„Wir machen Schwangerschaftsabbrüche“, lautete in der letzten Woche die Schlagzeile auf der Titelseite der linksliberalen Taz[1]. Daneben standen die Fotos von 27 Ärztinnen und Ärzten, die sich mit ihrer Kollegin Kristina Hänel solidarisierten, die in der letzten Woche zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Schlagwort: Petition
»Erste Amtsmonate von Justizsenator Behrendt fallen desaströs aus«
Oliver Rast im Gespräch über die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation
In der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel wandten sich Gefangene mit einer Petition gegen ihre Haftbedingungen. Seitdem beklagen sie verschärfte Repression. Die Jungle World hat mit Oliver Rast, dem Pressesprecher der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), über die Situation gesprochen.
Small talk Von Peter Nowak
Was haben die Gefangenen in ihrer Petition gefordert?
Der Ausgangspunkt ist vermeintlich banal. Es geht um einen Gruppenleiter, der für die sogenannte Vollzugsplanfortschreibung verantwortlich ist. Für Inhaftierte bedeutet es eine enorme Zusatzbelastung, wenn keine Zusammenarbeit mit dem Gruppenleiter mehr möglich ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen Gefangenen und Gruppenleiter war komplett zerrüttet – ein Zustand, der sich über Jahre verschärfte. Die Inhaftierten haben lediglich in einer Petition ausgeführt, dass dieser Amtsmensch den gesetzlichen Auftrag der Resozialisierung, wie sie schreiben, »hintertreibe«.
Mittlerweile sollen einige der Unterzeichner ihre Unterschrift zurückgezogen haben. Was wissen Sie über die Hintergründe?
Unseren Informationen zufolge wurden Inhaftierte zu einer Unterredung mit Mitgliedern der Anstaltsleitung zitiert, nicht um dem Sachverhalt aus der Petition nachzugehen, sondern um ihnen gegenüber Druck aufzubauen, damit sie ihre Unterschrift zurückziehen. Unter anderem wurde der Vorwurf der »Meuterei« erhoben.
Was bedeutet dieser Vorwurf für die Gefangenen?
Es ist eine übliche Praxis der Anstaltsleitung, mittels des Meutereivorwurfs aktive Gefangene zu verunsichern und mundtot zu machen. Der Vorwurf der »Gefangenenmeuterei« nach Paragraph 121 des Strafgesetzbuchs besagt, dass sich Inhaftierte »zusammenrotten und mit vereinten Kräften« versuchen, zum Beispiel einen Anstaltsbeamten »zu nötigen oder tätlich anzugreifen«. Das führt zu einem neuen Verfahren und in der Regel zu einer weiteren Haftstrafe und längerer Haftzeit.
Die Sprecherin der Senatsverwaltung sieht keine Einschränkung der Grundrechte der Inhaftierten. Setzt Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die Politik seines CDU-Vorgängers fort?
Wenn eine Vollzugsbehörde mit Einschüchterungen und Drohungen arbeitet, um die Verbreitung einer Petition zu unterbinden, dann ist das ein eklatanter Fall einer Einschränkung von Grundrechten. Und an einem solchen Punkt schreiten wir als Gefangenengewerkschaft ein. Es ist für uns völlig unverständlich, dass eine Pressesprecherin eines grünen Justizsenators dazu beiträgt, eine konkrete Grundrechtsverletzung gegenüber Gefangenen in Frage zu stellen.
Was fordern Sie vom Justizsenator?
Wir fordern von Behrendt das ein, was er all die Jahre zuvor als Oppositionspolitiker hinsichtlich eines liberalen und progressiven Vollzugswesens angemahnt hat. Seine ersten Amtsmonate fallen desaströs aus: Es werden weder Suizide eigenständig öffentlich gemacht noch erkennen wir, dass er bei einem der größten Skandale in der Berliner Justizgeschichte, der mutmaßlichen sogenannten Klau- und Schmuggelwirtschaft seitens JVA-Bediensteter, sein vormals angekündigtes Aufklärungsinteresse zeigt. Behrendt hat bei den Gefangenen viel Kredit verspielt. Wir werden als Gefangenengewerkschaft am 20. Mai vor der JVA Berlin-Tegel eine Kundgebung abhalten, um auf die Schikanen und die desolaten Haftbedingungen insbesondere in abbruchreifen Hafthäusern aufmerksam zu machen. Die JVA Tegel, übrigens der Ursprung der Gefangenengewerkschaft, wird zu unserem Schwerpunktthema in Berlin.
