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Erst Rausschmiss, dann Reglementierung
betreibt, per SMS die Mitteilung, dass alle MitarbeiterInnen angewiesen wurden, das Zimmer nicht ohne ihre Einwilligung zu betreten.
Falsche Bauarbeiter, echte Ziele
WOHNUNGSBAU Noch bis Ende Juli können Kaufinteressenten für das staatseigene Dragonergelände Angebote abgeben. Ein Bündnis fordert, dass auch kapitalschwache Investoren eine Chance kriegen
Der Bauhelm sitzt auf dem Kopf, ein Zollstock steckt in der Hosentasche des Overalls. Auf den ersten Blick sieht der Mann, der am Dienstagmittag gegen 13 Uhr an der Kreuzung Mehringdamm/Obentrautstraße in Kreuzberg die Straße absperrt, wie ein echter Bauarbeiter aus. Doch warum schichtet er Kartons statt Gitter auf der Straße auf? Spätestens als einige andere Menschen Plakate mit der Aufschrift „Eine Stadt für Alle“ und „Bund vernichtet Wohnraum“ hochhalten, wird klar, dass es sich um eine Protestaktion handelt.
Mit dem symbolischen Baubeginn machen AktivistInnen des Bündnisses „Berlin von unten“ deutlich, dass sie über die künftige Nutzung des ehemaligen Dragonergeländes mitten in Kreuzberg mitentscheiden wollen. Dabei handelt es sich um ein rund 4,7 Hektar großes ehemaliges Kasernengelände hinter dem Bezirksrathaus am Mehringdamm.
Hier wird nur geparkt
Derzeit befinden sich auf dem Gelände hauptsächlich Parkplätze und Autowerkstätten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), der das Grundstück gehört, will es zum Höchstpreis veräußern. Bis zum 31. Juli sollen sich KaufinteressentInnen melden.
Doch die stadtpolitischen Gruppen, die sich am Mittwochmittag auf dem Areal versammelt haben, fordern ein Verkaufsmoratorium, bis die Rahmenbedingungen geändert sind. Enrico Schönberg vom Bündnis „Stadt von unten“ kritisiert, dass die Bima das Gelände trotz des Rückzugs eines früheren Investors weiterhin zum Höchstpreis veräußern will. Damit beteilige sich eine bundeseigene Einrichtung an der „Vertreibung von einkommensschwachen MieterInnen aus den innenstadtnahen Kiezen“, so Schönberg. „Auf einem Gelände, auf dem Land und Bund 100 Prozent Zugriff haben, sollten sie nicht nach Marktbedingungen agieren, sondern Raum für einen neuen kommunalen Wohnungsbau öffnen“, verlangt auch Elisabeth Voss, ebenfalls vom Bündnis.
Ideen entwickelt
Bei den Protesten waren auch Mitglieder des Vereins Upstall Kreuzberg da, die Konzepte für einen sozialen Wohnungsbau auf dem Gelände entwickeln. Darüber soll am 26. Juli mit InteressentInnen diskutiert werden. An diesem Tag planen die stadtpolitischen AktivistInnen ab 15 Uhr auf dem Dragonergelände eine Kundgebung unter dem Motto „Hinter dem Finanzamt liegt der Strand“.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F07%2F17%2Fa0192&cHash=7a6286f125e13e63b2102dff15cb300c
Peter Nowak
„Revolution im Umweltrecht“?
Selten waren die Reaktionen auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts so euphorisch wie nach dem Urteil vom letzten Donnerstag
Das Gericht entschieden [1], dass künftig auch Umweltverbände ein Klagerecht haben.
Ausgelöst hatte die Entscheidung ein Umweltverband, der das Land Hessen verklagte, weil es den Maßhalteplan für die Verminderung der gesundheitsgefährdenden Schadstoffkonzentration von Feinstaub und Stickoxiden nicht eingehalten hat. Denn dazu hätte sie sich mit der Autolobby anlegen müssen und Durchfahrt- und Nachtfahrverbote für besonders vom Feinstaub belastete Straßenzüge erlassen müssen.
Nachdem der Umweltverband gegen diese Rechtsbeugung zugunsten von ADAC und Co. klagte, verpflichtete das Verwaltungsgericht die hessischen Behörden, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass in absehbarer Zeit die Ziele des Maßhalteplans erreicht werden. Dazu kommt die Einrichtung von Umweltzonen in Betracht. Das Land Hessen wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren und dem Umweltverband das Klagerecht absprechen. Damit ist es nun gescheitert.
Anpassung an EU-Recht
Die euphorischen Kommentare der Verbände sind daher verständlich. So pries [2] die Deutsche Umwelthilfe die Entscheidung mit den Worten: „Zeitenwende im Umweltrecht.“ Andere wollen sogar eine Revolution im Umweltrecht erkennen. Etwas mehr Nüchternheit wäre aber angebracht. Mit dem Urteil hat das Leipziger Gericht nur die Vorgaben der EU umgesetzt. Jede andere Entscheidung wäre genau damit kollidiert.
So heißt es in der Pressemeldung des Bundesverwaltungsgerichts:
„Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Aarhus-Konvention [3] fordert das Unionsrecht einen Zugang von Umweltverbänden zu den Gerichten zur effektiven Durchsetzung des europäischen Umweltrechts. Bei Beachtung dieser Leitlinie kann das deutsche Recht so ausgelegt werden, dass den nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannten Umweltverbänden ein Recht auf Beachtung der Vorgaben des zur Umsetzung einer unionsrechtlichen Richtlinie erlassenen Luftreinhalterechts eingeräumt ist, das sie gerichtlich geltend machen können.“
Da mag die Autolobby zetern, dass nun auch das ungeschriebene deutsche Grundrecht der freien Fahrt für freie Bürger nicht mehr ungehindert umgesetzt werden kann. Tatsächlich ist das Urteil ein Beispiel mehr, dass eben durch die EU Mitwirkungsrechte gestärkt werden können. Erst vor wenigen Wochen konnte die Deutsche Umwelthilfe ebenfalls mit EU-Hilfe einen Erfolg gegen die Autolobby verbuchen [4]. So hatte der Europäische Gerichtshof bestätigt [5], dass Bundeswirtschaftsminister Rösler die Einflussnahme der Autolobby auf die Klimaschutzverordnung offenlegen muss. Diese Transparenz hatte er mit Unterstützung der Justiz in Deutschland bisher verweigert.
Auf diese Weise können sicher graduelle Verbesserungen im Umweltrecht und die Verbände gestärkt werden. Doch eine Orientierung auf den Rechtsweg wird diese Verbände noch mehr integrieren und verhindern, dass sie grundsätzliche Kritik üben. Die von dem Publizisten Thomas Wagner kritisierte Mitmachfalle [6] funktioniert eben nur, wenn diejenigen, die mitmachen sollen, auch hin und wieder ein Erfolgserlebnis verbuchen können. Schließlich leistet die Industrie erfolgreich Lobbyarbeit. So wurde erst kürzlich den Airlines bei Reisen in außereuropäische Länder ein Teil der Verschmutzungsrechte erlassen [7].
http://www.heise.de/tp/blogs/8/154915
Peter Nowak 06.09.2013
Links
[1]
http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2013&nr=60
[2]
http://duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3171
[3]
http://www.aarhus-konvention.de
[4]
http://www.presseportal.de/pm/22521/2529037/bundeswirtschaftsminister-roesler-muss-einflussnahme-der-autolobby-auf-klimaschutzverordnung
[5]
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62011CJ0515:DE:HTML
[6]
http://www.heise.de/tp/blogs/6/154753
[7]
http://www.taz.de/!123146/