläuft. Und das ist gut so.
Dabei fällt zunächst auf, dass Maurin gar nicht erwähnt, dass die EU-Kommission eine Erlaubnis für das Pestizid erlassen kann.
Keine eindeutigen wissenschaftlichen Urteile
Für einen wissenschaftlichen Laien ist es nicht einfach, sich ein Urteil darüber zu bilden, wie gesundheitsschädlich das inkriminierte Pestizid nun tatsächlich ist. Es gibt darüber in der Wissenschaft selber auch noch keine abschließenden Urteile[2]. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass Glyphosat in bestimmten Fällen tatsächlich krebserregend ist.
Der Grundsatz „im Zweifel für die Gesundheit“ ist auch grundsätzlich gut. Doch dann wäre zu fragen, warum wird in der Debatte gleich in mehrerlei Hinsicht mit zweierlei Maß gemessen?
So wurde Glyphosat jahrelang bei der Bekämpfung des Cocaanbaus in Kolumbien eingesetzt[3]. Obwohl viele Dorfbewohner in den mit dem Pestizid besprühten Gebieten jahrelang über Gesundheitsschäden klagten, wurde das Problem lange Zeit ignoriert. Im letzten Jahr wurde die Verwendung von Glyphosat mit Verweis auf die Berichte über die Krebsgefahr auch in Kolumbien untersagt[4].
Müssten nicht diejenigen, die von der Gesundheitsschädlichkeit des Pestizids überzeugt sind, fordern, dass die Menschen, die mit dem Stoff in Verbindung gekommen sind, medizinisch untersucht werden? Schließlich gibt es keinen Grund anzunehmen, dass Glyphosat nur für Europäer krebserregend ist.
Müsste nicht das Autofahren massiv eingeschränkt werden?
Es gibt aber auch die Doppelstandards im Inland. Müssten nicht eine Menge weiterer Pestizide und anderer chemischer Produkte vom Markt genommen werden, wenn bei ihnen die gleichen Maßstäbe angelegt würden, wie es jetzt von den Kritikern bei Glyphosat getan wird? Und noch wichtiger: Wenn das Prinzip „im Zweifel für die Gesundheit“, das die SPD jetzt im Fall von Glyphosat anwenden will, auch für die Beurteilung des Autoverkehres gelten würde, würden die Straßen und Autobahnen wieder zu Zonen des Lebens.
Die Gesundheitsschädlichkeit von erhöhten Feinstaubwerten ist, anders als beim Glyphosat, eindeutig erwiesen[5]. Wiederholt hat die EU-Kommission die deutsche Politik gerügt[6], weil sie zu wenig zur Verminderung des Feinstaubs unternimmt.
Da stellt sich doch die Frage, warum beschäftigt Glyphosat seit Wochen die deutsche Politik und die SPD bleibt sogar standhaft bei ihrem Nein? Warum aber gibt es von keiner Partei einen ähnlichen Widerstand gegen den gesundheitlich viel gefährlicheren Feinstaub? Geht es bei der großen Aversion gegen Glyphosat in Deutschland also nicht um andere Gründe als die Angst vor den Gesundheitsschäden? Ist Glyphosat deshalb so unbeliebt, weil es kein Produkt „Made in Germany“ ist, sondern von Monsanto produziert wird, das meistens in kritischer Absicht mit dem Adjektiv berüchtigter Gentech-Konzern[7] belegt wird?
Nun gibt es sicher viele Gründe für Kritik an Monsanto. Warum wird dann aber der Bayer-Konzern in den Medien nicht ebenfalls immer mit dem Adjektiv „berüchtigt“ belegt? Die Diskussionen um die geplante Übernahme von Bayer durch Monsanto in Deutschland machten deutlich, dass mehrheitlich nicht über die Fusion von zwei kritikwürdigen Konzernen geredet wurde, deren Produkte unter gesellschaftlicher Kontrolle auf ihre Gesundheitsschädlichkeit und Nützlichkeit untersucht werden müssen.
Die Übernahme-Diskussion wurde häufig so dargestellt, als würde das „berüchtigte Monsanto“ das deutsche Traditionsunternehmen Bayer übernehmen wollen. Es blieb Initiativen wie der Coordination gegen Bayer-Gefahren[8] überlassen, auch an die spezifischen deutschen Traditionen des Bayer-Konzerns zu erinnern, die bei Überlebenden des NS-Regimes noch sehr lebendig sind[9].
So wird man den Verdacht nicht los, dass die Glyphosat-Debatte eine deutsche Retourkutsche auf den VW-Skandal in den USA ist. Schließlich haben die US-Behörden damit all jene blamiert, die die USA immer als Wüste in Sachen Umweltschutz brandmarken wollen. Als nun VW als großer Umweltsünder mit krimineller Energie bloßgestellt wurde, spielten bei den US-Behörden sicherlich ebenso Standortinteressen eine Rolle wie jetzt bei der Aversion gegen Glyphosat in Deutschland.
So wurde wohl in beiden Fällen aus fragwürdigen Gründen Entscheidungen getroffen, die an sich begrüßenswert sind. Denn die Welt wäre sicher in ökologischer und gesundheitlicher Hinsicht ohne Glyphosat und manipulierten VWs eine bessere.
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48459/1.html
Anhang
Links
[1]
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2016-06/37605354-taz-taz-kommentar-von-jost-maurin-zu-glyphosat-abstimmung-spd-ist-ausnahmsweise-standhaft-007.htm
[2]
http://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-zuarbeit-im-eu-genehmigungsverfahren-von-glyphosat-abgeschlossen.pdf
[3]
http://www.aljazeera.com/news/americas/2013/10/colombia-chemical-spraying-furor-continues-201310291027411132.html
[4]
http://www.bbc.com/news/world-latin-america-32677411
[5]
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2015-09/luftverschmutzung-feinstaub-tote-weltweit
[6]
http://www.euractiv.de/section/energie-und-umwelt/news/eu-kommission-rugt-deutschland-wegen-zu-hoher-feinstaub-belastung/
[7]
http://www.zentrum-der-gesundheit.de/monsanto-glyphosat-krebserregend-ia.html
[8]
http://www.cbgnetwork.org/
[9]
http://www.berliner-zeitung.de/eva-mozes-kor-war-im-vernichtungslager-testperson-des-ss-arztes-josef-mengele—jetzt-verklagt-sie-die-deutsche-bayer-ag-was-hat-bayer-mit-auschwitz-zu-tun–16342110
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48459/1.html
Peter Nowak