aus:
Jungle.World 2017/16 Small Talk
https://jungle.world/artikel/2017/16/erste-amtsmonate-von-justizsenator-behrendt-fallen-desastroes-aus
Interview: Peter Nowak
Petition gegen einen Gruppenleiter
KNAST Insassen der JVA Tegel werfen einem Sozialarbeiter im Gefängnis vor, sie schlecht zu behandeln
Die Vorwürfe gegen einen Sozialarbeiter der JVA Tegel wiegen schwer. Eine Petition, die vor einigen Wochen von 18 Insassen
im Hafthaus V der JVA Tegel unterzeichnet wurde, beginnt so: „Wir bitten Sie um Hilfe bei der Erreichung unseres Vollzugs,
welcher leider durch den für unsere Behandlung und Unterstützung verantwortlichen Gruppenleiter nicht nur verhindert, sondern konterkariert wird.“ Die Insassen werfen ihm vor, sie „abwertend, verständnislos und überheblich“ zu behandeln. „Mit seiner mangelnden Empathie brüstet er sich bei Verkündung seiner vorrangigen Aufgabe, uns Inhaftierten unsere Fehler und Schwächen nachdrücklich vorzuhalten“, heißt es in der Petition. Die Unterzeichner betonen, dass auch etliche Stationsbedienstete den kritisierten Sozialarbeiter als „Punisher“ bezeichnen, und verweisen auf mehrere Urteile von Strafvollstreckungskammern gegen seine Maßnahmen. Zu den Unterzeichnern der Petition gehören auch mehrere Aktivisten der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO), die in der JVA Tegel gegründet wurde. Deren Sprecher Oliver Rast machte jetzt öffentlich, dass mehrere Unterzeichner sanktioniert wurden. Der Stationssprecher Hauke Burmeister wurde in ein
anderes Hafthaus innerhalb der JVA verlegt. Zudem wurde ihm eine Zwangsverlegung in eine Haftanstalt in einem anderen
Bundesland angedroht. Den massiven Druck gegenüber den Unterzeichnern bestätigt auch ein Gefangener, der anonym
bleiben will. Mehr als die Hälfte seien vor das Gremium der Teilanstaltsleitung zitiert und eingeschüchtert worden, sagt er. Einige seien regelrecht in Panik geraten, als ihnen mit einer Anklage wegen Meuterei gedroht wurde. Eine solche Anklage könnte eine erneute Verurteilung bedeuten. Daraufhin hätten zwei der Unterzeichner ihre Unterschrift zurückgezogen. „Es kann nicht sein, dass Gefangene, die mittels einer Petition ein demokratisches Grundrecht ausüben, mit einem solchen Vorwurf unter Druck
gesetzt werden“, kritisiert GG/BO Sprecher Oliver Rast gegenüber der taz. Er erwartet vom Berliner Justizsenator Dirk Behrendt
(Grüne), dass die Vorwürfe überprüft und die Schikanen verurteilt werden. Der stellvertretende Pressesprecher der Senatsverwaltung für Justiz, Sebastian Brüx, erklärte, er könne erst im Laufe der Woche eine Stellungnahme abgeben, weil die Behördepersonell gerade schwach besetzt ist.
Taz, MONTAG, 3. APRI L 2017
PETER NOWAK
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Zensiert die JVA Tegel die „taz“?
Unseren Informationen zufolge wurden heute in der JVA Tegel keine Ausgaben der Tageszeitung „taz“ den Gefangenen ausgehändigt, was seit Jahren üblich ist. Die Ausgaben werden vor allem über den Verein „Freiabos“ verteilt bzw. ausgelegt.
Inhaftierte haben die Vermutung, dass dies eine Reaktion der JVA-Leitung auf den heutigen „taz“-Artikel von Peter Nowak zu den Schikanen gegen Inhaftierte aufgrund der Abfassung einer Protest-Petition sein könnte.
