Öffentlicher Streit und krampfhafte Versuche, sich im Wahlkampf regierungsfähig zu zeigen, waren der falsche Weg. Was Die Linke von Grazer Kommunisten lernen kann

Die Linke: eine Partei auf der Suche nach ihren Wählern

Tatsächlich wurde Die Linke auch an ihren selbstgestellten Anspruch gemessen, Teil einer Mitte-Links-Reformkoaltion zu sein. Genau da konnte Die Linke nur verlieren. Hätte sie mit einen Wahlkampf, in dem sie sich nach dem Modell der Grazer Kommunisten als Interessenvertreterin der Mieterinnen und Lohnabhängigen präsentiert hätte, besser abgeschnitten?

Die Linke ist bei der Bundestagswahl knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben und kann nur wegen dreier Direktmandate in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen. Das schien noch vor wenigen Monaten undenkbar. Schließlich bewegte sich die linkssozialdemokratische Partei in Umfragen konstant um die sieben Prozent. Es war also klar, dass die Partei …

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Angestellte in der Pflege machten mit dem jährlichen „Walk of Care“ in Berlin auf ihre desolaten Arbeitsbedingungen aufmerksam.

Personalnotstand und Arbeitshetze

Vielen sei die Größenordnung des Pflegenotstands noch nicht bewusst, beklagte eine Teilnehmerin des Walk of Care. Sie erinnerte daran, dass der Mangel an Lkw-FahrerInnen in Großbritannien seit Tagen auch in Deutschland für Schlagzeilen sorge, während der seit Jahren andauernde Personalmangel im Pflegebereich in Deutschland kaum Thema sei.

Fünf Krankenhausbetten standen am Mittwochmittag auf den Platz der Republik – mitten im Regen. Darauf standen Schilder mit Parolen wie „Kapitalismus macht krank“ oder „Hauptsache satt und sauber“. Damit wollten Pflegekräfte und ihre UnterstützerInnen auf die desolate Lage im Pflegebereich hinweisen. Sie hatten zum sechsten „Walk of Care“ mobilisiert. Ursprünglich ein Fest für die Pflege, wurde dieser Tag in den letzten Jahren mehr und mehr zu einem Protestumzug, auf dem Personalnotstand und Arbeitshetze angeprangert wurden. In Berlin …

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Die Filme von Igor Vidor sind noch bis zum 4. Oktober im Videoraum der Berlinischen Galerie, zu sehen

Eindeutige Statements

Igor Vidor dechiffriert in seinen Videos Mechanismen von Macht und Unterdrückung – derzeit zu sehen im Videoraum der Berlinischen Galerie. AntimilitaristInnen planen für den 8. Oktober ein Internationales Tribunal gegen Waffenexporte vor den Toren von H&K in Oberndorf. Das Video ist der künstlerische Beitrag dazu.

Die Kamera zeigt komfortable Bungalows in gepflegten Gärten. Plötzlich hallen in der deutschen Kleinstadtidylle Schüsse. Schwer bewaffnete Männer feuern auf sommerlich gekleidete Menschen, die in Deckung gehen. Diese Gegensätze prägen den Film „A Praga“ (Die Plage) von Igor Vidor. Drei Arbeiten des 1985 im brasilianischen São Paulo geborenen Künstlers, der mehrere Jahre im Bereich Bildung und Vermittlung im Museu de Arte de Rio (MAR) gearbeitet hat, sind momentan im Videoraum der Berlinischen Galerie zu sehen. Alle drei Videos untersuchen Mechanismen von Macht und Unterdrückung. Der mit 39 Minuten längste Film ist eine künstlerische Anklage gegen die deutsche Waffenexportpolitik. Bei dem idyllischen Ort handelt es sich um …

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Gisela Dutzi (Hg.): Briefwechsel Christa Eckes und Hüseyin Çelebi, April 1988 – Dezember 1989. Edition Cimarron, Brüssel 2021. 202 Seiten, 12 EUR.

RAF-Geschichte

Warum man das nach über 30 Jahren noch lesen soll? Zunächst, weil man etwas über die Schwierigkeiten erfährt, unter Isolationshaftbedingungen eine Diskussion führen zu können. Immer wieder stockte die Kommunikation, weil Briefe von den Behörden abgefangen wurden oder erst nach Wochen ankamen. Der junge Kurde ist im Vorfeld des Massenprozesses in Düsseldorf daran interessiert, mehr über den Umgang der BRD-Justiz mit antagonistischen Linken zu erfahren. Dafür konnte Eckes viele Beispiele liefern.

