Schweizer Ausgrenzungen

Kritik am Umgang mit Behinderten

»Berufsbildung für alle – auch für Jugendliche mit Behinderungen«, so lautet das Motto einer Petition, für die bis zum 1. September in der Schweiz Unterstützungsunterschriften gesammelt wurden.

Die Initiative wird von führenden Behindertenorganisationen getragen. Unterstützung erhält sie von Schweizer Politikern aus fast allen politischen Lagern, außer der rechtskonservativen SVP. Die Petition ist eine Antwort  auf einen Vorstoß des Schweizer Bundesrats, der weitere  Einsparungen  zur Sanierung der Invalidenversicherung plant. Dafür sollen Jugendliche mit Behinderung schlechter gestellt werden, Ihnen soll eine Berufsausbildung nur noch dann finanziert werden, wenn eine gewisse Perspektive besteht, dass sie später  einen Lohn erwirtschaften, von dem sie leben können. Zwei Drittel der heutigen Auszubildenden, die über die Invalidenversicherung eine Lehrstelle finanziert bekommen, würden   leer ausgehen, wenn diese Regelung umgesetzt wird, befürchten Sozialexperten. Sie verweisen auf die Folgen für die Betroffenen. „Es ist inakzeptabel, dass Jugendliche mit  Behinderung aus reinen Rentabilitätsüberlegungen die Berufsausbildung verwehrt wird“, kommentiert der linke Schweizer Vorwärts die Kürzungspläne. „Erst der Profit – dann der Mensch“, fasst die Zeitung die Logik der Sparbeschlüsse zusammen
Die Kritik an den Plänen reicht bis weit ins bürgerliche Spektrum. Behindertenorganisationen verweisen in Pressemitteilungen darauf, dass Menschen mit Behinderung durch die Pläne Lebenschancen genommen werden. „Bereits im Alter von sechzehn bis achtzehn Jahren soll darüber entschieden werden, ob Jugendlichen mit Behinderung eine Ausbildung zu- oder abgesprochen wird. Und dies aufgrund von Erwägungen, ob die erbrachte Arbeitsleistung eines Tages ausreichend wirtschaftlich verwertbar sein wird oder nicht“, monieren die Kritiker der Sparmaßnahme. Sie weisen auch daraufhin, dass bei der Invalidenrente seit Jahren Kürzungen und  Verschlechterungen  beschlossen worden sind. Immer seien sie mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten begründet worden und immer sei bei den Menschen mit wenig Einkommen gespart worden. „Mit einer unappetitlichen Missbrauchsdebatte bei den Sozialleistungen und Steuergeschenken an die Reichen lässt sich die Invalidenversicherung jedenfalls nicht sanieren“, monieren linke Kritiker  dieser Politik
Von der Verschlechterung der sozialen Standards sind auch in der Schweiz vermehrt   Menschen betroffen, die noch Arbeit haben. Erst vor wenigen Wochen forderte der Schweizer Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt  längere Arbeitszeiten und Lohnkürzungen.

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