„Falls es sich bei der Nicht-Aushändigung der ´taz´ um faktische Zensurmaßnahmen der Tegeler JVA-Leitung handeln sollte, dann ist dies ein weiterer Beleg, dass die Berliner Vollzugsbehörden unter Senator Behrendt (Grüne) eine kritische Öffentlichkeit unterlaufen und Inhaftierte vom Pressezugang ausschließen“, so GG/BO-Sprecher Oliver Rast.
Berlin, 03. April 2017
Gefangenengewerkschaft/bundesweite Organisation
Gegen die Ideologie des Regenbogens
Die Gegner einer sexuellen Vielfalt machen mobil und werden von der extremen Rechten und religiösen Fundamentalisten unterstützt
In den letzten Tagen hat das Outing des Fußballprofis Thomas Hitzlsperger für Schlagzeilen gesorgt und dabei auch wieder einmal klar gemacht, dass es auch in Deutschland mit der Toleranz für sexuelle Vielfalt längst nicht so weit her ist, wie es manchmal scheint, wenn hierzulande die Rechte von Homosexuellen beispielsweise in Russland eingefordert werden.
Auch nach Hitzlspergers Outing raten führende Funktionäre des Deutschen Fußballbundes von einer Nachahmung ab, weil man nicht wisse, wie ein Großteil des Publikums es aufnehmen würde. „Die Furcht vor dem Fan“ – so brachte die Taz diese Position treffend auf den Punkt. Doch nicht nur in der oft patriarchalen Welt des Fußballballs ist die Akzeptanz für sexuelle Vielfalt äußerst begrenzt.
„Absolutes Nein zur Frühsexualisierung. Mit diesem Bildungsplan würden noch mehr Stellen für Genderfeministinnen geschaffen, die dann die Buben diskriminieren und lesbische Mädchen entdecken.“ Dieses Statement ist auf der Kommentarleiste einer Online-Petition von Gegnern des Bildungsplans 2015, eines Reformprojekts der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg, zu lesen.
Mit der Petition unter dem Titel „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ will der konservative Pädagoge Gabriel Stängle verhindern, dass die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ als Lernziel an Baden-Württembergs Schulen festgeschrieben wird. Damit sollen Schüler dafür sensibilisiert werden, dass es auch andere Partnerbeziehungen als die zwischen Mann und Frau gibt.
„Schule ist kein Ort für Fundamentalisten“
Das Ministerium für Kultur, Jugend und Sport in Baden-Württemberg kritisiert die Petition scharf:
„Die Petition suggeriert, dass die vorgesehenen Leitprinzipien in ihrer Gesamtheit unter dem Aspekt der sexuellen Vielfalt betrachtet werden sollen. Das ist maßlos übertrieben, da dies lediglich ein Thema unter vielen anderen ist. Zudem macht die Petition nicht nur Stimmung gegen Offenheit und Toleranz, sie zeichnet Zerrbilder und versucht Ängste gegenüber dem neuen Bildungsplan zu schüren. Vollkommen absurd ist eine Behauptung, das Kultusministerium wolle die Schüler pädagogisch und moralisch umerziehen. Eine solche Behauptung und Wortwahl zeigt den dogmatischen Hintergrund der Verfasser. Sie ist unverantwortlich und hat nichts mehr mit einer demokratischen Diskussion zu tun.“
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Baden Württemberg unterstützt die Reform. Sie verweist darauf, dass statistisch gesehen in jeder Klasse zwei Jugendliche schwul oder lesbisch sind.
„Das Wissen um verschiedene sexuelle Orientierungen und Identitäten ermöglicht allen Schülerinnen und Schülern die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Selbstbestimmung“, schreibt die GEW. Die GEW bezeichnet die Petition gegen die sexuelle Vielfalt als diskriminierend und warnt vor Fundamentalisen in den Schulen.
Auch Schülerverbände verteidigen die Reform und verweisen auf die vielfältigen Diskriminierungen, denen Schwule und Lesben ausgesetzt sind. Schließlich gilt der Begriff „schwul“ auf vielen Schulhöfen als Schimpfwort. In populären Texten der Jugendkultur finden sich vielfältige Diskriminierungen gegen sexuelle Orientierungen jenseits des Mainstreams.