Christa Eckes gehörte zu den Gefangenen der RAF, für deren Freilassung ein Teil der außerparlamentarischen BRD-Linken in den 1980er Jahren kämpfte. Sie hat vom April 1988 bis Dezember 1989 einen Briefwechsel mit Hüseyin Çelebi geführt, der im Rahmen der Repression gegen kurdische Aktivist*innen verhaftet worden war. Die ehemaligen RAF-Gefangenen Gisela Dutzi, Sieglinde Hoffmann und Brigitte Mohnhaupt haben diesen Briefwechsel nun veröffentlicht. Warum man das nach über 30 Jahren noch lesen soll? Zunächst, weil man …

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Das Ergebnis des Berliner Volksentscheids spiegelt sich nicht in den Wahlergebnissen. Nun hängt es von den Mietrebellen ab, ob es umgesetzt wird

Klare Mehrheit für Deutsche Wohnen & Co. enteignen

Die Linke müsste nun auf der parlamentarischen Ebene für die Umsetzung des Volksentscheids kämpfen, wie die vielen Berliner Mietrebellen es schon seit Jahren auf außerparlamentarischer Ebene tun. Ohne sie hätte es den Volksentscheid gar nicht gegeben.

Dieser Erfolg war nur möglich, weil nicht nur in traditionell linken Berliner Stadtteilen wie Kreuzberg-Friedrichshain und Neukölln eine starke Mehrheit für das Volksbegehren zusammenkam. Auch in Kiezen, in denen die Mehrheit für konservative Parteien stimmte, wie etwa in Charlottenburg, gab es zugleich eine Mehrheit für „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, während bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl sowie bei der Bundestagswahl die SPD stärkste Kraft wurde. Das Ergebnis zeigt, dass eine linke Bewegung …

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Klimaaktivisten zeigen einen Dokumentarfilm über Ella, die bei einer Waldbesetzung mit Polizisten aneinandergeriet

Mit Händen und Füßen gewehrt

Der Film mit der akribisch nachgestellten Festnahmesituation wird von den Solidaritätsgruppen auch als Teil der Beweisführung verstanden. Die linken Gruppen wollen damit die gesamte interessierte Öffentlichkeit und nicht nur das Gericht einbeziehen. Sehr aktiv in der Solidaritätsbewegung ist die Projektwerkstatt Saasen, die sich seit Jahren außerparlamentarisch engagiert und gegen Umweltzerstörung, aber auch für einen kostenfreien Öffentlichen Nahverkehr kämpft und dabei Erfolge erzielte.

Es war ein abschreckendes Urteil nach einer langen Untersuchungshaft. Im Juni 2021 wurde die »unbekannte Person Nr. 1« zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstands und tätlichen Angriffs verurteilt. Die Angeklagte gehörte zu den  …

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Dietmar Lange: Aufstand in der Fabrik. Arbeitsverhältnisse und Arbeitskämpfe bei Fiat-Mirafiori 1962 bis 1973. Böhlau, 421 S., geb., 55 €.

Raus aus dem Elfenbeinturm

In Italien ist der Begriff »’68« untrennbar verwoben mit den Arbeitskämpfen in den Turiner Fiat-Werken. Die Neue Linke nutzte diese wirkliche Bewegung für die Formulierung einer Theorie der Praxis: des Operaismus

Mitten im September 1969, kurz nach ihrer Rückkehr aus den Betriebsferien befinden sich rund 30 000 Arbeiter der größten Fabrik Italiens, der Fiat in Turin, im Ausstand. Der Unternehmer greift zur schärfsten Waffe, die Regierung ist ratlos, die Gewerkschaften und die revisionistischen Parteien zittern.« So euphorisch berichtete Christian Arnsberger im September 1969 in der Roten Pressekorrespondenz (RKP), einem Bulletin der Westberliner außerparlamentarischen Linken, über die Streiks in den Turiner Fiat-Werken. Damals erhofften sich viele westeuropäische Linke von diesen Arbeitskämpfen eine …

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Das Ende der Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in Quarantäne ist ein Dammbruch, der demnächst auch Menschen mit Vorerkrankungen treffen könnte

Vom Solidarprinzip zum „Selber schuld“: Wenn Ungeimpfte nur die ersten sind

Hier geht es um die Abwälzung der Kosten der Pandemie auf Teile der Lohnabhängigen, die schon mal moralisch ausgesondert wurden. Andere Bevölkerungsgruppen dürften dann folgen, wenn es darum geht, den Gürtel enger zu schnallen. Zumindest so lange die Proteste dagegen sich im wesentlichen auf Presseerklärungen vm DGB- beschränken. 