Vorbild Frankreich
Doch erschreckender sind die Ressentiments der Gegner der Reformen, zu denen auch Rechtsaußengruppierungen und Fundamentalisten verschiedener religiöser Richtungen gehören. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Petition von fast 100.000 Menschen unterzeichnet. Angespornt von einer landeswieten rechten Bewegung gegen die sexuelle Vielfalt in Frankreich versuchen sie auch in anderen Bundesländern zu mobilisieren. So machten auch in Nordrhein-Westfalen religiöse Fundamentalisten und Konservative gegen sexuelle Vielfalt im Lehrplan mobil, konnten aber deren Einführung nicht verhindern.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155660
Peter Nowak
Links
[1]
http://www.taz.de/Fussball-und-Homophobie/!130756/
[2]
http://www.kultusportal-bw.de/,Lde/Startseite
[3]
https://www.openpetition.de/petition/online/zukunft-verantwortung-lernen-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens
[4]
http://www.kultusportal-bw.de/,Lde/Startseite/km
[5]
http://www.kultusportal-bw.de/,Lde/Startseite/schulebw/Sexuelle+Vielfalt
[6]
http://www.gew-bw.de/
[7]
http://www.gew-bw.de/Bildungsplanreform_2.html
[8]
http://www.gew-bw.de/Binaries/Binary23955/12-12-15_VB_AB_-_Ein_Bildungsplan_f%C3%BCr_viele_Lernwege.pdf
[9]
http://www.gew-bw.de/PM_5213_Toleranz_in_Schulen.html
[10]
http://www.lsbr.de/
[11]
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/lehrplaene-in-baden-wuerttemberg-landesschuelerbeirat-gegen-panikmache-ueber-sexuelle-vielfalt-12745678.html
[12]
http://www.splash-mag.de/magazine/2012/01/04/im-gay-im-happy-schon-wars-uber-homophobie-im-hip-hop/
[13]
http://www.pi-news.net/2014/01/bildungsplan-9-diskussionsveranstaltung-mit-petitionsinitiator-gabriel-staengle-abgesagt/#more-380188
[14]
http://www.mgepa.nrw.de/emanzipation/LSBTTI/aktionsplan_homo-_und_transphobie/index.php
[15]
http://www.schlau-nrw.de/index.php
Protest von Bibeltreuen
Peter Nowak über den Widerstand gegen das Lernziel »Akzeptanz sexueller Vielfalt« an den Schulen in Baden-Württemberg
»Absolutes Nein zur Frühsexualisierung. Mit diesem Bildungsplan würden noch mehr Stellen für Genderfeministinnen geschaffen, die dann die Buben diskriminieren und lesbische Mädchen entdecken.« Mit solchen Statements auf der Kommentarleiste einer Online-Petition machen Gegner des Bildungplans 2015, eines Reformprojekts der grün-roten Landesregierung von Baden-Württemberg, mobil. Mit der Petition unter dem Titel »Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens« will der bibeltreue Pädagoge Gabriel Stängle verhindern, dass die »Akzeptanz sexueller Vielfalt« als Lernziel an Baden Württembergs Schulen festgeschrieben wird. Mit diesem Bildungsplan sollen Schüler dafür sensibilisiert werden, dass es auch andere Partnerbeziehungen als die zwisschen Mann und Frau gibt.
Für die GEW ist diese Reform dringend notwendig. Schließlich sind statistisch gesehen in jeder Klasse zwei Jugendliche schwul oder lesbisch. »Das Wissen um verschiedene sexuelle Orientierungen und Identitäten ermöglicht allen Schülerinnen und Schülern die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Selbstbestimmung«, schreibt die GEW. Auch Schülerverbände verteidigen die Reform und verweisen auf die vielfältigen Diskriminierungen, denen Schwule und Lesben ausgesetzt sind. Schließlich gilt der Begriff schwul auf vielen Schulhöfen als Schimpfwort. In populären Texten der Jugendkultur finden sich vielfältige Diskriminierungen gegen sexuelle Orientierungen jenseits des Mainstreams.
Doch erschreckender sind die Ressentiments der Gegner der Reformen, zu denen auch Rechtsaußengruppierungen und Fundamentalisten verschiedener religiöser Richtungen gehören. Angespornt von einer rechten Bewegung gegen die sexuelle Vielfalt in Frankreich versuchen sie auch in anderen Bundesländern zu mobilisieren. Es wäre an der Zeit, wenn sich die Verteidiger einer sexuellen Vielfalt lauter zu Wort melden würden.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/920452.protest-von-bibeltreuen.html
Peter Nowak
Petition gegen Maaßen?
Mathias Bartelt ist Student und Mitglied des Akademischen Senats (AS) der FU Berlin
Der Akademische Senat der Freien Universität (FU) Berlin hat dem künftigen Verfassungsschutz-Chef Georg Maaßen eine Honorarprofessur verweigert. Eine studentische Initiative hat jetzt trotzdem eine Petition gestartet. Warum ist diese noch nötig, wenn die Entscheidung gegen Maaßen ausgefallen ist?
Wir haben die Initiative gestartet, nachdem Maaßen in Zeitungsinterviews erklärt hatte, er könne sich eine Kandidatur vorstellen, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse im Akademischen Senat geändert haben.
Wie realistisch ist das? Das ist durchaus möglich, denn die momentane rechnerische Stimmverteilung im Akademischen Senat der FU stellt zum Teil eine Ausnahme dar, weil Listen aus formalen Gründen nicht antreten konnten. Meist war der Akademische Senat in den vergangenen Jahren von einer konservativen Mehrheit geprägt. können sich immer ändern. Ich bin sicher, dass Herr Maaßen so etwas im Hinterkopf hatte.
Warum halten Sie Georg Maaßen für eine Honorarprofessur an der FU-Berlin nicht geeignet? M.B.: Maaßen war als Beamter im Innenministerium mit verantwortlich für die menschenunwürdige Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Als Ko-Schriftleiter und Autor der Zeitschrift „Ausländerrecht und Ausländerpolitik“ hat er sich dort und in anderen Publikationen stets als „Hardliner“ präsentiert, der auch darüber sinnierte, dass verdächtigen Muslimen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt werden müsste, was ganz klar grundgesetzwidrig ist.
Maaßen ist zudem mitverantwortlich für die Verweigerung der Einreisegenehmigung des vier Jahre unschuldig im US-Lager Guantanamo Bay festgehaltenen Mannes. Wir halten solche Positionen mit einer Honorarprofessur einer Institution, die in einer kritischen wissenschaftlichen Tradition steht, für unvereinbar.
Welche Gruppen haben im Senat gegen die Berufung Maaßens gestimmt?
Als Mitglied des AS darf ich zu Personal-Vorgängen im AS keine Angaben machen.
Worauf stützt sich diese Geheimtuerei bei der Personalentscheidung einer Hochschule? Im Berliner Hochschulgesetz ist festgeschrieben, dass Personalangelegenheiten geheim sind.
Ist eine solche Geheimhaltung in einer Zeit, , wo so viel von Transparenz geredet wird, nicht anachronistisch? Wir kritisieren diese Geheimhaltungspolitik, die im übrigen nicht nur bei der Professurenberufung praktiziert wird. Auch bei der Diskussion um die neue Grundordnung der Hochschule hat die Fraktion des Hochschulpräsidenten durchgesetzt, dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden muss.
Was soll mit der Petition geschehen? Sie kann in den nächsten 6 Monaten unterzeichnet werden und richtet sich an die Fachbereiche und die Hochschulgremien. Mitten in den Semesterferien läuft die Unterzeichnung natürlich langsam an. Wir wollen dazu beitragen, dass nach Semesterbeginn auch mit Veranstaltungen und Aktionen eine Debatte hierüber entsteht.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/
233614.petition-gegen-maassen.html
Peter Nowak
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Schweizer Ausgrenzungen
Kritik am Umgang mit Behinderten
»Berufsbildung für alle – auch für Jugendliche mit Behinderungen«, so lautet das Motto einer Petition, für die bis zum 1. September in der Schweiz Unterstützungsunterschriften gesammelt wurden.