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) reagierte wieder einmal mit seiner stärksten Waffe, der Presseerklärung, auf den Beschluss der Gesundheitsminister, die Lohnfortzahlung für Ungeimpfte in Quarantäne abzuschaffen. Kritik gibt es auch von der Stiftung für Patientenschutz, die daran erinnert, dass die …

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Über eine Verdachtsberichterstattung, der Linke und Liberale sonst immer widersprochen haben

Haben die „Querdenker“ mitgeschossen?

Gerade Linke und Liberale sollten noch mal die Kritik nachlesen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren gegen Positionen vorgebracht hatten, die in allen Kritikern der herrschenden Verhältnisse verkappte RAF-Sympathisanten ausmachen wollten. Diese Erinnerung soll nicht als Verteidigung der "Querdenker"-Bewegung, sondern als Plädoyer gegen vorschnelle Urteile verstanden werden.

Der tödliche Schuss auf einen Tankstellenkassierer in Idar-Oberstein ist schon längst ein Politikum. Schließlich stellte sich schnell heraus, dass der Täter von seinem späteren Opfer zunächst auf die Maskenpflicht hingewiesen wurde, worauf er die Tankstelle verließ und nach knapp 90 Minuten mit einer Waffe zurückkehrte. Er schien die Tat geplant zu haben, denn er hatte beim zweiten Besuch zunächst eine Maske angezogen, die er vor der Kasse absetzte. Als ihn der Kassierer darauf erneut auf die Maskenpflicht ansprach, schoss er sofort. Klar stand dann die Frage im Raum, wer der Täter ist und welche politischen Verbindungen er hatte. Zunächst hieß es, er sei …

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Der Kreuzberger Buchladen Kisch & Co. wird nicht geräumt und hat ein neues Domizil in der Oranienstraße

Rettung in letzter Sekunde

Kurz vor dem Räumungstermin kam für den Buchhändler Thorsten Willenbrock die erlösende Nachricht. Zwar musste er seinen Laden „Kisch & Co.“ in der Oranienstraße 25 Ende August verlassen. Doch ab 1. September konnte der Verkauf in neuen Räumen in der Oranienstraße 32 weitergehen.

Vermieter ist dort mit der GSW eine Tochterfirma des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen. Nicht nur Willenbrock vermutet, dass der Konzern wenige Wochen vor der Abstimmung über das Volksbegehren „DW & Co. enteignen“ auf Imagepflege bedacht ist. Schließlich sorgte die Kündigung von Kisch & Co. …

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Immer wieder werden kritische Journalist*innen Ziel von Polizeirepression, wie der Flensburger Fotograf Pay Rumrich

Wolfsburg: Fotograf freigesprochen

Das Amtsgericht Wolfsburg sprach den Journalisten Pay Numrich vom Vorwurf frei, an der Blockade eines VW-Autozuges beteiligt gewesen zu sein. Im August 2019 hatten zahlreiche Aktivist*innen einen Zug mittels Ankett- und Kletteraktionen blockiert, um auf die Umweltzerstörung durch weitere Autoproduktion aufmerksam zu machen. Eine Polizistin hatte den angeklagten Journalisten als einen der Akteure vor Ort identifiziert. Das Gericht erließ einen Strafbefehl, dem widersprach Numrich. Es kam zur Verhandlung.

Der Flensburger Fotograf Pay Numrich hat sich auf die Dokumentation sozialer Proteste spezialisiert. Ein Foto von ihm erschien in der taz am 18. August 2019. Darauf zu sehen: die Blockade von Klimaaktivist*innen, die vor dem VW-Werk in Wolfsburg die Auslieferung von Neuwagen behinderten. Die Polizei nahm …

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Gorillas-Rider berichten über ihre Prozesse am Arbeitsgericht

Management „spielt auf Zeit“

Dabei werden die Beschäftigten auch von Ridern aus anderen Firmen unterstützt. So hatte sich Flou von der Firma cyclelogistics zum Prozessbesuch am Montag extra freigenommen. In dem Unternehmen hatte ein Beschäftigter in der letzten Woche einen Prozess gewonnen. Er war als Betriebsrat gekündigt worden. Beim solidarischen Prozessbesuch waren auch Gorillas-Rider dabei.

„Gorillas-Rider kämpfen weiter“ steht auf dem Transparent, das einige FahrradkurierInnen an den Zaun einer Grünlage gegenüber dem Berliner Arbeitsgericht in der Magdeburger Straße aufgehängt haben. Zuvor waren am Montagmorgen im Arbeitsgericht zwei weitere Güteverhandlungen ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Wie bei mehreren Verhandlungen in den letzten Wochen klagen die Rider auf …

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Studie zur Lage von Geflüchteten in Corona-Zeiten veröffentlicht

Im Quarantäneknast

Die Interviews mit den Geflüchteten zeigten auf berührende Weise die kleinen und großen Herausforderungen »von Lärm und Enge bis hin zu gesellschaftlicher Isolation, Armut und verweigerter medizinischer Hilfe, von alltäglichen Demütigungen bis hin zu Bedrohungen und Gewalt«, schreibt Andrea Kothen von Pro Asyl im Vorwort

Die Interviews mit den Geflüchteten zeigten auf berührende Weise die kleinen und großen Herausforderungen »von Lärm und Enge bis hin zu gesellschaftlicher Isolation, Armut und verweigerter medizinischer Hilfe, von alltäglichen Demütigungen bis hin zu Bedrohungen und Gewalt«, schreibt Andrea Kothen von Pro Asyl im Vorwort Dabei geht es nicht nur um die besondere Situation unter Corona-Bedingungen. Viele Befragte berichteten über …

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Klassenkampf von oben: Anders als in Frankreich wird hier der Angriff auf erkämpfte Rechte von Lohnabhängigen noch nicht als das beantwortet, was er ist

Ungeimpfte in EU-Staaten bald ohne Lohn und Arbeitslosengeld

Schließlich haben Kapitalvertreter immer wieder Angriffe auf die Lohnfortzahlung und das Arbeitslosengeld gestartet. Wenn die EU-Ratspräsidentin in ihrer Rede zum Stand der Union mit viel Pathos beschreibt, wie gut die EU die Corona-Krise bewältigt hat, sollte man die Angriffe auf die Rechte von Arbeitern und Erwerbslosen immer mit im Blick haben. Denn für Ursula von der Leyen (CDU) und andere konservative Politiker ist der Angriff auf Arbeiterrechte ein gutes Signal für die Kapitalakkumulation in der EU.

Am 22. September kommen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern zusammen. Ein wichtiger Punkt wird dort die Frage sein, ob Ungeimpfte, die in Quarantäne müssen, der Lohn weitergezahlt wird. Von verschiedenen Ländern wird Druck auf eine bundeseinheitliche Lösung gemacht. Dabei ist schon klar, dass …

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Behinderung der Pressearbeit bei Demonstration für Lina E. in Leipzig

Eskalation nach Solidemo

Die Mutter von Lina E. kritisierte in ihrer Rede während der Auftaktkundgebung die Vorverurteilung ihrer Tochter in Medienberichten. Die Unschuldsvermutung des bürgerlichen Rechts werde ignoriert. Zudem monierte sie Sexismus in der Berichterstattung. Sie ermutigte die Demonstrationsteilnehmer*innen, im Kampf gegen Faschismus und Rassismus nicht nachzulassen und dankte für die Solidarität mit ihrer Tochter. Auch eine Rednerin der linksradikalen Leipziger Gruppe Prisma ging auf die hetzerische Berichterstattung über Lina E. ein, die sogar in manchen Zeitungen mit der für ihre Beteiligung an den NSU-Morden verurteilten Rechtsterroristin Beate Zschäpe verglichen wurde. In anderen Redebeiträgen wurde auf weitere Repressionsfälle aufmerksam gemacht.

In der Leipziger Einkaufsmeile zeigte nur das beständige laute Knattern eines Polizeihubschraubers, dass sich am Samstagnachmittag rund 5000 Antifaschist*innen in der Stadt versammelt hatten. Unter dem Motto »Wir sind alle Linx« wollten sie sich mit Lina E. solidarisieren, die seit November 2020 wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft sitzt. Ihr und drei Männern werden militante Angriffe auf …

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