Die Initiative wird von führenden Behindertenorganisationen getragen. Unterstützung erhält sie von Schweizer Politikern aus fast allen politischen Lagern, außer der rechtskonservativen SVP. Die Petition ist eine Antwort auf einen Vorstoß des Schweizer Bundesrats, der weitere Einsparungen zur Sanierung der Invalidenversicherung plant. Dafür sollen Jugendliche mit Behinderung schlechter gestellt werden, Ihnen soll eine Berufsausbildung nur noch dann finanziert werden, wenn eine gewisse Perspektive besteht, dass sie später einen Lohn erwirtschaften, von dem sie leben können. Zwei Drittel der heutigen Auszubildenden, die über die Invalidenversicherung eine Lehrstelle finanziert bekommen, würden leer ausgehen, wenn diese Regelung umgesetzt wird, befürchten Sozialexperten. Sie verweisen auf die Folgen für die Betroffenen. „Es ist inakzeptabel, dass Jugendliche mit Behinderung aus reinen Rentabilitätsüberlegungen die Berufsausbildung verwehrt wird“, kommentiert der linke Schweizer Vorwärts die Kürzungspläne. „Erst der Profit – dann der Mensch“, fasst die Zeitung die Logik der Sparbeschlüsse zusammen
Die Kritik an den Plänen reicht bis weit ins bürgerliche Spektrum. Behindertenorganisationen verweisen in Pressemitteilungen darauf, dass Menschen mit Behinderung durch die Pläne Lebenschancen genommen werden. „Bereits im Alter von sechzehn bis achtzehn Jahren soll darüber entschieden werden, ob Jugendlichen mit Behinderung eine Ausbildung zu- oder abgesprochen wird. Und dies aufgrund von Erwägungen, ob die erbrachte Arbeitsleistung eines Tages ausreichend wirtschaftlich verwertbar sein wird oder nicht“, monieren die Kritiker der Sparmaßnahme. Sie weisen auch daraufhin, dass bei der Invalidenrente seit Jahren Kürzungen und Verschlechterungen beschlossen worden sind. Immer seien sie mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten begründet worden und immer sei bei den Menschen mit wenig Einkommen gespart worden. „Mit einer unappetitlichen Missbrauchsdebatte bei den Sozialleistungen und Steuergeschenken an die Reichen lässt sich die Invalidenversicherung jedenfalls nicht sanieren“, monieren linke Kritiker dieser Politik
Von der Verschlechterung der sozialen Standards sind auch in der Schweiz vermehrt Menschen betroffen, die noch Arbeit haben. Erst vor wenigen Wochen forderte der Schweizer Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt längere Arbeitszeiten und Lohnkürzungen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/205783.schweizer-ausgrenzung.html?sstr=Peter|NowakPeter Nowak
Freiheit des Gewissens
Der Protest gegen Werbeveranstaltungen der Bundeswehr an der Schule ist in der letzten Zeit gewachsen. Neben Schülern und Lehrern engagieren sich mittlerweile auch Elternverbände für einen Unterricht ohne Militär. So hat der »Bayerische Elternverband e.V.« kürzlich eine Petition an den bayerischen Landtag initiiert, in der gefordert wird, dass Schüler aus Gewissensgründen einer Bundeswehr-Veranstaltung fernbleiben können und für sie ein Ersatzunterricht angeboten werden muss. In der Begründung für die Petition verweist die Landesvorsitzende des Bayerischen Elternverbandes Maria Lampl auf die Kooperationsabkommen zwischen den Bundesländern und der Bundeswehr. Die habe dadurch große Einflussmöglichkeiten im Bereich der politischen Bildung der Schüler, sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrer und Referendare bekommen. Zudem kann die Bundeswehr nun den Schulen von sich aus Angebote von Informationsveranstaltungen machen, moniert Lampl.
Auch die politischen Hintergründe des verstärkten Interesses der Bundeswehr an Schulveranstaltungen werden in der Petition präzise benannt: »Der Wandel der Bundeswehr von einer reinen Verteidigungstruppe zu einer Interventionsarmee ist politisch gewollt und vollzogen.« Nach der Abschaffung der Wehrpflicht wächst das Interesse des Militärs, gezielt Interessenten für eine Freiwilligenarmee zu werben. Dafür sind neben Jobcentern die Schulen ein wichtiges Rekrutierungsfeld, wo junge Menschen mit unsicheren Zukunftsperspektiven erreicht werden können. Zur Gegenbewegung gehören Resolutionen der GEW ebenso wie Aktionen von militärkritischen Schülern gegen die Bundeswehrwerbung bis zur Petition des bayerischen Elternverbandes. Damit wird deutlich, dass ein antimilitaristisches Bewusstsein in Teilen der Bevölkerung nicht nur vorhanden ist, sondern sich auch politisch artikuliert.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/191740.freiheit-des-gewissens.html
Peter Nowak